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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Tip
Lady Bedfort 48 - die Sorgen des Mr Bloom
In der nunmehr 48ten Folge geht es wieder einmal um einen Mord. Ein Apotheker liegt tot in seinen Verkaufsräumen. Während Gomery und Miller den Tatort untersuchen, tritt wie zufällig wieder einmal Lady Bedfort mitten in das Geschehen und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Was verbirgt der Arzt, mit dem der Apotheker schon häufiger Streit hatte? Warum wurde außer Morphium nichts gestohlen? Es fehlte am Vortag Geld in der Kasse, das jetzt auf einmal wieder da ist? Und wer ist das alte Ehepaar, das anfangs so gar nicht in die Handlung zu passen scheint?
EINE KLASSISCHE FOLGE
Die aktuelle Folge ist, nachdem 46 und 47 sich in Aufbau und Gestaltung etwas von der restlichen Serie abhoben, wieder ein ganz klassischer Fall. Lady Bedfort schnüffelt gegen den Willen Gomerys und mit der Unterstützung von Inspektor Miller fleißig an allen Orten, wo sie eigentlich nichts zu suchen hat. Und dabei erfährt sie eine Menge, was der Polizei entgeht, sodass sie ihre eigenen Schlüsse ziehen und wieder einmal im letzten Moment das Schlimmste verhindern kann. Vivien, Denham und Inspektor Miller sind ebenfalls wieder alle drei mit von der Partie. Wie gesagt: absolut klassisch, sowohl für Lady Bedfort als auch das Genre an sich. Da die Handlung für sich steht und kaum etwas aus dem Leben der einzelnen Protagonisten geschildert wird, eignet sich Folge 48 diesmal auch ideal für Neueinsteiger. Es ist keine Vorkenntnis über die Serie an sich erforderlich, unterscheidet sich von der ersten Folge jedoch deutlich durch die zunehmende Erfahrung, die seit inzwischen fast fünf Jahren bei der Umsetzung der Hörspielreihe gesammelt wurde.
VERDÄCHTIGE
Was mir diesmal besonders gefallen hatte: es gab mehrere Verdächtige, die infrage kamen, und es gab zwar viele Hinweise, doch viele davon führten in die Irre. Schon zu Beginn ahnt man sofort, wer es sein muss, doch kurz darauf richtet sich die Aufmerksamkeit auf eine andere Person. Auch die Frage, warum der Apotheker sterben musste, bleibt bis zum Schluss offen, die Frage nach dem Motiv ist ebenso drängend wie die Suche nach dem Mörder. Ich vermute, dass die meisten Hörer zwar die Richtung erahnen, aber wirklich auflösen wird es wahrscheinlich kaum jemand: zusehr drängen die Vermutungen in eine ähnliche aber falsche Richtung. Es hat mich gefreut, bis zum Ende im Dunkeln zu tappen.
Ein gelungener Kunstgriff sind die Episoden zwischen Rupert und Tilda Bloom. Natürlich weiß man sofort, dass sie etwas mit dem Mord zu tun haben. Aber waren sie Zeugen, Täter, Mitwisser oder auf ungewollte Weise Auslöser? Das alte Ehepaar macht diese Folge auf seine ganz eigene Weise zu etwas Besonderem, es ist köstlich, ihnen zu lauschen, die Spannung zwischen den beiden Sprechern ist hervorragend umgesetzt worden.
SPRECHER
DIE SORGEN DES MR BLOOM ist eine Folge mit sehr vielen Sprechern. Und so darf man sich über drei neue Stimmen in der Serie freuen: Franziska Troeger übernimmt die Rolle der alten, keifenden Tilda Bloom gekonnt unsympathisch, es macht Spaß ihr zuzuhören. Jaqueline Svilarow spricht die junge Angestellte hervorragend, sowohl den naiven Part als auch ihre andere Seite. Und mit Tobias Kluckert tritt nun einer der Söhne von Jürgen Kluckert (Tim Denham) auf, auch er spielt gekonnt zwielichtig und undurchschaubar.
Abgesehen von den Sprechern der Stammrollen gibt es zwei bekannte Stimmen, die wieder eingesetzt wurden: Peter Weis kennt man bereits aus drei anderen Folgen, Oliver Feld war bisher erst zwei mal zu hören, und auch sie spielen ihre Rollen glaubwürdig.
MUSIK
Der helle, freundliche Klang sagt mir sehr zu, lockert die oft tragischen Geschichten etwas auf. Doch auch bedrohliche Parts werden eingespielt, in dieser Folge durch Variationen des Themas >Dies Irae<. Im Booklet beschreibt Dennis Rohling, wie es dazu kam, ich fand die Entstehungsgeschichte sehr interessant, und nachdem ich weiter dazu recherchiert hatte und mir auch andere Variationen des Themas angehört hatte, habe ich seit gestern Mittag einen ziemlich fiesen Ohrwurm, der nicht mehr gehen will. >Dies< ist der Song, der Dennis inspirierte.
Es gefällt mir, wenn man durch das Booklet auf Dinge aufmerksam gemacht wird, die sonst eher untergehen. Man neigt als Hörer dazu, weniger auf Sprecher, Autoren oder Musik einer Reihe zu achten, doch durch einzelne Hinweise und Goodies wird das Hörspiel lebendiger, achtet man stärker auf einzelne Details. Und gerade Musik ist etwas, das meist zu wenig Beachtung erhält in Hörspielen und hier immer wieder hervorgehoben wird.
FAZIT
DIE SORGEN DES MR BLOOM ist eine Folge im klassischen Stil, die jedoch durch die Vielzahl an Verdächtigen, die parallele Handlung des alten Ehepaares und die bis zum Schluss unklare Auflösung überzeugt. Auch die neuen Sprecher fügen sich in die bestehenden Rollen ein und lassen auf weitere Auftritte hoffen. Wieder einmal bester Hörgenuss für alle Fans und Neueinsteiger der Serie.
SaschaSalamander 31.01.2012, 08.55 | (0/0) Kommentare | PL
Mein kleiner Horrortrip
Die Autorenliste dieses Hörbuchs liest sich wie ein Who is Who der besten (nicht nur) Kinder- und Jugendbuchautoren. Es fällt mir schwer, nur ein paar herauszupicken, doch meine Favoriten sind auf jeden Fall Lemony Snicket (eine Reihe betrüblicher Ereignisse), R L Stine (Gänsehaut), Jenny Nimmo (Charlie Bone), Neil Gaiman (Coraline), Holly Black (Spiderwick), Kenneth Oppel (Silberflügel), Erin Hunter (Warrior Cats), Melissa Marr (Sommerlicht-Reihe) und viele weitere.
Auch die Sprecher verleihen den Werken eine ganz besondere Note: Rainer Strecker, Anna Thalbach, Stefan Kaminski sind große, bekannte Namen, die unabhängig vom interpretierten Werk bereits ein Garant für Unterhaltung sind. Nicki von Tempelhoff hat noch nicht so viele Hörbücher gesprochen, ist jedoch mit der Ghosthunter-Reihe kein Unbekannter mehr. Schaurig, aber ohne dabei zu übertreiben, sprechen sie ihre Texte, ziehen die jungen Hörer in ihren Bann.
Die Titel sind, wie gesagt, klassische Gruselgeschichten am Lagerfeuer: ein Kind bestrahlt das Gesicht von unten mit der Taschenlampe, die anderen sitzen versammelt im Kreis, und dann am Schluss bei der "schaurigen" Pointe ein gemeinsames Kreischen und Lachen. Ich finde die kleinen Episoden alle sehr gelungen, gerade durch die unterschiedlichen Themen und Ideen. Natürlich gibt es stets wiederkehrende Motive wie lebendige Puppen, bösartige Babysitter, fiese Clowns oder unheimliche Gemälde, einfach weil es immer wieder gefällt. Und auch so nette Ideen wie das humorvolle Gedicht eines frisch beerdigten und von Würmern zerfressenen Menschen oder Suppen mit seltsamer Wirkung. Was tun, wenn das geliebte Haustier plötzlich spricht und sein Herrchen töten will? Wie kann man testen, ob die eigenen Eltern echt oder Außerirdische sind? Wie muss man den Fluch der Voodoopuppe abwehren?
Besonders mag ich es, wenn sich am Ende die Perspektive ändert. Wenn also das vermeintlich ängstliche Kind sich als Monster entpuppt, das Angst vor Menschen hat. Wenn das Opfer auf einmal zum Täter wird und Rache übt. Einfach köstlich, wie man in so wenigen Sätzen (eine Geschichte besteht sogar nur aus zwei Sätzen) so viel aussagen kann.
Ob der Begriff "Horrortrip" gerechtfertigt ist, sei mal dahingestellt. Ich persönlich finde ja, denn schließlich ist es kein Stephen King oder Dean Koontz, sondern ein Kinderbuch, und Kinder will man nicht traumatisieren, ihnen aber gerne kindgerechten Grusel gönnen. Und, mal ganz ehrlich - Erwachsene, die SO abgeklärt sind, dass sie nicht die ein oder andere Geschichte doch ein wenig unheimlich finden, die sind mir suspekt ;-) Na und, was zählt ist doch die Atmosphäre, der Spaß, die Vorfreude auf das Kommende. Für Kinder genau richtig, um ihnen keine bleibende Angst einzujagen aber doch für eine wohlige Gänsehaut zu sorgen. Nachts, unter der Bettdecke, mit der Taschenlampe.
Hören und dann nachts den Freunden bei der Pyamaparty erzählen! Genau dafür wurde dieses tolle Buch gemacht :-)
SaschaSalamander 30.01.2012, 09.50 | (0/0) Kommentare | PL
Feuergott
FEUERGOTT ist eine Ansammlung von Kurzgeschichten des Verlagsinhabers und Autors Peter Hellinger. Ich liebe Kurzgeschichten, denn sie sind ideal für zwischendurch: z.B. vor dem Schlafengehen. Wenn man nur eine oder zwei Stationen in der U-Bahn fährt. Wenn man gerade keine Zeit hat aber trotzdem ein paar Minuten abschalten möchte. Wenn man einfach mal ein wenig Abwechslung möchte statt 500 Seiten ein und desselben Autors zu lesen. Wenn man überrascht werden möchte. Denn was mir an Kurzgeschichten ebenfalls gefällt: sie haben in der Regel eine überraschende Wende oder beschreiben kurz einen wichtigen Wendepunkt im Leben eines Menschen. Schnell gelesen, aber lange darüber nachgedacht. Zumindest wenn die Geschichte gut war. Und das sind sie hier.
Eine inhaltliche Zusammenfassung zu schreiben ist bei diesem Titel nicht möglich. Zu verschieden sind die Geschichten, zu unterschiedlich die Erzählweisen. Auf 153 Seiten findet der Leser 36 Geschichten, die einzelnen Geschichten sind oft nur eineinhalb bis drei Seiten lang. Was schön ist: die Geschichten sind optisch gut voneinander getrennt, sodass sie nicht wie bei Kleinverlagen sonst oft üblich "ineinanderfließen". Andererseits kostet das Büchlein 15 Euro, vielleicht hätte man mit weniger Seiten und effizienterer Platznutzung und ein paar Euro günstiger drucken können. Es hat eben immer alles zwei Seiten ;-)
Die Geschichten lesen sich sehr flüssig, die Sprache ist schmucklos, direkt und lenkt durch ihren einfachen und doch kunstvollen Stil nicht vom eigentlichen Inhalt ab. Was mir sehr gefällt: die hohe Kunst der Kurzgeschichte ist es, dem Leser eine Geschichte zu erzählen, um dann am Ende spontan zu überraschen. Eine völlig neue Sichtweise, eine ungewöhnliche Auflösung, der Leser soll am Ende der wenigen Zeilen erstaunt, fasziniert, erschüttert, überrascht sein. Hellinger schreibt in einem neutralen Stil, der oft nichts vom Ende erahnen lässt, und dann - zack, im letzten Satz - die Pointe.
Seine Geschichten bringen zum Schmunzeln, Lachen, Nachdenken. Die Inhalte sind tragisch, ironisch, witzig und mit einem Augenzwinkern dargeboten. Das Genre erstreckt sich von Fantasy über Thriller, Märchen, Krimi oder einer schlichten Erzählung. Entsprechend den Erfordernissen der jeweiligen Geschichte passt er Zeitform und Erzählperspektive an: mal findet sich der Leser in der Gegenwart, mal in der Vergangenheit. Mal sieht er die Geschichte aus Sicht des Protagonisten, ein andermal erzählt ein Außenstehender seine Beobachtungen, ja er lässt sogar Pflanzen und Gegenstände lebendig werden und zum Leser sprechen. Und was sehr ungewöhnlich ist (bisher habe ich nur ein Buch dieser Art gelesen: >DU< von Zoran Drvenkar), der Protagonist spricht den Leser mit "Du" an. Ein Kunstgriff, den ich besonders in "Der Dolch" überaus gelungen finde. Erzähperspektive und Zeitform wechseln manchmal sogar innerhalb einer einzigen Geschichte, sodass man den anfänglichen Zusammenhang im ersten Moment nicht erkennt. Dann, nach dem Begreifen, liest man ein zweites Mal, um nun im Nachhinein die Bedeutung einzelner Momente zu erfassen, diesmal mit völlig neuen Augen.
Manche der Geschichten sind ein wenig vorhersehbar (z.B. Dosenfleisch, das letzte Bild), andere dagegen sind äußerst unerwartet und ungewöhnlich (z.B. Bakun, Der Dolch). Doch immer muss man einen Moment innehalten und die Geschichte wirken lassen. Traurige Todesfälle, die falsche Anwendung magischer Liebestränke, die Beschwörung eines Gottes, ein geheimnisvoller Bruder, Nahtoderfahrungen zweier Menschen, das Ende der alten und der Anfang einer neuen Welt, der Autor führt den Leser auf die unterschiedlichsten Schauplätze von Vergangenheit über Gegenwart und Zukunft. Man spürt die Lust des Autors am Fabulieren, es scheint, als habe er viele Ideen und Gedanken, die er zu Papier bringen möchte, als wolle er seine Fantasien in Worte kleiden und daraus kleine Geschichten erdenken, mit teils sehr ungewöhnlicher und kreativer Note.
Da der Verlag noch ein kleiner ist, kann man das Buch in seiner Gestaltung natürlich nicht mit Großverlagen vergleichen. Hier und da ein Wort zuviel, einmal eines zu wenig, kleine Lektoratsfehler, die jedoch nicht negativ ins Gewicht fallen. Auch hat sich hier und da ein fehlender Absatz eingeschlichen, sodass man im ersten Moment den Wechsel einer Zeit- oder Erzählform nicht so recht erfasst, aber das sind kleine Fehler eines Verlages, der vorerst noch in den Kinderschuhen steckt. Und, ganz ehrlich - bei manchem Großverlag habe ich schon sehr weit mehr Fehler entdeckt. Ich gebe zu, dass ich etwas anderes erwartet habe (junge Verlage müssen oft noch ein wenig "üben", das ist normal) und positiv überrascht war von Schriftsatz, Kapitelgestaltung, Aufbau und Covergestaltung. Und was ich ganz besonders positiv hervorheben möchte: oft unterscheiden sich Ebook und Printmedium nur minimal, was ich sehr ärgerlich finde. Hier allerdings kostet das Ebook lediglich 6 Euro, ist also doch ein rechtes Schnäppchen. Ebenso gibt es eine sehr ausführliche >Leseprobe<, die bereits recht viele Geschichten kostenlos präsentiert. Finde ich wirklich fair und günstig :-)
Wer Kurzgeschichten liebt, findet hier das gelungene Buch eines sympathischen neuen Verlages. Speziellen Lesergruppen kann ich das Buch allerdings nicht empfehlen, da es aufgrund der vielen Erzählweisen und Genres sehr allgemein gehalten ist. Der perfekte Leser für dieses Buch ist aufgeschlossen, vielseitig und legt sich nicht gerne auf irgend etwas fest. Er bevorzugt es, sich überraschen und verzaubern zu lassen, komme was wolle ;)
SaschaSalamander 25.01.2012, 19.53 | (0/0) Kommentare | PL
Shortbus
Eine klassische Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Protagonistin ist die Paartherapeutin Sofia, die selbst noch niemals einen Orgasmus erlebt hat. Im Club "Shortbus" trifft sie auf weitere Hauptcharaktere. Etwa ein schwules Paar, von denen einer polygam ist und der andere Suizidgedanken hegt. Eine Domina auf der Suche nach Heim und Herd. Der trannssexuelle Leiter des Clubs. Ein Voyeur, der dem schwulen Pärchen gegenüber wohnt. Und einige weiteren interessanten Personen, die man im Laufe des Filmes kennenlernt. Sie treffen sich im Club, tauschen sich über ihre Erfahrungen beim Orgasmus und während des Sex aus, leben ihre Lust und tragen ihr inneres Leid täglich mit sich. Es geht weniger um die Handlung, auch nicht um den (ausgiebig gezeigten) Sex, vielmehr um die Charaktere, ihre Wünsche und Sehnsüchte. Und die Darstellung von Sexualität als etwas Alltäglichem.
CHARAKTERE
Die Protagonisten sind sympathisch, skurrill und ungewöhnlich. Das Ungewöhnliche daran ist, dass sie auf ihre Weise absolut normal sind. Sie sehen normal aus, der Film wurde "normal" gedreht, so als hätte man beliebige sexuell aufgeschlossene Personen von der Straße genommen, um einen Film zu drehen. Das gefällt mir, da es keine Superheroes, aber auch keine klassischen Antihelden sind. Sondern ganz normale Menschen. Es bleibt für den Zuschauer sehr viel Raum zur freien Interpretation. Wir haben während des Filmes viel diskutiert, auch kurz pausiert, um mögliche Bedeutungen einzelner Szenen zu hinterfragen. Die Vergangenheit, die Motive, die tatsächlichen Gefühle und Gedanken bleiben dem Zuschauer fern. Es wird zwar über Sex geredet, doch die wahren Gefühle dahinter sind vor der Kamera verborgen. Sehr viel Handlung ergibt sich aus Kameraführung, Blicken, Gesichtern und schweigend vollführten Aktionen.
SEXUALITÄT
Hier wird sehr offen und freizügig alles gezeigt. Dass der Film ab 18 sein muss, ist unbestritten. Man sieht deutlich Geschlechtsteile, bereits zu Beginn des Films werden die Protagonisten in sehr expliziten Szenen gezeigt, sowohl alleine als auch zu mehreren. Hierbei wird bereits klar, dass es weniger um den Sex als solchen geht, als vielmehr um die kunstvoll inszenierte szenische Darstellung durch die Filmemacher. Musik, Bild, Schnitt, alles geht Hand in Hand und vermittelt ein sehr geschmackvolles Bild.
Wer es gerne "normal" möchte, wird den Film schnell ausschalten. Es gab nicht eine "normale" Szene in diesem Film (bis auf ein Paar zu Beginn, und selbst hier waren die Positionen sehr kreativ und sportlich). Hier gibt es Homosexuelle, Transsexuelle, Gewerbliche. Senioren und Jungspunde. Menschen, die es liebend und innig wollen, andere die Schmerz und Demütigung wollen. Paare in geschlossenen Beziehungen ebenso wie polyamouröse Bindungen. Und alle streben sie nur nach einem: zu sich selbst zu finden und Zufriedenheit zu erfahren, jeder auf seine Weise. Nichts davon wird pervertiert oder abgewertet, alles hat seine Berechtigung, der Film zeigt eine pralle Vielfalt, ohne dabei anrüchig zu werden.
Erstaunlich ist, dass der Film eindeutig dem Genre Porno zugeordnet werden müsste, weil sehr deutlich alles gezeigt wird, sogar die Vereinigung von Geschlechtsteilen sowie genitale Nahaufnahmen. Trotzdem ist er weder erregend noch empfunden pornographisch, weil in diesem Fall die Darstellung nicht dem sexuellen Kontext dient sondern allein dem Aufzeigen der Geschichte, die ohne große Worte auskommt und sich dafür sehr intensiver Bilder bedient. Auch ist die Handlung nicht geschönt oder wie in Pornos üblich bis ins Unrealistische übersteigert, sondern sehr realitätsnah gehalten. Etwa der Dreier, bei dem die Männer anfangen mitten während des Sex herumzualbern und am Ende lachend beisammenliegen. Die hilflosen Versuche, durch eigenhändige Stimulation einen Orgasmus zu erlangen und doch immer wieder zu versagen. Das schnöde Abreagieren, die leidenschaftliche Lust, alles findet einen Platz in diesem Film, solange es realistisch bleibt und keine Hochglanz-Kopfkinos bedienen soll.
AUSSAGE
In diesen Film darf jeder hineininterpretieren, was er möchte. Der eine wird sich an den kreativen Bildern erfreuen, vielleicht sogar erregen (auch wenn das sicher nicht die Intention des Filmes ist). Andere mögen sich mit einer der Protagonisten identifizieren, sich auf diese Weise verstanden fühlen, mitleiden. Ein anderer freut sich über das lockere Ambiente des Clubs, die Freizügigkeit der Charaktere untereinander. Andere mögen sich animiert sehen, über Sinn, Unsinn und Relevanz von Sexualität zu philosophieren. Was der Film vor allem zeigen möchte: Sexualität alleine macht nicht glücklich. Aber sie ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Jeder darf leben und lieben, wie er das möchte, muss seinen eigenen Weg dafür finden.
FAZIT
SHORTBUS ist ein zutiefst menschlicher und bewegender Film, der in der Darstellung von unterschiedlichen Sexualpräferenzen kein Blatt "vor die Linse" nimmt. Angesiedelt zwischen Tragikomödie, Erotik und Charakterstudie ist dieser Film ein kleines Meisterwerk des Independent. Ein Film zum Lachen, Weinen und Nachdenken ...
SaschaSalamander 09.01.2012, 09.09 | (0/0) Kommentare | PL
Ronal der Barbar
HANDLUNG
Der mächtige Kron wurde besiegt, sieben Tage blutete er (hier wird eine gewaltige Blutfontäne im Bild eingeblendet), und von seinem Blut tranken die mächtigen Krieger und Nachkommen, wurden stärker und mächtiger. Niemand wagt sie anzugreifen, sie sind stark und unbesiegbar. Nur der kleine Ronal hat nichts mehr von dem Blut abbekommen, ist schwächlich und will gar nicht kämpfen.
Doch eines Tages kommen Feinde ins Dorf in Anabolien und überfallen die Barbaren, verschleppen alle bis auf Ronal. Nun ist es an ihm, den Feind zu besiegen und sein Volk zu erretten. Dabei stehen ihm ein lüsterner Barde, ein garantiert schwuler Elf und eine kampfeslustige Schildmaid zur Seite. Ein Dreamteam!
GRAFIK
Die Grafik ist jetzt nicht berauschend. Es ist 3D, das ist toll, und die Landschaft ist super. Die Figuren selbst sind aber extrem überzeichnet. Normalerweise würde mich das in einem Animationsfilm stören. Hier allerding ist es egal und sogar genial. Die Leute MÜSSEN überzeichnet sein. Der bierbäuchige Barde Alibert erinnert an Jack Black (Tenacious D), die mächtigen Barbaren bestehen nur aus Muskeln und selbstgefälligem Grinsen, der hühnerbrüstige Ronal scheint aus Gummi zu bestehen und schwankt beim Gehen nur so hin und her. Die Frauen haben Brüste so mächtig wie die Muskeln der Männer, und mit diesen Brüsten knacken sie - nein, keine Kokosnüsse, sondern Totenschädel. Die Körper triefen vor Öl, und das Testosteron sieht man in jedem Pixel. Nein, "hübsche" Bilder hätten nicht gepasst, dieser Film muss so sein, wie er ist! Und dass die Macher können, wenn sie wollen, sieht man an den genialen Effekten während der Kämpfe sowie bei den imposanten Landschaften, 3D hat sich gelohnt.
MUSIK
Passend zum 80er Jahre Look von Metal, Balls und Babes gibt es auch die Musik: der Trailer spielt "Final Countdown", gesungen von Totenschädeln. Und das Ending erinnert absichtlich an "Bohemian Rhapsody" von Queen (unbedingt bis zum Ende gucken!). Während des Films gibt es einzelne Momente, die besonders hervorgehoben werden, z.B. im richtigen Moment (auaaaa, ich mag nicht dran denken) der Nussknacker von Tschaikowsky. Ansonsten tritt die Musik eher in den Hintergrund, stört nicht und verleiht dem Film die passende Atmosphäre.
HUMOR
ABGEFAHREN! Kranke Scheiße! Absolut daneben. Politisch unkorrekt, zotig, dämlich, obszön und vulgär. Ich habe eineinhalb Stunden nur gelacht, morgen werde ich vermutlich Muskelkater im Zwerchfell haben. Zugegeben, die Witze sind billig, aber das macht nichts, denn sie sind gnadenlos direkt. Da wird nicht um den heißen Brei geredet. Und das werde ich jetzt auch nicht tun: Muschi-Uschi, Pussy, "mit Dir hat man soviel Spaß wie mit einer Pilzinfektion", "Dein Ledertanga macht mich an, wo er die Backen trennt, da will ich ran", "ich mag Leder auf der Haut, weils im Schritt das Blut schön staut". Wenn gekämpft wird, dann werden Geschlechtsteile malträtiert, werden Nippel gezwirbelt, abgehackte Arme in den Mund gestopft.
Der sexuelle Aspekt ist gewaltig. Die Figuren tragen Lederharness, Nippelklemmen, treiben die Sklaven mit Gerten und Peitschen an (aber nicht "normal" sondern eben entsprechend), es gibt Ketten, Pranger, Ballknebel, sexgeile Amazonen, wollüstige Krieger.
Man sollte den Film auf jeden Fall ohne Nebenbeschäftigung ansehen. Sich dabei unterhalten oder etwas essen geht nicht, man muss sich Zeit nehmen, sich hinsetzen und dann am besten gemeinsam ansehen. Jedes Bild, jeder Satz. Und sobald man lacht, verpasst man schon den nächsten Witz. Diesen Film muss man mehrfach sehen, es sind einfach zu viele Witze und Anspielungen, als dass man alles beim ersten Mal entdecken könnte. Mir fällt kein Film ein, mit dem man RONAL DER BARBAR vergleichen könnte außer vielleicht RITTER DER KOKOSNUSS auf Speed.
ANSPIELUNGEN
Anspielungen gibt es enorm viele. Logisch, der Film parodiert ja auf unglaublich geniale Weise den Kult der 80er Jahre. Discomusik, Metal-Musik, Muskelmänner, heiße Babes in wallenden Lockenmähnen und Ledertangas. Und auch sonst kann man unendlich viel entdecken, wenn man genau hinsieht. Eine Szene, die stark an den Terminator erinnert. Elemente der Edda, den Nibelungen, aus dem Herrn der Ringe, der Dungeon-Keeper, Conan, Star Wars und Krull. Quer durch alle Mythologien und Genre wird alles aufs Korn genommen. Ja, RONAL DER BARBAR ist dämlich. Aber das ist pure Absicht, und wenn den Film jemand als billig, platt oder niveaulos bezeichnet, hat er absolut recht, und genau das war auch die Absicht des Filmes, denn nur so kann man all das verballhornen, was damals zum Kult erhoben wurde.
JUGENDFREIGABE
Der Film ist ab 12 Jahre. Äh, und wie deckt sich das mit den ganzen Sachen, die ich eben geschrieben habe?!? Ganz einfach: all die Anspielungen muss man erkennen. Für Kinder ist es ein normaler Sklaventreiber, den gab es schon bei Moses im alten Ägypten. Erwachsene sehen aber den Lederharnisch, die Gerte, den roten Hintern, dass der Metallbehang nicht am Leder sondern an den Nippeln befestigt ist und wissen "holla" (liegt an der dreckigen Phantasie von uns Erwachsenen, Kinder sind so herrlich unschuldig). Kinder hören "Muschi-Uschi" und finden es ein lustiges Wortspiel mit Kätzchen, Erwachsene sehen darin eine sexistische Bezeichnung. Was wir Erwachsenen hineininterpretieren, ist für Kinder stellenweise nicht sichtbar oder aber einfach nur witzig ohne Hintergedanke.
Die Figuren sind niedlich dargestellt, man muss sie einfach gernhaben, sie sind zum Knuddeln, es kommt eine spannende Handlung in Gang. Erwachsene werden vor allem auf die Sprüche achten, Kinder eher die Handlung sehen. Und die ist ein spannendes Märchen: mächtiges Volk, Gegner kommt, kleiner gewiefter Held muss alle retten und findet am Ende die Liebe seines Lebens. Hat zwischendurch etwas von Asterix. Und den würde man trotz der vielen Gewalt, ausgeschlagenen Zähne und niedergeknüppelten Feinde nicht ab 18 setzen ;-)
Allerdings finde ich, dass Eltern sich den Film vorher ansehen und selbst entscheiden sollten, ob und was sie ihre Kids ansehen lassen. Denn RONAL DER BARBAR ist alles andere als züchtig und brav. Ich selbst hätte den Film auf 16 gestuft, denn auch wenn man (bis auf eine witzige Szene) keine Geschlechtsteile sieht, und auch wenn die Gewalt unrealistisch überzogen dargestellt ist, ist der Humor einfach zu erwachsen für 12jährige. Hätte ich Kinder würde ich nicht wollen, dass diese eine eineinhalbstündige Ladung geballter Schimpfwörter und Sexkapaden auf dem Silbertablett präsentiert bekommt.
PROBLEM DES FILMS
Der Film ist ein Geheimtip. Die Rezensionen, die ich im Netz gefunden habe, sind eher durchwachsen bis negativ. Ich denke, das liegt daran, dass die Zielgruppe ziemlich dünn ist. Es sollte schon eine Mischung aus verschiedenen Interessen sein. Heavy Metal, freizügiger Sex, klassisches Fantasy mit Elfen und Barden, Computer-Rollenspiel, Mittelalter, Mythologie. Eine bunte Mischung aus all dem sollte man schon mitbringen, wenn man sich für diesen Film interessiert. Und mal sollte bereit sein, einfach mal das Hirn auszuschalten und einfach nur Spaß zu haben, ohne ständig nach dem Sinn zu fragen. Alle anderen werden den Humor vermutlich langweilig finden, die Zoten zu vulgär, die Bilder überladen. Das Publikum für RONAL DER BARBAR ist einfach zu speziell um im Kino ein Massenerfolg zu werden ...
der Humor mutet sehr flach an, auch den Humor sollte man verstehen und hinter die Fassade blicken, die Ironie dahinter erkennen und die Anspielungen begreifen. Der Film ist trotz seiner zotigen Witze sehr hintergründig und schafft es hervorragend, das Genre zu persiflieren. Etwa allein die Anfangsszene: vordergründig überspitzte Gewalt und alberne Zeichnungen. Doch bei genauerer Betrachtung werden allein in dieser knappen Minute Elemente der Edda, der Nibelungen, des heiligen Grals, der Bibel und der alten Heldenepen herausgegriffen. Aber dafür sollte man schon sehr genau hinsehen ;-)
FAZIT
Ein absolut abgefahrenes Filmabenteuer für alle Goths, Metaller, Rollenspieler, Freaks, RüpelRocker, Lederluder, Tangatiger und alle, die es politisch unkorrekt lieben. Intelligenz? Niveau? Egal, RONALD ist unterhaltsam und zum Brüllen komisch. ABSOLUTER TIP!!!
SaschaSalamander 06.01.2012, 09.12 | (0/0) Kommentare | PL
Tante Daniele
CHARAKTERE
Die Filmcharaktere sind sehr gut ausgebaut. Schon von der ersten Minute an hasst man Daniele, verachtet sie, und trotzdem muss man lachen, auch wenn das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt. Soviel Bösartigkeit in einer Person! Die Familie dagegen ist herzensgut, sie geben sich alle Mühe, Daniele das Leben angenehm zu machen, sie sind freundlich und aufgeschlossen, Kategorie "viel zu gut für diese Welt", und umso mehr leidet man mit ihnen. Es ist eine normale, unperfekte aber lebenswerte Familie: der treu sorgende Vater, eine berufstätige und trotzdem voll im Haushalt integrierte Mutter, ein schwuler Sohn sowie sein kleiner niedlicher Bruder. Jeder ist eine eigene Person, erhält eine eigene kleine Geschichte.
AUFBAU, ERZÄHLWEISE
Der Film beginnt langsam, und er steigert sich auch nicht. Es gibt keine Actionmomente, keine Spannung, sondern es ist eine gleichmäßige, ruhige Erzählung, viele kleine Episoden der seelischen Grausamkeit, die Tante Daniele ihren Familienmitgliedern beschert. Mal sieht man die Familie beim Abendessen, mal ist sie mit dem Kleinen im Park, ein andermal präpariert sie ihr Bett, spricht mit ihrem verstorbenen Edouard, und mit jeder Szene wird eine weitere Boshaftigkeit offenbar. Doch auch ohne Action gibt es einen Showdown, als die Alte über die Stränge schlägt und eine Orgie der Vernichtung inszeniert.
DER REIZ DES FILMS
Kaum Action, viele Bösartigkeiten. Warum sieht man sich das an? Ich habe mit den Figuren gelitten, es tat mir stellenweise in der Seele weh. Und doch ist der Film genial. Auch, wenn die Handlung keine Spannung im klassischen Sinne bietet, ist der Film hochspannend, wie ich finde. Man fragt sich, was sie als nächstes plant. Wenn sie etwas Freundliches tut - tut sie es aus Eigennutz, hat sie etwas geplant oder kann sie tatsächlich nett sein, wenn man nur die richtige Saite in ihr zum Schwingen bringt? Was treibt Daniele an, warum tut sie all dies? Wie wird die Familie damit umgehen? Wie weit wird sie gehen dürfen, bevor man ihr Grenzen setzt? Und was geschieht, wenn man ihr nun entgegentritt, wie geht sie mit einer Niederlage um? Jede Szene wirft neue Fragen auf, und selten habe ich so gebannt einen Film gesehen!
FAZIT
TANTE DANIELE ist kein Film für einen knallbunten Popcornabend. Dafür aber hervorragende Unterhaltung auf hohem Niveau mit anspruchsvollen Bildern, angenehmer Musik und einer intelligenten Handlung. Ein Film zum Mitleiden (zu Beginn) und voller Schadenfreude (gegen Ende). Ein kostbares kleines Meisterwerk!
SaschaSalamander 05.01.2012, 13.06 | (0/0) Kommentare | PL
Wolfen
Als ich noch jung und unverdorben war (jaja, diese Zeit gab es wirklich, ich war ungefähr 12 oder so), da griff ich aus Neugier ins Regal der Horrorabteilung. Meine ersten beiden Bücher waren "Wolfsruf" von Somtow und "Bestie" von Whitley Strieber. Beide haben mich sehr beeindruckt und künsterlich inspiriert. Besonders Whitley Strieber hat mir ein Bild des Werwolfes vermittelt, das mit den heute üblichen Schoßhündchen nichts gemeinsam hat. Und die Neuauflage von WOLFEN war für mich als Strieber-Fan somit ein Muss, das Cover sieht mit seinen Blutspuren im Schnee einfach nur wundervoll aus, eine Zierde im Regal.
INHALT
Zwei Polizisten werden grausam verstümmelt. Der Polizeichef legt den Fall zu den Akten, denn die mögliche Wahrheit gefährdet seinen Ruf. Doch die beiden ermittelten Polizisten Becky Neff und Wilson ahnen, dass mehr dahintersteckt: nein, es waren keine Hunde, die die Polizisten getötet haben, es scheint Wesen zu geben jenseits der menschlichen Vorstellungskraft, hochentwickelt und eine tödliche Gefahr für die Menschen. Sie ermitteln auf eigene Faust und nähern sich den Wolfen, die bisher im Verborgenen unter den Menschen leben, bis sie ihnen am Ende gegenüberstehen ...
CHARAKTERE
Die beiden Protagonisten werden sehr gut geschildert, man fiebert mit ihnen, sie erhalten eine Vergangenheit und werden sehr gut mit all ihren Eigenheiten umschrieben. Die Nebencharaktere werden kaum vertieft, sind aber dennoch sehr gut dargestellt, sodass auch sie greifbar werden und den Leser für sich einnehmen.
SPRACHE, STIL
Der Satzbau ist recht einfach gehalten, das Buch liest sich sehr flüssig und angenehm. Allerdings ist die Erzählweise stellenweise ein wenig ungewohnt: einige Absätze musste ich zu Beginn doppelt lesen, bevor ich mich langsam an den Stil gewöhnt hatte. Strieber erzählt aus Sicht aller Beteiligten. Dass beim Wechsel von der Ansicht des Polizisten hin zum Reporter und plötzlich zum Wolfen kein Absatz ist, mag Stil des Autors sein, könnte aber auch an der Umsetzung im Deutschen liegen (vielleicht hat das Original ja ursprünglich Absätze). Die Wortwahl ist meist passend, gelegentlich jedoch scheint Autor oder Übersetzer knapp danebengegriffen zu haben, was jedoch nur bei akribischem Lesen auffällt und den Leser vermutlich kaum stören dürfte.
AUFBAU
Ein hervorragender Aufbau! Es fällt von Seite zu Seite schwerer, das Buch aus der Hand zu legen. Zu Beginn ist alles unklar. Natürlich ist dem Leser bewusst, dass er sich ein Werwolfbuch geholt hat, doch worauf es hinausläuft, wie es weitergeht und was ihn erwartet, das vermag er zu Beginn noch nicht zu erahnen. Und so führt der Autor den Leser von Kapitel zu Kapitel immer näher an die Wolfen heran. Erst erfährt man nur von der Schnelligkeit und Präzision dieser Wesen, dann erschafft ein Wissenschaftler anhand der Fußabdrücke die zugehörige Klaue. Und je mehr die Polizisten und später auch der Naturwissenschaftler und ein Gerichtsmediziner ermitteln, desto mehr erfährt man über die Intelligenz, den Körperbau, das Sozialverhalten der Wolfen. Und je mehr man erfährt, desto öfter wechselt Strieber in der Erzählperspektive auch zu ihnen. Bis hin zum grandiosen Showdown, der zwar actionreich aber nicht überladen präsentiert wird.
Besonders faszinierend finde ich, wie die Wolfen zu Beginn zwar immer Thema des Buches sind aber doch nur als Vermutung und Bedrohung im Hintergrund stehen. Sie sind nicht greifbar, sie sind noch nicht real, sondern die Furcht des Lesers rührt alleine aus Verdachtsmomenten. Kopfkino pur. Ein Schachzug, den nur wenige Autoren beherrschen: Angst schüren, ohne das angstauslösende Objekt tatsächlich zu zeigen.
WERWOLFTHEMA
Ich liebe diese Darstellung der Werwölfe! Strieber erschafft sich eine ganz eigene Welt, und ich möchte dem Lesespaß nicht vorweggreifen. Nur soviel sei gesagt: seine Wolfen sind keine weichgespülten Hündchen, die sich in junge Mädchen verlieben und sich stets unter Kontrolle haben. Und es sind auch keine Fantasywesen, die bei Vollmond durch die Wälder streifen und denen man mit Silberkugeln beikommen kann. Statt dessen sind es Jäger. Animalisch, wild, mächtig und frei. Der Autor bedient sich archaischer Symbole: dampfendes Blut im eisigen Schnee. Leerstehende Gebäude. Ein Schrottplatz. Er berührt das Innerste, rührt mit seinen Schauplätzen und Ereignissen an den Urängsten der Menschheit und wagt es, unsere grundlegenden Erkenntnisse infrage zu stellen.
Fans von Lori Handeland, Stephenie Meyer, Patricia Briggs und Co werden hier vermutlich nicht auf ihre Kosten kommen. Dafür alle Leser, die ihre Wolfswesen gerne animalisch, berauschend, faszinierend, intelligent, berechnend, brutal, instinktiv und natürlich lieben.
ANHANG
WOLFEN wurde erfolgreich verfilmt, und Strieber arbeitete an einem Drehbuch für die Fortsetzung als Serie. Leider wurde diese nie umgesetzt. Der Autor hat dem Festa-Verlag nun seinen Rohentwurf zur Verfügung gestellt, wo es nun weltweit erstmals veröffentlicht wird.
Die Geschichte DER WOLFENKÖNIG wird nicht wie ein Roman erzählt, sondern passend für ein Drehbuch werden einzelne Szenen in kurzen Absätzen geschildert. Ebenso spannend, sehr bildlich und ein Vorgeschmack auf etwas, das wir leider niemals sehen werden. Schade, denn zu gerne hätte ich mehr von Strieber über die Wolfen gelesen oder gesehen.
FAZIT
WOLFEN ist ein großartiges Buch, ein Klassiker unter der Werwolferzählungen, was mehr sollte ich dazu noch sagen als: unbedingt lesen!
SaschaSalamander 03.01.2012, 09.28 | (0/0) Kommentare | PL
Mindnapping 06 - Dopamin
Susan hatte eine Affaire, doch eine Woche nach dem letzten Treffen verstirbt ihr heimlicher Liebespartner bei einem Motorradunfall. Sie erzählt nun drei ihrer Bekannten (Pfarrer, Arzt, Anwalt) unter Schweigepflicht von den Ereignissen. Für die Zuhörer (sowohl die drei Männer als auch die Hörer der CD) stellt sich recht bald die Frage, was sie mit dieser Erzählung bezweckt. Was hat ihre Geschichte mit dem Unfall zu tun? Was erwartet sie von den drei Gesprächspartnern, wenn nicht Vergebung, juristischen Rat oder therapeutische Hilfe?
Audioanarchie hat bereits in den vorherigen fünf Kurzgeschichten bewiesen, dass sie es meisterlich verstehen, Spannung aufzubauen. Jede Erzählung ist anders, und der Zuhörer weiß zu Beginn nicht, was ihn erwarten wird. So auch bei DOPAMIN, wo die Situation lange unklar bleibt.
Was jedoch absolut klar ist: Susans Schilderungen sind sehr explizit. Ausführlich erfährt der Hörer, was die junge Frau erlebte. Sie war ihrem Liebhaber hörig, und er hatte viele "Wünsche", Befehle an sie, sie wurde gefesselt, geschlagen. Teils erzählt Susan in eigenen Worten, teils spielt die Handlung als Rückblende, untermalt von anregender und recht realistischer Soundkulisse. Interessant natürlich auch die Reaktionen der einzelnen Gesprächspartner. Der Pfarrer reagiert entsprechend pikiert, bittet um weniger Details (eine Bitte, der Susan dem Hörer zuliebe natürlich nicht nachkommt), der Anwalt sieht es etwas gelassener und reißt hier und da seine Späßchen, während der Therapeut immer wieder zu analysieren versucht und mit seinen Platitüden Verständnis heuchelt. Eine innovative Erzählweise, auf die Audioanarchie sich eingelassen hat, und das Hörspiel ist rundum gelungen. "Erotik" kann man diese CD nicht nennen, was hier geschildert wird, geht für mich bereits in den Bereich "Hardcore", und die Macher sind hierbei nicht gerade pingelig, wenn es um die Ausgestaltung der einzelnen Szenen geht.
Noch immer werden Hörspiele als Unterhaltung für Kinder betrachtet, aber es gibt immer mehr Titel, die den Hörern beweisen, dass es durchaus einzelne Serien gibt, die Kinder keinesfalls in die Hände bekommen dürfen. MINDNAPPING gehört definitiv dazu, und von allen sechs Teilen, die ich bisher gehört habe, ist DOPAMIN die härteste. Zimperlich darf man bei dieser Reihe auf keinen Fall sein! Die Reihe setzt sich mit ihrer innovativen Machart und den expliziten Themen über die bisherigen Grenzen hinweg und beschreitet neue Wege, die für zukünftige Serien Maßstäbe setzen werden. Ein Label, das ich unbedingt im Auge behalten muss!
SaschaSalamander 30.12.2011, 10.40 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL
Der geheime Zoo
Kürzlich wurde ich auf DER GEHEIME ZOO aufmerksam, und nun habe ich über die Weihnachtsfeiertage die CD dazu gehört. Ein Kinderbuch, das ich Euch auf jeden Fall vorstellen möchte! Schon als Kind trug der Autor die Idee zu dieser Geschichte in sich, und nun, rund 20 Jahre später, hat er sie mit uns geteilt. Sozusagen eine Geschichte von einem Kind für Kinder, aufgeschrieben und überarbeitet vom später erwachsenen Kind selbst. Schön, wenn sich Kinderträume auf diese Weise eines Tages verwirklichen :)
INHALT
Noahs Schwester Megan ist vor drei Wochen verschwunden. Nun erhält ihr Bruder eine Botschaft von einem kleinen Vogel. Er ruft seine Freunde Richie und Ella zur Hilfe, und gemeinsam beginnen sie die Suche nach Megan. Die Nachricht des Vögelchens führt sie in den nahegelegenen Zoo, und dort finden sie den nächsten Hinweis, überbracht vom Eisbären Blizzard: Seiten aus Megans Tagebuch. Sie hatte seltsame Dinge im Zoo beobachtet und wollte der Sachen auf den Grund gehen. Doch was ist dann geschehen? Die Kinder ahnen nicht, in was für ein aufregendes Abenteuer sie nun hineingezogen werden!
CHARAKTERE
Die Kinder werden gut beschrieben, sie sind dem Leser sofort sympathisch. Und obwohl die Tiere nicht sprechen können, bekommen auch sie tragende Rollen zugewiesen, verfügen über eigenständige Persönlichkeiten und sind mir sofort ans Herz gewachsen. Besonders die kleinen Präriehunde mag ich, konnte sie mir sehr gut vorstellen, sie sind meine heimlichen Helden. Und so wird jeder Leser schnell seinen Lieblingscharakter, seine Lieblingstiere finden und mit diesen mitfiebern.
FANTASYANTEIL
Eine Prise Fantasy darf nicht fehlen, so finden sich im geheimen Zoo zum Beispiel bereits ausgestorbene Tiere oder auch Wesen, die man für reine Phantasie hält. Es hat eben seine Gründe, warum der "geheime Zoo" nicht öffentlich ist und warum man ihn im Verborgenen hält ...
HÖRBUCH
Stephan Schad ist ein bekannter Sprecher, der auch hier wieder gute Arbeit leistet. Er spricht ruhig, wird an den richtigen Stellen jedoch lebhafter, lauter, verleiht der Geschichte ihre eigene Dynamik.
TRILOGIE
Die Geschichte ist als Trilogie ausgelegt, allerdings finde ich den ersten Band - bis auf die für die Fortsetzung offengelassenen Aspekte - in sich geschlossen. Es hätte ein einzelner Teil genügt, die Geschichte bedarf in meinen Augen keiner Fortführung, und man kann sich den ersten Band bedenkenlos kaufen, ohne sofort die Kosten oder das Warten auf den zweiten Teil im Blick haben zu müssen.
FAZIT
DER GEHEIME ZOO ist ein wundervolles Buch, mit allem, was zu einem gelungenen Kinderbuch dazugehört: ein geheimer Club, in dem die vier Freunde sich regelmässig treffen. Ein gefährliches Abenteuer, geheimnisvolle Ereignisse, dunkle Gegner und eine schreckliche Gefahr. Und dieser Gefahr kann man sich nur stellen, indem man sich untereinander die Freundschaft beweist, an das Gute glaubt, die inneren Stärken erkennt und bereit ist, ein Risiko einzugehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit viel Spannung ist DER GEHEIME ZOO ein pädagogisches Buch, in dem Kinder grundlegende Werte vermittelt werden, und das einfach nur Freude bereitet beim Hören. Absoluter Tip für alle Eltern, die zwischen Mainstream und überladener Action wieder einmal ein Kinderbuch suchen, das einfach nur schön ist und Kinder zeigt, worauf es wirklich ankommt: auf Freundschaft, Selbstvertrauen und Miteinander.
SaschaSalamander 29.12.2011, 10.08 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL
Engelslust
An Weihnachten ist viel Zeit, und die nutze ich natürlich zum Lesen. Aber nicht irgendwas, denn ich möchte die stille Zeit auch genießen. Und dieses Jahr entschied ich mich für ENGELSLUST von Inka Loreen Minden. Erotik mit einer Prise Fantasy, das ist eine nette Mischung für die Feiertage, und bei Inka weiß ich, dass ich nichts falsch machen kann mit der Lektüre.
INHALT
Der Engel Cain ist auf der Jagd nach Merlins sagenumwobenem Kelch. Gibt man sieben magische Zutaten hinein, so ist es unter anderem möglich, die Welt zu beherrschen, und das gilt es unbedingt zu verhindern! Bei seiner Suche kommt ihm plötzlich die Halbdämonin Leraja in die Quere, und die macht sich sofort an den Engel heran: gegen ihn zu kämpfen würde die Mission nur aufhalten, also verbündet sie sich mit ihm und lässt all ihre zur Verfügung stehenden Reize spielen.
THEMEN
Engel, Dämonen, Halbblut, Jagd nach einem mystischen Artefakt, Gut gegen Böse. Inka hat klassische Zutaten geschnappt und eine fasziniernde Story daraus gewebt. Dabei bezieht sie sich nicht auf die bekannten Legenden sondern erschafft ein eigenes Universum, in dem ihre eigenen Regeln gelten. Alles, was man über Engel und Dämonen weiß, sollte man vor dem Lesen über Bord werfen und sich ganz auf die Ideen der Autorin einlassen. Interessant finde ich die Auswahl der Zutaten, welche zur Aktivierung des Kelches gesammelt werden müssen: sie bieten Raum für unterhaltsame Intermezzi an sieben verschiedenen Orten und mit unterschiedlichen magischen Wesen.
HANDLUNGSAUFBAU
Die Handlung ist recht geradlinig, es fällt nicht schwer zu folgen. Trotzdem gibt es mehrere Handlungsstränge, die erst parallel laufen und dann nach und nach eine gemeinsame Geschichte ergeben: Die Beziehung zwischen Cain und Leraja. Lerajas Suche nach ihrer wahren Identität, ihr Ringen um Beachtung vor ihrer Mutter, der Dämonenherrscherin. Die Jagd des Magiers Thorne nach dem Kelch, seine Beweggründe und seine Beziehung zum Engelchen Amabilia. All diese Elemente sorgen dafür, dass neben der Erotik die Handlung niemals zu kurz kommt. Und natürlich gibt es wie immer ein Happy End ;-)
EROTIK, SPRACHE
Und wieder funkt es gewaltig zwischen den Protagonisten. Wobe ich sagen muss, dass mir persönlich die Geschichte zwischen Thorne und Amabilia sogar noch einen Tick besser gefiel. Das liegt daran, dass Inka wieder einmal viele Spielarten einfließen lässt und sowohl die Freunde der soften als auch der härteren Erotik anspricht. Sehr viel Körperkontakt und sinnliche Freuden zwischen Engel und Halbdämonin, Lustschmerz und Unterwerfung bei der Dämonenherrscherin und ihrem Sklaven, bei dem Magier und seinem Engelchen.
Sprachlich schreibt Inka hier für mein Empfinden etwas blumiger als in den Werken, die ich bisher gelesen habe. "Supersexy", "Creme", "Sahneschnittchen", "schlecksauber", um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dies liegt unter anderem an Leraja, die als kesse Jungdämonin auch eine Figur ist, wie ich ihr in den Gayromanen oder den hetero-erotischen Werken bei dieser Autorin noch nicht begegnet bin. Voller Lebensfreude, keck, quirklich, frech, impulsiv und doch selbstbewusst, verletzlich. Für den melancholischen Thorne, das scheinbar zerbrechliche Engelchen Amabilia, die wollüstige Dämonenherrscherin findet sie andere, teils auch derbere Worte, doch den Hauptteil des Buches und somit der Sprache bilden eben Cain und Leraja sowie deren Kappeleien, mal erotisch, mal witzig.
FAZIT
Inka Loreen Minden hat wieder einmal bewiesen, dass sie mehr kann als "nur Erotik". Ein spannendes Fantasyabenteuer, das man nicht mehr aus der Hand legen kann, gepaart mit sinnlichen und erregenden Momenten. Eine klare Empfehlung für alle Freunde der Paranormal Romance!
SaschaSalamander 28.12.2011, 10.55 | (0/0) Kommentare | PL
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