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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Tip
Cedric Arnold
Cedric Arnold wurde am 23. November 1977 in Waldbröhl im Oberbergischen Land geboren. Er litt als Kind unter unterschiedlichen nervösen Störungen, deren Namen zu lang sind, um sie alle in diesem Text unterzubringen. Nach dem Abitur studierte er Parapsychologie und promovierte mit der Arbeit "Unmotiviertes Kichern beim Rentier". Später machte er sich einen Namen als Motivationstrainer, bis ein Betriebsunfall diese Karriere jäh beendete: Er motivierte einen Kursteilnehmer so erfolgreich, dass dieser an einem einzigen Tag fünf Banküberfälle beging. Das vorliegende Werk wurde von führenden deutschen Literaturkritikern für das beste seit der Erfindung des Buchdrucks befunden. Leider zogen diese kurz vor dem Erscheinungstermin ihre Namen wieder zurück.
Wie man merkt, also ein überaus wichtiges Buch von literarischem Anspruch und von großer Bedeutung für die deutsche Literaturwelt. Trotz des hohen Anspruches liest es sich bisher sehr erheiternd, ich empfehle einen >Blick ins Buch<. Der Humor gefällt mir wie auch in seinen anderen Büchern sehr. Andere Bücher? Ja, Cedric Arnold hat noch mehr veröffentlicht. Gelegentlich - Vorsicht, Geheimnis, nicht weitersagen! - schreibt er auch unter dem Pseudony Akif Pirincci irgendwelche Tierbücher oder plant rein literarisch den perfekten Mord oder philosophiert über eine Gesellschaft ganz ohne Männer. Sogar verfilmt wurden zwei seiner Titel bereits! Zurück zum Humor: hintergründig, schelmisch und eine gekonnte Karikatur der Realität. Oder, besser gesagt: keine Karikatur, sondern eine detailgetreue Beschreibung der Realität, die, wenn man mal ganz ehrlich zu sich selbst ist, eigentlich schon sehr kurios ist. Man muss nur genau hinsehen ;-)
SaschaSalamander 21.02.2012, 13.20 | (0/0) Kommentare | PL
Treffpunkt Tatort 04 - Die Schlange
Die ersten drei Bände von >TREFFPUNKT TATORT< habe ich 2007 bereits gehört. Viereinhalb Jahre etwa ist das her. Ich muss doch sehr schmunzeln, wiesehr sich mein Schreibstil in dieser Zeit geändert hat, heute hätte ich meine Gedanken wohl ganz anders geschrieben. Trotzdem spiegelt der alte Beitrag sehr intensiv das wieder, was mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Und dass es auch nach fast fünf Jahren noch immer präsent ist, stellt ein riesiges Lob an den Autor dar! Ich habe einen enormen Durchlauf an Büchern, manche finde ich grandios aber habe sie nach wenigen Wochen wieder komplett vergessen. Nicht so bei Klaus-Peter Wolf, der mit mit FELIX UND DIE KUNST DES LÜGENS und TREFFPUNKT TATORT zwei Serien beschert hat, die für mich persönlich in der Rangliste meiner liebsten Kinderbücher recht weit oben stehen und die mir so präsent erscheinen, als hätte ich sie erst vor wenigen Wochen gehört.
INHALT BAND VIER
Helden der Reihe sind die vier Schüler Tim, Jan, Doro und Lina, die immer wieder in Kriminalfälle verwickelt werden. Im vierten Band DIE SCHLANGE wird Tims Oma von einem Giftpfeil getroffen ins Krankenhaus eingeliefert. Es ist ein Mordversuch in einer Reihe von Angriffen: ein Serientäter schießt auf ältere Frauen und tötet sie mit Schlangengift. Die Polizei tappt lange im Dunkeln, die Kids ermitteln auf eigene Faust. Sie klappern die Zooläden ab, besuchen Sportvereine für Bogenschützen. Was steckt hinter den Morden? Werden die Kids den Fall rechtzeitig lösen, bevor ein nächstes Opfer sterben muss?
WAS IST ANDERS AN DIESER KRIMIREIHE
Obwohl es fast fünf Jahre her ist, dass ich die dritte Folge hörte, war ich sofort wieder mitten im Geschehen, erinnerte mich glasklar an alle Protagonisten. Doch auch ohne die anderen Teile zu kennen, kann man jede Episode für sich hören, die Bände sind in sich geschlossen. Trotzdem genoss ich natürlich das Widersehen mit den vier Freunden und dem Inspektor.
Im Grunde ist es ein Jugendkrimi, wie es viele dieser Art gibt, ob sie sich nun Detektive nennen, Satzzeichen, Bande, Trio, Team, Gang, Freunde oder sich mit den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen begnügen. Klassischer Ablauf: Ein Verbrechen geschieht, die Kids sind auf irgendeine Weise involviert, ermitteln von sich aus, drehen der Polizei eine lange Nase und lösen den Fall mit Bravour. Trotzdem hebt sich TREFFPUNKT TATORT für mich deutlich von der Masse ab:
Es spielt hier in Deutschland, ist modern und vor allem alltäglich. Die Jugendlichen sind keine überzeichneten Charaktere (man denke z.B. an den Pummel, Computerfreak, durchtrainierten Helden und die pfiffige Tierfreundin), die immer ihrem Rollenklischee gerecht werden müssen. Sondern sie sind eben ganz normale Jugendliche, nicht überzeichnet aber dennoch ausgestattet mit Persönlichkeit und Charakter. Ihre Ermittlungsmethoden sind legal, realistisch und nachvollziehbar. Auch wirkt es nicht, als würden Erwachsene im Körper eines Kindes agieren, sondern ihre Verhaltensweisen, Schlussfolgerungen und Ermittlungsmethoden sind altersgerecht.
Klaus-Peter Wolf ist ein Autor, der junge Menschen ernst nimmt. Er beugt sich nicht gönnerhaft zu ihnen herab, sondern er spricht zu ihnen auf Augenhöhe, ohne sich dabei anzubiedern oder sich cool geben zu wollen. Ich denke, mit TREFFPUNKT TATORT kann man auch Lesemuffel an Bücher heranführen. Denn die Titel sind aus der Erlebniswelt der Zielgruppe geschrieben und bieten auch ohne erhobenen Zeigefinger sehr viel Stoff für Diskussionen.
Normalerweise schreibe ich immer darüber, wie ein Buch ist. Hier schreibe ich fast nur, was das Buch nicht ist. Das liegt einfach daran, dass ich Bücher dieses Genres normalerweise nicht rezensiere, weil sie alle gleich sind und ich den 150ten Band der Reihe nicht mehr vorstellen muss. Hier möchte ich jedoch darstellen, was anders ist, das geht eben ausschließlich durch Vergleiche. Aber gut, es wäre ja auch langweilig, wenn alle meine Rezensionen immer gleich gestrickt wären, oder? ;-)
HÖRBUCH
Ein paar Informationen noch zum Hörbuch: Klaus-Peter Wolf ist der Hauptsprecher, seine Stimme ist sehr angenehm, ich höre ihn gerne. Er liest sehr natürlich, als spräche er gerade statt einen Text abzulesen. Autorenlesungen sehe ich meistens skeptisch, in seinem Fall ist das jedoch ein deutlicher Gewinn für das Buch. Auch Maxi Wolf spricht im vierten Teil der Reihe. Ihre Stimme ist ebenfalls sehr gut für das Hörbuch geeignet. Eine szenische Lesung, bei der sich beide abwechseln, hätte mir allerdings gefallen. Ebenso sie als Sprecherin alleine. Hier jedoch wechselten sich die beiden ab, stellenweise mitten im Track, mitten im Absatz. So spricht also einmal der Mann, ein andermal die Frau die Rolle der Jugendlichen, was anfangs eher verwirrend ist: man neigt als Hörer dazu, bei wechselnden Stimmen diese mit bestimmten Charakteren zu assoziieren. Wenn nun also plötzlich ein Junge mit einer Frauenstimme spricht, ist das gewöhnungsbedürftig. Leider ein kleines Manko, an das man sich aber nach einigen Tracks gewöhnt und das man dann gut übergehen kann ...
FAZIT
Alles in allem kann ich TREFFPUNKT TATORT nur empfehlen, ob nun am Stück oder einen beliebigen Band. Ob nun als Jugendlicher oder als Erwachsener. Wer gerne Serien um jugendliche Detektive liest, der kommt an Klaus-Peter Wolf einfach nicht vorbei!
SaschaSalamander 21.02.2012, 09.38 | (0/0) Kommentare | PL
Lady Bedfort - Das Grauen im Nachtexpress
Für die Jubiläumsfolge haben sich die Macher etwas Besonderes einfallen lassen. Nicht nur, dass es sich um eine Doppelfolge handelt, sondern hier werden auch alle Sprecher bunt durcheinandergewürfelt, neu gemischt und in eine ungewöhnliche Handlung gepackt. Sie sind allesamt bekannt: Waltraud Habicht, Jürgen Kluckert, Dennis Rohling, Santiago Ziesmer, Bodo Wolf, Carmen Molinar sind das vertraute Team. Auch die anderen Stimmen waren schon oft zu hören. Bert Franzke, Roland Hemmo, Arianne Borbach und Robert Missler bieten ein Wiedersehen mit alten Bekannten.
Doch neu ist die Rollenveretilung: DAS GRAUEN IM NACHTEXPRESS spielt nicht in der heutigen Zeit wie sonst für Lady Bedfort üblich. In ihrem Traum begibt sich die Dame in die Vergangenheit um 1900. Das bekannte Sprecherteam ist also vorhanden, doch dieses Mal in ungewohnter Besetzung. Miller tritt in ihrem Traum als Priester auf, Tim wird zum ermittelnden Inspektor, und auch sonst steht alles Kopf. Es macht Spaß, dabei ein wenig zu analysieren, was in der Lady unterbewusst vorgehen könnte, dass die Rollen gerade auf diese Weise verteilt sind, aber das wäre dann wohl doch etwas zu weit gegriffen. Dennoch ein netter Spaß für Fans und regelmässige Hörer. Es gibt auch hier und da Anspielungen an die "reale" Lady Bedfort, deren Humor Neulingen sich nicht erschließt und der eher als Bonbon für Fans gedacht ist.
Da es sich bei den Sprechern in LADY BEDFORT um alte Hasen handelt, die teils schon viele Jahre im Geschäft sind und bereits unzählige Rollen verkörperten, ist diese Folge für mich ein kleines Highlight. Alle Beteiligten sind mit Freude bei der Sache und schlüpfen geübt in ihre neuen Figuren, man hört richtig, wie sie darin aufgehen und sich einen Spaß daraus machen, dieses Mal nicht die gewohnten Charaktere zu verkörpern. Besonders Jürgen als Inspektor macht seine Sache herausragend, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Was ebenfalls sofort auffällt ist, dass Max in Form des Zugbegleiters Maxwell Butler dabei ist. Einige freuten sich über das Ausscheiden das Charakters, andere betrauerten Max´ Abschied sehr. Ich gehöre zu denen, die ihn mochten. Eine Lady braucht einen Butler, und Max hat das hervorragend verkörpert, durch sein Auftreten den Folgen einen ganz eigenen Reiz verliehen, den ich seitdem vermisse und dessen Lücke auch Vivien und Tim für mich nicht füllen konnten. So freue ich mich über jede Hommage, sei es ein altes Video oder in dieser Folge die Traumsequenz.
Wer die Serie kennt und die Stimmen mit einzelnen Rollen verknüpft, für den dürfte es anfangs sehr ungewohnt und auch etwas schwierig sein. Man findet jedoch flink den Anschluss und ist dann mitten im Geschehen. Schnell mal nebenbei, wie es bei anderen Folgen gelegentlich möglich ist, darf man DAS GRAUEN IM NACHTEXPRESS allerdings keinesfalls hören. Aufgrund der komplexen Handlung und verwirrenden Auflösung ist es sinnvoll, die Folge mindestens doppelt zu hören. Die vertauschten Stimmen, die vielen Charaktere und vor allem deren Mehrfachidentitäten auch im Rahmen des Traumes machen das Hörspiel recht kompliziert. Die Geschichte ist um einiges verwirrender gestrickt als sonst üblich, vermutlich wollte die Lady in ihrem Traum endlich einmal eine richtig verzwickte Herausforderung ;-)
Nachdem ich die Geschichte beendet hatte, legte ich sofort erneut die ersten Tracks ein, um manche Dinge im Nachhinein besser zu verstehen. Dabei fiel mir bereits zu beginn auf, wie clever Marc Freund, der dieses Mal die Story lieferte, die Geschichte verwoben hatte. Das Gespräch, welches die Lady mit Tim vor ihrem Sturz führte, fließt in den Traum ein, unabhängige Einzelstücke werden zu einem großen Ganzen verquickt. Während des ersten Hörens dürften diese Feinheiten vermutlich eher untergehen, da man sich ja selten jedes gesprochene Wort einprägt. Also absolute Empfehlung: mindestens zweimal hören!
Die Musik gefiel mir in dieser Folge sehr gut. Besonders der lange Track zur Einleitung ist sehr schön, stimmt den Hörer auf die kommenden Ereignisse und das für die Serie neue, ungewohnte Setting ein.
Für Neulinge eine spannende Geschichte, aber der wirkliche Reiz gibt sich vor allem für treue Fans der Serie. DAS GRAUEN IM NACHTEXPRESS ist eine ungewöhnliche Idee, die gelungen umgesetzt wurde und eine gekonnte Abwechslung zu den sonst üblichen Folgen bietet. Das typische Bedfort-Feeling ist vorhanden, die Sprecher leisten tolle Arbeit, der Plot ist clever gestrickt. Ideale Zutaten für eine neue Lieblingsfolge :-)
SaschaSalamander 20.02.2012, 09.07 | (0/0) Kommentare | PL
Das letzte Element
Eigentlich war Naomi Gerber ja Feuilletonistin, also gar nicht zuständig für solche brutalen Mordgeschichten. Doch dann nutzte sie spontan ihren Resturlaub, um für einen Hintergrundbericht über die Morde zu recherchieren - und stieß prompt auf eine Pensionswirtin, die mit der örtlichen SM-Szene recht vertraut zu sein schien, und auf den geheimnisvollen Ralf Schuhmann, der erstaunlich viel über die Morde wusste - vielleicht ein wenig zu viel ...
CHARAKTERE
Obwohl der Leser wenig über das Vorleben und die Hintergründe der Charaktere erfährt, fühlt man sich ihnen doch schnell verbunden. Ulli mit ihrer offenen Art und Naomi in ihrem Tatendrang sind angenehme Protagonisten, die sich vom klassischen Weibchen abheben. Und Ralf lässt sehr schnell durchblicken, dass er nicht gerade alltäglich ist, die Bedrohung in seinem Verhalten ist vom ersten Moment an spürbar. Ob das Verhalten der Personen nachvollziehbar ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, man sollte dabei auf jeden Fall immer das Genre im Auge behalten. Denn Gerwalt kokettiert nicht mit dem Mode-SM, wie er momentan überall auftaucht, sondern er dringt tief in die Thematik ein und verlangt dem Leser einiges ab.
GENRE
Gerwalt hat keinen romantischen Krimi geschrieben, sondern ganz klar einen BDSM-Thriller. Wer mit dem Thema nichts anfangen kann, der wird auch seine Probleme haben, sich in die Charaktere hineinzuversetzen oder deren Gefühle nachzuvollziehen. Denn der Autor bewegt sich hart an der Grenze zwischen Spiel und Ernst, verlässt dabei einige Male den Bereich des Spiels und driftet ab in eine Welt aus Todessehnsucht und realer Gewalt. Wäre es abgesprochen und harmlos, wäre es kein Thriller. "Normale" Thriller streifen häufig das Thema BDSM, verfälschen jedoch eine Menge und werfen ein falsches Bild darauf. Und BDSM-Titel sind häufig einfach nur Beschreibung von Spielarten, die jedoch die intelligente Handlung vermissen lassen. DAS LETZTE ELEMENT verbindet beides: eine gelungene Beschreibung der Szene und des Spiels, aber auch eine spannende Handlung, die eines Thrillers würdig ist. Und auch die Gefahr, die davon ausgeht, wenn Menschen zu weit gehen.
AUFBAU, ERZÄHLWEISE
Zu Beginn handelt der Thriller nur von Naomi, flink trifft sie aber auch auf Ulli und Ralf, die die einzigen Figuren bleiben. Andere Personen treten nur am Rand auf, etwa der Polizist oder ein Mitorganisator der Party. Die Geschichte wird wechselnd aus der Sicht von Naomi und Ralf erzählt. Weiterhin gibt es in Kursivschrift eine Ich-Perspektive (was es mit dieser auf sich hat, wird der Leser recht schnell für sich selbst erkennen), die das Geschehen zusätzlich beleuchtet. Je mehr das Buch sich dem Showdown nähert, desto kürzer werden die jeweiligen Passagen, desto mehr fließen sie nahtlos ineinander über, bis alle drei Textpassagen vereint sind und der Leser mitten in einer wortwörtlich atemberaubenden Szene mit den Morden konfrontiert wird.
SPRACHE
Sprachlich hat mich DAS LETZTE ELEMENT sofort überzeugt. Die einzelnen Passagen sind anregend und niveauvoll beschrieben. Obwohl der Inhalt stellenweise sehr drastisch ist, bleibt die Sprache immer gediegen. Mancher Thriller (über dessen Perversion sich niemand aufregen würde, da es ja ein Thriller ist und nichts mit Sex zu tun hat. Ich könnte mich über diese Heuchelei aufregen, aber das ist ein anderes Thema, ich beruhige mich also wieder *tief durchatmet*) ist da weitaus heftiger und brutaler in seiner Beschreibung des Geschehens.
Ich finde es auch gelungen, wie Gerwalt allen Beteiligten ein eigenes Sprachmuster verleiht. Man erkennt anhand der jeweiligen Sätze zum Teil sehr gut, wer gerade spricht, jeder hat seine eigenen Merkmale und Besonderheiten. Und auch in den erotischen bzw gewalttätigen Momenten ist es ein deutlicher Unterschied, ob nun aus Sicht des Täters, aus Sicht von Naomi (die auf ihre Weise eine Neuinszenierung der Morde als lustvoll erlebt) oder aus Sicht des Polizisten geschieht. Es freut mich immer, wenn ich sehe, wie Schriftsteller die Sprache gekonnt als Mittel zum Zweck einsetzen und damit jonglieren.
SONSTIGES
Was den BDSM-Aspekt betrifft, beschreibt Gerwalt hier Praktiken, die man in anderen Büchern oft nicht liest. Es gibt ja doch klassische Spielarten, denen man in jedem 0815 Roman immer wieder begegnet. Hier dagegen werden mal Szenerien aufgebaut, die sich klar von anderen unterscheiden und seinen Einfallsreichtum beweisen. Wem klar ist, dass dies hier keine Realität sondern einfach nur Fiktion ist, dem werden die kribbelnden und gefährlichen Ideen sehr gut gefallen. Auch wird hier Bondage nicht als Mittel zum Zweck benutzt sondern sehr ausführlich beschrieben, wie Ralf die Seile um den Körper legt, wie er sie führt und spürt, das ist selten in Büchern zu finden.
Die Handlung spielt im Schwarzwald, und abgesehen von einer gewissen künstlerischen Freiheit gibt es die Tatorte, das Schloss, die unterirdische Bunkeranlage wirklich, der Autor hat dies in einem Nachwort speziell erklärt. Ich finde es schön, wenn Romane nicht immer im Ausland spielen müssen, und der Schwarzwald scheint mir für die bedrohliche Stimmung des Romanes sehr geeignet. Die Beschreibungen stören nicht den Lesefluss, sind jedoch sehr anschaulich, sodass man Lust bekommt, sich alles vor Ort anzusehen.
WERMUTSTROPFEN
Die Charaktere bieten sehr viel Stoff zur Diskussion, es werden Themen angerissen, die eigentlich eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Buch verlangen. Besonders das Ende lässt sehr viele Fragen offen. Normalerweise störe ich mich nicht an einem offenen Ende. In diesem Buch allerdings halte ich etwas mehr Klarheit für überaus wichtig. Es ist ein ernstes Thema, das angesprochen wird, und im Epilog geschieht etwas, das ich ohne eine Auflösung nicht gutheißen kann. Ja, es ist nur ein Roman, das muss ich mir vor Augen halten. Während andere Bücher jedoch klar als Fiktion erkennbar sind, weil sie einfach Dinge darstellen, die eben nur Kopfkino sind und deutlich überzeichnet, halte ich dieses Buch in seiner Art jedoch für durchaus realistisch, es könnte so passiert sein. Das finde ich prinzipiell gut, das macht es umso spannender und lesenswerter. Aber gerade deswegen fände ich es wichtig, den Leser nicht mit diesen Fragen alleine zu lassen und offene Anliegen aufzuklären. Leider hat dies meinen Lesegenuss am Ende etwas getrübt.
FAZIT
DAS LETZTE ELEMENT ist ein realistisch gehaltener Thriller, der ein bedrohliches Szenario erschafft. Der Leser ist gefesselt und kann sich sehr gut in die Handlung einfinden. Besonders den Aufbau und die sprachliche Präsentation finde ich sehr gelungen, sodass ich das Buch uneingeschränkt allen Freunden der härteren Erotik empfehlen kann. Das Ende allerdings hat mich etwas betroffen zurückgelassen und schmälert den ansonsten hervorragenden Genuss.
SaschaSalamander 17.02.2012, 10.12 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Blutrotkäppchen
nach außen hin bin ich brav, da rezensiere ich nur Kinderbücher und Romantik und Liebe, und wenn ich mutig bin, dann auch mal Krimi oder Hardcore. Aber tief in mir drin, da knurrt die Bestie, da wütet die Gier nach krankem, perversen Stoff. Andere Menschen machen dann eine Urschreitherapie oder laufen Amok oder setzen sich in den Sessel und weinen. Und ich fröne statt dessen literarisch dem Wahnsinn, der Gewalt und dem Laster. Irgendwo muss dieser Rotz sich ja entladen. Vergesst Chuck Norris - hier kommt ENTOMAN!!!
DER AUTOR
Ich würde ja gerne eine Menge über David schreiben, aber lest doch einfach mal bei >Wikipedia< rein, da steht eine Menge über ihn ;-)
INHALT
Entoman, Def und Kuh leben in einer Art WG, sie wurden von der Großmutter (einem Wolf) großgezogen. Und während Def und Kuh zur Uni gehen, soll Entoman zur Großmutter und ihr ein kleines Carepaket bringen. Also macht er sich widerwillig auf den Weg, begegnet dem niedlichen Rotkäppchen, und dann gerät so ziemlich alles aus den Fugen. BLUTROTKÄPPCHEN ist eine wahnwitzige, abgedrehte Version des Märchens. Es fließt eine Menge Blut, es gibt haufenweise Monster, da werden Gliedmaßen abgesäbelt und riesige Steine kleingehackt. Schnetzeln, was das Zeug hält.
AUFBAU
Der Manga beginnt damit, dass ein paar Kinder Onkel Füleki um ein Märchen bitten. Aber statt des normalen Rotkäppchens erzählt er ihnen von seinen Erlebnissen mit Entoman. Diese Erzählung ist der Hauptteil des Mangas. Am Ende kehrt Entoman wie zu erwarten siegreich zurück von seiner Schnetzelmission, setzt sich seelenruhig an die Konsole und daddelt. Dann erzählen Def und Kuh ihm von ihren Erlebnissen auf dem Weg zur Uni, und als es dann fast vorbei ist, schlägt ein riesiger redaktioneller Teil mit Metainfo auf die Protagonisten. Bei Büchern und Mangas verzichte ich gerne auf das Impressum und die Zusatzinformationen. Und im Manga besonders auf die obligatorischen Tüddeleien hintendran wie persönliche Infos, Charakterdesign etc, welche die Zeichner noch anfügen. Aber wie bei einem guten Kinofilm - Füleki macht hier sogar den Abspann irre witzig, noch nie habe ich mich so gut bei den Schlussinformationen unterhalten!
ZEICHNUNGEN
Darf ich den Zeichner als krank bezeichnen? Ich meine das in seinem Fall sogar als Kompliment. Nein, ich verstehe seine Zeichnungen nicht. Das ist mir auch egal. Ich finde es einfach genial, wie er sich über so ziemlich jede Konvention und die Regeln der Gesellschaft hinwegsetzt. Er hat etwas so Eigenes geschaffen, dass mir partout keine Schublade dafür einfallen will (wenn ich müsste, würde ich die Worte >Gore<, >Vore<, >Trash< und >Splatter< zur Hilfe nehmen). In manchen Dingen absolut minimalistisch (z.B. Entoman besteht im Grunde nur aus einem gelben Zylinder mit einer gelben Kugel obenauf), in anderen einzigartig genau. Seine Monster, die Schnetzeleien und der Wahnsinn, da zeigt er viel Liebe zum Detail. Ein Monster mit Totenschädelkopf voller zerzauster Haare und irrem Blick, eine lange tentakelartige Zunge, darunter ein knochiger Rumpf mit riesigem Maul im Bauch, darüber faltige nackte Hängebrüste, und ein dritter Mund in Form einer Vagina Dentata. Alles verschlingend, und dann verschmilzt es mit einem weiteren Wesen, sodass das Äußere noch abstruser und irrer wird, von Bild zu Bild steigert sich der Wahnsinn.
SPRACHE, WAHNSINN, HUMOR
BLUTROTKÄPPCHEN ist politisch unkorrekt, freaky, pervers. Und zwar in jeder Hinsicht, sprachlich wie optisch und inhaltlich. Da gibt es ein Pentagramm zur Monsterabwehr, da gibt es absolut unerklärliche Momente (ein Deus ex Machina, dessen Existenz zwar hinterfragt aber nicht erklärt wird), da gibt es einen Wolf und seine neuentdeckte weibliche Seite im Kleidchen. Und was die Sprache betrifft - nö, ich habe keine Lust, drumrumzureden. Und wenn jemand Wert auf Political Correctness legt, sollte er den Manga gar nicht erst öffnen. Denn Entoman nimmt bööööse Wörter in den Mund: Bitches, Schlampen, "drauf geschissen", "na, wer ist jetzt Dein Daddy". Füleki nimmt das nicht so ernst, er pflügt einmal wild durch alles, was Feingeistern die Haare zu Berge stehen lässt. Fröhlich trällert Entoman "Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, der Friedhof war sein Ziel. Dort trieb er´s dann mit Leichen, denn er war nekrophil. Doch die Leichen, die war´n Zombies und ham ihn massakriert, aber dennoch hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert." Dabei überzeichnet er alles so stark, dass es jedoch deutlich als Ironie aufzufassen. Ernst nehmen darf man das also nicht, aber dafür kann man so richtig dreckig lachen.
FAZIT
Literarisch wertvoll? Alles andere als das! Abgefahren, verrückt und durchgeknallt? Absolut! Kultig? Aber hallo, sowas von!
SaschaSalamander 16.02.2012, 09.39 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Emma im Knopfland
Ein kleines Mädchen fühlt sich von den Erwachsenen nicht verstanden, und plötzlich landet sie in einer fremden Welt. Sie möchte wieder nach Hause, aber wie soll sie das anstellen? Auf ihrer Reise trifft sie viele Freunde, die selbst auf der Suche nach etwas sind und mit ihr gemeinsam zum großen Schloss ziehen wollen, wo sie auf Antworten hoffen. Es gibt Feinde in dieser Welt. Aber gemeinsam können sie es schaffen ...
nein, es handelt sich nicht um Frank Baums ZAUBERER VON OZ oder ALICE IM WUNDERLAND, sondern um >EMMA IM KNOPFLAND<. Und obwohl die Grundzüge die gleichen sind, ist das Buch etwas ganz anderes. Und dabei mindestens genauso herzlich: Emma ist während der Ferien bei ihrem Onkel und ihrer Tante. Ihr Onkel ist der Ansicht, Kinder solle man am besten nur sehen, aber nicht hören. Im Haus der beiden gibt es viele Zimmer, z.B. ein Kuli-Zimmer, ein Schneckenhaus-Zimmer, ein Stein-Zimmer, und unter anderem auch ein Knopfzimmer. Und als Emma die Tür öffnet, wird sie prompt in die fremde Welt hineingezogen. Dort herrschen im Grunde die gleichen Probleme wie bei uns Menschen, nur dass die Welt von Knöpfen bevölkert wird. Emma ist kein Knopf, und so wird sie von der Polizei gejagt. Doch mit ihren Freunden Gustav, Luise, Woody und den anderen gibt sie nicht auf. Sie will auf das große Schloss, um dort endlich die Antwort auf ihre Fragen zu bekommen und nach Hause zu gelangen.
KINDERBUCH
Kinderbücher sind dann gut, wenn sie den Erwachsenen das Gefühl geben, wieder Kind zu sein. Oh ja, und dieses Buch war wirklich sehr, sehr gut. Ich fühlte mich an viele Momente meiner Kindheit erinnert. Sah mich in den Schubladen meiner Oma wühlen, Puzzles zusammensetzen, mit Freunden spielen. Und EMMA IM KNOPFLAND zauberte mir ein riesiges Lächeln ins Gesicht. Es tat richtig gut! Aus Sicht eines Kindes, bezaubernd und wunderbar unschuldig.
DIE KNOPFWELT, DIE KNÖPFE
Bisher waren Knöpfe für mich nichts anderes als ... naja, Knöpfe eben. Aber die Autorin macht sich Gedanken, wo sie herkommen, welchen Zweck sie erfüllten, was sie erlebt haben, wie sie verloren gingen, und was dies in ihnen ausgelöst haben könnte, welche Persönlichkeit sie nun haben. Und besonders nett finde ich die Idee der Dinge, die in den Knopfkisten noch herumliegen, etwa Eurostücke, Büroklammern, Filzstiftkappen, Klettverschlüsse, besonders geformte Einzelknöpfe und vieles mehr. All diese Gegenstände gehören nicht zu den Knöpfen, sind auf der Suche nach sich selbst, nach ihrem Zweck, und Emma kann ihnen helfen, sich zu benennen und kann ihnen einen Sinn verleihen.
Das Metermaß wird zu einer langen Straße, auf der das freundliche Trüppchen Richtung des großen Schlosses marschiert. Nadelkissen werden zu einer weiten Kakteenlandschaft, wo Cowboys (sie waren früher an Lederwesten etc befestigt) am Lagerfeuer Lieder singen.
CHARAKTERE
Die Charaktere sind richtig herzig, besonders der dicke Gustav, er war 34 Jahre an einer Lederhose befestigt und hat viel von der Welt gesehen. Und dann ist da noch der Knopf, der einmal an einem Brautkleid war, doch seine Geschichte ist traurig. Oder der olle Woody, der schon in Woodstock dabei war, die Trägerin seiner Strickjacke damals hieß auch Emma, und Woody ist totaaaal easy, Love and Peace and Harmony und so ;-)
HÖRBUCH
Fritzi Haberland ist einfach umwerfend. Sie hat eine Stimme, perfekt für Kinderbücher. Und sie spricht mit verstellter Stimme, unterschiedlichen Dialekten, verleiht jedem einzelnen Knopf zusätzlich seine eigene Persönlichkeit. Die unsichere, stets auf ihren Wert bedachte Luise. Der dicke, bayerische Gustav. Die adelige Dame. Die eitlen Models. Der gefährliche große K. Der chillige Woody. Und natürlich sehr viele anderen Figuren mehr. Es ist faszinierend anzuhören, wie dieses anfangs scheinbar so zarte Stimmchen plötzlich solch eine Variationsmöglichkeit beweist! Sie schreit, stottert, flüstert, lacht, befiehlt, sie liest nicht mehr vor, nein sie spielt ihre Rolle. Man hätte keine bessere Sprecherin finden können als Fritzi!
FAZIT
EMMA IM KNOPFLAND ist ein zauberhaftes Kinderbuch um das beliebte Motiv der Freundschaft und Identitätsfindung. Wer ein offenes Herz hat, kann dieses Buch nicht hören, ohne danach zu strahlen. Und er wird Knöpfe zukünftig mit anderen Augen sehen ;-)
SaschaSalamander 14.02.2012, 09.08 | (0/0) Kommentare | PL
Elbenthal-Saga 01 - Die Hüterin Midgards
Svenya lebt auf der Straße, als sie plötzlich gejagt wird. Von Wölfen! Und dann wird sie entführt, man offenbart ihr, dass sie die Hüterin Midgards sei. Dazu gehört natürlich Unterricht in Strategie, Geschichte, Kriegskunst und vielen wichtigen Themen mehr. Bald ist es soweit, und Svenya soll ihre Prüfung ablegen, doch ist sie überhaupt bereit für diese Aufgabe? Welche verborgenen Kräfte schlummern wohl in ihr? Wer sind die Gegner, vor denen sie Midgard beschützen muss? Und warum darf sie nicht nach ihrer Herkunft oder ihren Vorgängern fragen?
AUFBAU
Die Geschichte beginnt mitten in einer actionreichen Szene und ist eine sehr gute Einstimmung auf den Rest des Buches. Von der ersten zur letzten Seite kommt man kaum dazu, Luft zu holen. Rasant wirbelt der Autor über die Seiten: nach der spannenden Einleitung, in welcher der Leser mit einem Lichtelb, einem Titanschwert, einem Interkom, verschiedenen Schusswaffen konfrontiert wird, schwingt der Focus auf Svenya, die wieder einmal auf der Flucht ist, ein sicheres Plätzchen sucht und ihr Leben auf der Straße für sich alleine meistern muss. Nach der Entführung im oberirdischen Dresden wird sie ins unterirdische Elbenthal gebracht, wo man ihr ihre neue Aufgabe als Hüterin erläutert. Zwischendurch gibt es einen Blick nach Aarhain, wo der gegnerische Laurin seine Ränke schmiedet.
Aber natürlich hat alles einen Haken, und dem unermesslichen Reichtum der Elben steht der goldene Käfig gegenüber, dem die neue Hüterin entfliehen will, und wieder wechselt der Schauplatz, wieder wird der Leser zu Lande, zu Wasser und in der Luft von einer Gefahr zur nächsten katapultiert. Trotz der Action bleibt das Buch übersichtlich, wirkt in keinem Moment überladen. Es ist gut gegliedert, die Kapitel sind sehr übersichtlich gestaltet. Durch das hübsche Drachenemblem und eine freie Seite wird der Leser eingeladen, einen Moment innezuhalten, aufzuatmen, und erst nach einem kurzen Moment der Ruhe weiterzulesen. Die Kapitel haben eine sehr angenehme Länge, sodass man zwischendurch gut unterbrechen kann, allerdings strotzt das Buch nur so vor Cliffhangern, sodass man eigentlich gar keine andere Wahl hat, als es am Stück zu lesen ;-)
MEHRTEILER
Das Buch ist der Auftakt einer mehrteiligen Saga. Dennoch ist die Geschichte in sich geschlossen und könnte bis auf einige offene Fragen sehr gut als Einzelwerk für sich stehen. Man muss also nicht frustriert auf die Fortsetzung warten, sondern kann getrost jetzt schon zugreifen und sich nach dem Schließen der Buchdeckel zufrieden zurücklehnen, ohne sich um das Ende betrogen zu fühlen.
Aber es wurden sehr viele Themen angeschnitten, die auf eine Fortsetzung drängen: eine Liebesgeschichte bahnt sich an, der Held ist vorerst geschlagen aber noch nicht endgültig vernichtet. Es gibt Andeutungen über die besondere Rolle der Hüterin, und auch eine offene Prophezeiung gibt Anlass zu interessanten Spekulationen. Und natürlich die große Frage nach dem Geheimnis um die Herkunft birgt noch sehr viel Potential für die folgenden Bände.
CHARAKTERE
Die ELBENTHAL-SAGA enthält sehr viele Charaktere, eine Auflistung der Personen wäre hilfreich gewesen. Nun, ich habe mir eben selbst eine erstellt während des Schreibens, habe auch einige Male darauf zurückgreifen müssen. Kann aber auch daran liegen, dass ich mit Namen eher ein Problem habe. Erst recht, wenn wie in diesem Buch die Namen bereits vorab mit einem Hintergrund besetzt sind: Hagen von Tronje, Alberich, Fafnir, Laurin und einige andere, sie bekommen neue Rollen zugewiesen, sind zwar den entsprechenden Figuren der Edda, Nibelungen oder Elbengeschichten entlehnt, werden jedoch in einen neuen (bzw alten, ursprünglichen) Kontext gestellt. Ich denke, Leser ohne entsprechenden Hintergrund haben sogar einen Vorteil, da sie das Buch unbedarft lesen und nicht eine zusätzliche Geschichte im Hinterkopf haben. Wer die entsprechenden Mythologien kennt, freut sich hier über eine Erzählung, die zurück zu den Anfängen geht und sich dadurch angenehm von den modernen, verwaschenen Fantasy-Erzählungen abhebt.
Ich habe die Charaktere allesamt sehr schnell lieb gewonnen. Ich hätte anders gehandelt. Und ich fand es nicht immer gut, was Svenya, Yrr, Hagen und Alberich getan haben. Aber es ist nachvollziehbar und verständlich. Ihre Persönlichkeit wurde hervorragend ausgearbeitet, sodass ich beim Lesen immer ein klares Bild der Person im Kopf hatte und auch die Handlungen vorhersagen konnte, da sie aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihrer Eigenheiten oft gar nicht anders handeln konnten.
Neben Menschen und Elben gibt es auch unzählige Wesen wie Gargoyles, einen Leviathan, pferdegroße Fledermäuse und andere Kreaturen. Ja sogar zwei magische Schwerter, die über eine eigene Persönlichkeit verfügen und denen eine tragende Rolle zuteil wird. Diese Idee fand ich sehr faszinierend, sie ist nicht neu aber noch recht unverbraucht.
Was mir ebenfalls gefiel: Elben gelten oft als hehres, edles Volk. Dabei übersehen manche, dass Elben ursprünglich arrogante Wesen sind, die sich ihrer Überlegenheit deutlich bewusst sind und dies andere spüren lassen. Eigentlich ist mir Schadenfreude fremd, doch hier habe ich mich diebisch gefreut, als Svenya die Elben mit ihren eigenen Waffen - spitzfindigen Worten - schlug und demütigte.
Die Protagonistin ist ein Charakter, mit dem wohl gerade viele Jugendliche und junge Erwachsene sich sehr gut identifizieren werden. Sie hat viel erleiden müssen, hat viele Schicksalsschläge erlebt, sie ist stark, mutig, strotzt vor Energie, doch ihre schlechten Erfahrungen ließen sie hart und kalt werden. Aber sie entwickelt sich im Laufe des Buches immer ein Stückchen weiter, bis am Ende kein unerfahrenes Mädchen mehr spricht, sondern eine junge Frau, die mit Würde und Stolz ihre Entscheidungen fällt und sich ihrer Verantwortung als Machtinhaberin bewusst ist. Diese Wandlung ist dem Autor sehr überzeugend gelungen.
SPRACHE
Die Sprache ist dem Buch in allen Punkten angemessen. Ivo Pala zeigt hier, wie er geschickt mit Worten jongliert: ein etwa 2000 Jahre alter Elb wird in anderen Worten geschildert als das 17jährige Mädchen von der Straße. Ein blutrünstiges Schwert, eine strahlende Elbenkriegerin, ein mächtiger Drache, ihnen allen legt er einen eigenen Wortschatz in den Mund, es ist stets klar zu erkennen, wer gerade spricht. Mal sind die Worte wohlfeil, gehoben und altertümlich, ein andermal lauernd und gefährlich, natürlich auch rotzig, frech und unerfahren. Und doch ist alles aus einem Guss, fügt sich nahtlos in einander, stehen ein gehobener Satz und eine dreiste Antwort auf zwei Zeilen gegenüber, ohne dass es abgehackt und künstlich klingt. Das Buch liest sich auch aufgrund der Formulierungen, des Satzbaus und der Wortwahl sehr flüssig, an manchen Stellen fliegt der Leser geradezu über die Seiten.
GESTALTUNG DES BUCHES
Normalerweise ist die Gestaltung eines Buches etwas, das ich nicht in eine Rezension einfließen lasse, da es für die Qualität des Buches irrelevant ist. Aber für den ersten Band der ELBENTHAL-SAGA möchte ich doch einige Worte darüber verlieren: Das Cover fällt mit seiner metallisch glänzenden Optik sofort ins Auge, das strahlende Blau passt hervorragend zur Atmosphäre des Buches, die Burg im Hintergrund vermittelt einen sehr schönen Eindruck der imposanten Festung. Die Heldin ist - was leider heutzutage bei Buchcovern selten geworden ist - bis auf eine Kleinigkeit exakt den Beschreibungen des Buches angepasst: Haare, Rüstung, Schwert, ja sogar Farben, alles stimmt mit dem Buch überein und ist wunderschön gelungen.
Wenn man das Buch aufschlägt, blickt man auf eine Landkarte, welche das Elbenreich von Leipzig über Meißen, Dresden, Freiberg, Chemnitz bis ins Fichtelgebirge und nach Tschechien hin aufzeigt, dazu ein wunderschönes Drachenemblem und hübsche Zeichnungen einzelner Festungen. Auch die Gliederung der einzelnen Kapitel ist sehr schön gestaltet mit besagtem Drachenemblem.
FAZIT
Bereits im ersten Satz wird der Leser in den Bann des Buches gesogen und kann sich bis zur letzten Seite nicht mehr entziehen. Ivo Pala hebt sich mit der ELBENTHAL - SAGA deutlich von anderen Büchern des Genres ab und bietet ein ganz besonderes Leseerlebnis, das man auf keinen Fall verpassen sollte!
SaschaSalamander 08.02.2012, 09.37 | (0/0) Kommentare | PL
Wie ein Flügelschlag
Nachdem mich >HOLUNDERMOND< bereits begeistert hatte, war ich sehr gespannt auf ihren Jugendkrimi WIE EIN FLÜGELSCHLAG. Jutta Wilke ist eine sehr aktive Autorin, die sich bei >Facebook< wie auch mit einem eigenen >Blog< präsentiert und gerne auf ihre Leser eingeht. Sie schreibt sehr viel über ihren Schreibprozess, verteilt kleine Appettithäppchen vor der Veröffentlichung, macht neugierig und zeigt sich vor allem sehr menschlich mit ihren Stärken und Schwächen. Normalerweise könnte ich ja jetzt ein wenig über ihre Person schreiben, aber - ach, das steht im Klappentext, bei Amazon, im Internet, im Blog, bei Facebook, wer neugierig ist, dem empfehle ich einfach, sie dort selbst kennenzulernen ;-)
INHALT
Jana hat aufgrund ihrer Leistungen als Schwimmerin ein Stipendium erhalten. Doch in der Klasse ist sie wenig anerkannt. Nur die von allen umschwärmte, beliebte Melanie freundet sich mit ihr an. Und dann wird Melanie eines Tages ermordet. Jana beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, sie will nicht glauben, dass ihre Freundin an Herzversagen starb, für sie deutet alles auf einen Mord hin. Doch sie stößt auf eine Mauer des Schweigens, kämpft scheinbar alleine, bis in dem Bruder Melanies endlich ein Verbündeter erscheint. Was die beiden herausfinden, würde einen Skandal verursachen. Und Skandale sind an dieser Schule unerwünscht, das bekommt Jana sehr hart zu spüren.
CHARAKTERE
Jutta Wilke ist ein wundervolles Charakterdesign gelungen. Das Buch ist in der Ich-Form aus Janas Sicht geschrieben. Dadurch erfährt der Leser sehr viel über die Beweggründe des verschlossenen Mädchens. Figuren, zu denen Jana einen starken positiven oder negativen Bezug hat, etwa ihr Trainer, ihre Mutter oder Mika, sind sehr deutlich beschrieben, wirken plastisch und dreidimensional. Randerscheinungen wie die Klassenkameraden oder der Schuldirekter verblassen dagegen, doch sie sind auch nicht wichtig. Was hervorragend gelungen ist, das ist die Darstellung des Täters. Ich muss zugeben, dass ich nicht aufgrund der Hinweise (die es nicht gab, zu geschickt ist die Intrige gewoben), sondern aufgrund der Erzählweise ihn / sie von Beginn an in Verdacht hatte.
Jana schildert ihre Welt so plastisch, dass man am liebsten in das Buch hineinkriechen möchte. Man möchte sich gegen den schrecklichen Trainer auflehnen, will ihm trotzen, hat aber doch Angst vor ihm, erkennt die Ausweglosigkeit gegenüber dieser Autoritätsperson. Janas Mutter ist ebenfalls eine sehr emotionsgeladene Figur, und immer wieder habe ich innerlich geschrien ob der Ungerechtigkeit, welche die Heldin erlebt. Ihre Mutter sorgt sich so wenig um ihre Tochter, ist sosehr gefangen in ihrer egozentrischen Welt, dass sie sogar die schreckliche Niederlage Janas als Festtag feiert, da diese Niederlage für sie nur Vorteile birgt, blind gegenüber dem Leid ihres eigenen Kindes.
Selten habe ich mich so intensiv in Figuren einfühlen können, mich so gut mit der Protagonistin identifiziert, sosehr die anderen Charaktere "real" erlebt, es hat mich aufgewühlt und bewegt.
AUFBAU
Das Buch beginnt mit einem klaren Satz: "Wenn ich hier fertig bin, bringe ich sie um". Da MUSS man ja weiterlesen. Man will ja schließlich wissen, wer sie sosehr verärgert hat. Auf neun Seiten erlebt der Leser, wie Jana über den Sportplatz joggt, frustriert, verärgert, gedemütigt, trotzig und willensstark. Schon auf diesen wenigen Seiten fühlt man sich ihr verbunden. Dann sieht sie die Tote. Und das erste Kapitel endet mit dem Satz "Und ich - habe sie umgebracht". Wie sollte man dieses Buch da bitte weglegen können?!?
Im nächsten Kapitel springt die Geschichte drei Wochen in die Vergangenheit. Jana erzählt, wie sie an die Schule kam, erzählt von den Trainings, dem Schulunterricht, der Theatergruppe, dem Mobbing durch die Mitschüler, und insbesondere von ihrer Freundschaft zu Melanie. Den Leser treibt die Frage, wie all dies zum Mord an Melanie geführt haben könnte und warum Jana Schuld daran trägt oder zu tragen glaubt. Und dann im letzten Teil ist Jana in der Gegenwart angekommen, der Leser versucht mit ihr die Hintergründe der Tat offenzulegen.
Und zwischen einzelnen Abschnitten finden sich gelegentlich Einschübe, geschrieben aus der Ich-Perspektive des Täters. Er platziert die Figuren wie Billardkugeln auf dem Spieltisch, stößt an, die Kugeln kommen ins Rollen, er beobachtet den Verlauf, man erahnt, dass er auf ein schreckliches Ende steuert, fragt sich während des Lesens immer wieder, wer diese Person sein könnte. Es gibt mehrere Verdächtige, aber wer von ihnen hätte wirklich einen Grund?
Das Motiv - das fand ich sehr schön: es gab - außer Hinweisen in der Erzählstruktur - keinen Hinweis auf den Täter, er spielte sein Spiel sehr geschickt. Bis zum Ende blieb das Motiv unklar. Trotzdem wirkt es am Ende weder "aus dem Hut gezaubert" noch "schnell irgendwie zu Ende gebracht", sondern man erkennt klar, dass es von Beginn an sehr gut durchdacht war.
Was mir ebenfalls sehr gut gefällt: das Buch hat nur 280 Seiten. Und mehr brauche ich nicht. Das genügt. Es scheint in Mode gekommen, Bücher unnötig aufzublähen. Fortsetzungen zu schreiben, sinnlose Füllsel einzufügen, einfach nur um ein größeres Werk zu veröffentlichen. Das hat Jutta Wilke nicht nötig. Sie packt in 280 Seiten sehr viel mehr als mancher Autor in die doppelte Seitenzahl. Kein Wort ist zuviel, keine Szene unnütz. Und doch ist das Buch komplett, ich habe nichts vermisst. Hier und da bleiben einzelne Fragen offen. Aber da es aus Janas Sicht geschrieben ist - ist das genau richtig. Denn Jana ist keine allwissende Erzählerin, sie kann nicht alles wissen, für sie ist der Fall abgeschlossen. Natürlich hätte ich gerne mehr gelesen - aber das hätte dem schlichten, präzisen Stil des Buches eher geschadet, und so bin ich froh, dass sich die Autorin auf das Wesentliche beschränkt hat.
SPRACHE
Trotz der wenigen Seiten ist das Buch in einer sehr malerischen Sprache gehalten. Die Metaphern sind wunderschön, sie scheinen zu glänzen, zeigen dem Leser das zerbrechliche Innere des nach außen so toughen Mädchens. Ich empfinde das Buch trotz des Genres Jugendkrimi und trotz des Mordes, trotz der Spannung als sehr still und sanft. Jana ist eine stille Person, sie kann sich nur schwer verteidigen, sie frisst vieles in sich hinein, ist kein Mensch großer Worte.
In kleinen Momentaufnahmen bekommen einzelne Figuren Leben eingehaucht, werden Orte wie der alte Friedhof, Janas Zuhause, die Schwimmhalle, das öffentliche Schwimmbad lebendig. Kleine Erwähnungen nur, die jedoch sofort vollständige Bilder vor dem inneren Auge entstehen lassen, alles wirkt greifbar und plastisch.
VERFILMUNG
Nein, eine Verfilmung ist natürlich noch nicht angedacht. Aber ich möchte es erwähnen: ich bin kein visueller Mensch. Meine Welt sind Worte, nicht die Bilder. Doch WIE EIN FLÜGELSCHLAG löste in mir sehr viele Bilder aus, so als hätte ich einen Film gesehen. Ich sehe jede einzelne Figur vor mir, kann einzelne Personen so exakt beschreiben, als würde ich sie persönlich kennen. Und ich sehe auch die Kulisse vor mir, der "Film" ist in hellen, fast blendenden Farben gehalten, sehr viel Weiß, Silber und Hellblau, gelegentlich durchzogen von schwarzen oder dunkelvioletten Elemnten / Accessoires. Der Film hat nur sehr wenige Dialoge, er basiert vor allem aus der Beobachtung durch Janas Augen, es gibt sehr viele Nahaufnahmen einzelner Gesichter. Verschlossene, kalte Gesichter der Mitschüler, Melanies leuchtende Maske, Janas Melancholie, der beinahe gebrochene Kampfgeist, ihr aufkeimender Überlebenswille. Die Musik ist ruhig, fließend, perlend, passend zum klaren Wasser, weitgehend instrumental. Und sehr viele Aufnahmen im Wasser, von Jana, die im Wasser "fliegt". Ich bin sicher, andere Leser werden andere Bilder gesehen haben, werden sich den Film anders vorstellen. Das ist gut so, denn die Autorin spricht mit ihren Worten sehr eindringlich archaische Gefühle an, die jeder auf seine Weise mit eigenen Erfahrungen verknüpft, sich auf seine ganz eigene Weise verbunden fühlt. Zu gerne würde ich einen Film sehen, erleben, wie andere Leser dieses Buch wahrgenommen haben.
FAZIT
Ein wunderbarer Jugendkrimi. Präzise, lyrisch und überaus bewegend. Die Autorin hat ihre Worte knapp und präzise gewählt, und jedes dieser Worte berührt den Leser im Inneren. WIE EIN FLÜGELSCHLAG bietet ein sehr emotionales Leseerlebnis, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!
SaschaSalamander 07.02.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL
Dustland 01 - Die Entführung
Saba lebt mit ihrer Familie abgelegen in der Wüste, als eines Tages Reiter kommen, ihren Vater töten und den Bruder entführen. Ihren Bruder Lugh, ihr Ein und Alles. Also gibt es für Saba nur eine Möglichkeit: sie muss sich auf den Weg machen und Lugh finden. Im Schlepptau hat sie ihre kleine Schwester, mit der sie kaum etwas anfangen kann, und immer wieder stellen sich ihr lästige bis sogar tödliche Hindernisse in den Weg. Sie findet auch Verbündete, die ihr bei der Befreiung des Bruders helfen wollen. Doch wem kann Saba überhaupt trauen?
RÜCKBLICKEND
Ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat und das ich dank meiner Lieblingssprecherin Laura Maire so flüssig gehört habe wie schon lange kein Hörbuch mehr. Es ist rund zwei Wochen her, dass ich das Buch beendet habe. Manche Titel bleiben sehr lange im Gedächtnis, und noch nach vielen Monaten könnte ich die Rezension schreiben, als wäre es gestern gewesen. Bei anderen Büchern habe ich schon nach wenigen Tagen Probleme, meine Gedanken zusammenzufassen. In diesem Fall ist zwar ein sehr gutes Gefühl geblieben, doch ohne die direkt nach dem Lesen geschriebenen Notizen wäre es mir wohl nun eher schwergefallen. Dies liegt wohl an den Schwächen des Buches, auf die ich nachher noch eingehen werde. Schade, denn im Grunde hat DUSTLAND mich sehr begeistert, und ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Aber es fehlt ein klein wenig "das gewisse Etwas", um es zu etwas Besonderem zu machen. Ein Buch, das volle Punktzahl bekommt, muss in mir "nachklingen", und das ist das einzige, was ich an DUSTLAND zu bemängeln habe: es klingt nicht nach in mir.
CHARAKTERE UND CHARAKTERENTWICKLUNG
Die Heldin Saba ist stark, mutig und charismatisch. Dies zu ihren guten Eigenschaften. Aber sie ist auch sehr egoistisch, unsozial und stur. Die Meinung anderer kümmert sie sehr wenig, und sogar zu ihrer eigenen kleinen Schwester ist sie anfangs rau und kalt. Einzig Lugh ist ihre Bezugsperson. In allem erwartet sie Angriff und Bosheit, kann sich nicht auf andere Menschen einlassen. Einerseits ist das verständlich, andererseits finde ich diesen Charakterzug auf Dauer sehr anstrengend.
Doch zum Glück zieht sich dies nicht bis zum Ende: die Charakterentwicklung in diesem Buch ist eine der großen Stärken. Saba und die anderen Beteiligten erfahren viele Dinge, die ihr Leben verändern. Diese Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen, sondern sie sind schrittweise langsam zu erahnen und werden erst nach und nach sichtbar. Besonders in der Beziehung zwischen Saba und ihrem Freund (nein, kein Spoiler, schon bei der ersten Begegnung spürt der Leser sofort, worauf es hinauslaufen wird) ist dies deutlich erkennbar. Während in anderen Büchern erst Abneigung herrscht und dann wie durch ein Wunder ein einzelnes Ereignis oder scheinbar über Nacht plötzlich Liebe entsteht (wie glaubwürdig *haha*), ist es hier wirklich ein langfristiger Prozess, in dem die beiden Protagonisten sich vorsichtig näherkommen, immer wieder kleine Rückschritte erleben und sich erst vorsichtig annähern müssen. Das Kribbeln zwischen den beiden ist spürbar und sehr angenehm, ist erfreulicherweise frei von Kitsch und Schmalz und vermag doch zu berühren.
Auch die Nebenfiguren sind sehr schön dargestellt. Je nach der Bedeutung für ihre Geschichte erhalten sie mehr oder weniger Gewicht.
SPRACHE, HÖRBUCH
Da ich das Hörbuch gehört habe, kann ich zur Sprache im Buch nichts sagen. Jedoch habe ich anderen Berichten entnommen, dass wohl auf Anführungszeichen verzichtet wird und sehr viel Umgangssprache geschrieben wird. Im Hörbuch fällt dies natürlich nicht auf. Was im Hörbuch jedoch auffällt, sind grammatikalische Patzer, die in einem normalen Buch ein NoGo wären, hier jedoch beabsichtigt sind. Trotzdem zuckte ich jedes Mal zusammen, wenn der Genitiv wieder einmal mit "vom" gebildet wurde oder dem Wörtchen "wegen" ein Akkusativ folgte. Diese beiden schmerzhaften Formulierungen gibt es sehr oft, hier und da fallen noch weitere Dinge auf, die jedoch dank Laura Maires angenehmer Erzählstimme und des flüssigen Vortrages kaum ins Gewicht fallen. Wer also Probleme mit der Schriftsprache in DUSTLAND hat, dem kann ich ganz klar das Hörbuch empfehlen
Laura Maire spricht wie gewohnt hervorragend. Für mich persönlich ist sie unter den Frauen das Gegenstück zu Rufus Beck. Natürlich kann sie ihre Stimme nicht ganz so extrem verstellen, aber sie legt ebensoviel Emotion und Subtext. Sie spricht nicht nur mit Worten, sondern auch mit Stimmungen, Betonungen, man hört den Sätzen an, dass hinter den Worten sehr viel mehr liegt als nur der ausgesprochene Sinn. Sie weint, lacht, tobt, schreit, fleht, beschimpft, bedroht und lässt die breite Palette ihres Könnens erleben. Die Figuren werden für den Hörer lebendig, ob nun das kleine Mädchen, die junge Frau, die erwachsene Kämpferin, der unter dem Pantoffel stehende Narr, das hinterhältige Weib, der arrogante Herrscher, der stolze Einzelkämpfer oder viele andere Personen, denen Laura eine eigene Persönlichkeit verleiht.
SCHWÄCHE DES BUCHES
Was ich sehr schade finde: es werden kaum Hintergründe erklärt. Das Buch ist klar eine Dystopie, schwimmt also auf der Welle von Titeln wie TRIBUTE VON PANEM und Co. Ich liebe dieses Genre, besonders weil Autoren sich kreativ mit möglichen Zukunftsvisionen auseinandersetzen und dabei realistische Bilder entwerfen von einem "was könnte sein". Hier allerdings bleibt dieser Aspekt sehr flach. Zwar gibt es immer wieder Andeutungen auf die Abwracker (das sind wohl wir, mit unserem "Technokram" und unseren Müllbergen), aber dabei bleibt es dann. Wie es dazu kam, warum die Welt des Buches so trostlos und leer ist, und welche gesellschaftlichen Strukturen sich daraus gebildet haben, das bleibt leider sehr blass. Es wirkt, als hätte die Autorin einfach eine nette Kulisse gesucht, ohne den Hintergrund hierfür auszumalen. Wäre es ein Manga, würde ich sagen, dass die Charaktere und Story toll sind, die Zeichnungen aber Details vermissen lassen, sodass alles etwas leer wirkt.
FAZIT
Das Buch ist eine Reihe, der erste Teil ist in sich sehr gut geschlossen, und man fiebert nun nicht mit einem fiesen Cliffhanger auf den nächsten Band. Trotzdem freue ich mich auf die Fortsetzung. Denn ich hoffe vor allem auf erklärende Hintergründe, die mir die Welt Sabas näherbringen und der Geschichte dadurch den Tiefgang verleihen, den sie eigentlich verdient hätte. Doch ohne diese Hintergründe ist es leider nur eine spannende Geschichte, die mich zwar grandios unterhalten, nicht jedoch komplett überzeugt hat.
SaschaSalamander 03.02.2012, 15.30 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Die Flüsse von London
Peter Grant arbeitet bei der Londoner Polizei. Bei einem Einsatz trifft er plötzlich auf einen Geist, der ihm einiges über den Tathergang erzählt. Er beginnt eigene Nachforschungen anzustellen, und dabei zieht er die Aufmerksamkeit des seltsamen Thomas Nightingale auf sich. Dieser ist Englands letzter Zauberer und sieht in dem jungen Mann nun einen geeigneten Lehrling und vielleicht sogar Nachfolger. Also tritt Grant nun in Nightinggales Dienst und lernt die Gründzüge der Magie, befasst sich mit rivalisierenden Flussgöttern und trifft auf Vampire und andere unheimliche Wesen.
CHARAKTERE
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, sogar bis in die kleinste Nebenrolle. Vor den Augen des Lesers werden Flussgötter, Menschen, Besessene, Magier, Geister "lebendig", erhalten einen glaubwürdigen Hintergrund und werden ausgestattet mit liebenswerten Macken und Eigenheiten. Besonders die Personifikation der beiden Flussgötter mitsamt ihrer Familie fand ich sehr gelungen. Ich kann nicht einmal sagen, welcher Charakter mir am meisten ans Herz gewachsen ist, ich fühle mich ihnen allen verbunden und freue mich, bald mehr von ihnen zu erfahren in den folgenden Bänden.
BEDEUTUNG DER MAGIE
Was mich sofort begeisterte: Ben Aarovonitch setzt hier viele geniale Ideen um. Nein, es ist nicht einfach nur eine eigene magische Welt. In anderen Büchern neigt der Autor dazu, eine Welt und Magie zu erfinden, die jedoch einfach als gegeben hingenommen wird. Der Held dieser Geschichte allerdings will die Magie erforschen. Es genügt ihm nicht, einfach nur die Anwendung eines Feuerballs zu lernen. Nein, er will auch wissen, woher die Magie kommt, woraus die Energie gezogen wird, warum technische Geräte dadurch beeinflusst werden, in welchem Maß und in welchem Radius die Magie wirkt und welche Nebenwirkungen sie auf den menschlichen Körper haben kann. Es ist einfach köstlich, wenn er experimentiert, für die Beteiligten lästige Fragen stellt und immer tiefer in die Materie eindringt. Hier werden Wissenschaft und Magie nebeneinandergestellt, Newton gilt als Begründer nicht nur der Scientia sondern auch der Magie. Wirklich eine tolle Idee!
VERY BRITISH
Der Humor ist typisch britisch: sehr trocken, hier und da ein wenig anzüglich, und auf jeden Fall rabenschwarz. Und nicht nur der Humor, auch das Flair könnte britischer nicht sein. Die Handlung ist äußerst modern. Dennoch gebe ich zu, dass ich trotzdem oft das Gefühl hatte, einen Roman aus der viktorianischen Zeit zu lesen, einfach aufgrund der atmosphärischen Dichte, die ich sonst eher in diesem Genre gewohnt bin. Man meint regelrecht die Themse vor sich zu sehen, den aufsteigenden Nebel auf den kopfsteingepflasterten Straßen, und immer wieder scheinen mir die Handies, Autos und anderen Neuheiten wie Anachronismen in dieser ansonsten so traditionellen Welt. Dies wird vor allem verstärkt durch den altmodischen Nightinggale. Er ist ein alter Magier, der sich von Technik distanziert (vor allem, da diese ja wie bereits erwähnt Schaden durch das Anwenden von zaubersprüchen nimmt) und die alten Werte hochhält. Seine Kleidung, sein Verhalten, seine Sprache, ja auch sein Anwesen, es wirkt alles wie ein Relikt aus alten Zeiten.
Ein kleines Easteregg für Dr. Who Fans: in einer Szene meint Grant, er wisse nicht mehr, woher er so genau über den Kleidungsstil in jener Zeit Bescheid wisse, es könne wohl an einer alten Folge Dr. Who liegen. Dies ist insofern witzig, als Aaronovitch bereits zwei Folgen für die bekannte britische Serie geschrieben hat ;-)
SPRACHE, GENRE
Die Sprache liest sich angenehm flüssig. Manchmal war ich ein wenig irritiert: mal wirkt es altmodisch, ein andermal sehr modern. Ein Widerspruch, an den man sich jedoch sehr schnell gewöhnt und der durch die Handlung sehr gut begründet ist. Einige Sätze wirken etwas flapsig, ironisch, der Autor nimmt sich und sein Buch nicht bitterernst sondern lässt manchen Seitenhieb fallen.
Die Übersetzung vermag ich nicht zu beurteilen. Aber sie hat mir große Lust auf das Original gemacht, die folgenden Bände werde ich auf Englisch lesen. Denn an vielen Sätzen hatte ich sofort die englische Variante vor Augen, die Übersetzung schien mir so gelungen, dass ich zu wissen glaube, wie es im Original heißen musste. Dadurch wirkt die Sprache stellenweise ein wenig ungewöhnlich, ich empfinde dies jedoch als eigenen, britischen Charme und sehr gelungen.
Das Genre ist ein wilder Mix verschiedenster Bereiche. Es wird sehr viel Wissenschaft eingebaut, aber im Grunde ist es ein klarer Krimi. Die Charaktere sind eindeutig im fantastischen Bereich zu finden, die Spannung und die drastische Darstellung der blutigen Momente mutet an wie in einem Thriller. Der Humor ist gehobene Unterhaltung, und eine ordentliche Prise Viktorianisches findet sich ebenfalls. Ach, ist es nicht egal, in welchem Genre man ein Buch einordnet, solange es einfach gefällt? ;-)
FAZIT
Obwohl das Buch der Auftakt einer Reihe ist, ist es in sich abgeschlossen und ist bedenkenlos auch ohne die Fortsetzungen lesbar. Humor, Sprache, Stil sind eigenwillig und gewöhnungsbedürftig, wissen Fans des britischen Stils jedoch sofort zu überzeugen. Eine klare Empfehlung für alle, die sich nicht von einem wilden Genremix mit ungewöhnlichen Charakteren schrecken lassen :-)
SaschaSalamander 02.02.2012, 09.46 | (0/0) Kommentare | PL
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