SaschaSalamander

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Young Bride´s story (K Mori)
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Shantaram (G D Roberts)
Die Eindringlinge (M Marshall)
Ein Tag ohne Zufall (M E Pearson)

SaschaSalamander 24.07.2011, 20.16 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Frühreifes Bürschlein

Heute ein erster Satz. Aber ohne Info, sondern als Rätsel. Aus welchem Buch stammt folgender erster Satz?

Als ich elf war, habe ich mein Schwein geschlachtet und bin zu den Dirnen gegangen.

SaschaSalamander 24.07.2011, 12.13 | (5/5) Kommentare (RSS) | PL

Young Bride´s Story

Amira ist 20 Jahre alt, als sie mit dem 12jährigen Karluk verheiratet wird. Sie stammt aus einem Volk von Kriegern und Kämpfern, wohingegen die Familie des Bräutigams vor allem von Tierzucht und Ackerbau lebt. Amira ist eigentlich schon recht alt, normalerweise heiraten junge Frauen etwa im Alter von 16. Doch die Ehe ist glücklich, und die neue Familie nimmt Amira sofort in ihre Reihen auf. Sie sind freundlich zu ihr, lehren sie neue Rezepte, Traditionen, Künste. Auch Amira kann die Menschen ihres neuen Umfeldes viel lehren: sie jagd mit dem Bogen Hasen und bereitet ein köstliches Mahl, aus den Pelzen näht sie wundervolle Kleidung für ihren Ehemann. Doch Amiras Herkunftsfamilie schmiedet andere Pläne und will die Tochter zurückholen, um sie an einen anderen Mann zu verheiraten.

Ein Manga, wie man ihn nur selten in die Finger bekommt. Ich habe mich sofort in die Zeichnungen verliebt und würde am liebsten sofort alle weiteren Bände in der Hand halten! Ein Ausnahmemanga, den ich ohne Zögern sofort als Meisterwerk bezeichne.

Über die Handlung kann man nicht wirklich viel erzählen. Es gibt fünf Kapitel, die jedoch blitzschnell beschrieben sind: erstes Kennenlernen, ein Junge beobachtet einen Schnitzer bei der Arbeit, das Brautpaar reitet aus und trifft den anderen Teil der Nomadenfamilie, die Brautfamilie verlangt die Tochter zurück und wird abgewiesen, der Bräutigam erkrankt und wird rasch wieder gesund. Nein, wirklich von "Handlung" im klassischen Sinne kann man nicht sprechen. Aber das ist auch nicht notwendig. Es geht weniger um einen typischen Konflikt oder eine fortwährende Erzählung, vielmehr werden einzelne kleine Episoden aus dem Zusammenleben der beiden unterschiedlichen Charaktere erzählt.

Mir ging das Herz auf beim Lesen dieses Mangas. Die Herzlichkeit der neuen Familie ist wunderbar, und ich hatte oft ein Strahlen in den Augen, ebenso wie die Protagonistin, wenn sie von der neuen Familie so liebevoll aufgenommen wird. Auch der Umgang der Eheleute miteinander ist einfach herzerwärmend. Mir fallen keine anderen Worte ein als immer wieder im Kontext mit "Herz". Ja, dieser Manga strotzt nur so vor Herz. Ohne Action, Konflikt, Gewalt oder Handlung. Es ist ein Manga voller liebevoller Gesten. Eine Mutter, die ihr Kind bestrafen muss (Konsequenz in der Erziehung muss sein) und am liebsten sofort die Strafe wieder rückgängig machen würde. Eine Ehefrau, die sich über den schlafenden Gatten beugt und ihn besorgt ansieht, ob es ihm auch gutgeht. Ein Schnitzer, der sich den neugierigen Fragen eines kleinen Jungen stellt und ihm einen extra für ihn gefertigten Talisman schenkt. Die Offenheit der Personen untereinander. Ach, einfach nur schön, am liebsten würde ich sofort Teil dieser Familie!

Die Charaktere sind mir schon nach wenigen Seiten sofort ans Herz gewachsen. Ihr Handeln ist menschlich, herzlich, manchmal auch humorvoll. Man lacht, weint, leidet, feiert mit der Familie. Es fällt von Beginn an leicht, die Personen auseinanderzuhalten, da sie sehr individuell gezeichnet sind und ihre typischen Eigenheiten aufweisen.

Zum Abschluss erzählt die Autorin Kaoru Mori, was sie zu diesem Manga bewegte: sie war schon immer begeistert von der Kultur in Zentralasien und der Kaukasusregion. Pferde (Turkmenische Achal-Tekkiner), Schafe, Zelte, Teppiche, das karge Leben des Volkes. Und diese Leidenschaft sieht man in jedem Bild. YOUNG BRIDE´s STORY ist ein bildgewaltiges Werk, opulent und detailverliebt. Manchmal sieht man auf zwei Bildern nur Landschaften, doch das ist nicht langweilig, sondern einfach nur umwerfend. Eine Landschaft, dann rückt das Bild etwas näher, man sieht einen Hasen, der Hase flitzt aus dem Bild, man sieht nur noch seine Hinterläufe. Unberührte Natur, die Fernweh in mir weckt, und ich fühlte mich direkt in die Erzählung hineinversetzt, meinte den Wind auf meiner Haut zu spüren, das frische Gras und die klare Luft zu riechen.

Die Details machen den Manga zu einem Kunstwerk. Verzierte Kleidung, Nahrungsmittel, Geschirr, Schnitzereien, Schmuck und Accessoires der Tiere und Menschen, gewebte Teppiche, es gibt keinen Zentimeter, der nicht gefüllt ist mit winzigen Details. Die Charaktere werden ebenfalls sehr genau gezeichnet: Augen, Gestik und Mimik wirken so lebendig, als hätte sie diese von lebenden Menschen abgezeichnet. Die Gesichter strahlen eine Wärme aus, dass ich in dem Manga versinken möchte.

Wo andere Zeichner oft im Klischee versinken und immer wieder die gleichen Bilder abliefern, die gleichen Rasterfolien verwenden, die immer gleichen Stilmittel einsetzen, sticht YOUNG BRIDE´s STORY durch seinen individuellen Stil positiv hervor.

Ein großartiger Manga, den ich jedem Leser ans Herz lege, der Wert auf Zeichnung und emotionale Tiefe legt. Jüngere Leser werden sich mit einzelnen Figuren identifizieren und ihre Freude an den Abenteuern der kleinen Geschwister haben. Ältere Leser haben ihre Freude an den wundervollen Zeichnungen und der intensiven Darstellung des Familienlebens in diesem historischen Rahmen. Einer der besten Mangas, die ich seit vielen Monaten gelesen habe!

Eine sehr gute Review mit gut gewählten Bildern kann man bei >Animey< lesen. Seht Euch die Bilder an, und Ihr versteht meine Begeisterung ;-)

mori_youngbride_1.jpg

SaschaSalamander 22.07.2011, 14.35 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

TTT die coolsten Bösewichte



Das heutige TTT beinhaltet die Frage nach den >10 "coolsten" Bösewichten< aus Büchern. Wie üblich weite ich das Thema für mich auch aus auf Filme, Mangas, Comics etc. Was das Wort "cool" nun bedeutet, mag jeder für sich beurteilen. Ich für meinen Teil nehme einfach die Bösewichte, die ich eben besonders mag. Natürlich wieder ohne Reihenfolge bunt durcheinander.

Was mir an einem Bösewicht wichtig ist, das ist sein Stil. Ein "richtiger" Bösewicht hat Klasse, Stil, ist elegant und intelligent. Er verfolgt seine Ziele und weiß, dass er auf der richtigen Seite steht. Jaa, er ist ichbezogen und kümmert sich nicht um die Gefühle der "Guten", aber wo kämen wir hin, wenn jeder immer nur auf die anderen sehen würde? Es gibt eh schon viel zuviele Gutmenschen auf dieser Welt! (Aber bitte bleibt mir fern mit dummen Bauerntölpeln, die böse sind. Das sind keine Bösewichte sondern einfach nur Deppen, die auf Ärger aus sind.



Muraki
Aus dem Manga >YAMI NO MATSUEI<, er ist mein liebster Bösewicht. Er ist sadistisch, er ist böse, er ist intelligent, er ist sexy *sabber*. Ein asiatischer Bösewicht, die haben ganz besondere Klasse. Muraki ist Arzt und genießt es, mit seinen Opfern zu "spielen"
und deren hübsche Haut ein wenig zu "verzieren", und auch Psychospiele liegen ihm ...

Jean Valjean
Der Antagonist aus "Die Elenden" von Victor Hugo. Er verkörpert das Recht, und doch ist er der "Böse". Ich finde ihn eine großartige Figur und könte stundenlang über seinen Charakter referieren!

Saruman
Top im Buch, aber im Film einfach der Hammer, Christopher Lee ist einfach genial in jeder seiner Rollen!

Snape
Ich mochte ihn vom ersten Moment, auch wenn er ein Ekel ist. Aber es war klar, dass er seine Gründe hatte. Und er hat Klasse!

Kingdok
Ein Rattenmonster aus dem Comic-Epos >BONE< von Jeff Smith. Ich mag die Rattenmonster, die sind herrlich schräg :-)

Magneto
Leider kenne ich nur den Film, nicht die Comics. Magneto mochte ich vom ersten Moment, er ist elegant und hat Stil. Und eigentlich ist er gar nicht "böse", er hat nur andere Methoden als die "Guten", aber sein Ziel kann ich ihm nicht verübeln.

Dracula
Ganz klassisch, er darf in dieser Liste nicht fehlen.
Sexy und düster, schon lange bevor es den ganzen Vampirhype gab ...

Nathanael
Der junge Zauberlehrling aus BARTIMÄUS. Ein Ekelpaket, wirklich mögen tu ich ihn nicht, aber ich finde ihn wirklich cool, er hat was drauf.

König Haggard
Der König aus dem LETZTEN EINHORN, eine traurige, tragische Gestalt ...

Meerhexe Ursula / Gargamel
wirklich "cool" für meine Verhältnisse finde ich die beiden nicht. Aber ich mag sie, alle beiden haben richtigen Kultcharakter!

Graf Olaf ist nicht dabei, sosehr ich das Buch an sich auch liebe, denn er ist eine wichtige Rolle des Buches, aber ich mochte ihn nicht. Er ist nicht intelligent. Verschlagen, bauernschlau, das gewiss, aber ihm fehlt die Klasse.

Nächste Woche geht es um die Frage, warum wir Buchbloggern wurden. Na, ob ich da 10 Gründe hinbekomme? Mir fällt auf Anhieb nur ein Grund ein, aber dieser Gedanke ist so brennend in mir, dass er genügt ...

SaschaSalamander 21.07.2011, 18.57 | (4/4) Kommentare (RSS) | PL

Mist gebaut

Na prima! Sorry, beim Archivieren habe ich Mist gebaut und kann das nicht rückgängig machen ... die aktuellen Beiträge finden sich >HIER<

SaschaSalamander 20.07.2011, 22.23 | (0/0) Kommentare | PL

Gedanken rund um erotische Literatur

In letzter Zeit lese ich ja häufiger Erotik, von Gay über Soft über Hardcore. Ich schreibe positive Rezensionen darüber, und die Meinungen sind geteilt. Es sprechen mich Leute darauf an, die es ähnlich sehen und die genauso wie ich begeistert sind. Und es sprechen mich auch Leute an, die fragen, ob ich das Buch wirklich gut fand.

Ja, wenn ich ein Buch lobe, finde ich es gut. Gefälligkeit ist nicht mein Ding - schenk mir ´n Reziexemplar, ich werd es schon irgendwie anpreisen. Nein, absolut nicht, was mir gefällt, lobe ich, was mir nicht gefällt wird entweder konstruktiv beschrieben oder aber gar nicht rezensiert.

Zwischen den Zeilen höre ich heraus "die Sprache ist doch unter Niveau" oder "der Inhalt ist doch plattes Klischee". Naja, ich denke, Erwartungen sind eine Sache, die andere ist dann auch der Unterhaltungswert. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die behaupten immer nur schick Essen zu gehen. Ja, manchmal geh ich zu McDonalds und freu mich über einen Hamburger. Mir ist klar, dass der Koch im französischen Restaurant über andere Qualifikationen verfügt, aber ich will eben in dem Moment kein Fünfgängemenu, sondern ich will einen unterhaltsamen, erotischen Roman, bei dem ich nicht groß denken muss, der mir gefällt und der leichtverdaulich ist. Bei aller Liebe zu der hohen Kunst, aber Rilke und Heinrich Mann sind einfach nicht erregend, und manchmal mag ich es erregend und heiß statt hochtrabend literarisch.

Ich steh dazu. Und ich bin froh, dass es auf dieser Welt nicht nur Tolstoj, Benn , Kafka, Goethe, Borchert und Böll gibt. Ich liebe gute Literatur. Aber ich liebe auch Unterhaltung. Wenn ich mich nach der Arbeit entspanne, lese ich ganz sicher nicht die Schachtelsätze eines Thomas Mann oder das komplette Kapitel nur über die französische Kanalisation bei Hugo (sosehr ich Mann und Hugo als große Schriftsteller verehre).

Und ein anderes Thema, das ab und zu angesprochen wird, gerade weil ich ja auch härtere Romane lese: "ja, das ist ja nicht mal freiwillig". Ja, in der Tat, es kommt vor, dass auch SM-Thriller über das Ziel hinausschießen. Aber zum einen gibt es den Metakonsens (das heißt, jemand gibt die Einwilligung "Du darfst tun, was Du willst, auch wenn es mir nicht gefällt"). Und zum anderen ist es ein Buch. Ein Buch ist Kopfkino. Ein Buch unterhält mich. Wenn ich die Realität möchte, dann gehe ich ins Schlafzimmer und lebe sie dort aus. Bücher liebe ich deswegen, weil Dinge geschehen, die in der Realität nicht möglich sind.

Eines finde ich erstaunlich: wenn es im Mittelalterroman passiert oder im aktuellen Bestseller, dann ist es okay. Da gehört es dazu. Welcher Bestseller kommt heutzutage noch ohne brutalen Sex oder eine Vergewaltigungsszene aus? Aber da ist es gesellschaftlich akzeptiert, denn es ist ein Krimi oder Thriller, da darf der Autor das. In einem aktuellen Jugenbuch (derzeit hochgelobt) geschieht eine Vergewaltigung, und alle finden das Buch toll, die Heldin tut als sei nichts geschehen. Bei Ayla wird die junge Frau im ersten Band reihenweise vergewaltigt und gedemütigt. In den historischen Romanen ist Vergewaltigung regelmässig zu finden, meist dies der Auslöser für eine ehemals schwache Frau nun stark zu werden und sich gegen die Männer aufzulehnen und ihren eigenen Weg zu gehen. Da ist das okay? Und all die Thriller, ob nun von Reichs, Hoffmann, Hayder, Fadyen, wo man teils wirklich nicht zimperlich mit den Menschen umgeht und die Brutalitäten weit über Vergewaltigung hinausgehen und dafür brutalste Foltermethoden stattfinden, Leute gequält werden. Da ist es spannend, aufregend, da ist es Teil des Buches und ein Pageturner (wobei der Schreibstil meiner Ansicht nach in diesen Romanen oft weit mehr unter der Gürtellinie ist als in so manchem SM-Roman, mich ekeln Autoren wie McFadyen an, mir wird beim Lesen manchmal leicht übel, wenn ich mir die Szenen real vorstelle). Aber wenn in einem Buch, welches explizit als BDSM betitelt ist und in dem statt einer Vergewaltigung ein Metakonsens herrscht, wird dies kritisiert?

Wenn ich mich entscheiden müsste, was ich auf eine einsame Insel mitnehmen müsste. Oder wenn ich bis an mein Lebensende gezwungen wäre nur noch 10 Bücher zu wählen, die mich dann den Rest meines Lebens bereichern müssen. Ja, ich bin ehrlich, da wären keine Erotiktitel dabei. Da würde ich etwas anderes wählen, das nachhaltiger ist. Aber zum Glück bin ich nicht auf einer einsamen Insel, und zum Glück habe ich die freie Auswahl. Und desewgen freue ich mich, dass ich nicht nur hochtrabende Literaturklassiker lesen muss, sondern auch Leichtverdauliches wählen kann.

Ja, es gefällt mir. Und ich genieße es. Ich habe keine Lust, so zu tun, als müsste ich dauernd intellektuell sein. Manchmal bin ich gerne normal und amüsiere mich einfach! :-)

(falls sich einige angesprochen fühlen: neinnein, ich beziehe es auf keine spezielle Diskussion. Sondern es ist ein Thema, das ich im Freundes- und Bekanntenkreis in letzter Zeit mehrfach geführt habe, bezogen auf verschiedene Titel, besprochen mit verschiedenen Personen)

SaschaSalamander 20.07.2011, 16.55 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

ZWEIundDIESELBE

Erster Satz:
Früher war ich jemand namens Jenna.

Letzter Satz:
ganz ungünstiger Spoiler :(

aus: Mary E Pearson: ZWEIundDIESELBE; Fischer 2011

SaschaSalamander 19.07.2011, 14.35 | (0/0) Kommentare | PL

ZWEIundDIESELBE

pearson_zweiunddieselbe_1.jpgMehrfach bin ich über dieses Buch gestolpert, zuerst in Elenas >Leseträumen<. Trotz einiger kritischer Punkte fand ich das Thema sehr ansprechend und wollte das Buch auf jeden Fall lesen. Tauschticket sei Dank, es kam letzte Woche bei mir an, und ich habe es an einem Sonntag quasi in einem Rutsch durchgelesen :-)

Jenna erwacht nach einem Jahr aus dem Koma und kann sich an nichts mehr erinnern. Doch sie fühlt, dass irgend etwas nicht in Ordnung ist. Ihre Eltern scheinen etwas vor ihr zu verbergen, die Großmutter behandelt sie wie ein unerwünschtes Objekt, und auch in ihrem Alltag entdeckt sie viele Ungereimtheiten. Warum hat sie keine Freunde, die nach ihrem Erwachen zu Besuch kommen? Warum ist die Familie kürzlich umgezogen? Was hat es mit den einzelnen seltsamen Erinnerungsfetzen auf sich?

Das Buch ist aus Jennas Sicht geschrieben. Normalerweise ist es so, dass der Leser auf dem gleichen Wissensstand ist wie der Ich-Erzähler. In diesem Fall allerdings hat der Leser einen Vorsprung, da er sich aus Jennas Beobachtungen Dinge zusammenreimen kann, die dem Mädchen selbst nicht möglich sind. Zum einen aufgrund der Gedächtnislücken, zum anderen spielt das Buch in der Zukunft. Was für Jenna also normal ist, das ist für den Leser ein Hinweis auf das Genre Dystopie und lässt bereits nach wenigen Seiten sehr schnell erahnen, worauf es hinauslaufen wird.

Nun ist das Problem, dass das Buch sich meiner Ansicht nach an eher junge Leser von 13 bis 17 richtet. Aber es lässt sich auch sehr gut von Erwachsenen lesen, es hat mir sehr gefallen. Aber wo Jugendliche vielleicht noch mitfiebern oder etwas länger brauchen bis sie die Zusammenhänge begreifen, da weiß es ein älterer Leser nach unzähligen Filmen ähnlicher Art und nach einigen knappen Andeutungen der Autorin eben sofort. Dies war für mich anfangs sehr unangenehm, da ich das Gefühl hatte, das Buch sei zu langsam. Nicht langweilig, aber zu langsam. Ich hätte mich gerne intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt und musste statt dessen immer wieder auf das nächste Bröckchen warten, welches der Protagonistin in die Hände gespielt wurde und was mir schon lange klar war. Nach etwa einem Drittel des Buches legt sich dieses Gefühl glücklicherweise, und der der Leser ist mit Jenna auf einem Stand.

Mit Jenna mitfühlen ist etwas schwieriger, denn sie selbst ist ratlos und weiß nicht, was vor sich geht, der Leser dagegen weiß Bescheid. Dennoch konnte ich mir vorstellen, wiesehr sie unter der Ungewissheit zu Beginn und später unter der Frage "wer oder was bin ich" litt. Ich fand ihre Reaktionen sehr realistisch, ihre Gefühle für verständlich und angemessen. Die Autorin hat ein theoretisches Problem sehr lebendig werden lassen.

Die Sprache ist sehr einfach gehalten, aber es gefiel mir, da es sehr gut zu Jennas Entwicklung passt. Sie muss sich Wörter neu erarbeiten, denkt in sehr einfachen Bahnen und muss erst langsam zu sich selbst finden. Die Kapitel sind sehr kurz, teilweise sind es einzelne Gedankenfetzen oder Erinnerungen über eine halbe Seite, manchmal auch nur einzelne Episoden über zwei oder drei Seiten. Ich mag diesen Stil, da keine kontinuierliche Handlung beschrieben wird, sondern es immer wieder neue Puzzleteile sind, die nach und nach das fertige Bild Jennas ergeben. Das englische Cover ist sogar ein Puzzle und passt meiner Ansicht nach sehr viel besser zum Buch als die deutsche Variante (wenngleich der blaue Schmetterling ebenfalls einen symbolischen Bezug zum Buch hat).

Das Thema der Genforschung spielt eine zentrale Rolle im Buch und bezieht sich nicht alleine auf den Menschen, sondern es werden auch Verbindungen hergestellt zur Patentierung von Genmais (ein Name wurde nicht genannt, aber der Leser dürfte wissen, worum es geht), zum Züchten von Pflanzen, Tieren, Menschen. Aber da es ein Jugendbuch ist, dürfte mancher Erwachsene ein wenig enttäuscht sein, falls er einen wissenschaftlichen Thriller erwartet hatte. Hier wird nicht erklärt. Hier geht es nicht um den wissenschaftlichen Hintergrund oder eine exakte ethische Beleuchtung. Sondern hier geht es einzig darum, welche Gefühle dies in einem Mädchen auslöst. Und das ist hervorragend gelungen. Ich denke, dadurch wird das Thema für manch einen Leser greifbarer, als würde man ihn mit Fakten erschlagen.

Für Erwachsene fehlt, finde ich, irgendwie ein bisschen "Pfeffer". Ich kann es schwer in Worte fassen. Man weiß, worauf es hinausläuft. Man kann sich denken, wie es enden wird. Die Gefühle sind nachvollziehbar. Der Konflikt ist vorhanden, und doch fehlt er. Der Konflikt ist Jenna an sich, sodass das Buch - so kam es mir beim Lesen vor - ständig von einer Seite zur nächsten fließt, ohne wirklich zum Punkt zu kommen, und zwischendurch fragte ich mich "wo kommt jetzt der Punkt, an dem etwas passiert?". Es passiert nichts. Es fließt.

Für Erwachsene, die dem Thema entsprechend auf Tiefgang sowie wissenschaftliche oder moralische Wertung hoffen und sich beim Lesen intensiv damit auseinandersetzen wollen, ist es weniger geeignet. Für Erwachsene, die sich mit einem wichtigen Thema leicht unterhalten lassen wollen sehr nett zu lesen. Aber junge Leser, die sich gerne mit ernsten Themen befassen, ist es ein hervorragender Titel. Aufgrund des Diskussionsbedarfs und der interessant gestaltenten Sprache und Form halte ich es sogar für ideale Schullektüre, mit denen man Jugendlichen so richtig Lust aufs Lesen machen könnte.

SaschaSalamander 19.07.2011, 09.17 | (0/0) Kommentare | PL

Großstadtaugen

Die ersten Sätze:
Laut, grau, schmutzig und hektisch. Wenn so viele Menschen geballt aufeinander hocken, bleibt wenig Platz für die Fantasie. Falls wir so etwas wie einen sechsten Sinn haben, bringen der ganze Lärm und die ständige Reizüberflutung ihn gehörig durcheinander. Wei könnte man sich auch auf einen Bauch verlassen, der dauernd irgendeinen Mist aus dem Backshop verdauen muss? Aber wenn die Natur einen Weg durch den festen Beton findet, müsste das für das Übernatürliche doch ein Klacks sein, oder?

(aus: Großstadtaugen; Anthologie, Knaur 2011)

**********

normalerweise lasse ich den ersten und letzten Satz immer unkommentiert. In diesem Fall möchte ich einfach mal etwas dazu sagen. Weil mir das sehr gut gefiel. Eine simple Weisheit bzw Wahrheit, die die Autorin der ersten Geschichte hier widergibt. Aber doch so wichtig. Und die Worte so schlicht wie die Wahrheit selbst. Zugleich aber eine hervorragende Einleitung für ein Buch mit sechs Geschichten rund um Urban Fantasy. Die erste Seite ist stellvertrengend für das gesamte Buch. Und wem dieser Text auf der ersten Seite gefiel, dem gefällt auch das Buch ...

SaschaSalamander 18.07.2011, 13.33 | (0/0) Kommentare | PL

Großstadtaugen

gro__stadtaugen_1.jpgBei meinem Stammdealer um die Ecke lag ein "Manga", der mir sofort ins Auge sprang: etwas größer als das übliche Format, ein sehr atmosphärisches Cover und ein für Mangas ungewöhnlicher Verlag. Knaur. Aha? Manga? Oder wollen die mir einen Comic unterschmuggeln, damit er sich für die Mangafans besser verkauft? Also habe ich mir das näher angesehen, zugeschnappt (Präsentation geglückt, wieder ein Kunde mehr), und hier ist also meine Meinung über GROßSTADTAUGEN:

GROßSTADTAUGEN ist eine Sammlung von 6 Kurzgeschichten aus jeweils unterschiedlicher Feder. Auf die Inhalte und Zeichenstile jeder einzelnen Story möchte ich nicht eingehen, sondern das Gesamtwerk betrachten. Der Genrebegriff "Urban Fantasy" wird hier wortwörtlich genommen, und auch das Cover und der Titel des Buches sind hervorragend gewählt und passen perfekt zu den Geschichten.

Es sind Shortstories von jungen Menschen / Wesen, die in ein fantastisches Abenteuer schliddern. Eine etwas außer Kontrolle geratene Seance, ein Nachtmahr auf Beutejagd, eine Frau mit regelmässig wiederkehrenden Träumen von Verlust und Trauer, ein in der Kindheit unbedacht gegebenes Versprechen, eine dramatische Apokalypse. Das ist der Stoff, aus dem die Spannung hier gewebt ist. Und obwohl die Geschichten sich sowohl inhaltlich wie auch grafisch extremst unterscheiden, passen sie sehr gut zusammen. Sie spielen alle in einer Großstadt, und der Gestank der Stadt, die Sehnsucht nach Geborgenheit, die Kälte der Häuser, die Hektik auf den Straßen, all das fangen die Zeichner geschickt in den Bildern ein und vermitteln dem Leser ein Gefühl von Zauber inmitten der kalten modernen Welt, mal gruslig, mal romantisch.

Ein klassischer Comic, wie ein Außenstehender ihn sich im ersten Moment vorstellt, ist es nicht, dazu fehlt schon einmal die Farbe. Auch der Panelaufbau ist ungewöhnlich für Freunde von Asterix, Spiderman und Co. Für einen Manga sind die meisten Zeichnungen allerdings zu amerikanisch, fehlt der typische Flair von fremder Kultur, und mit Ausnahme einer Geschichte gibt es auch im Charakterdesign nichts Mangatypisches. Für eine Graphic Novel sind mir die Geschichten zu kurz und der Inhalt zu oberflächlich. Ich kann mir vorstellen, dass es für die Läden schwer zu vermarkten ist: wo soll es hin, welche Zielgruppe soll angesprochen werden? Ein gewagtes Unterfangen, mit dem der Verlag meiner Ansicht nach sehr viel Mut bewiesen hat.

Eine Geschichte hat mich begeistert, drei haben mir sehr gut gefallen, eine ließ mich eher kalt, und eine davon gefiel mir überhaupt nicht. Allerdings sind die Geschichten sehr unterschiedlich, sodsas es wirklich großartig ist, in all dieser Vielfalt dennoch so viel Übereinstimmung zu finden für den Leser. Punktabzug erhält GROßSTADTAUGEN deswegen nicht, denn bei einer Anthologie können niemals alle Geschichten gleich gut gefallen, und mein persönlicher Geschmack soll dieses kleine Meisterwerk nicht abwerten, zumal ich doch etwas älter als die Zielgruppe (die ich zwischne 15 und 20 vermute) bin.

Von mir auf jeden Fall ein großes Lob an den Verlag für diesen ungewöhnlichen Titel. Und für alle Comic und Mangafreunde eine Empfehlung. Sechs Künstler, die man sich merken sollte. Und ein Gesamtwerk, das Beachtung verdient und rundum stimmig ist und nicht besser sein könnte.

SaschaSalamander 18.07.2011, 09.20 | (0/0) Kommentare | PL

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