SaschaSalamander

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Thema: Rezensionen Film

Die Frau in Schwarz

Düsteres Marschland, Kindergesichter, Spiel aus Licht und Schatten, ein Blick aus dem Fenster und unten eine unheimliche Gestalt, ein Blick nach oben und eine geheimnisvolle Person hinter der Fensterscheibe, Handabdrücke und Gesichter auf der Scheibe, Nebel, kahle Bäume, Kerzenlicht spiegelt sich in Puppenaugen und diese sehen lebendig aus, Puppen mit Glasaugen, plötzlich offenstehende Türen die zuvor verschlossen waren, knarzende Dielen, schlurfende Schritte, überall Schatten mit Versteckmöglichkeiten, verdeckte Möbel, Blechspielzeug, ein bewegter Schaukelstuhl, mit Tüchern abgedeckte Möbel, beschlagene Spiegel, Kinder und Tiere fokussieren im Raum eine vermeintlich leere Stelle, dumpfe Bässe in rhythmischem Stampfen, fast keine Musik und wenn dann ganz gezielt und perfekt dosiert. Und viele eindrucksvolle Dinge mehr ...

DAS ist es, woraus für mich ein ordentlicher Gruselfilm besteht. Manche gruseln sich bei Horror, wenn ordentlich das Blut spritzt oder eine Menge Leute sterben. Das finde ich eher harmlos und schalte sogar noch auf die Pausetaste, um das so richtig zu zelebrieren. Aber dafür kann man mich winselnd unter dem Sofa hervorziehen, wenn oben genannten Dinge zu sehen sind. Und wenn es in den letzten Jahren EIN Film geschafft hat, mich so richtig zu gruseln, sosehr, dass ich sogar vor Schreck aufschreie und das Herz nicht entscheiden kann zwischen "soll ich rasen" oder "soll ich lieber aussetzen", dann ist es DIE FRAU IN SCHWARZ. Ähnliche Effekte erzielen bei mir ansonsten nur die asiatischen Originale wie Ju-On, Dark Water und Co.

Der Film ist ein Remake. Und beide, sowohl Original als auch Remake, basieren auf dem Roman der britischen Autorin Susan Hill. Ich kenne bisher noch nicht den Roman, und auch der erste Film ist mir unbekannt. Daher ziehe ich keine Vergleiche, sondern beziehe mich alleine auf den Film mit Daniel Radcliffe, den ich letzte Woche gesehen habe.

Daniel Radcliffe - ein Grund, warum vermutlich viele Leute diesen Film gesehen haben. Darsteller des Harry Potter. Viele sehen in ihm den Zauberlehrling. Und sind dann evtl sogar enttäuscht von dem jungen Mann, der so gar nichts Zauberhaftes an sich hat. Ich muss sagen, dass mir das nicht so geht, im Gegenteil, ich fand ihn zwar für Potter geeignet, aber gerade gegen Ende eigentlich besser passend in ein anderes, ruhigeres Fach. Er ist sehr still, recht schmächtig, und er passt perfekt in die Rolle eines jeden britischen Gentleman, der etwas altmodisch angehaucht ist. Somit also für DIE FRAU IN SCHWARZ, ein durch und durch britisches Werk, bestens geeignet. (Und zu gerne sähe ich ihn tatsächlich an der Seite von Matt Smith. Aber das ist ein anderes Thema)

Aber genug Drumherum, worum geht es eigentlich in diesem Film: der junge Anwalt Kipps fährt beauftragt, einen Nachlass zu regeln. Ein altes Haus, Marschland, nur während der Ebbe erreichbar. Er nimmt den Auftrag an, denn er droht sonst seine Arbeit zu verlieren, und er trägt seit dem Tod seiner Frau die alleinige Verantwortung für den kleinen Sohn. Als er im Dorf ankommt, begegnet man ihm mit Misstrauen, will ihn gar sofort wieder zurückschicken. Doch er lässt sich nicht abwimmeln, besucht das Haus, sieht eine seltsame schwarze Frau. Bald stirbt im Dorf das erste Kind, die Bewohner werden regelrecht aggressiv ihm gegenüber, beschuldigen ihn, er will aber nicht an den alten Fluch glauben. Und das wird er teuer bezahlen ...

Oh, was habe ich mich gegruselt! Naja, Hammer-Productions, was soll man mehr sagen? Hammer ist DIE Firma, wenn es um Oldschool Grusel geht, um Gothic-Grusel. Die Macher der Klassiker unter den Horror- und Gruselschinken, mit Stars wie Christopher Lee, Peter Cushing und Konsorten. Dazu eine Riege ausgewählter Schauspieler, und es kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Was ich gruslig fand, habe ich ja oben bereits alles erwähnt in der Einleitung. Hammer hat sich nicht lumpen lassen und so ziemlich alle Geschütze aufgefahren, die überhaupt nur möglich sind. Und was mir sehr gefällt und den Grusel für mich intensiviert: keine Action, kein Krach-Bumm, keine lästige Musikuntermalung oder endlosen Dialoge. Sondern es gibt sehr lange Szenen, in denen kein Wort geredet wird, keine Musik zu hören ist. Kipps ist alleine im Haus, mit wem sollte er reden, wo sollte Musik herkommen? Er hört nur das Knarzen, den Wind, und dazu ein dumpfer Bass, der gerade bei einer 5.1 Anlage kaum hör- aber deutlich spürbar für Unwohlsein in der Magengegend sorgt.

Die Landschaft ist wundervoll, ich bin vom ersten Moment an komplett im Film versunken. Die weiten Flächen, menschenleer, nur Natur, kahl und trist und doch lebendig, das Meer, die Wiesen, der Wald um das Haus, die alten Steinmauern, die Kulisse im Inneren der Dorfhäuser. Und das Gruselhaus selbst, das stammt regelrecht aus dem Lehrbuch, und ich würde vermutlich schreiend das Haus verlassen, anstatt auch nur einen Fuß hineinzusetzen. Schon von außen verheißt es nichts Gutes, raunt es dem Beobachter zu "geh, solange Du noch kannst".

Der Film spaltet die Zuschauer. Sehr viele sind begeistert, dazu gehöre ich. Aber ich verstehe auch diejenigen, die ihn nicht mögen. Müsste ich gegen den Film sprechen, würde ich sagen "da passiert ja fast nichts. Der läuft halt durch das Haus, und zwischendurch knartz es mal irgendwo oder bewegt sich was, uhuuu, wie gruslig". Dem halte ich entgegen, dass gerade durch das viele Schweigen, durch die eindrucksvollen Bilder, durch die so eindringlich gezeigte Kulisse es leichter ist, sich in dem Film fallenzulassen, ganz darin zu versinken und sich darin zu verlieren, sich umso intensiver zu gruseln. Aber man muss diesen Stil auch mögen, das ist ganz eindeutig Geschmackssache. Mir hat der Film geschmeckt, mmmh, und selbst beim Schreiben läuft es mir kalt den Rücken herunter, wenn ich mich an manche der Szenen erinnere, und selbst jetzt rund 20 h später zucke ich bei einem unerwarteten Geräusch zusammen.

Eine einzige Sache störte mich etwas: Kipps war mir zu tough. Jeder gesunde Mensch wäre vermutlich bereits schreiend aus dem Haus gerannt, doch er muss nicht einmal schneller atmen. Völlig lässig durchstreift er das Haus, folgt den Schatten und macht sich dann sogar noch auf die Suche nach einer verschwundenen Leiche. Einfach so. Ohne mit der Wimper zu zucken. Erst gegen Ende muss er ein wenig keuchen. Das war an dem Zeitpunkt, als wir bereits die Kissen vor das Gesicht hielten und uns zitternd aneinanderklammerten :-)

Trotzdem: Ich war absolut begeistert von diesem Film, schon lange habe ich keinen solch grandiosen Gothic-Grusel der alten Schule mehr gesehen, der es wirklich wert war, als solcher bezeichnet zu werden. DIE FRAU IN SCHWARZ hat es geschafft, sogar mich abgebrühten Horrorfan das Fürchten zu lehren. Schade, dass es nicht öfter solche großartigen Filme gibt. Oder zum Glück, denn ich weiß nicht, ob mein Herz das allzu oft mitmachen würde ...


SaschaSalamander 06.11.2012, 09.02 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

TomBoy

tomboy_1.jpgJetzt ist es schon ein paar Wochen her, dass ich TOMBOY gesehen habe. Zeit für eine Rezension habe ich nicht, aber dann möchte ich Euch den Film wenigstens kurz vorstellen. Er ist zu gut, als dass er hier bei mir einfach in der Masse der wöchentlichen Statistik untergeht.

Laure zieht mit ihren Eltern um in eine neue Stadt, es sind gerade Sommerferien. Sie ist viel draußen, spielt mit den Nachbarskindern Fußball, geht mit ihnen an den See, hängt mit ihnen ab, Lisa ist ihre Freundin. Und sie hat den Kindern erzählt, sie hieße Michael. Doch der Sommer ist kurz, und als es zu einer Rauferei kommt, erfährt ihre Mutter davon ...

Ein ganz wunderbarer Film! Zoe Heran als Laure / Michael verkörpert die Rolle sehr überzeugend und sensibel, passt auch optisch sehr gut zu der Figur des Tomboys (so nennt man ein Mädchen, das sich wie ein Junge verhält), man nimmt ihr den "Michael" sofort ab.

Was mir gefällt ist, dass der Film ohne Erklärungen und große Worte auskommt, lediglich beobachtet. Man hofft mit Michael, hält immer wieder die Luft an, wenn man denkt nun wird sein Geheimnis gelüftet. Auch gefällt mir, dass es nur eine kurze Episode ist. Es ist ein Sommer. Was davor war, wie es dann an der Schule weitergeht, das ist nicht wichtig, auch wenn man die Geschichte noch lange ausdehnen könnte.

Ich habe inzwischen einige Rezensionen gelesen und merke, wie extrem unterschiedlich der Film wahrgenommen wird, von lustig über ernst, von "heile Welt Familie" über "verständnislose Eltern". Vermutlich hängt es sehr stark davon ab, wie man mit diesem Thema umgeht und was man für sich selbst aus der Geschichte herauszieht. Wie gesagt: keine Erklärungen, keine Wertung, der Zuschauer ist lediglich ein stiller Beobachter und macht sich sein eigenes Bild.

Der Film ist ruhig, langsam und freundlich, er berührt. Ich kann ihn allen empfehlen, die sich gerne die Zeit nehmen, einer Geschichte zu lauschen.

SaschaSalamander 31.10.2012, 08.46 | (0/0) Kommentare | PL

Atrocious

Diesen Film ohne Cover. Hervorstechende Augen auf einem Horrorcover mag ich nicht, und auch wenn ich hier teilweise Hardcore rezensiere, muss es nicht sein, dass dem zufälligen Gast, der eigentlich eine Kinderbuchrezi lesen will, unerwartet irgend etwas Grusliges ins Gesicht hüpft ;-)


INHALT

Christian und July machen mit ihren Eltern und dem kleinen Bruder José Urlaub in einem alten Haus in Spanien. Weil sie gehört haben, dass dort ein Geist im angrenzenden Wald spuken soll, nehmen sie beide eine Handkamera mit und filmen die Umgebung. Eigentlich wurde ihnen das Betreten des Waldes verboten, aber hielten sie sich daran, gäbe es natürlich keinen Film. Und wie es sich für Found Footage gehört, findet die Polizei am Ende das Material und bringt somit Licht in eine schreckliche Tragödie.


GENRE

Langsam sollte ich das Thema Found Footage in meine Tag-Cloud einbauen, weil ich inzwischen schon recht viele Filme und Hörbücher zu diesem Thema genossen (bzw erlitten) habe. Aber es macht auch einfach Spaß, ich liebe es und sehe / höre es zwischendurch recht gerne.

Das klassische Merkmal ist natürlich entweder die fixierte Cam (wie in >PARANORMAL ACTIVITY<) oder eine getragene Kamera (wie in der Mutter aller FF - Filme BLAIR WITCH oder z.B. Nachfolger wie >FRANCISVILLE EXPERIMENT<, Cloverfield oder >TROLL HUNTER<. Hier spielt der Film mit der getragenen Kamera. Und es ist etwas, das ich einfach nicht begreife:


LAIENKAMERA

Ich bin ja ein Laie, was Kameraarbeit betrifft. Trotzdem bin ich, wenn ich etwas aufnehme, fähig, einigermaßen gerade, unverwackelte Bilder zu machen. Selbst wenn ich mich bewege und die Kamera trage, ist das Bild nicht so rucklig, dass der Zuschauer erbrechen muss. Außerdem halte ich die Kamera auf Objekte, die filmenswert sind anstatt Ausschnitte zu filmen, die völlig hirnrissig sind. Aber eher billig gemachte Found Footage erkennt man daran, dass sie glauben, Laien wären zu doof, ein Objekt in der Mitte des Bildes zu fixieren. Und so kommt es, dass Christian beim Kartenspiel einen Teil des Tisches und der Beine der Familie filmt statt die Gesichter der Spieler. Dass er seiner Mutter ständig auf die Brüste und der Schwester ständig auf den Hinter zoomt (es sei denn, das war Absicht, aber das wäre irgendwie krank). Dass er die Kamera beim Laufen meist auf den Boden hält statt nach vorne. Dass er die Kamera bereits einschaltet, noch bevor er sie auf einem Stativ befestigt hat, und somit auch das Geruckel und Gewackel, während man nur seinen Oberkörper und Hintern vor der Kamera herumhantieren sieht, und so weiter. Alles Dinge, die ein Laie kaum tun würde, wenn er kostbaren Speicherplatz und Akku sparen möchte.


DER REIZ DES FILMES

Trotzdem, auch wenn dieser Film extrem heftig ruckelt und völlig schwachsinnige Dinge gefilmt wurden - ATROCIOUS hat durchaus seinen Reiz. Der Regisseur versteht es hervorragend, schrittweise Grusel aufzubauen. Im Grunde passiert nichts, aber die Szenen bieten sich alle wunderbar für unzählige JumpScares an. Zu Beginn habe ich regelmässig auf die Leinwand geblickt und spürte immer mehr die Anspannung wachsen. Denn der Aufbau ist rundum gelungen:


AUFBAU

Gemütliches Beisammensein, Kennenlernen der Charaktere, Belanglosigkeiten, Urlaubsfeeling, Banales. Erstes Andeutungen einer Geistergeschichte, alle lachen. Dann das Betreten des Urlaubshauses, ein recht heruntergekommenes Gebäude, ein düsterer Keller. Tagsüber ein Besuch im verbotenen Wald, sich mal kurz verlaufen, daraus gelernt und Wegmarkierungen angebracht.  Dazwischen immer wieder einmal ein paar Nachtaufnahmen oder schaurige Momente, in denen nichts passiert, die aber für ordentlich Spannung sorgen. Später wieder im Wald, und dann beginnt so langsam der Horror bis hin zum ausführlichen Finale.


SCHWÄCHEN

Zugegeben, der Aufbau ist toll, aber auch hier gibt es Schwächen: wir beide fanden den Einstieg toll, sehr atmosphärisch, die Spannung wurde immer weiter hinausgezögert, die Nerven zum Zerreißen gespannt obwohl sehr lange nichts passierte. Je nachdem, welche Art Horror und Grusel man bevorzugt kann es allerdings auch sein, dass einem der Einstieg zu langweilig ist, man hätte ihn etwas raffen können. Und was das Ende betrifft - es ist fast durchweg Rennen durch den Wald mit einer auf den Boden oder schräg nach vorne gerichteten Kamera, ohne dass man etwas sieht. Über SEHR lange Zeit und sehr viele Minuten hinweg, das wurde dann recht bald ermüdend. Zumal in Situationen gefilmt wurde, wo normalerweise jeder vernünftige Mensch die Kamera ausschalten würde. Ich weiß, dann gäbe es dieses Genre nicht, aber in manchen Filmen wird es gut und realistisch eingebaut, hier empfand ich das Gefilmte teilweise als völlig daneben.


ZUSAMMENFASSUNG PRO CONTRA

Was mir also zusammenfassend gefiel: der Spannungsaufbau ist gelungen. Mit minimalsten Mitteln wurde ziemlich viel erreicht. Ich habe mehr neben die Leinwand geblickt als auf das Bild selbst (auf diese Weise vermeide ich einen Herzinfarkt, wenn ich einen JumpScare oder etwas extrem Grusliges erwarte), und es wirkt recht lange nach. Subtiler Horror, der sich bis auf wenige blutige Bilder vor allem im Kopf des Zuschauers abspielt.

Was weniger gefiel: das Filmen empfand ich in vielen Situationen als sehr unrealistisch, und das extreme Gewackel war auch bald anstrengend. Wir mussten auch sehr oft die Lautstärke des Filmes variieren, weil uns entweder die Ohren dröhnten oder wir kein Wort verstanden. Mit wenig Aufwand hätte man hier und da noch ein wenig mehr aus dem Film herausholen können.


FAZIT

Kein "Musst Du gesehen haben" - Knaller des Genres, aber durchaus ein interessanter Film für Freunde des Genres. Ohne große Effekte wird reichlich Spannung erzeugt nicht durch tatsächliche Aktionen oder Bilder sondern vor allem durch das eigene Kopfkino. Wer actionreiche Bilder sucht, Geister auf Videos sehen will oder konkrete Anhaltspunkte braucht, der ist hier falsch. Aber wer sich gut auf solche Filme einlassen kann und mit den Protagonisten mitgeht, der wird sich angenehm gruseln.

Wertung: 6 von 10 alte Skateboards

SaschaSalamander 23.10.2012, 09.34 | (0/0) Kommentare | PL

Rango

Letzte Woche habe ich RANGO angesehen. Eine lange Ausführung schreibe ich nicht, denn der Film wurde schon ausführlich überall behandelt und vorgestellt. Aber ein paar Gedanken möchte ich gerne teilen.

Rango legt in seinem kleinen Terrarium, als er eines Tages (das Terrarium wird transportiert und durch einen Schlenker des Fahrers von der Ladefläche geworfen) mitten in der Mojave-Wüste landet. Hilflos irrt er umher, bis er in das Westernstädtchen "Dirt" gelangt. Da niemand ihn kennt und er nichts zu verlieren hat, spielt er sich auf als großer Held. Wer sagt denn, dass er kein Held sein könnte? Und weil die Bewohner des Örtchens gerade jetzt in Zeiten der Wasserknappheit dringend einen Helden brauchen können, nehmen sie Rango zu gerne als solchen an. Tja, und jetzt hat er den Salat: die Wasserbank wird ausgeraubt, und es scheint, als würde jemand das kostbare Wasser verschwenden und in der Wüste versickern lassen! Rango stellt eine Truppe auf und reitet in die Wüste ...

Genial! Schade, dass er eher als Familienfilm vermarktet wurde. Er ist auch ab 6 freigegeben. Aber ich kann mir vorstellen, dass Kinder wenig Freude an dem Film haben. Die Figuren sind nicht nur "nicht plüschig", sondern teilweise sogar ziemlich hässlich, fast schon furchteinflößend. Ein Hase mit zerzaustem Fell und nur einem Ohr. Ein Vogel mit einem Pfeil mitten durchs Auge, der auf der anderen Seite des Kopfes wieder herauskommt. Ein alter zahnloser blinder Nacktmull. Ganz zu schweigen vom überfahrenen Gürteltier mit den noch sichtbaren Gedärmen. Die kleine Wüstenmaus hat solch große, unförmige Augen, dass es nicht mehr niedlich sondern fast schon alienartig abstoßend ist. Aber gerade das gefällt mir, ist mal was anderes. Und passt außerdem hervorragend in die Western"idylle" aus zerbrochenen Flaschen, staubigem Untergrund und dem harten, kargen Leben.

Der Humor ist ebenfalls keiner für die ganze Familie. Manchmal ist er ziemlich derb, makaber und hintergründig. Einige Sprüche gehen unter die Gürtellinie, sind zwar nicht vulgär aber dennoch ziemlich direkt, wie eben erwachsene Männer miteinander sprechen. Situationskomik gibt es, aber nicht in Form von Schenkelklopfern, sondern eher durch absurde Momente. Alle Charaktere sind ziemlich schräg, haben jede Menge Macken und sind auch sonst ziemlich kaputt. Es ist eine Westernparodie, und als solche greift RANGO bekannte Klischees auf und übersteigert sie. Ich bin kein Fan der Italo-Western, aber dieser Film hat mir richtig Lust gemacht, mal wieder einen solchen Schinken anzusehen, wo Männer noch echte Kerle sind und man pünktlich mittags breitbeinig auf der Hauptstraße steht und dafür sorgt, dass Recht und Ordnung herrscht. Und nachdem alle gerettet wurden und der Held seine Liebe gefunden hat, reitet er einsam in den Sonnenuntergang.

Die Animationen sind genial, kommen erst so richtig auf einer großen Leinwand zur Geltung. Mensch, wenn ich denke, wie damals FINAL FANTASY als DER Animationsfilm gehypt wurde, und was jetzt inzwischen mit sehr viel weniger Aufwand alles möglich ist, dann bin ich wirklich baff über diesen Wandel. Es ist unglaublich, wie jedes einzelne Haar sich bewegt, wie regelrecht dreidimensionale Struktur im Bild sichtbar wird, wie jede kleine Schuppe sich einzeln bewegt. Das Flimmern der Luft, der aufwirbelnde Staub auf den Straßen, die einzelnen Glieder des Gürteltieres, sprudelndes Wasser, Tropfen in einer großen Pfütze, die anmutigen Bewegungen der riesigen Schlange mit ihren Schuppen, ihrer Zunge und den Zähnen, an manchen Stellen sah es schon nicht mehr aus wie Animation sondern fast wie echt, wow!

Abgesehen von hintergründigem Humor und makaberen Situationen bietet der Film vor allem einiges an Gesellschaftskritik. Was nun allerdings der Grund des Wassermangels ist und worin also (unter anderem) die Kritik des Filmes liegt, das möchte ich nicht näher ausführen, manch einer kann sich die Lösung bereits denken, und ich finde es tragisch, es wurde hier sehr gut dargestellt.

Die Synchronsprecher sind klasse gewählt im Deutschen. David Nathan (mal wieder) als Titelheld mit seiner ruhigen, unaufdringlichen Art passt sehr gut zum Antihelden Rango. Ansonsten fielen mir sehr viele bekannte Stimmen auf, die ich jetzt allerdings nicht alle beim Namen nennen konnte. Jedenfalls wurde bis in die kleinste Nebenrolle mit Top Sprechern besetzt.

RANGO ist ein Film, der vermutlich bald den Weg in unser Regal finden wird. Er hebt sich durch seine ihm ganz eigene Anti-Ästhetik aus der Masse hervor, bietet hervorragend animierte Bilder und einen sehr erwachsenen Humor. Ein Film zum Immer-wieder-sehen.

Eine sehr schöne, ausführliche Rezension findet sich im >DVD-Forum<


SaschaSalamander 26.09.2012, 08.28 | (0/0) Kommentare | PL

Trollhunter

trollhunter_1.jpgSpannend bei LoveFilms ist immer, dass man nicht weiß, welcher von den gewünschten Film auf der Liste als nächstes kommt. Ich lasse mich dabei immer gerne überraschen. Diesmal war es TROLLHUNTER, hat perfekt gepasst, genau der richtige Film für Urlaubsfeeling und "ich schalte mein Hirn aus und will einfach nur tolle Unterhaltung".

Genre: Found Footage bzw Mockumentary, ein paar Jugendliche machen sich mit wackliger Kamera auf Recherchetour und kommen einem vermeintlichen Wilderer auf die Spur, der sich als Trolljäger entuppt. Man erfährt einiges über Trolle, bekommt ein paar dieser Wesen zu Gesicht, der Trolljäger erzählt über seinen undankbaren Beruf und die staatlichen Mechanismen hinter dem Troll - Sicherheits - Team. Und am Ende (kein Spoiler sondern genretypisch) sind die Jugendlichen nicht mehr auffindbar, man hat nur noch das Material gefunden und bittet nun um Hinweise. Bekanntester Vertreter natürlich BLAIR WITCH.

Meine Meinung, nicht durchdacht und rezensiert, sondern frei nach Schnauze: super unterhaltsam. Wirklich gut kann ich den Film nicht nennen, aber ich hatte spannende 100 Minuten. Der anfängliche Teil zieht sich recht dröge, doch bald bekommt man den ersten Troll zu Gesicht. Ich hatte ja eher damit gerechnet, dass die Trolle unbestimmte Wesen bleiben und man sich den Anblick eines solchen Exemplares ganz für den Schluss aufhebt. Statt dessen zeigte man einen recht früh und von da an viele verschiedene Exemplare, denn es gibt unterschiedliche Arten, die sich alle ganz individuell ernähren (Steine mit Grillkohle etwa, oder alte Autoreifen. Steine können sie beißen, Schutzrüstung aus Blecheimern allerdings nicht, ebensowenig Alucontainer mit darin gelagerten Autoreifen). Allen gemeinsam ist allerdings, das sie Christenblut riechen können (bei Muslimen ist der Jäger sich nicht sicher). Etwas, das im Film nicht erklärt wurde und das mir auch recht seltsam vorkam. Nun gut, ich habe mich auch noch nie näher mit Trollen befasst, kenne sie hier und da aus Fantasygeschichten, doch die Mythologie dahinter habe ich noch nicht verfolgt.

Mich interessiert, ob alles davon für den Film aus den Fingern gesaugt wurde, oder ob es sich an norwegischer Mythologie orientiert. Es gab manches, was mir nicht so ganz klar war, und es könnte sein, dass man, falls man sich besser mit dieser Thematik auskennt oder regional bewandert ist, es besser versteht. Werde gleich mal googeln gehen nach diesem Beitrag, besonders das mit dem Christenblut finde ich sehr merkwürdig, aber ich lerne gern dazu.

Einige Male fasste ich mir an den Kopf. Es gab Momente, die ich dann doch sehr unrealistisch fand, und ein paar Logikfehler sprangen mir ziemlich böse ins Auge. Und warum in diesem Genre alle Kameras verwackelt sind, obwohl es doch angeblich professionelle Filmemacher sein sollen oder zumindest Studenten verstehe ich auch nicht, denn was ich von Hand filme und auf Youtube hochlade, sieht weit professioneller aus. Egal, gehört halt dazu, macht einen Teil des Charmes. Kein Found Footage ohne völlig zittrige Kamera, die immer das Falsche filmt und natürlich auch Sachen aufnimmt, die eigentlich gar nicht möglich wären zu filmen (Kamerafahrten, gewisse Schnitte, die normalen Filmen entlehnt sind und nicht privat aufgenommen werden können).

Und wir haben viel gelacht, es gab sehr viele Szenen, in denen der Film sich selbst und das Genre ziemlich aufs Korn nimmt, die Charaktere sind sehr skurril, und die Themen und Umsetzungen schon sehr gewagt. Die Befragungen der Ärztin, der Mitarbeiter im Elektrizitätswerk, genial! Allein die Polen, die tote Bären aus dem Zoo nach Norwegen bringen um ... ach, ich verrate nichts, einfach gucken, es ist köstlich! "Nicht fragen, macht nur Probleme. Probleme alle immer hausgemacht". Ich wartete nur noch darauf, dass zwei Männer in schwarzen Anzügen kommen, die alles flink mal blitzdingsen und den Leuten dann etwas von Wetterballons und Tornados erzählen. Oder zu Beginn die seltsame Macke, dass die Leute sich anschleichen, nicht gesehen werden wollen aber mit voller Ausrüstung und Richtmikrofon völlig offen in der Pampa stehen. Sehr unauffällig und amüsant. Oder der Vergleich von Bären, die wie Eichhörnchen ihre Beute im Winter unter Brücken lagern. Genial! Von der Ethik der norwegischen Regierung (laut diesem Film) ganz zu schweigen *lol*.

Was ich unglaublich schön fand, waren die Landschaftsaufnamen. Norwegen ist wirklich prädestiniert für diesen Film, ich hing gebannt vor der Leinwand und konnte die Augen nicht von dieser beeindruckenden Weite, der Felswüste, den Schneelandschaften, den Wäldern abwenden, ich war hingerissen und wünschte mir, es möge ewig weitergehen mit diesen Aufnahmen. Tja, leider machte der Showdown mir einen Strich durch die Rechnung.

Die Trolle selbst - nun ja, heute ist man Besseres gewohnt von Tricktechnik. Aber ich fand es nett anzusehen, hatte ja auch keinerlei realistische Erwartungshaltung, habe mich prima amüsiert. Auch, wenn einige von den Trollen aussahen wie vergrößerte Figuren von Jim Henson ;-)

Für Kunst zu schlecht. Für Trash zu gut. Eben nette Unterhaltung, perfekt für einen geselligen Abend in gemütlicher Runde, bei der jeder lustige Kommentare von sich geben darf. Prima Film zum Spaß haben und sich spannend unterhalten zu lassen.

Eine tolle Rezi, die ich in fast allen Punkten unterstreichen kann, gibt es bei >Badmovies<. Und auch beim >Tofu Nerdpunk< habe ich mich prima amüsiert.

Wertung: 6,9 von 10 Eimer mit Christenblut

SaschaSalamander 03.09.2012, 09.06 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

El Cid

CoverUnd auch für heute habe ich keine Rezension außer DARKSIDE PARK. Die alten Rezis nehmen hier nur Platz weg, also raus damit. Aktuell habe ich einige Rezensionen in Arbeit, kam aber noch nicht zum Tippen, soll ja auch Spaß machen und nicht in Stress ausarten ;-)

Diese Rezi hier stammt vom März 2006

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Klappentext: Im 11. Jahrhundert sieht Spanien sich einer ständigen Bedrohung durch die feindlichen Mauren ausgesetzt. Doch der tapfere Ritter Rodrigo nimmt den Kampf auf. Sein Freund, Prinz Sancho, und seine Freundin Gimea helfen ihm dabei. Sein getreues Pferd und ein listiger Dachs begleiten die mutige Schar auf all ihren Abenteuern. Am Ende der spannenden Reise wird Rodrigo zum spanischen Volkshelden El CID.

Solltet ihr zufällig in der Bibliothek, im Laden, bei Buchticket oder sonstwo über diesen Film stolpern und überlegen: lasst besser die Finger davon., ihr wärt bestimmt enttäuscht.

Das Cover sieht prächtig aus, und auch die Zeichnungen auf der Rückseite lassen vermuten, man bekäme einen unterhaltsamen Zeichentrick a la Disney oder ähnliches präsentiert. Allerdings ist das auch wirklich nur der allererste Eindruck. Der Film entstammt der spanischen Firma "Filmax". Sagt mir nix, muss ja aber nichts Schlechtes bedeuten. Also ließ ich mich überraschen.

Die Hintergrundgeschichte ist zwar historisch interessant, aber ehrlich gesagt zu komplex für einen Zeichentrickfilm, wie ich finde. Die Beschreibung zu Beginn, wer gegen wen kämpfte und wer wie wo wen überwältigte, war etwas zuviel des Guten. Die Handlung selbst ist dagegen recht simpel. Es fehlen meiner Ansicht nach wirkliche Spannungsmomente, der Handlungsaufbau sagte mir überhaupt nicht zu, es wurde immer genau im falschen Moment gestreckt oder gerafft.

Die Zeichnungen sind nicht wirklich hübsch. Oberarme und Oberschenkel sind zu extrem gezeichnet (sehr dick, viel zu muskulös), auch der Brustkorb ist bei Weitem zu massig. Dadurch wirken die winzigen Hände und Füße sowie der Kopf viel zu klein und einfach nur lächerlich. Die Gesichter sehen bis auf die Frisuren alle gleich aus, sogar die weibliche Hauptfigur wirkt eher männlich in ihrem Körperbau.

Einzig der kleine Dachs hat ein wenig Unterhaltungswert. Mein Freund schlief während des Filmes ein, und ich hoffte ständig auf das Ende. Es mag sein, dass der Film hier und da einen Preis gewonnen hat, aber ich finde, man kann seine Zeit besser nutzen als mit diesem Film ...

SaschaSalamander 08.08.2012, 09.13 | (0/0) Kommentare | PL

Der Biber

biber_1.jpgWalter Black ist Leiter einer Spielzeugfirma, Ehemann und Vater zweier Söhne. Doch er stürzt in die Depression, bis sich seine Frau von ihm trennt und er sich das Leben nehmen will. Da naht Rettung: DER BIBER übernimmt für nun an Walters Leben. So läuft Walter also mit einer Handpuppe durch den Alltag, die für ihn das Sprechen und Handeln übernimmt, die seine Entscheidungen trifft. Anfangs irritiert, nimmt seine Umwelt dies dennoch an, und es geht wieder aufwärts in Walters Leben. Doch der Biber scheint ein Eigenleben zu entwickeln ...

Eine Tragikomödie, die thematisch sehr interessant klingt und mit Mel Gibson  und Jodie Foster zwei große Schauspieler als tragende Figuren mit sich bringt. Ich habe den Film gerne gesehen, er war unterhaltsam, die Zeit verging schnell, und es gab interessante Denkansätze. Schauspielerisch habe ich von beiden bereits bessere Werke gesehen, schlecht aber war es nicht, passte sich gut dem Erzählstil des Filmes an. Trotzdem gab es einige Kritikpunkte, die ich erwähnen möchte:

Der Film hat einen Hauptkonflikt, nämlich Walters Depression und seine zweite Identität des Bibers, und darum sollte es in dem Film gehen. Statt dies jedoch näher zu erklären, intensiver auszubauen und dem Zuschauer näherzubringen, wird ein zweiter Konflikt geschaffen: der älteste Sohn, der sich von seinem Vater distanziert und in der Schule und im Liebesleben mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen hat. Das wäre zwei eigene Filme wert gewesen, in denen der Zuschauer jeweils mehr über die jeweiligen Protagonisten und deren Situation erfahren hätte. So jedoch wird in beiden Fällen nur an der Oberfläche gekratzt.

Man hätte Walters Situation ausbauen können, das Leben vor der Depression und wie es dazu führte. Man hätte die Person Walter selbst besser darstellen können, anstatt nur den Biber zu zeigen (so jedoch war es kaum möglich, sich in den Protagonisten hineinzuversetzen oder mit ihm zu fühlen, er war leider auch für den Zuschauer ein Fremder, sodass nicht nur Walter eine Distanz zur Umwelt, sondern auch der Zuschauer eine Distanz zum Film wahrt). Der Zuschauer wird niemals zum Beteiligten, man lässt ihn außen vor. Auch die Mutter und der Sohn bleiben recht blass, man kann von außen ihre Verhaltensweisen sehen, jedoch nicht alle nachvollziehen. Man kann sagen, das sei nicht erforderlich, aber ich finde, hier hat der Film ein paar gute Möglichkeiten verschenkt.

Das Genre ist auch etwas ungünstig. Für eine Tragikomödie hätte ich etwas mehr Dramatik, etwas mehr Komödie erwartet. Aber es schwankte immer an der Grenze. Mir fehlten die Momente, in denen ich wirklich herzlich lachen konnte, und die Dramatik war stellenweise zu humorvoll, als dass man sie wirklich als tragisch empfinden könnte.

Unklar ist auch der Zusammenhang zwischen der Depression und der multiplen Persönlichkeit / Identitätsspaltung / Depersonalisation Walters. Der Film wirkt viele Fragen auf und gibt keine Antworten. Im Grunde ist das nicht schlimm, da dies zum eigenen Nachdenken anregt. Gerade bei einem solchen Thema allerdings wäre etwas Background hilfreich gewesen. Gerne würde ich mehr darüber lesen, etwa ob es schon einmal ähnliche reale Fälle gab, oder in welches Krankheitsbild dies nun tatsächlich passt. So jedoch erweckt der Film den Anschein einer intelligenten und tiefgründigen Darstellung, kratzt aber dabei an der Oberfläche und bietet dem Zuschauer keine Chance, das Thema zu vertiefen.

Es gab einige längere Passagen mit Monologen, Ansprachen und Reden, in denen einige Kernaussagen dargestellt wurden (etwa die Abschlussrede, Walters Interview im TV etc), das war mir zu oft und dauerte mir zu lang. Ich finde, solche Momente sind ein Zeichen dafür, dass diese Inhalte scheinbar nicht im Subtext des Filmes transportiert werden konnten und daher zusätzlich erklärt werden müssen.

Das Ende war leider ein rechtes Hollywood - Klischee, das typische "es ist nicht perfekt, aber es ist gut, alles ist gut, wir haben uns alle lieb, und ab jetzt wird es noch besser". Hier hätte ich mir mehr erwartet, und ich blieb etwas enttäuscht zurück, es war etwas zu glatt für einen Film des Formats, das DER BIBER hätte sein können.

Die Grundidee ist interessant, die Umsetzung ist originell, die Charaktere könnten sympathisch sein (wenn man sie kennenlernen dürfte), die Konflikte sind menschlich und bewegend. Der Biber als eigenständige Person ist witzig und nimmt dem ernsten Thema die Dramatik. Perfekte Zutaten für einen Erfolgsstreifen. Wenn man sie nur richtig gewürzt hätte ...

So aber ist der Film immerhin eine nette Abendunterhaltung mit etwas ernsterem Hintergrund. Ein Film, den man gerne sieht, über den man sich kurz unterhält und der einige Zeit angenehm in Erinnerung bleibt, der aber bald wieder verblasst.

Wertung: 6,5 von 10 Löcher in der Hauswand

SaschaSalamander 27.07.2012, 12.18 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Man spricht deutsh

mansprichtdeutsch_1.jpgIch denke, zu diesem Film muss ich keine Rezension mehr schreiben, es wurde seit seinem Erscheinen 1988 mehr als genug darüber erzählt und geschrieben. Auch der Inhalt ist allseits bekannt: Familie Löffler verbringt ihren letzten Urlaubstag am Strand und muss sich mit allerlei Unbill herumschlagen, allen voran diesen seltsamen Italienern (ohne die der Italienurlaub wirklich eine tolle Sache sein könnte). Sie bewachen ihr Auto, verlieren sich in Tagträumen, haben Schwierigkeiten bei der Auswahl ihres Mittagstisches, und und und. Dabei wird kein Klische ausgelassen, sei es nun über die deutschen Touristen oder natürlich auch die Italiener (aus Sicht dieser deutschen Touristen).

Trotzdem - so bekannt der Film sein mag, meine eigenen Gedanken möchte ich gerne kurz zusammenfassen:

Schon als Kind hatte ich den Film gesehen, später ein zweites Mal, und jetzt viele Jahre später ein drittes Mal. Und es war ein äußerst faszinierendes Zeitdokument. Ich habe viel gelacht, aber auch oft peinlich berührt die Hände vor das Gesicht geschlagen. Oh ja, es ist bitterböse Satire, eben das, was Polt in Vollendung beherrscht. Dabei ist die Darstellung der Löfflers zwar leicht überzogen aber dennoch so überaus realistisch, dass einige der karikierten Personen den Humor dahinter vermutlich gar nicht als solchen erkennen.

Es war Nostalgie pur, diesen Film zu sehen! Und es gab viele Dinge, die mich unabhängig vom eigentlichen Humor schmunzeln ließen. Ach, die Mode damals, die Löwenmähne, die riesigen Kreolen, die pinkfarbenen Leggins, die buntgeblümten Badeanzüge, die riesigen dicken Hornbrillen, uaaah, der Film ist eine Beleidigung für das Auge heutzutage! Aber damals war es eben so üblich (ich möchte übrigens erwähnen, dass ich es damals als Jugendliche schon nicht hübsch fand, Mode hin oder her. Die 80er waren wirklich eine grauenvolle Zeit).

Und ich musste mehrfach hinsehen, bis ich erkannte: nein, da klebt kein Sand an den Beinen, sondern sie ist nicht rasiert! Okay, eigentlich egal, darf jeder handhaben wie er will. Aber es zeigt doch, wiesehr die Zeiten sich ändern, heute könnte ich mir keinen Film vorstellen, in dem eine Frau mit unrasierten Beinen am Strand zu sehen ist. Weiß man heute überhaupt noch, wie unrasierte Frauenbeine aussehen? Und nicht nur die Beine, auch auf der Oberlippe sah man sehr deutlich einen recht kräftigen Damenbart, der heute so nicht mehr gezeigt werden würde.

Es gibt eine Szene, in der Heinz-Rüdiger ein Loch buddelt und einen gefangenen Krebs hineinsetzt, immer wieder aufhebt, fallenlässt, mit Wasser bespritzt, ja sogar eine Schaufel Sand über ihn wirft. Das wäre heute wohl computeranimiert und am Ende des Abspanns stünde "keinem Tier wurde Schaden zugefügt usw".

Ach ja, und abgesehen davon gab es seeeehr viele Erinnerungen. Bayern 3 und Günther Jauch im Verkehrsfunk. Paulchen Panther Eis am Stil. Münztelefone. Autotelefon. Das alte Design der Bild-Zeitung. Die alten Postleitzahlen. Sofortbild - Kameras, die alten Cola-Flaschen. Und viele andere kleine Details mehr, der Film ist wie eine kleine Zeitreise, und das auf nur wenigen qm Strand"idylle" ;-)

SaschaSalamander 26.07.2012, 09.35 | (0/0) Kommentare | PL

Nothing

Weil ich für diese Woche noch keine Rezensionen vorbereitet habe, hier mal wieder eine alte, bisher noch unveröffentlichte Rezi. Ein Film, den ich inzwischen zwei oder dreimal gesehen habe, er ist einfach klasse!

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"Cube", alle folgenden Teile (Cube 2, Cube Zero) und "Cypher" haben sich vom Film jenseits des Mainstream zum Kult gemausert, der Name des Regisseurs Vincenzo Natali steht inzwischen für geniale filmische Kunstwerke. Dass er jedoch auch Komödien drehen kann, hat dann doch einige seiner Fans verblüfft. Aber: er kann es, und das hat er mit "Nothing" eindeutig bewiesen!

Andrew (Andrew Miller, Autist aus "Cube") ist Paranoiker und fürchtet sich vor nahezu allem, er ist alleine nicht überlebensfähig. Nicht einmal den Müll kann er zur Haustür hinaustragen. Deswegen lebt er zusammen mit seinem besten (und einzigsten) Freund Dave (Dave Hewlett, Architekt aus "Cube"). Dieser ist ein netter, eigentlich ganz normaler Kerl. Abgesehen davon, dass er ein wenig egozentrisch ist und deswegen von seinen gesamten Kollegen gemobbt und kurz darauf sogar gefeuert wird. Als Dave beschließt, mit seiner Freundin zusammenzuziehen, bricht für Andrew eine Welt zusammen. Als Dave dann jedoch erfährt, dass seine Freundin ihn lediglich ausgenutzt und betrogen hat - stürzt nun auch seine Welt ein. Als Dave dann zurück zu Andrew will und die Behörden das Haus (welches genau neben der Autobahn steht, wo es gar nicht stehen dürfte) niederreißen wollen, bricht die Welt für beide dann komplett zusammen. Oder, besser gesagt: sie verschwindet. Und so stehen die beiden Freunde vor dem absoluten Nichts. Im wörtlichen Sinne. Das Nichts ist seltsam und beängstigend, hat eine tofuartige Konsistenz und reicht soweit das Auge sehen kann. Die beiden Freunde machen sich auf, dieses Nichts zu erkunden ...

Allzu viel möchte ich über diesen Film nicht erzählen. Ist ein Werk, das ich Freunden abgefahrener Mindfuck - Filme nur empfehlen kann, das aber jeder für sich selbst erleben sollte. Die beiden Freunde erleben unterschiedliche Phasen während des Nichts:sie erkunden, sie vergnügen sich, sie resignieren, sie akzeptieren, usw. Und so verrückt alles klingt, so witzig ist es auch. Die seltsamen Phantasien und faszinierenden Möglichkeiten sind wirklich gut umgesetzt, und das Ende ist nur bedingt vorherzusehen (bei einer solch verrückten Handlung ist schließlich alles möglich).

Es ist keine Familienkomödie, über die sich Eltern, Jugendliche und Kids gemeinsam amüsieren könnten. Der Humor ist ziemlich hintergründig, und der Sinn oder vielleicht sogar der Nicht-Sinn dieses Filmes wird wohl auch nicht jedem Zuschauer zugänglich sein, da es ein ziemlich eigener, ungewöhnlicher Stil ist, mit dem sich nicht unbedingt jeder anfreunden kann.

Aber wer sich Gedanken darüber macht, dass das Nichts trotz tofuartiger Konsistenz vermutlich nicht essbar ist oder wie lange man im Nichts wandern kann, bis man Nichts gefunden hat - wer schon überlegt hat, was man in einem kompletten Raum der Leere alles anstellen könnte ohne sanktioniert zu werden - und wer schon immer mal einen Film wollte, der einfach ganz anders ist - der sollte sich "Nothing" ansehen.

SaschaSalamander 18.07.2012, 09.02 | (0/0) Kommentare | PL

Almanya - Willkommen in Deutschland

ALMANYA ist von den Machern der Filme >WER FRÜHER STIRBT, IST LÄNGER TOT< und >SUMMER IN ORANGE<. Die Regie hat gewechselt, die Produzenten sind die gleichen. Was allen drei Filmen gemeinsam ist: mit ihrem nostalgischen Touch, dem spitzbübischen Humor und dem ernsten Hintergrund haben sie mich nicht nur unterhalten, sondern auch bewegt und berührt, zählen zu meinen Lieblingsfilmen.


INHALT

Die Geschichte spielt in zwei Erzählsträngen: der erste Strang ist der von Hüseyin Yilmaz, der nun nach vielen Jahren mit seiner Frau die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten soll, so ganz wohl ist ihm nicht dabei. Bei einem großen Familientreffen verkündet er die Neuigkeit, dass er ein Haus in seinem Heimatdorf in Anatolien gekauft hat, mit all seinen Söhnen, Töchtern und sonstigen Verwandten möchte er im nächsten Urlaub dorthin fliegen. Die Begeisterung ist "riesig", was sollen sie bitte in der Türkei? Und während der kleine Cenk, sein Enkel, sich auf dem Treffen und später auf der langen Fahrt durch die Türkei, langweilt, erzählt seine Cousine ihm die Geschichte, wie Opa Hüseyin damals als Gastarbeit nach Deutschland kam, wie er kurz darauf seine Familie zu sich holte und wie sich alles bis heute entwickelte.


CHARAKTERE

Die Charaktere gewinnt man sehr schnell lieb, sie haben alle ihren eigenen Kopf, man kann nicht in sie hineinblicken, sie werden alle nur von außen betrachtet, und manchmal reagieren sie unerwartet. Das macht es spannend. Einige kritisieren gegen Ende das Verhalten Hüseyins, der sich ganz Macho-untypisch verhält, als er eine Nachricht erhält, auf die "der typische Türke" wohl anders reagieren müsste. Nun, ich finde, in solchen Momenten wird sehr schön gezeigt, wie durch das Aufwachsen in zwei Kulturen die Grenzen verschwimmen, wie Klischees nicht mehr greifen, wie Menschen ihren eigenen Weg gehen. Er ist kein typischer Türke. Er ist Hüseyin, nicht mehr und nicht weniger. Ich fand alle dargestellten Reaktionen realistisch und glaubwürdig, denn sie waren vor allem eines: menschlich, mit allem was an Stärken und Schwächen dazugehört.

Sehr schön wird die Zerrissenheit einiger Protagonisten dargestellt. Besonders der kleine Cenk weiß nicht, wohin er gehört. In der Schule ist er ein Außenseiter, sein Land ist nicht mal mehr auf der Landkarte verzeichnet, die Lehrerin muss sein Fähnchen fernab der Karte setzen, wie demütigend. Im Sportunterricht spielen Türken gegen Deutsche, und ständig wird er von einer Gruppe in die andere geschoben (seine Familie ist gut integriert, sodass er gut Deutsch kann aber kaum Türkisch, sodass die Türken ihn nicht als Ihresgleichen sehen). Als dann am Esstisch auch noch die Debatte um die Pässe entbrennt, stellt er die Frage, was er nun eigentlich sei. Und bekommt zeitgleich zwei Antworten, aus dem Mund einiger Familienmitglieder "TÜRKE", von den anderen "DEUTSCHER". Humorvoll dargestellt aber von trauriger Realität.

Gelungen finde ich hier besonders die Darstellung der Charaktere vom Äußeren her. Sie werden sehr schön in Szene gesetzt, hier wird sehr viel Wert auf Gesichter gelegt, Blicke sprechen Bände. Besonders Hüseyin, Cenk und Fatma haben ausdrucksstarke Gesichter, die mehr erzählen, als der Film dies in seiner Gesamtlänge könnte. Passend zum Ton des Werkes spitzbübisch, feurig und voller Lebensfreude, doch immer mit einem Funken Trauer und Wehmut.


ZWEI KULTUREN - SO GLEICH, SO ANDERS

Als die Familie von der Türkei nach Deutschland umzieht, packen die Freunde ihnen alles mögliche an Hygiene, Lebensmitteln und anderem ein. Denn in Deutschland isst man nur Kartoffeln, die Menschen seien dreckig, und derlei Vorurteile mehr, Fatma fürchtet sich vor dem lauten, unhöflichen Deutschland. Später, als sie alle in Deutschland leben und für den Urlaub in die Türkei müssen, kann der Koffer nicht voll genug gepackt werden mit all den Dingen, die es in der Türkei nicht gibt, außerdem seien die Türken doch so dreckig, etc. Solche Momente gibt es sehr viele. Es gibt stetig wiederkehrende Elemente, die aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden (interessanterweise meist von den gleichen Personen, deren Sicht sich im Laufe der Jahre eben einfach geändert hat), Vorurteile werden in beide Richtungen gestreut, entkräftet, aufs Korn genommen. Politik, Religion, Tierhaltung, Hygiene, Sitten und Bräuche, Profanes ebenso wie Existenzielles.

Sehr schön dargestellt ist die Sprache: als Familie Yilmaz nach Deutschland kommt, sprechen sie nur Türkisch. Dies ist im Film als Deutsch dargestellt, sodass der Zuschauer es versteht. Damit das Deutsche entfremdet wird und man die Ratlosigkeit der Protagonisten nachvollziehen kann, wurde das Deutsche abgeändert in eine Lautmalerei. Sie klingt dem Deutschen ähnlich, manche Fetzen sind erkennbar, aber im Grunde ist es eine Aneinanderreihung leerer Silben. Hüseyin muss miterleben, wie seine Kinder sich mit diesen seltsamen Lauten unterhalten, er versteht sie nicht, er resigniert. Aber er gibt nicht auf, integriert sich, wird ein Deutscher, doch sein Herz gehört der Türkei.

Die Kernaussage, wie ich sie empfand: im Grunde sind alle gleich, sie fürchten das Fremde, schätzen das Bekannte, haben Vorurteile vor dem Unbekannten. Sie arrangieren sich alle, aber so wirklich glücklich ist keiner von ihnen, sie sehnen sich nach dem großen Glück und stehen sich dabei selbst im Weg. Es ist schwer, zu sich selbst zu finden, wenn man nirgends dazugehört. Trotzdem - das Leben ist bunt und schön, auch wenn es manchmal verdammt wehtut.


BILDER, MUSIK, NOSTALGIE, SONSTIGES

Wunderschöne Bilder, besonders in der Türkei die weiten kargen Landschaften Anatoliens, die Ziegen, die Berghänge, die Felsen, das alte Dorf, da bekommt man Fernweh. Dazu passende Musik, die gut ins Ohr geht und die Szenen passend untermalt. In Deutschland ist es eher eine graue Reihenhaussiedlung, die das Bild prägt, Garagen, alte Fassaden mit rieselndem Putz, und dazu eine Putzfrau mit Kittel und deutschem Witwe-Bolte-Kopftuch, sehr klischeebelastet aber trotzdem ein Bild, das ich von damals sehr gut kenne. Die alte Zeit wurde schon sehr gut eingefangen in Bildern wie auch der Stimmung, und stellenweise fragte ich mich, wo sie all diese Dinge herhatten, die alte Flaschen, Gläser, Tapeten, Mode, Autos etc. Sehr schön und liebevoll nachgestellt.

Es bleiben einige Fragen im Film offen, nicht alles wird geklärt. Es gibt Handlungssprünge, die nicht zu Ende verfolgt werden. Außerdem wirft das Ende des Filmes Fragen auf, die nicht aus der Handlung ersichtlich sind. Doch sie fügen sich gut in das Gesamtbild, und ich habe meine eigenen Antworten darauf, so ist es wohl auch gedacht.

Manche Kritiker bemängeln in diesem Film die Tiefe - ich finde, die Tiefe ist etwas, das hier in den Symbolen und zwischen den Zeilen zu finden ist. Man hätte aus diesem Film ein tiefgründiges, politisches Drama machen können, das detailliert die Schwierigkeiten schildert, aber wäre es dann noch ein solch herzlicher Film geworden? Wie all die Filme dieser Produzenten wird sehr viel mit Symbolen, Farben und Andeutungen gespielt, gibt es Traumsequenzen und unrealistische Momente, manchmal gehen sie mit den realen Szenen Hand in Hand. Diese Kombination gefällt mir sehr und macht unter anderem den Reiz dieser Werke für mich aus und verleiht dem Film eine Tiefe, die über reine Sachinformation hinausgeht.

Die Zeitsprünge sind etwas, das ich ebenfalls gelungen umgesetzt finde, da auch sie die Symbolik verstärken und damit Hand in Hand gehen. Je näher der Film dem Ende kommt, desto mehr verschwimmen Vergangenheit und Gegenwart, bis am Ende die Schauspieler der jungen und gealterten Protagonisten gemeinsam in einer Szene zu sehen sind.


FAZIT

Eine Perle, die ich nur empfehlen kann. Man sollte fähig sein, über sich selbst zu lachen, und man sollte offen sein dafür, dass es kein Schwarz und Weiß gibt sondern viele Zwischenräume. Man sollte bereit sein zu Träumen, sollte die Dinge hinter dem Offensichtlichen zu erblicken. Dann ist es ein Film, der mitten ins Herz trifft ...

Wertung: 10,5 von 12 Müllfrauen


SaschaSalamander 16.07.2012, 08.49 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

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