SaschaSalamander

Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Kinder

Furcht, Freundschaft, Altersunterschiede und Vanilleeis

Angefixt! Und jetzt will ich mehr, will mir nach und nach die Bücher des Herrn >Christian von Aster< alle holen. Er schreibt nicht nur >Kurzgeschichten< und >Gedichte< und Romane (DER SCHATTENSCHNITZER, derzeit auf meinem SuB) und und und, sondern von ihm erschien auch ein Kinderbuch: DER WASSERSPEIER FLEDERMEIER.

Bestellt, und heute kam es endlich an. Auf dem Heimweg schon konnte ich mich nicht halten, riss die Verpackung ab, blätterte im Buch (während des Laufens. Inzwischen habe ich mich auf Hörbücher verlegt, seit ich als Jugendliche häufiger Bekanntschaft mit Laternenpfählen oder verschlossenen Türen gemacht hatte, aber manchmal packt es mich, und das Buch in der Hand ist wichtiger als der Knopf im Ohr).

Oh, es fällt mir SO verdammt schwer, es nicht heute Abend schon zu lesen. Ein Kinderbuch. Viele tolle (nicht unbedingt bunte) Bilder. Hab ich flink durch. Willwillwill jetztjtztjetzt!!! Aber ich will es auch würdig genießen. Mit einer Tasse Kakao, in den Lesesessel gekuschelt, Bild für Bild betrachten, mir Zeit nehmen für die Wirkung der Worte, will die Geschichten fühlen und miterleben und selbst dabei sein. Sie nicht gierig verschlingen, sondern Bissen für Bissen genießen. Und das ist soooo schwer *seufz* ...

aber dafür freu ich mich so richtig darauf, das am Wochenende zu zelebrieren :-)

Worum es geht? Es geht um die Geschichte von Boris und Herrn Fledermeier. Um eine Geschichte über Furcht, Freundschaft, Altersunterschiede und Vanilleeis ...


SaschaSalamander 12.09.2012, 19.14 | (0/0) Kommentare | PL

Die drei ??? 155 - Meister des Todes

fragezeichen155_1.jpgNachdem ich bei den letzten Folgen stellenweise sehr enttäuscht war, hatte mir Folge 154 - BOTSCHAFT AUS DER UNTERWELT außerordentlich gut gefallen. Und auch MEISTER DES TODES hatte seinen Reiz, daher möchte ich die Folge gerne vorstellen.

Diesmal wollen die drei mit Freunden einen Film drehen. Dafür finden sie die perfekte Kulisse: ein altes, verlassenes Haus, dessen Besitzerin es ihnen gerne zur Verfügung stellt. Ihre einzige Bedinungung ist, dass niemand die Bannkreise um die Marionetten zerstören darf, denn dies würde tödlich enden, die Marionetten seien verflucht. Natürlich glaubt niemand an diesen Fluch. Bis Justus nachts plötzlich seltsame Dinge tut und die Puppen scheinbar Besitz von ihm ergriffen haben.

Ich halte nichts davon, bei 155 Folgen die allererste mit der jetzigen zu vergleichen. Die Zeiten ändern sich, ebenso wie das Zielpublikum, die Musik, die Umsetzung, die Autoren, und und und. Klar bin ich Nostalgiker, aber ich will nicht 155 Folgen lang immer das gleiche bekommen, also akzeptiere ich Änderungen. Hier und da werde ich zukünftig Rezensionen zu den ??? schreiben, wenn mir danach ist, aber diesen Punkt werde ich zukünftig nicht mehr erwähnen. Doch wenigstens einmal wollte ich es gesagt haben: ich bewerte jede Folge in sich geschlossen, nicht im Hinblick auf das Große Ganze ;-)

Was mir hier außerordentlich gut gefallen hatte, war die Atmosphäre. Hier meinte ich stellenweise wirklich das alte Gemäuer vor mir zu sehen, die muffige Luft zu riechen. Das ist sehr gut gelungen und macht für mich persönlich einen großen Reiz der aktuellen Folge aus.

Ebenfalls gefiel es mir, dass diesmal nicht Peter als Angsthase herhalten musste, sondern dass es Justus erwischte. Klar geht er die Dinge rationaler an, aber es war schön, auch ihn einmal als Opfer des "Spuks" zu sehen. Auch die Hintergrundgeschichte
war sehr stimmungsvoll, die Geschichte in der Geschichte sehr schön umgesetzt und eingebaut.

Ich empfand diese Folge als etwas grusliger und düsterer als die letzten CDs. Hier kam wirklich ein schönes Gänsehautgefühl auf (nun ja, der Zielgruppe entsprechend, natürlich hatte ich weder Angst noch Gänsehaut, aber für jüngere Hörer dürfte es tatsächlich recht schaurig sein). Auch, wenn die Lösung sich bald ankündigt, wurde der anfangs vermeintlich übernatürliche Aspekt gut als Fährte gelegt, der Spannungsbogen blieb für mich bis kurz vor Ende erhalten.

Was mit Peter gegen Ende passiert, fand ich allerdings recht heftig, und ich konnte auch das Verhalten von Justus in dieser Situation nicht nachvollziehen, das sah ich recht skeptisch, und das hätte eigentlich nicht sein müssen.

Kein Highlight, aber eine insgesamt recht solide und gut gemachte Folge, die ich gerne gehört habe. Und schön, dass der Titel wieder einmal zur Folge gepasst hatte, das ist nicht selbstverständlich bei dieser Serie ;-)

Wertung: 7,9 von 10 Unterwasserstromschlägen

SaschaSalamander 01.08.2012, 09.11 | (0/0) Kommentare | PL

Mr Gum und der fettige Ingo

stanton_ingo_1.jpgINHALT

Die Essenszeit-Kriege wüten vernichtend über Bad Lamonisch an der Bibber. Wie kam es dazu? MR GUM geht fürs Abendessen nicht mehr zu seinem besten Freund, dem ebenso gemeinen und fiesen Metzger Willi Wilhelm III ff, sondern statt dessen zum fettigen Ingo und dessen Affen "Philipp der Horror". Das kann Willi Wilhelm III ff nicht auf sich sitzen lassen! Und Polly kann nicht einfach tatenlos zusehen, wie die beiden Stinkstiefel die Stadt vernichten, also muss sie sich etwas einfallen lassen.


BAND 6 DER REIHE UM MR GUM

DER FETTIGE INGO ist der sechste Band einer erfolgreichen Kinderbuchreihe um den miesepetrigen MR GUM. Zwar lassen die Bücher sich unabhängig voneinander lesen, trotzdem ist es natürlich schön, wenn man sich bei den Charakteren auf frühere Bücher beziehen kann, und viele Witze sind umso lustiger, wenn man den Hintergrund versteht. Man begegnet alten Freunden wie dem elektrischen Lebkuchenmann Björn Schneyder oder der angetrunkenen Omimi, es kommen aber auch neue Bewohner der Stadt hinzu, so der titelgebende Ingo Fettig und sein bösartiger Affe.


NONSENS UND JEDE MENGE SPAß

Andy Stanton schreibt die Texte, die von David Tazzyman mit witzigen Kritzelzeichnungen illustriert werden. Und Harry Rowohlt als Übersetzer, ein perfektes Dreierteam! Das Buch ist ein gelungenes Werk unsinniger Fabulierkunst, die aberwitzigen Ideen das Autors sind einfach hinreißend. Völlig unzusammenhängende Metaphern und Vergleiche, unrealistische Aktionen und völlig unbedeutende Nebenstränge. Mitten im Buch findet der Leser plötzlich ein Kapitel über einen balzenden Flamingo, und einige Seiten später direkt in Folge der Entschuldigungsbrief des (fiktiven) Verlegers, welcher sich für den Fehler entschuldigt aber gleichzeitig einräumt, dass das statt dessen fehlende Kapitel sowieso völlig langweilig gewesen sei. Man muss, wenn man z.B. in der U-Bahn liest, wirklich aufpassen, dass man nicht überrascht die Augen aufreißt und laut loslacht, so absurd sind manche Szenen dargestellt.


ROWOHLTS ÜBERSETZUNG

Harry Rowohlt ist es wieder geglückt, das Buch im Sinne des Autors zu übersetzen, wobei natürlich einige Wortwitze nicht möglich waren und er diese umformulierte, dafür an passender Stelle andere Scherze einfügte. Ein gelungenes aber unübersetzbares Wortspiel hat er ausnahmsweise mit Fußnote erklärt (die Aufforderung "Duck", also "duckt Euch", als eine Ente angeflogen kommt). Während das erste Buch eine insgesamt trotzdem weitgehend fortlaufende Handlung hatte und vor allem die Charaktere aus Lamonisch an der Bibber einführte, ist der sechste Band vor allem geprägt von Wiederholungen und freien Versen teils in Reimform sowie sehr viel Lautmalerei.


SCHWÄCHE DES 6. BANDES

Zugegeben, dabei hat Andy Stanton ein wenig übertrieben. Wiederholung mag ein Stilmittel der Nonsensliteratur sein, trotzdem sollte sie maßvoll angewendet werden. Als der stinkende Fiesling Willi Wilhelm III ff das erste mal (nicht) auf einem magischen Einhorn einherreitet, mag man noch losprusten bei der Vorstellung, das zweite Mal schmunzelt man, aber spätestens beim sechsten oder siebten Mal ist es wirklich genug. Außerdem gibt es im Buch diesmal fast keine Handlung, sie erschöpft sich bereits in der Inhaltsangabe des Klappentextes. Doch sie wird enorm in die Länge gezogen durch die freien Verse, die sich teils über 6 oder mehr Seiten erstrecken, jedoch einen Inhalt widergeben, der in einem Satz abgeschlossen wäre und teilweise nur aus sich wiederholenden Lautmalerei besteht. Während im ersten Band die Darstellung einzelner Worte wie BUMM, WATSCH, WACK etc lustig war, wurde auch diese Möglichkeit etwas über Maß strapaziert (wenngleich es einige wirklich witzigen Momente gibt wie etwa KA-WUMM, KA-BLAMM, KA-PITELENDE!). Das "Schnatter! Schnatter! Schnatter! Schnatter! Schnatter! Schnie!" des Affen ist gefühlt auf beinahe jeder dritten Seite zu lesen, was bei der sowieso schon geringen Textmenge (teils nur 5 bis 10 Zeilen) pro Seite einfach zuviel ist, man fühlt sich als Leser doch etwas um den Inhalt betrogen.


TEXTBEISPIELE

Mit einem schrecklichen Geruch nach verbranntem Gummi und Lebkuchen drehte sich das Taxi mitten auf der Straße im Kreise und im Kreise und im Kreise. Ein Vorderrad ging ab, flog erst ins Ober-, dann ins Unterhaus und würde zufällig für die nächsten zehn Jahre Premierminister. (S. 150)

Sie waren die ganze Nacht gereist, aber jetzt erhob sich die Sonne über dem Meer, blendend in ihrer Herrlichkeit, wie die größtvorstellbare Pampelmuse, die sich aus ihrem Nest aufschwingt, um auf Zuckerjagd zu gehen. (S. 169)

Er war ein beängstigender Klumpen von einem Heini, Gesicht und Hirn über und über mit Furunkeln übersät. An seinem linken Arm hatte er eine lange Narbe aus der Zeit, als er noch Stacheldrahtvertreter gewesen war, und eine seiner Hände war aus Messing, Folge eines schrecklichen Unfalls, in den eine Kettensäge, etwas Zwei-Komponenten-Kleber und eine Messinghand verwickelt gewesen waren. (S. 40)


FAZIT

MR GUM ist eine grandiose Reihe, die absoluten Kultfaktor hat. Harry Rowohlt hat ein Händchen für herausragende Literatur und drückt ihr im Deutschen seinen ganz eigenen Stempel auf, man kann gar nicht anders als begeistert zu sein. Trotzdem ist DER FETTIGE INGO ein eher schwächerer Band der Reihe, der durch zu viele Wiederholungen und unnötige Längen auffällt. Was soll ich nun bewerten - die Sprache, die Idee, Rowohlts Genie? Oder einfach nur die Geschichte selbst? Na, ganz einfach:

Wertung:
15 von 10 Zitronenbaisers für die Übersetzung und
5 von 10 Pferde, die Rosinen in den Weltraum schnipsen für die Geschichte
ergibt summa summarum 3,7 von 5 Hunden, die keine Anrufe entgegennehmen ;-)

SaschaSalamander 02.07.2012, 08.41 | (0/0) Kommentare | PL

Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum

INHALT

Mr Gum ist ein alter Ekelbatzen, fies und gemein. Alles an ihm und um ihn herum strotzt vor Hässlichkeit, nur sein Garten ist wunderschön. Denn in Mr Gums Badewanne lebt eine Fee, die täglich den Garten kontrolliert und Mr Gum zur Strafe mit der Bratpfanne verdrischt. Eines Tages kommt Jakob der Hund und beginnt regelmässig das Grün zu verwüsten, also muss Mr Gum zur Tat schreiten. zu einer fiesen, gemeinen Tat. Die kleine Polly möchte Jakob retten, aber was kann ein kleines Mädchen alleine schon gegen diesen Fiesling tun?


NONSENS

Um das Buch zu beschreiben, möchte ich vorab erklären, dass es sich um Nonsense-Literatur handelt. Ich liebe dieses Genre, leider gibt es viel zu wenige intelligente Bücher dieser Art, allen voran ALICE IM WUNDERLAND von Lewis Carroll, gegenwärtig denke ich z.B. an die EDDIE DICKENS Trilogie von Philipp Ardagh oder OTTOLINE von Chris Riddell. Diese Werke zeichnen sich unter anderen dadurch aus, dass es eben non-sense ist, also keinen Sinn ergibt. Der Autor schreibt unlogische Dialoge, erfindet neue Wörter, zieht unpassende Vergleiche aus dem Hut und widerspricht sich sogar selbst. Warum? Was der Sinn davon ist? Nein, zu sagen "das macht keinen Sinn" wäre unpassend. Indem der Autor den Dingen ihren gewohnen Sinn entzieht, wird die Phantasie angeregt, rein passiver Konsum ist kaum möglich, man ist zum Mit- und Umdenken gezwungen. Wie reich der Mensch, der sich vom Erwarteten lösen kann und an das Unmögliche glaubt



AUFBAU

Zurück zu Mr. Gum. Es ist schwer, etwas an diesem Buch konkret zu benennen, denn dazu müsste es ja einen vergleichbaren Sinn ergeben. So ist also auch der Handlungaufbau schwer zu beschreiben. Der Autor hält sich nicht mit wichtigen Details auf, bewahre! Er verliert sich in seinen Ausschweifungen und Belanglosigkeiten, und trotzdem gelingt es ihm irgendwie, die Handlung voranzutreiben und eine Art Showdown zu gestalten. Abzusehen ist das Ende lediglich insofern, als ein Kinderbuch in der Regel positiv endet, doch ansonsten kann sich der Leser auf jede Menge Überraschungen gefasst machen. Und wenn das Buch vorbei ist, wird auf mehreren Seiten angekündigt, dass keinesfalls eine Bonusgeschichte folgen wird, die am Ende natürlich dennoch folgt.


CHARAKTERE

Auch die Charaktere sind abstrus. Etwa ein Mädchen namens Peter. Friday O Leary, der am Ende des Satzes immer sagt "die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser". Die Fee mit der Bratpfanne. Der Geist des Regenbogens. Ganz zu schweigen von dem Mädchen namens "Jammy Grammy Lammy F´Huppa F´Huppa Berlin Stereo Eo Eo Lebb C´Yepp Nermonica Le Straypek De Crespin De Crespin De Spespin De Vespin Die Schupp die Wupp de Brönckel Frohe Weihnachten Lenoir" (Freunde dürfen sie Polly nennen, deswegen ist jeder gerne mit ihr befreundet). So wunderlich sie alle sein mögen, eines ist gewiss - gut ist überaus gut, und böse ist böse. So böse, dass es keine Zauberschokolade isst aber dafür Popel.


ZEICHNUNGEN / BUCHGESTALTUNG

Die Reihe um Mr Gum spielt mit Sprache, Sprache wird jedoch auch als optisches Mittel genutzt. Daher hält sich die deutsche Gestaltung nahezu identisch an das Original von Stanton. Die Seite ist nur zu einem knappen Drittel mit Sätzen gefüllt, manchmal bleibt dieser Platz frei, häufig bietet er Raum für Zeichnungen oder hervorgehobene Wörter, die in zigfach vergrößerter Schrift und anderem Schriftsatz (teils wie von Hand gekrakelt) zu lesen sind. Gelegentlich werden Lieder nicht auf Zeilen sondern in Wellenlinien geschrieben. Zudem sind die Seiten des Buches nicht weiß sondern mit grauen Flecken übersät. Einige Male erwischte ich mich dabei, wie ich in Gedanken über die Seiten strich, um den vermeintlichen Staub abzuwischen.

Die Zeichnungen sind witzige Kritzeleien, immer passend zum Inhalt des Buches. Für die deutsche Version wurden einige Dinge geändert, da die Bilder häufig Worte enthalten (etwa die Beschriftung der Milchflaschen, das Städteschild am Bahnhof etc). Tazzyman verleiht der Geschichte eine weitere witzige Note, die die Bücher zu etwas ganz Besonderem macht.


SPRACHE / ÜBERSETZUNG

Übersetzen ist eine Kunst für sich. Doch wie soll man etwas übersetzen, das aus Wortschöpfungen, Wortspielen und ungewöhnlichen Satzkonstellationen besteht? Ich war gespannt auf die Umsetzung und habe mir deswegen sowohl die englische als auch die deutsche Ausgabe gekauft, um diese miteinander zu vergleichen. Und ich bin begeistert:

Harry Rowohlt ist dieses Kunststück hervorragend gelungen, er hat die Eigenheiten Stantons aufgefangen und mit seinem ihm eigenen Stil ins Deutsche übertragen, ohne den Grundton des Buches zu verändern. Manches Mal musste er dafür Sätze umstellen. Einige Wortwitze fielen leider unter den Tisch, dafür hat er an passenden Momenten eigene Feinheiten eingebaut, die widerum in der englischen Sprache nicht möglich gewesen wären. Auch er kreiert Wortneuschöpfungen, wendet Lautmalerei an und spielt mit der Sprache. Zudem verwendet Rowohlt gerne alte, teils fast ausgestorbene Worte udn spielt mit ihnen, was dem Text einen ganz eigenen Reiz verleiht. So wird aus "fürbass" (vorwärts, voran) das Verb "fürbasseln" (vorwärtsgehen). Auch begegnet man so herrlich seltenen Wörtern wie "kabolzen" oder "schlumpeln", für Sprachfreunde sind Rowohlts Übersetzungen wie üblich ein Festmahl.

Sowohl im Englischen wie auch im Deutschen sprudelt der Text über von kreativen Ideen, und MR GUM ist eines der wenigen Bücher, bei denen die Entscheidung "Original oder doch lieber Übersetzung" viel zu schwer fällt.


ZIELGRUPPE

MR GUM ist ganz klar ein Kinderbuch und kann bedenkenlos auch vorgelesen werden. Und trotzdem ist es auch ein Buch für die Großen, denn hier können Alt und Jung gemeinsam lachen. Die Kinder über so schräge Vorstellungen wie eine Fee, die mit ihrer Bratpfanne in der Badewanne lebt, Erwachsene über das kongeniale Sprachgenie von Stanton und Rowohlt. Außerdem - wer geistig jung bleiben will, der macht es wie die Herzogin aus ALICE IM WUNDERLAND: "ich denke schon vor dem Frühstück an sechs unmögliche Dinge". Das Buch ist einfach für alle geeignet, die Spaß haben an folgenden Sätzen:

Jakob war eins dieser großartigen Tiere, die weder Furch noch Zögern noch das Rezept für Rühreier kannten. (S. 110)

Er kratzte nachdenklich seinen Bart, nicht den Bart, der auf seinem Kinn wuchs, sondern einen Ersatzbart, der an der Wand wuchs und den er von Zeit zu Zeit zum Kratzen benutzte. (S. 56)

Die Raupen waren so froh, ihn zu sehen, dass sie sofort zu Schmetterlingen metamorphosierten. Eine der Raupen war sogar so froh, dass sie zu einem Esel metamorphosierte. Die Maulwürfe quiekten, und die Schmetterlinge brüllten vor Vergüngen. (S. 113)

Er tanzte einen grausamen Freudentanz wie ein gehässiges Flaschenteufelchen, welches am 1. Weihnachtstag auf alle Geschenke gerotzt hatte. (S. 86)

Mr. Gum hatte keine Zeit, kurz herinzuschauen [...]. Er hatte wichtigere Igel zu kämmen. (S. 78)


FAZIT

MR GUM strotzt nur so vor Einfallsreichtum und Lebensfreude, und niemand hätte das Buch besser übersetzen können als Harry Rowohlt. Wer sich davon also nicht begeistern lässt, ist selbst schuld ;-)

Wertung: 127,538 von 12,539 Schmetterlingen, die triumphierend ihre kleinen Fäuste in den Himmel recken

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SaschaSalamander 27.06.2012, 09.18 | (0/0) Kommentare | PL

Die besten 1-2-3 Minutengeschichten

mai_minutengeschichten_1.jpg31 Kurzgeschichten und 6 Melodien mit dem Titel "Blauer Traum" erwarten die jungen Hörer auf der CD "die besten 1-2-3 MINUTENGESCHICHTEN".

Der Autor hat inzwischen so viele Bücher  veröffentlicht, dass er in jedem Kinderzimmer zu finden sein dürfte. Kurzgeschichten, Reihen, Sachbücher, Jugendliteratur, Aufarbeitung berühmter Märchen und Geschichten. Eine Nennung einzelner Titel würde zu weit führen, deswegen an dieser Stelle am besten ein Link zu >Wikipedia<, wo man mehr über ihn,  seine Veröffentlichungen und die zahlreichen Auszeichnungen erfährt.

Das Besondere an dieser CD: sie ist keinem Thema untergeordnet. Dadurch ist die Palette der Geschichten dieses Mal besonders breit gefächert, und auch der Grundton der einzelnen Titel ist von Track zu Track unterschiedlich. Schüler tauschen die Inhalte ihrer Zuckertüte. Eine junge Eule findet einen Spiegel. Ein Riese wird von Zwergen überwältigt. Ein Mädchen beobachtet Mitschüler beim Stehlen. Ein Junge auf dem Spielplatz spielt mit ihm bis dahin fremden Kindern. Ein Baum wird gefällt. Mal märchenhaft und fantastisch, mal mitten aus dem Alltag der Zielgruppe im Alter um die 6 Jahre, mal Mensch, mal Tier, mal Märchenfigur. Mal bringt der Autor die Kinder zum Lachen, mal regt er sie zum Nachdenken an. Und manchmal erzählt er einfach nur, ohne Pointe, ohne etwas Besonderes, einfach nur um zu zeigen "Du bist nicht alleine, auch andere Kinder haben schon Ähnliches erlebt".

Angenehm finde ich die Grundhaltung der Geschichten. Manfred Mai wackelt nicht mit dem Zeigefinger. Sondern er erzählt und stellt manchmal sogar die Frage, was das Kind nun tun soll. Als Tamara ihre Mitschüler beim Stehlen beobachtet, möchte sie es melden, doch ihre Freundin bekommt Angst und rennt weg, Tamara ist nun alleine. Was soll sie tun? Der Autor gibt keine Antwort darauf. Er zeigt, dass es nicht immer eine perfekte Lösung gibt, und er regt dazu an, dass die Kinder sich mit ihren Eltern und Freunden darüber austauschen.

Auch predigt er nicht, was falsch und richtig ist im Umgang miteinander. Dafür erzählt er in herrlich einfachen Worten den Wert der Freunschaft: die Mutter weist ihren Sohn darauf hin, dass die Kinder, mit denen er spielen möchte, kein einziges Wort Deutsch können. Er spielt trotzdem mit ihnen. Und als er seiner Mutter davon erzählt, ist er begeistert, wie schön es mit ihnen war, denn Spielen und Lachen ist international. Auf diese Weise vermittelt der Autor spielerisch Werte, ganz nebenbei und herrlich einprägsam.

Für Erwachsene ist dieser Titel weniger geeignet, da die Geschichten sich doch zusehr von der Erlebniswelt älterer Leser / Hörer unterscheidet. Zuckertüte, Hausaufgabe, Spielplatz. Wer selbst Kinder hat, wird sie gerne mit seinen Kleinen zusammen anhören. Und für kinderlose Erwachsene sind die Geschichten ja auch nicht geschrieben ;-)

Die Sprecher nehmen sich angenehm zurück und lassen die Geschichten in den Vordergrund treten, sie sind gut für diese CD gewählt. Die Instrumentalstücke gehen angenehm ins Ohr und lockern die Erzählungen ein wenig auf.

DIE BESTEN 1-2-3 MINUTENGESCHICHTEN ist eine Sammlung für Kinder, ideal als kleines Bonbon zur Belohnung zwischendurch. Oder als nette Geschichten zum Einschlafen oder Nebenbeihören. Pädagogisch wertvoll und "trotzdem" spannend ;-)

SaschaSalamander 23.04.2012, 08.16 | (0/0) Kommentare | PL

Hieronymus Frosch

Hieronymus Frosch ist ein Erfinderfrosch. So erfindet er zum Beispiel eine Möglichkeit zum Versenden von Geburtstagspost an seine 2999 Geschwister. Oder er heftet seine Notizen zusammen und erfindet somit ein Buch. Dann wären da noch der vollautomatische Erbsenzähler und die Erkenntnis, das man in gefrorenem Wasser nicht schwimmen kann. Er erfindet sogar eine Unsichtbarkeitscreme! Und wie es sich für einen wahren Wissenschaftler gehört, muss er sogar auf eine Expedition, um Neues zu erforschen und seinem Namen alle Ehre zu machen. Ob er damit den Wissenschaftsclub endlich überzeugen kann, dass er kein Forschungsobjekt, sondern ein Forscher ist?

Seine Freunde sind Frau und Herr Butterweck, in deren Garten er wohnt. Und die Spitzmaus Emmi Wackernagel mitsamt ihren kleinen Kindern, den Wackernägeln. Und natürlich hat ein genialer Geist auch einen gemeinen Gegner - in diesem Falle Nick, der Hieronymus seine Ideen stehlen und seinen Platz einnehmen will.

Ich habe das Hörbuch geliebt! Einfach pfiffig, wie der kleine Frosch auf immer neue Ideen kommt. Für Kinder witzig, denn sie wissen natürlich, dass es keine Neuheit ist zu erkennen, dass man bei Sommerhitze im kühlen Wasser nicht schwitzt oder dass viele Zettel in gebundener Form ein Buch ergeben. Aber auch, wenn diese Ideen schon bekannt sind - was Hieronymus kennzeichnet, ist seine kreative Art, sein wacher Geist. Das Streben, immer Neues zu entdecken und nie aufzugeben.

Und während die Kids jede Menge Witziges mit Hieronymus und den Wackernägeln erleben, gibt es auch viel zu lernen. Über Lurche, Alexander Humboldt, Komposthaufen oder ein Dosentelefon. Spielerisch werden Anreize geboten, sich über verschiedene Themen zu informieren. Hieronymus weckt die Abenteuerlust in Kindern und animiert sie, selbst etwas zu erforschen.

Sprachlich ist HIERONYMUS FROSCH sehr einfach gehalten. Zudem gibt es sehr viele Wiederholungen des inhaltlichen Musters. Ich konnte es kaum erwarten, bis es wieder hieß "Denken, Frosch, denken, denken", und dann: "eine Meisterleistung, ein Triumph der Wissenschaft, ein Meilenstein der modernen Technik". Und dann wird "gebohrt, gehämmert und gesägt".

Die Figuren sind allerliebst. Hieronymus ist ein Frosch, den sich jeder zum Freund wünscht. Er denkt positiv und ist hilfsbereit. Und wenn seine Freunde ihn vergessen, dann weint er ganz herzzerreißend. Emmi ist die freundliche Nachbarin, liebende Mutter, sie unterstützt Hieronymus und sagt ihm auch einmal die Meinung, wie es Freunde eben tun sollen. Nick ist herrlich böse, und die kleinen Wackernägel sind so niedlich, dass man sie am liebsten sofort bei sich zu Hause haben möchte.

Stefan Kaminski als Sprecher ist ohne Vergleich. Obwohl er alleine das Buch vorträgt, kann man es beinahe als Hörspiel bezeichnen. Wie alles, was er spricht. Er braucht keine anderen Sprecher und keine Soundkulisse, das kann er alleine. Allein das "Kawumm - Pfiuuuuuw" der Rakete klingt so prima, als hätte man ein echtes Geräusch eingespielt, ich könnte es glatt in Dauerschleife hören, so witzig hat er das gemacht.

Das Booklet bietet eine Anleitung zum Bau eines Dosentelefons sowie eine Auflistung verschiedener Amphibien und macht den Kleinen Lust zum Selbstbasteln, weckt in Erwachsenen Erinnerungen an die Kindheit.

HIERONYMUS FROSCH begeistert Klein und Groß. Man muss den Frosch, Familie Butterweck und die Wackernägel einfach lieben!


SaschaSalamander 28.02.2012, 09.21 | (0/0) Kommentare | PL

Ein mittelschönes Leben

boie_mittelschoen_1.jpg>Ein mittelschönes Leben< beginnt mit dem Abriss einer Biographie: ein Kind mit Hobbies, Heim und Familie, der Heranwachsende, die erste Liebe, die Arbeitsstelle, dann ein Bruch mit seiner Ehefrau, die Arbeitslosigkeit, das Trinken, das Kämpfen, der Sturz bis auf die Straße. Darauf folgen im Wechsel kleine Ergänzungen eines Erzählers und dann verschiedene Fragen von Kindern an drei Mitarbeiter des Hamburger Straßenmagazins >Hinz und Kunzt<.

Kinder stellen Fragen, die Erwachsenen durch den Kopf gehen, die sie aber nicht zu fragen wagen ob ihrer Scham. Dies sind existenzielle Fragen wie etwa "was machst Du, wenn Du krank wirst" oder "weiß Deine Familie, dass Du auf der Straße lebst", aber auch so scheinbar banale und doch erstaunlich wichtige Fragen wie "wo gehst Du denn aufs Klo", "gewöhnt man sich an das Leben auf der Straße" oder "feierst Du Weihnachten". Ich fand die Offenheit der Kinder sehr angenehm. Und ebenso fand ich es mutig und spannend, wie direkt die drei auf die Fragen eingingen. Erwachsene fragen nach Schuld und Verantwortung, daher fand ich es schön, dass man hier die Kinder zu Wort kommen ließ, welche das Augenmerk auf andere Dinge richteten.

Was die Betroffenen aus ihrer jeweiligen Sicht schilderten, fasst der Erzähler noch einmal zusammen, beschreibt beispielsweise die Vernetzung von Einrichtungen wie Straßenambulanz, Obdachlosenunterkünften, Wärmestuben, der Tafel oder dem Straßenmagazin. Sehr schön finde ich auch, dass es drei Gesprächspartner sind, zwei Männer und eine Frau. Dadurch zeigt sich auch, dass es nicht immer klare Antworten gibt und jeder die Situation anders einschätzt. Auf die Frage, ob auch Kinder auf der Straße leben, weichen zwei Antworten sehr stark voneinander ab. Ich denke, das liegt zum einen ander Definition "Kinder" (ich vermute, die Frau dachte eher an Jugendliche, während der Mann eher an Kinder im Alter der Fragesteller vor sich sah), und zum anderen ist Obdachlosigkeit ein schwer zu erfassendes Thema, das sich auch einer exakten Statistik entzieht.

Obdachlosigkeit ist gerade in Großstädten ein wichtiges Thema. Täglich läuft man an den Menschen vorbei, beachtet sie nicht, weicht ihrem Blick aus. Kauft vielleicht mal ein Magazin oder wirft ein paar Cent in den Pappbecher. Aber dann ist das Thema wieder vergessen, dem Alltag gewichen. Beruflich habe ich sehr oft mit den Folgen der Obdachlosigkeit zu tun, und erst letzte Woche habe ich ein Wohnheim aufgesucht, um Kontakte zu knüpfen und mehr über die Hintergründe zu erfahren. Dabei wurde mir bewusst, wie wenig ich trotz der Nähe zu diesem Thema eigentlich darüber weiß, und wie wichtig es vor allem auch ist, nicht die Augen zu verschließen und darauf aufmerksam zu machen.

Produziert für Kinder, ist dieses Hörbuch dennoch auch für Erwachsene geeignet. Denn wie gesagt: Erwachsene wüssten auch gerne, ob ein Obdachloser Weihnachten feiert, aber sie wagen es nicht zu fragen, da andere Dinge wichtiger scheinen. Hier kann man allerhand über das Leben auf der Straße erfahren, aus einem ganz anderen Blickwinkel. Und für Kinder ist die CD sehr gut geeignet, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen, vielleicht sogar selbst aktiv zu werden. "Was können wir tun" war eine sehr bewegende Frage. Und mancher Erwachsene wird ob der Antworten wohl schlucken und gute Vorsätze fassen. Möge es nicht nur bei den Vorsätzen bleiben!

SaschaSalamander 10.02.2012, 09.02 | (0/0) Kommentare | PL

Lilith Parker - Insel der Schatten

Zufällig stieß ich auf LILITH PARKER - INSEL DER SCHATTEN" von Janine Wilk. Der Titel klang nach einem netten Gruselfantasy für Kinder, und das Cover sieht sehr vielversprechend aus mit seinen Schatten, Ranken, Gittern, der Geisterhand und einem Mädchen, das ein Portal durchschreitet. Und während andere Bücher in Titel oder Cover oft nichtssagend oder irreführend sind, hat der Verlag in diesem Fall wirklich eine kleine Meisterleistung erbracht, bei der alles in sich stimmig ist und ein hübsches gemeinsames Bild ergibt.


INHALT

Als ihr Vater geschäftlich nach Burma muss, soll Lilith zu ihrer Tante auf die Insel Bonesdale. Sie kennt ihre Tante nicht und weiß nur, dass sie und ihr Vater sich nicht miteinander verstehen. Auf der Insel angekommen fühlt sie sich eher unwillkommen, und erst nach und nach lernt sie die Bewohner von Bonesdale kennen und findet in Mat und Emma neue Freunde. Die Insel ist etwas Besonderes, denn man feiert auf ihr das ganze Jahr Halloween. Für die Touristen. Aber Lilith spürt, dass noch mehr dahintersteckt. Es passieren immer mehr seltsame Dinge, bis sie endlich begreift, dass mehr hinter der Insel und ihrer Familie steckt, als man ihr bisher erzählte. Und auch sie selbst spielt eine wichtige Rolle ...

Ach, das hat richtig gutgetan, ich liebe spannende Kinderbücher! Und mit Lilith Parker wurde eine neue Serie geschaffen, die mir gefällt und auf deren Fortsetzung ich mich bereits freue. Das erste Buch ist in sich geschlossen, verspricht aber bereits viele Abenteuer, die nun auf Lilith und ihre Freunde warten.


CHARAKTERE

Die Charaktere sind allesamt liebenswert und einem Kinderbuch entsprechend nicht zu tiefgründig aber doch ausführlich genug, um sich in sie hineinzuversetzen, mitzufiebern und sie sich als eigene Freunde zu wünschen. Ich mochte Lilith vom ersten Moment, sie ist keine Superheldin, kein Außenseitermädchen, sondern eine ganz normale 12jährige. Sie ist befreundet mit einem Jungen, muss sich Gedanken machen ob sie ihn liebt, fühlt sich von den Erwachsenen herumgeschubst und missverstanden, hat eine beste Freundin, vermisst ihre bei der Geburt verstorbene Mutter, ist wütend auf den ständig reisenden Vater. Und sie hat ganz schön Mumm, als sie das erste Mal auf der Insel mit all den Halloween-Späßen begrüßt wird.


AUFBAU

Der Aufbau ist gelungen: die jungen Leser werden bereits zu Beginn auf kleine Besonderheiten aufmerksam gemacht, die Spannung ist vom ersten Moment an gegeben. Doch erst wird Lilith ein wenig vorgestellt, lernt man die Bewohner der Insel kennen. Und bald geschehen die ersten seltsamen Dinge, bis das Mädchen endlich erfährt, was vor sich geht. Und dann folgt eine spannende Szene der nächsten, Lilith macht sich auf die Suche nach ihrer Identität und dem Geheimnis der Insel, die eng miteinander verwoben scheinen. Sie begegnet fantastischen Wesen und muss lernen, wer ihr wohlgesonnen ist und wem sie nicht über den Weg trauen darf. Und im Kampf gegen den schlimmsten aller Erzdämonen scheint sie ganz alleine ...


GENRE

Eindeutig ein Kinderbuch, an dem aufgeschlossene Erwachsene aber trotzdem ihre Freude haben werden. Die Leserschaft ist eine jüngere als HARRY POTTER und ähnliche All Age Fantasy. Als Vergleich möchte ich gerne Jenny Nimmos CHARLIE BONE nennen, der mich ähnlich fesselte und die gleiche Altersgruppe anspricht. Und passend zu Halloween bietet das Buch kindgerechten Grusel und eine ordentliche Portion Gänsehaut. Gerne würde ich mehr erzählen über die Besonderheiten der Insel, doch es wäre unfair, dem Leser die Freude zu nehmen, gemeinsam mit den drei Kindern das Geheimnis zu lüften ;-)


UMSETZUNG ALS HÖRBUCH

Besonders hervorheben möchte ich die Leistung von Friederike Kempter. Eine für mich neue Stimme, die ich mir aber unbedingt merken muss. Als Schauspielerin war sie bereits in KOKOWÄÄH, PANDORUM, und Tommy Jauds VOLLIDIOT zu sehen und spielte in mehreren Tatortfolgen die Rolle der Kommissaranwärterin Nadeshda Krusenstern. Normalerweise sind Frauen ja den Männern in Stimmgewalt und Wandlungsfähigkeit leider etwas unterlegen. Aber Friederike beweist, dass das nicht immer der Fall ist. Meisterlich stellt sie ihre eigene Person in den Hintergrund, um die Erzählung voranzutreiben und einzelnen Figuren Leben einzuhauchen. Jeder Charakter bekommt seine eigene Sprache, Betonung, Melodie. Heiser, humorvoll, tückisch, schüchtern, bedrohlich, berechnend, traurig, fröhlich, voller Tatendrang. Mädchen, Jungen, Frauen, Männer, Senioren und natürlich auch die auftretenden Fantasywesen. Sie lässt ihre Stimme tanzen und verleiht dem Buch auf diese Weise eine ganz persönliche Note. Was das Buch an Verzierhungen aufzuweisen hat, bietet Friederike dem Leser an Leichtigkeit und Hörgenuss. Die Freude, die sie beim Lesen ausstrahlt, ist ansteckend. Ich hoffe noch viele weitere Hörbücher von ihr hören zu dürfen.


FAZIT

Ein wunderschönes Kinderbuch. Spannend, ein bisschen gruslig und genau richtig für Fantasy-Kids ab 10 Jahren. Janine Wilk hat eine neue Serienheldin geschaffen, die jeder sofort ins Herz schließen muss. Schade nur, dass es bis zum nächsten Band noch ein wenig dauern wird ...


SaschaSalamander 30.11.2011, 09.13 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Off Road Kids

himekawa_offRoad_1.jpgDrei Monate her, die Rezension ist also noch gar nicht so alt. Ein Manga, den ich Euch auf jeden Fall vorstellen möchte, weil ich gut finde, wie man dieses ernste Thema auch jüngeren Kindern näherbringen kann.

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Koichis Vater ist Arzt und kündigt seinen Job, um nun als Arzt im Ausland tätig zu sein. Er fliegt auf die Philippinen und bietet seinem Sohn an, ihn zu begleiten. Koichi ist begeistert, hofft er doch auf einen gemütlichen Urlaub, wo er für ein paar Wochen nicht zur Schule muss! Statt dessen landet er in den Elendsvierteln und erleidet einen Kulturschock. Er will nach Hause und erträgt es nicht, all das Leid mit anzusehen. Doch als begeisterter Fußballspieler freundet er sich mit einem der Straßenjungs an und lernt nun mehr über ihr Leben, ihre Träume, ihre Ziele.

Akira Himekawa, der unter anderem auch einzelne Spiele der kultigen Zelda-Reihe als Manga umgesetzt hat, nahm mit diesem Manga ein Projekt an, in dem es um Straßenkinder gehen sollte. Der Autor reiste in verschiedene Länder, arbeitete zusammen mit "Kinder ohne Grenzen" und setzten sich intensiv mit diesem ernsten Thema auseinander. Und es gelang ihm hervorragend, es auch für Kinder packend umzusetzen.

Drei zusammenhängende Geschichten. Die erste und längste spielt auf den Philippinen und erzählt von einer Kinderbande, die auf dem Friedhof nächtigt und tagsüber auf der Müllhalde gebrauchte Gegenstände sammelt und verkauft, um sich ein minimales Grundeinkommen zu sichern. Das harte Leben dieser Kinder wird sehr berührend dargestellt, und am Ende hatte ich sogar Tränen in den Augen. Denn Schicksalsschläge und menschliche Dramen werden hier zwar kindgerecht umgesetzt, doch es ändert nichts an der Tragik und Trauer.

Die zweite Geschichte erzählt von einem kleinen Jungen in Vietnam, der als Schuhputzer seinen Lebensunterhalt verdient und sich in ein Mädchen verliebt, dem er ein ganz besonderes Geschenk machen möchte. Diese Geschichte ist etwas kürzer und zwar sehr bewegend, fesselt jedoch nicht ganz so stark wie die erste. Denn hier ist die Hauptfigur ein Straßenkind, und sich in dieses hineinzuversetzen fällt natürlich schwerer als in einen typischen Jungen der fünften Klasse, wie Koichi es in der ersten Geschichte ist.

Die letzte Gschichte spielt in Afghanistan und zeigt das Leben eines Kindersoldaten auf. Sie ist recht kurz, dennoch sehr ergreifend.

Zu den einzelnen Ländern gibt es jeweils eine Extraseite, welche das Land kurz beschreibt hinsichtlich Größe, Einwohnerzahl, Klima und andere Faktoren. Ich finde das sehr hilfreich und interessant, und im Kontext des Mangas wird Kindern auf diese Weise nebenbei Wissen vermittelt, ohne dass man mahnend den Zeigefinger heben oder sie mit trockenen Fakten langweilen würde.

Dem Autor gelingt es, ein sehr ernstes Thema auch für Kinder sehr gut zu beschreiben. Er erzählt keine künstliche Happy-End-Story, sondern schildert das dramatische Leben auf der Straße. Ich finde es eine gelungene Umsetzung, die ich absolut empfehlen kann. Die Geschichte ist packend, die Handlung wird pädagogisch sinnvoll erklärt, und auch über die betreffenden Länder gibt es (nicht nur für Kinder, sondern auch für erwachsene Leser) eine Menge zu lernen.

SaschaSalamander 21.09.2011, 15.27 | (0/0) Kommentare | PL

Geisterritter

Zu gerne hätte ich die GEISTERRITTER in einem Rutsch gelesen, aber das Wetter und meine Konzentrationsfähigkeit machten mir einen Strich durch die Rechnung. Umso länger konnte ich mich dafür an der Geschichte erfreuen und finde es fast schade, dass sie nun vorbei ist. Ein Kinderbuch, wie ich es liebe!


DIE AUTORIN

Cornelia Funke ist bekannt für ihre Kinder- und Jugendbücher, allen voran DIE WILDEN HÜHNER, DER HERR DER DIEBE und ganz besonders die TINTEN-TRILOGIE. Ebenso bekannt die kürzeren Kinderbücher wie Igraine Ohnefurcht, Drachenreiter, Kleiner Werwolf, Der Mondscheindrache und viele andere, sie ist zu Recht in fast jedem Kinderzimmer vertreten. RECKLESS letztes Jahr teilte die Meinungen, war jedoch ebenfalls ein großer Erfolg. GEISTERRITTER ist nun das neueste Buch der Autorin, und ich freute mich, als ich es endlich in den Händen halten durfte.


INHALT UND EIN PAAR GEDANKEN VORAB

Jon Whitcroft wird von seiner Mutter und deren neuem Partner gegen seinen Willen auf das Internat Salisbury geschickt. Was als Katastrophe beginnt, wird jedoch bald ein lebensgefährliches Abentuer: ein Geist sucht ihn heim, der sich für seinen Tod an dem jüngsten Nachfahren seines Feindes rächen will. Jon findet eine Freundin in dem Mädchen Ella, deren Großmutter sich mit Geistern auskennt, und die beiden beschwören den alten Ritter Longspee, dass er ihnen helfen möge. Doch mit einem Sieg über den Bösewicht ist es nicht getan, erst jetzt kommt die Geschichte so richtig ins Rollen ...

Ein wunderbares Kinderbuch genau nach meinem Geschmack. Was ich an Cornelia Funke mag: sie nimmt Kinder ernst und mutet ihnen eine Menge zu, bleibt dabei jedoch immer kindgerecht. Die Handlung ist stellenweise sehr gruslig, sogar mir als Erwachsener kam ab und zu eine Gänsehaut beim Lesen. Und doch ist die Gefahr überschaubar, das Gute triumphiert, und alles ist in kindgerchten Worten erklärt, für weitere Fragen steht ein ausführliches Glossar zur Verfügung. Auch ist die Geschichte zwar stringent erzählt, in sich aber doch sehr vielschichtig mit einigen Nebenschauplätzen, sodass gerade jüngere Leser schon recht gefordert werden, was aber kein Problem darstellen sollte, wenn sie einen Erwachsenen an ihrer Seite haben.


SALISBURY

Salisbury als Handlungsort ist großartig! Ich liebe die englischen Gemäuer, und nach der Dankesbekundung am Ende ist auch klar, dass sie nicht die Geschichte an den Ort getragen hat, sondern dass die Geschichte quasi an diesem Ort entstand. Ich war noch nicht in Salisbury, aber Funke gelingt es, den Ort dennoch lebendig werden zu lassen, als stünde man selbst dort. Sie hat intensive Recherche betrieben, was man dem Buch auch anmerkt. Ohne erhobenen Zeigefinger, ohne langweilige Lehrstunde, erfährt man dennoch sehr viel über die dortigen historischen Figuren sowie Landschaft, Orte und Gebäude.


BILDER

Was mich sehr erstaunte ist, dass die Autorin das Buch dieses Mal nicht selbst illustriert hat. Die Bilder stammen von Friedrich Hechelmann. Er hat einen sehr eigenen Zeichenstil, der jedoch sehr gut zu dem Buch passt. Offen gesagt, ich mag Funkes Bilder, doch Hechelmanns Bilder wirken in diesem Fall atmosphärischer, und ich freue mich über die Entscheidung zur Zusammenarbeit. Teils einzelne Seiten, manchmal eine komplette Doppelseite füllt er mit seinen Zeichnungen, die manchmal gemütlich wirken, eben eine englische Landschaft mit Gras, Bäumen und altem Gemäuer bei Tageslicht. Und manchmal schaurig-düster, besonders die Geisterszenen, die alte Kathedrale bei Nacht oder gar der Geist des toten Jungen, was ein wirklich besonders unheimliches Bild ist.


CHARAKTERE

Ich muss offen zugeben, dass ich nicht hundertprozentig warm wurde mit den Charakteren. Jeden einzelnen mochte ich sehr, und ich konnte mich auch gut hineinversetzen, trotzdem war ich eher Beobachter als ein Teil der Geschichte. Was mich vor allem ein wenig irritierte: Jon erzählt die Geschichte rückblickend. Die Handlung spielt, als er elf Jahre alt war, und er erzählt sie sieben oder acht Jahre später. Eigentlich hatte ich gegen Ende eine Erklärung dafür erwartet, doch sie kommt nicht. Und so erzählt ein junger Erwachsener in erwachsenen Worten und dennoch kindgerecht die Gedanken und Gefühle eines Kindes, das liest sich ein wenig seltsam an manchen Stellen. Vielleicht wird ein zweiter Teil folgen, aus dem die Gründe hierfür klar werden? Eigentlich ein geschickter Kniff, um die Geschichte mit gebührendem Ernst zu erzählen, der jedoch einer Erklärung bedurft hätte.


SPRACHE

Die Sprache ist sehr trocken gehalten. Mir gefällt dieser Stil, auch wenn er eher ungewöhnlich ist. GEISTERRITTER strotz nur so vor Action, und doch ist alles in ruhigem Ton erzählt, eben eine sachliche Schilderung viele Jahre später. Die Schrulligkeit der Charaktere, die Besonderheiten des Ortes, all das wird sehr beeindruckend und atmosphärisch dargestellt. Ein paar Beispiele für den ebenfalls trockenen Humor:

"Der Geist gähnte so ausführlich, dass man die ganze Kathedrale in seinem Rachen sah" (S. 228)

"Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, starrte eine Kröte von der Sofalehne auf mich herab, und es roch nach Pfannkuchen" (S. 179)


GESAMTEINDRUCK

Die Geschichte hat mich gefesselt, und ich liebe dieses Buch. Trotzdem fehlen ein paar Kleinigkeiten zum Bestseller. Der Erzählstil und der Rückblick machen das Buch ein klein wenig schwerfällig und nehmen der rasanten Story sehr viel Tempo. Einerseits prima, dass ein Kinderbuch bewusst einen Schritt langsamer geht, andererseits hätte ein wenig Tempo manchen Stellen gut getan. Allerdings prägt sich die Handlung, da man sie langsamer liest auch sehr intensiv ein, sie wird lange im Gedächtnis bleiben. Die Autorin hat nicht nur irgendeine spannende Geschichte erzählt, sondern sie hat eine faszinierende Handlung rund um Salisburys Bewohner erfunden, wie sie so tatsächlich hätte passiert sein können damals. Sie hat die historischen Figuren in einen neuen Zusammenhang gebracht. Und, ganz ehrlich, ich kann mir dieses Buch ebenfalls wieder sehr gut als Film vorstellen, die Geschichte bietet einen Menge Stoff, und die Kulisse ist traumhaft!


FAZIT

Eine absolute Empfehlung für Kinder und Jugendliche. Bei Kindern sollten die Eltern allerdings einen Blick darauf haben und für Fragen zur Seite stehen, da das Buch schon recht gruslig ist. Für ältere Leser nur geeignet, wenn sie prinzipiell gerne Kinderbücher lesen. Fans von Jugendfantasy werden weniger auf ihre Kosten kommen. Funke ist mit GEISTERRITTER wieder ein Wurf gelungen, der sich nicht unbedingt mit der TINTENTRILOGIE oder dem HERRN DER DIEBE messen kann aber für sich betrachtet bis auf einige Schwächen ein kleines Meisterwerk ist.


SaschaSalamander 30.08.2011, 09.48 | (0/0) Kommentare | PL

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