SaschaSalamander

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Treue ist auch keine Lösung

lendtfischbach_treue_1.jpgEine Inhaltsangabe zu diesem Buch lässt sich nicht schreiben, schließlich gibt es keine Handlung. Daher möchte ich gleich zum Genre übergehen: TREUE IST AUCH KEINE LÖSUNG versteht sich nicht als Ratgeber, sondern als Thesenbuch. Wer wissen möchte, wie man am besten einen Seitensprung vertuscht, wie man sich als gehörnter Partner verhalten sollte oder warum man das Konzept der Monogamie über Bord werfen sollte - falsches Buch, hier gibt es keine Tipps, lediglich Argumente, Anregungen und Ideen rund um das Thema Treue, Untreue und Liebe, ob nun zu zweit oder mehreren.

Es werden verschiedene Lebensmodelle beleuchtet, von der momentan gesellschaftlich anerkannten Monogamie hin zu anderen Formen wie Polygamie, Polyamorie, Cuckold, Swinger und einige weitere. Dabei soll es keinesfalls darum gehen, eines als besser oder schlechter darzustellen. Aber bevor ich das Ziel des Buches selbst formuliere, überlasse ich dies den Autoren:  "Wir möchten zeigen, [...], dass das Dogma der Treue Menschen und Beziehungen auf dem Gewissen hat, obwohl die Treue einen wundervollen Kern hat und würden dann gerne gemeinsam mit Ihnen über die Liebe grübeln, streiten und herumspinnen." (S. 22)

Das Buch ist gegliedert in drei Hauptteile: Untreue, Treue und Liebe. Untreue wiederum wird unter biologischen, religiösen und kulturellen Aspekten betrachtet. Treue wird aus dem Blickwinkel der Natürlichkeit, Neurologie und Tragik (das Drama, wenn Treue enttäuscht wird) beleuchtet. Liebe wird unterteilt in die Aspekte der Heilung, Freiheit und Philophilia (Liebe zur Liebe).

Die Autoren haben einen recht lässigen Schreibstil, bringen nette Vergleiche ein, werden gelegentlich auch  mal flapsig, bleiben dabei aber immer seriös und belegen ihre Aussagen mit entsprechenden Quellen. Das führt dazu, dass die teils sehr komplexen Inhalten leichtgängig gelesen und verarbeitet werden können, Fallbeispiele sorgen für Abwechslung und besseres Verständnis. Und die Autoren zeigen besonders dann Humor, wenn es darum geht, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Sie wissen um ihre Position und ihre teils sehr kontroversen Ansätze, vertreten diese selbstbewusst und ohne Scham, bleiben aber realistisch und gestehen dem Leser eine eigene Meinung zu. Eine Haltung, die mir sehr imponiert hat und die sich durch das gesamte Buch zieht: der Leser fühlt sich angenommen und hat die Möglichkeit, seine bisherige Sichtweise genau zu analysieren, für sich zu bestätigen oder neue Gedanken aufzugreifen, ohne sich dabei überrumpelt oder in die Enge gedrängt zu fühlen. Sehr sympathisch.

In ihren Thesen greifen sie auf viele Beispiele zurück. Sie ziehen die Bibel heran, werfen einen kritischen Blick ins Tierreich, berufen sich auf bekannte Soziologen, Psychologen, und immer wieder entkräften sie die Argumente der heute gelebten strengen Monogamie (die im Grunde keine lebenslängliche sondern meist eine serielle ist). Es werden die Mechanismen aufgezeigt, die einen Menschen zum Fremdgehen verleiten, und auch die Gefühle der Betrogenen werden ausführlich geschildert. Wie gesagt, ein Ratgeber ist das Buch nicht, dennoch lassen sich aus den geschilderten Situationen und Beispielen einige wichtige Grundlagen für eine funktionierende Beziehung herauspicken. Typische "Fallen" innerhalb einer langfristigen Beziehung werden geschildert, das Prinzip AMEFI ("alles mit einem für immer") wird zerlegt und entmystifiziert.

Auch, wenn Fischbach und Lendt niemandem eine Meinung aufdrücken, ist in jedem Kapitel spürbar, was sie selbst favorisieren: Lösungen ohne Lügen. Nicht aus moralischen Gründen, sondern weil sie sich in unserer Praxis als die entwicklungsträchtigeren erwiesen haben" (S. 115). Wie viele Personen in welcher Konstellation diese lügenfreie Lösung nun beinhaltet, das lassen sie dahingestellt, das soll jeder für sich entscheiden.

TREUE IST AUCH KEINE LÖSUNG ist ein Buch, das trotz seiner komplexen Inhalte flüssig und gut verständlich zu lesen ist. Die Autoren zeigen an verschiedenen Beispielen und Modellen, was der wahre Kern der Liebe ist und wie eine funktionierende Beziehung aussehen könnte. Wer nur die Monogamie anerkennt und nicht bereit ist, über den Tellerrand zu blicken, wird sich von diesem Buch in seinem Weltbild heftig erschüttert sehen. Wer allerdings kritisch hinterfragt und sein Leben aktiv entscheiden möchte statt stur den gesellschaftlich vorgegebenen Normen zu folgen, der wird hier sehr viele Denkansätze finden. Ein Buch, das jeden Leser bereichern wird.

SaschaSalamander 11.10.2012, 08.47 | (0/0) Kommentare | PL

Ihr unschuldiges Herz

Erster Satz Prolog:
Sieglinde Reichard spuckte Blut und kniete sich wie befohlen in den herbstkalten, mit welkem Weinlaub bedeckten Schlamm.

Erster Satz:
Sechs Uhr dreißig morgens.

Letzter Satz:
Die waren unschuldig.

Letzter Satz Epilog:
Menschen, die die Monster da draußen bekämpften ... damit die Kinder der Zukunft lächelnd schlafen konnten, statt weinend zu sterben.

aus: Richard Hagen: Ihr unschuldiges Herz; Blanvalet 2012

SaschaSalamander 10.10.2012, 15.00 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Mindnapping 10 - Der Traumtänzer

VORAB
 
Im Februar 2011 erschien die erste Folge AUF GUTE NACHBARSCHAFT der Reihe MINDNAPPING. Seitdem gibt es regelmässig düstere Unterhaltung, spannende Twists und atemlose Action auf anspruchsvollem Niveau des Erwachsenen-Hörspiels. Meine bisherigen Highlights waren Teil 6 >DOPAMIN< und 9 >MONTANA<, die ich bereits ausführlich im Blog besprochen habe.

Gerade einmal ein halbes Jahr also ist es erst her, und doch darf das Label mit der aktuellen Folge bereits ein kleines Jubiläum feiern: DER TRAUMTÄNZER ist die zehnte Folge, und dafür hat man sich nicht lumpen lassen. Statt wie bisher eine eigenständige Folge zu kreieren, hat man hier ein Crossover mit dem erfolgreichen Projekt >DARKSIDE PARK< gewagt. Ein Grund zu feiern, und umso gespannter war ich natürlich, was den Fans nun also in dieser besonderen Folge geboten wurde.


INHALT

Der Psychologe Dr. Frank Morgan führt eine Therapiesitzung mit der jungen Mary Bellows. Sie erzählt von ihrer Kindheit, ihren Ängsten und sie bis heute begleitenden traumatischen Erlebnissen, erzählt von fiktiven Freunden und realen Bedrohungen. Doch nicht alles im Gespräch ist das, was es anfänglich scheint. Wer ist Mary Bellows wirklich? Ist sie Jäger oder Gejagte? Sind ihre Erinnerungen real oder geschickte Täuschung? Wer hat es auf sie oder Dr. Morgan abgesehen? Eine halsbrecherische Flucht in die Dunkelheit beginnt ...


CROSSOVER DARKSIDE PARK

Das Projekt >DARKSIDE PARK< ist schon etwas älter, ich habe es allerdings erst kürzlich gehört. Umso frischer war natürlich mein Eindruck während des TRAUMTÄNZERS, und ich freute mich, so kurz nach Beenden des ursprünglichen Projektes direkt mit "Nachschub" versorgt zu werden.

Autor des TRAUMTÄNZERS ist Hendrik Buchna, der für den DARKSIDE PARK (DP) bereits vier Geschichten (darunter auch das Finale) schrieb und auch Folgen zu der Serie DIE DR3I sowie DIE ??? beisteuerte. Für DP schrieb er unter anderem die Geschichte um den Psychologen Dr. Frank Morgan, der hier also aufgegriffen wird mit einem eigenen, von der Hauptgeschichte unabhängigen Fall.

Wer den DP kennt, freut sich hier über viele bekannte Elemente, etwa das Tonband mit der Einleitung zur Therapiesitzung. Auch stößt man auf bekannte Namen, deren Kenntnis nicht erforderlich ist aber einige Aha-Effekte beschert. Die Figur des Nachtlings ist hier besonders faszinierend: ich fand ihn bereits im DP sehr interessant und hatte mir mehr über ihn gewünscht, freue mich somit also besonders über sein Erscheinen hier bei MINDNAPPING.

Wie jemand, der die ursprüngliche Geschichte nicht kennt, das Hörspiel wahrnimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich habe jedoch schon in verschiedenen Rezensionen gelesen, dass es auch ohne Kenntnis des DP gut verständlich ist. Bisher war MINDNAPPING realistisch gehalten, spielte mit Mindfuck, Twists und Thrill sowie angedeuteten mystischen Elementen. DP passt inhaltlich daher sehr gut in die Reihe.

Für Sammler bietet die CD zusätzlich ein Wendecover, man kann diese Folge also beiden Serien zuordnen.


AUFBAU

Was mir an DER TRAUMTÄNZER besonders gut gefällt ist der Aufbau. Die Folge beginnt als Kammerspiel zwischen Therapeut und Klient, die Sitzung wird sehr ausführlich geschildert. Intensiv und realistisch wird das Gespräch zwischen den beiden dargestellt, dialoglastig und sehr eindringlich in seinem Inhalt. Für mich war besonders dies der beste Teil des Hörspiels, gespannt lauschte ich jedem Wort, versuchte die ersten Hinweise auf das Kommende zu erhaschen, achtete auf jede noch so kleine Aussage, bemühte mich um jedes Wort. Durch das geschilderte Erzählen der Klientin baut sich bereits erste Spannung auf, der Hörer wird mitgerissen von ihren Kindheitserlebnissen, spürt ihre Angst förmlich selbst. Ich finde es interessant, wie alleine durch einen Dialog eine solche Spannung erzeugt werden kann.

Allerdings muss ich zugeben, dass dies deutlich Geschmackssache ist, für manchen mag dies als langatmig oder zäh gelten, einige Hörer wünschen mehr Action. Es ist auf jeden Fall ein gewagtes Experiment, das man hier gewagt hat, und ich für meinen Teil finde es durchweg gelungen. Denn was mich betrifft, ich ziehe Inhalt der Action und dem Krach-Bumm vor, ich liebe die subtilen Untertöne und kann mit temporeichen Stories oft nicht ganz so viel anfangen (was z.B. die Folge DAS GESCHWÜR deutlich zeigt: hochgelobt von Fans, für mich aber eine der am wenigsten interessanten Folgen, ich bevorzuge die Spannung von innen statt von außen).

Nach der sehr langen Therapiesitzung dann kommt ein lauterer, actionreicherer Teil. Wie erwähnt, mein Geschmack ist das nicht, aber da es hier eher gering gehalten wird vom Anteil her, fand ich es in Ordnung und eine passende Abwechslung zum eher ruhigen Start. Dr. Morgan und Mary Bellows müssen fliehen, treffen auf weitere Charaktere, hier gibt es greifbare Handlung und Action.

Dann der Abschluss, grandios und hervorragend inszeniert. Er präsentiert sich nachdenklich und düster, lässt je nach Interpretation einige Fragen offen oder rundet das Thema nun sehr gut ab, klingt noch lange im Ohr und Gedächtnis.


SPRECHER

Den Großteil der Handlung tragen Eckard Dux und Ulrike Stürzbecher. Eckard Dux kennt man bereits aus dem DP als Frank Morgan, und ich freue mich, dass man ihn nun auch für MINDNAPPING gewinnen konnte. Er ist unter anderem bekannt als Arthur aus KING OF QUEENS und passt sehr gut zu dem gesetzten, älteren Therapeuten. Ulrike Stürzbecher kennt man vor allem als deutsche Stimme von Jennifer Aniston, Kate Winslet und Patricia Arquette, als Hörspielsprecherin war sie für mich neu und somit eine profesionelle aber doch frische Abwechslung.

Kleine Gastrollen haben Helmut Krauss, Katja Brügger, Robert Missler und Mark Bremer, die in für MINDNAPPING gewohnter Qualität agieren und dem Text ihre ganz eigene Note verleihen. Besonders Missler und Krauss mag ich sehr, da sie unterschiedlichste Charaktere zu verkörpern vermögen und mir besonders in düsteren Charakteren gefallen. Patrick Holtheuer als Nachtling kommt eine besondere Rolle zu, die ich hier aber nicht spoilern möchte, lasst Euch überraschen ;-)


MUSIK, EFFEKTE

Die Musik untermalt das Hörspiel sehr schön, drängt sich an keinem Punkt in den Vordergrund und trägt sehr zur beklemmenden Atmosphäre des TRAUMTÄNZERS bei. Boccherinis Musica Notturna erhält eine wichtige Bedeutung zum Ende hin, man kann sich wunderbar in diesen Klängen fallenlassen und ganz in die "nächtliche Musik" eintauchen. Auch die Soundeeffekte und Hintergrundgeräusche sind sehr gut gelungen. Gelungen finde ich es dann, wenn sie das Hörspiel stetig begleiten und ich mich im Nachhinein frage "gab es da überhaupt Geräusche?", so auch hier: sie passen perfekt zur jeweiligen Szene, sodass man sie gar nicht als gesonderte Effekte wahrnimmt und sie als Teil des Ganzen erfasst.


FAZIT

Man muss etwas Geduld mitbringen, sich auf die sich eher langsam entwickelnde Story einlassen und den geschickt verpackten Horror hinter den Worten genießen. Audionarchie liefert mit DER TRAUMTÄNZER insgesamt eine gelungene Jubiläumsfolge ab, die sowohl Fans des DARKSIDE PARK als auch neue Hörer in ihren Bann schlägt.

Wertung: 8,6 von 10 Tinkerbelle-Püppchen

  

SaschaSalamander 10.10.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL

Der Wasserspeier Fledermeier

Erster Satz:
Manchmal sieht man auf den Dächern alter Häuser und Kirchen Figuren aus Stein.

Letzter Satz:
Und obwohl sie beide den Frühling eigentlich am liebsten mochten, freuten Boris und Herr Fledermeier sich das ganze Jahr über auf den nächsten Winter.

Aus: C v Aster: Der Wasserspeier Fledermeier; Uni-Edition 2012

SaschaSalamander 09.10.2012, 15.53 | (0/0) Kommentare | PL

Schwarz wie Schnee

wilke_schnee_1.jpegAUTORIN

Vor einiger Zeit stolperte ich über >HOLUNDERMOND< von >Jutta Wilke<. Das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen, und ich wurde neugierig auf weitere Titel der Autorin. Einige Zeit später erschien >WIE EIN FLÜGELSCHLAG<, ebenso wie das neueste Buch nun ein Jugendroman, allerdings weniger düster und mit mehr kriminalistischen Elementen. >FLORENTINE< ist ein reines Kinderbuch, das mich wieder einmal richtig begeistert hatte. Ich mag es, wie die Autorin ihre Plots erarbeitet und den Leser durch den Roman führt. Sie nimmt ihre Leser ernst und vermag es, ihren Stil dem jeweiligen Genre - ob nun Kinder, Jugend oder All-Ager - anzupassen, ohne sich dabei zu verbiegen. Leichtfüßig bewegt sie sich zwischen den einzelnen Ebenen, schreibt mal humorvoll, mal düster. Ich bin gespannt, welches Genre mich als nächstes erwarten wird.

INHALT


Kira erwacht nach einem Unfall im Krankenhaus. Sie kann sich an nichts erinnern, erkennt nicht ihre Mutter und auch nicht den Klassenkameraden. Niemand außer den beiden besucht sie, viele Freunde schien sie nicht gehabt zu haben. Bald darf sie zurück in ihr altes Leben, doch sie ist unsicher, findet sich nicht zurecht. Warum erinnert sie sich an die "falschen" Dinge, warum fühlt sich ihre Kleidung an wie die einer Fremden, warum kann sie auf einmal Kuchen backen? Immer mehr "Fehler" findet sie, und sie fragt sich, was vor ihrem Unfall tatsächlich passiert sein mag. Der Arzt sagt, es läge an den Medikamenten, die eine Paranoia hervorrufen können, doch Kira spürt, dass es etwas anderes sein muss ...


GENRE

SCHWARZ WIE SCHNEE ist ein Jugendthriller. Bis kurz vor Ende ist es ungewiss, ob er in die dystopische, fantastische oder reale Richtung gehen wird. Sehr viele Mystery-Elemente sind enthalten, die den Leser lange Zeit auf verschiedene Fährten zu locken vermögen. Für mich war vor allem dieser Punkt das, was den Großteil der Spannung ausmachte. Mir fielen viele Szenarien und ähnliche Romane ein, welche eine Erklärung für Kiras Erlebnisse bilden könnten. Ich war froh, dass Jutta Wilke ihren eigenen Weg gewählt hat und nicht den xten Aufguss zweier inzwischen ausgenudelter Themen geboten hatte. Ein Novum ist die Antwort zum Schluss dennoch nicht. Was aber neu ist, das ist die Umsetzung des Themas in düsteren Thrillermomenten, was mir sehr gefiel und eine wirklich gute Idee ist.


CHARAKTERE

Die Handlung wird aus der Sicht der Ich-Erzählerin und Protagonistin Kira geschildert. Es ist vom ersten Moment an möglich, sich in das Mädchen hineinzuversetzen, die Angst und das Gefühl der Bedrohung gehen quasi nahtlos auf den Leser über. Es ist auffällig, wiesehr Kiras Leben und ihre Handlungen, Empfindungen im Konflikt stehen. Sie möchte helle Kleidung tragen, findet jedoch nur düstere Oberteile im Schrank. Nennt ihre Mutter nicht wie zuvor üblich "Mum". Und vor allem: hat keinerlei Bezug zum Rauchen oder gar zu Drogen, obwohl alles in ihrem Leben darauf hindeutet. Der Roman befasst sich also vor allem mit der Frage "wer bin ich" und "wodurch definiert sich mein Leben". Kira ist quasi von heute auf morgen eine scheinbar andere Person, und das passt nicht mit ihrer aktuellen Situation zusammen. Wiesehr wurde sie von ihrer Umwelt geprägt, und was geht tatsächlich von ihr aus? Nature or Nurture, Angeboren oder Erworben, das ist eine der indirekten Kernfragen des Buches und spiegelt sich hervorragend in Kiras Situation.

Andere Figuren werden lediglich aus der beobachten Position der Protagonistin heraus beschrieben. Die zwei wichtigsten Figuren sind die Mutter und Kiras Klassenkamerad Julian. Da Kira sich bedroht fühlt und in vielen Dingen Heimtücke erwartet, traut sie ihnen nicht, und auch der Leser wird mehrfach aufs Glatteis geführt. Was tatsächlich in den beiden vorgeht, bleibt verborgen. Andere Figuren wie die Lehrer, zwei Nachbarsmädchen oder weitere Klassenkameraden werden angerissen, nehmen wichtige Rollen in Kiras Identitätsfindung ein aber werden nur am Rande behandelt. Über sie erfährt man sogut wie gar nichts.


SCHREIBSTIL

Ein Ich-Erzähler ist von Natur aus sehr persönlich und eindringlich. Doch hier wird nicht nur das Innere beschrieben sondern auch das Äußere sehr stark vermindert. Selten ist ein Jugendbuch so intensiv auf das Innenleben eines Charaktes bezogen. Die Handlung spielt zwar eine wichtige Rolle in SCHWARZ WIE SCHNEE, der Großteil des Buches wird aber dennoch von Kiras Erleben getragen. Was wirklich passiert, erfährt man nicht, sodass sehr viele Fragen offenbleiben und auch nach Abschluss nicht geklärt werden. Kira kann ihrem Erleben nicht trauen, Wahn und Wirklichkeit, Erinnerung und Gegenwart prallen unvereinbar aufeinander. Dadurch entsteht für den Leser das Gefühl einer nicht greifbaren Bedrohung, ungewiss ob tatsächlich real oder nur von Kira empfunden. Das Buch liest sich extrem schnell, ist hochspannend, und man kann es vom ersten bis zum letzten Satz kaum aus der Hand legen.

Kira wirkt nach dem Krankenhaus sehr benommen, und entsprechend sind die Sätze im Buch sehr knapp, fast nur Hauptsätze. Abgesehen von der Schlichtheit, die sehr gut Kiras Orientierungslosigkeit widergibt, hat dies vor allem den Effekt der Atemlosigkeit: nicht nur die inhaltliche Spannung, auch der Schreibstil verleitet zum raschen Weiterlesen, "nur noch ein Satz, geht ganz schnell" ...

Jutta Wilke vermag es zudem, in sehr bildhaften Metaphern zu schreiben, ihre Sprache ist wohlklingend und trotz (bzw gerade wegen) der Schlichtheit sehr eindringlich.

Ein kursiv gedruckter Text zwischen einzelnen Kapiteln lässt den Leser im Unklaren, ob hier über Kira gesprochen wird oder eine andere Person. Die stete Frage, was es mit den kurzen Passagen auf sich hat, trägt ebenfalls zur Spannung bei.


AUFBAU

Das Buch beginnt mitten in der Handlung, Kira öffnet die Augen und befindet sich im Krankenhaus, weiß nicht was geschehen ist. Von ihrem Erwachen nach dem Koma hin zum finalen Showdown mit seiner Auflösung erfährt der Leser nun schrittweise immer mehr. Anfängliche Unsicherheit hin zu den ersten Unstimmigkeiten bis hin zu panischer Angst und völliger Desorientierung, sich stetig steigernd und das Lesetempo immer mehr erhöhend, äußerst gelungen.

Was mir bei den Büchern der Autorin immer wieder gefällt, ist der gut ausgefeilte Plot: die Lösung liegt auf der Hand, Hinweise sind von Beginn an vorhanden, und am Ende sagt man "mensch, das war doch sooo klar". Doch die falschen Fährten locken immer wieder in eine andere Richtung, und der Leser darf sich keinen Moment in Sicherheit wiegen. Viele kleine Hinweise liegen in belanglosen Nebensätzen, bieten sich dem Leser ganz offensichtlich an. Jutta Wilke schreibt die Art Bücher, die sich lohnen zweimal zu lesen, einmal zur Spannung und ein zweites Mal, um die Hinweise herauszupicken und sich an der gut aufgebauten Geschichte zu erfreuen.

Inhaltlich lässt sich das Buch für mein Empfinden in drei bzw vier Teile gliedern: die Zeit im Krankenhaus, anschließend die Zeit erst zu Hause und dann in der Öffentlichkeit / Schule, zum Abschluss das Finale. Der zweite (und dritte) Teil nehmen 95 Prozent des Buches ein, für den Anfang und das Ende wurde kaum Raum belassen. Den Anfang hätte man ausbauen können, gerne hätte ich einige zusätzlichen Dinge gelesen, aber das war nicht notwendig. Das Ende allerdings ist sehr, sehr knapp gehalten, lässt extrem viele Fragen des bisherigen Geschehens und der weiteren Entwicklung offen, zack aus vorbei.


EIGENE MEINUNG

Ich fand das Buch sehr spannend zu lesen und habe es aus zeitlichen Gründen zwar nicht in einem Rutsch aber ebenso atemlos gelesen. Immer weiter, immer schneller, voll dabei und mitten im Geschehen. Ich bin froh, dass die Autorin nicht eine andere Lösung wählte und das Ende auf diese Weise umsetzte. Allerdings gibt es etwas, an denen ich mich im Nachhinein doch gestoßen habe. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Für die Zukunft ist mir das egal, denn ich mag offene Enden, die den Leser zum Nachdenken anregen. Doch das Geschehen des Buches mag ich lieber in sich geschlossen und gut erklärt. Gerne hätte ich erfahren, was manche Szenen nicht aus Kiras Sicht darstellten, sondern wie sie sich tatsächlich abgespielt hatten. Wüsste gerne, was es mit einigen Dingen auf sich hatte, hätte gerne mehr über das Lebensfeld und die Sichtweise anderer Charaktere erfahren. Eine weitere Frage, die mich seitdem nicht mehr loslässt, kann ich hier aus Spoilergründen nicht umschreiben, doch die Unschlüssigkeit dieses Punktes schmeckt mir nicht, da fehlt für mich einfach etwas.

Um das Buch objektiv zu bewerten, muss ich aber fair sein: das Buch hat als Ziel, vor allem Kiras Zwiegespaltenheit und ihre Angst, und die Frage nach ihrer Identität, ihrer Entwicklung ist Dreh- und Angelpunkt des Romanes. Alles andere ist nicht relevant und muss daher auch nicht geschildert werden, es wäre ein Bruch mit der Intention und dem Genre. Bereits die intensive Schilderung des Innenlebens zeigt, wie wenig von Belang das ist, was mit den Personen um sie herum geschieht. Auf die Frage, wie man es anders und gar besser hätte machen können, kann ich keine Antwort geben, denn in sich ist der Roman absolut stimmig und hätte nicht anders sein dürfen. Es geht halt nicht immer nach meiner Nase ;-)


FAZIT

SCHWARZ WIE SCHNEE ist ein sprachlich und inhaltlich packender Jugendroman, der bewusst von den gängigen Klischees abweicht und von dem man keinen klassischen Aufbau erwarten darf. Klare Empfehlung für alle, die spannende Unterhaltung lieben.

Wertung: 4,6 von 5 Stoffhasen

SaschaSalamander 09.10.2012, 08.37 | (0/0) Kommentare | PL

Getrieben

Erster Absatz Vorwort:
Das wird ein seltsames Vorwort. Hier will der Autor dem Leser vom Buch abraten. Sagen wir, dem "falschen" Leser. Das wäre im vorliegenden Fall der moralisch einwandfreie Zeitgenosse, der zartnervige, der genitalzonenfreie, der von aller kriminellen Energie erlöste, eben jener, der gern zum "guten Buch" greift. Hier greift er daneben.

Erster Satz:
Liebe soll etwas Verbotenes haben.

Letzter Satz:
Noy dreht sich langsam um die eigene Achse, grinst wieder, bleibt stehen, sieht stumm auf die verdammt schöne Welt.

aus: Andreas Altmann: Getrieben; Solibro 2012

SaschaSalamander 08.10.2012, 14.29 | (0/0) Kommentare | PL

Wie man die Ratschläge seiner Eltern ignoriert

INHALT

Marcus ist ein Halbvampir, und gerade jetzt erklären seine Eltern ihm, dass er demnächst zwei "Blutfieber" - Attacken erleiden wird. Deswegen soll er in den nächsten Wochen unbedingt eine Flasche Blut mit sich tragen. Bitte in der rechten Hosentasche, die linke hat nämlich ein Loch! Und dann wäre da noch Marcus´ Klassenkameradin Tallulah, die auf Vampirjagd geht (sie weiß natürlich nicht, dass er ein Halbvampir ist). Um sie zu beschützen, spielt er mit und besucht die ältere Dame, die im Internet vorgab, mehr über die dunklen Wesen zu wissen. Außerdem ist da das junge Halbvampir-Mädchen Gracie, das sich ebenfalls in der Wandlung befindet und dem Marcus auf Bitten seiner Eltern hin ein bisschen Aufmunterung zukommen lassen soll. Und als wäre all das nicht schon genug, vereinbart sein Kumpel auch noch ein Doppeldate mit dem Ziel, Marcus mit der hübschen Julie zu verkuppeln. Na, wenn das mal nicht alles schiefgeht ...


AUTOR, BUCH, GENRE

WIE MAN DIE RATSCHLÄGE SEINER ELTERN IGNORIERT ist der dritte Teil einer Vampir-Reihe, wie ich nun im Nachhinein erfahren habe, steht allerdings komplett für sich und erfordert keinerlei Kenntnisse über die anderen Titel, auch ist es in sich geschlossen und lässt keine weiteren Fragen offen. Im Original heißt das Buch THE VAMPIRE HUNTERS, wurde für Deutschland jedoch in Anlehnung an andere erfolgreiche Titel des Autors (WIE MAN SEINE ELTERN ERZIEHT, WIE MAN IM CHAOS ÜBERLEBT u.a.) umbenannt.

Ein Jugendbuch, und wieder einmal Vampire. Klingt abgedroschen und langweilig, aber >Pete Johnson< ist nicht umsonst so erfolgreich: Er hat erneut ein faszinierendes Buch geschaffen, das sogar ich als Erwachsener kaum beiseite legen konnte.

Was das Buch für mich zu etwas Besonderem macht ist nicht der Humor oder der Vampir-Aspekt, sondern der realistisch geschilderte Alltag des Jugendlichen. Ganz normale Probleme, witzig verpackt und mit dem aktuell beliebten Thema Vampire versehen, das ist genau DIE Mischung, mit der man Lesemuffel wachkitzelt. Denn eigentlich ist dieses Buch ein ganz normales Werk über das, was einen Jungen in Marcus´Alter beschäftigt: die Veränderungen des Körpers und die Unsicherheit gegenüber anderen. Mädchen sind nicht mehr nur doof sondern werden plötzlich interessant. Und obwohl man schon längst groß ist, behandeln einen die Erwachsenen noch immer wie ein Kind und kommandieren einen herum, geben irgendwelche Ratschläge und wissen alles besser. Dabei fühlt man sich, als könnte man Bäume ausreißen und die Welt verändern! Zumindest solange, bis einem der "neue" Körper und die eigene Impulsivität einen Strich durch die Rechnung machen und man sich so richtig blamiert.


CHARAKTERE

Marcus und seine Freunde bieten als Identifikationsfiguren beste Vorlage. Durch Gracie und Tallulah werden auch typische Mädchen-Probleme benannt, und ihre beiden Charaktere bieten abwechslungsreiche Projektionsflächen. Nebenfiguren wie die alte Dame, Marcus´ Eltern, sein Kumpel und der böse Vampir werden dabei aber nicht vernachlässigt. Sehr schön finde ich, dass gut und böse hier von Beginn an nicht überzeichnet werden sondern viel Freiraum für Interpretationen lassen und der Geschichte dadurch sehr viel Spielraum für Entwicklung und spannende Wendungen lässt.


AUFBAU

Die Geschichte beginnt an einem ganz normalen Schultag, als Marcus von seinem bevorstehenden Blutfieber erfährt. Natürlich schlägt er die Warnungen in den Wind, außerdem hat er andere Sorgen. Einige Probleme kündigen sich bereits an, immer steigert sich das Chaos. Das Buch ist sehr gut geplottet, bietet kleine Hinweise auf Kommendes und baut gut aufeinander auf, sogar mich vermochte es zu überraschen. Alltagsprobleme werden geschickt mit der fortlaufenden Handlung um die Suche nach dem Supervampir verbunden.


SPRECHER

Anton Sprick macht seine Sache prima, passt sehr gut zu dem jugendlichen Darsteller und vermag die witzigen Momente gut hervorzuheben, ohne das Buch albern werden zu lassen. 1994 geboren, ist er noch einer von den jungen Sprechern. Ich finde es schön, wenn gerade für Jugend- und Kinderhörbücher bevorzugt frische Stimmen genommen werden. Und es freut mich, wenn ich neue Stimmen für mich entdecke statt immer nur die gleichen bekannten Sprecher zu hören.


FAZIT

WIE MAN DIE RATSCHLÄGE SEINER ELTERN IGNORIERT ist ein pfiffiges Hörbuch für Jugendliche, das mir große Freude bereitet hat und das ich sehr gerne weiterempfehle.


SaschaSalamander 08.10.2012, 08.47 | (0/0) Kommentare | PL

Statistik KW 40

GELESEN / GEHÖRT
1 - Dark Mysteries 03 - Hotel der verlorenen Zeit (WinterZeit)
1 - Dark Mysteries 04 - Schließe nicht die Augen (WinterZeit)
1 - Lady Bedfort 21 - Der schreckliche Nachbar (Hörplanet)
1 - Lady Bedfort 22 - Der Tod auf der Landstraße (Hörplanet)
1 - Baby an Bord (Katsuragi)
1 - Das Fenster (N Rabengut)
1 - Heiße Beute (N Rabengut)
2 - Nachtblauer Tod (K-P Wolf)
2 - Ihr unschuldiges Herz (R Hagen)
3 - The Casual Vacancy (J K Rowling)


GESEHEN
Tomboy


NEUZUGÄNGE
Getrieben (A Altmann)
Vier Seiten für ein Hallelujah (H-P Roentgen)


ANMERKUNGEN:
1 - komplett
2 - teilweise
3 - abgebrochen

SaschaSalamander 07.10.2012, 21.09 | (0/0) Kommentare | PL

The Casual Vacancy

rowling_vacancy_1.jpgSo leid es mir tut, aber ich habe das Buch abgebrochen. Es liegt jetzt schon eine halbe Woche hier auf dem Tisch. Ich fang nix Neues an, weil ich denke "baah, muss das erst fertig lesen", aber weiterlesen juckt mich auch nicht wirklich.

Die Charaktere sind toll beschrieben. Es ist eine große Kunst, in nur zwei oder drei Sätzen eine Beschreibung abzuliefern, die so eindringlich und direkt ist. Show don´t tell, das beherrscht Rowling hier in diesem Buch wirklich ganz, ganz toll. Es gibt sehr viele Sätze, die sich mir regelrecht eingeprägt haben aufgrund ihrer Aussagekraft. Sie zeichnet die Figuren ziemlich schamlos und freimütig, im Grunde so wie Menschen denken aber nicht wagen es auszusprechen. Und dazu ein bitterböser, sehr zynischer Humor. Hat was, absolut.

Wobei, Humor - viele Leser sagen, das Buch sei bitter und in keinster Weise lustig. Vielleicht bin ich etwas abgestumpft und habe ein arg dickes Fell bekommen, aber ich konnte über manche Absurdität lachen, weil die bittere Wahrheit einfach so schräg und schmerzhaft ist, dass Lachen einfacher ist als Weinen. Von daher, ich fand einige Stellen in der Tat lustig.

Es war vielleicht nicht so gut, das Buch so extrem geheimzuhalten, wie Rowling es getan hat. Dadurch wurden viele Erwartungen enttäuscht. Die Leute, für die das Buch geeignet wäre, sind nun womöglich abgeschreckt, nachdem es einige recht negative Kritiken gibt. Schlechte Propaganda, zwar ein riesiger Ansturm in der ersten Woche nach Veröffentlichung, aber ziemlich schnell verebbt. Besser wäre es gewesen, das Buch regulär zu veröffentlichen, sodass ein paar Leute sich vorab ein Bild machen können, dann hätte man es auch zielgruppengerecht vermarkten können und die Leute, die sich nicht dafür interessieren, aussortieren, sodass es anfangs vielleicht weit weniger aber dafür umso begeistertere Kunden sind. Aber was rede ich, ich habe keine Ahnung vom Verlagswesen, just my five cent ...

Ich ging weitgehend ohne Erwartungen heran, trotzdem hatte ich gewisse Vorstellungen. Aufgrund des Covers, das ein bisschen an die alten Hardboiled erinnert und an Edgar Wallace und alte britische Krimis, schön deftig und ein bisschen Noir, rechnete ich eher mit einer Art altmodischem Krimi. Glaube auch irgendwo was von Krimi gelesen zu haben vorab, zumal "Todesfall" und "Kleinstadt im Krieg" ja auch nach Krimi oder Thriller klingt.

Statt dessen scheint es (was ich bisher selbst gelesen habe und anderen Rezensionen und Meinungen entnehme) eher eine Milieustudie zu sein. Ehrlich gesagt, das brauche ich nicht. Ich lese, um nach der Arbeit abzuschalten und im Urlaub einfach mal zu entspannen. Was sie schreibt, erlebe ich auf Arbeit, und das ist für mich keine Erholung sondern teilweise Alltag. Genau der Alltag, von dem ich abschalten will.

Damit will ich nicht sagen, dass das Buch schlecht ist. Es legt den Finger auf die Wunden der Gesellschaft, und es zeichnet mit klarem, ungeschönten Strich ein Bild von dem, was hinter der Fassade des Kleinbürgertums schlummert. Solche Bücher mögen wichtig sein. Und in diesem Fall ist es auch gut geschrieben.

Aber trotzdem - was mir fehlt, ist eine gewisse Handlung (statt ein und dieselbe Szene aus rund 20 verschiedenen Perspektiven. Was seinen Reiz hat, durchaus, aber nicht dazu verleitet, schnell noch ein paar weitere Seiten zu lesen, obwohl man schon längst aufhören wollte). Das Buch zu lesen ist harte Arbeit, ich habe mir während des Lesens alle Charaktere und deren Zusammenhänge notiert, um den Überblick zu behalten, und es waren verdammt viele. Ich hatte keine Lust, weiterzulesen, weil selbst mir, die ich ja sogut wie immer mit dem Stift in der Hand lese, es einfach zuviele Notizen und Namen waren, die ich hätte notieren müssen. Overflow. Gekonnt, wie sie es miteinander verwoben hat und alle so geschickt auf dem Spielfeld angeordnet hat, das muss ich ihr lassen. Aber eindeutig Overflow. Nicht nur für mich, sondern auch für viele andere, deren Meinungen ich hier im Internet gelesen habe und mit denen ich mich privat ausgetauscht habe.

Was ich anderen Kritiken ebenfalls entnehme und mich wenig motiviert, das Buch zu beenden: die Klischees scheinen sich zu häufen. Schon jetzt sind die Charaktere sehr gut beschrieben aber doch recht offensichtlich, wenig überraschend. Macht nichts, dafür herrlich bissig. Aber wenn sie sich nicht weiterentwickeln und so bleiben, wenn sich dieser Stil dann tatsächlich durch das Buch zieht, dann ist das traurig. Ein Buch lebt für mich auch von der Entwicklung, 500 Seiten Stagnation sind nichts, das mich am Ende bereichert. Wenn ich ein Buch gelesen habe, will ich sagen können, dass es mich entweder unterhalten hat oder mein Leben bereichert. Unterhaltung ist Rowling in diesem Fall nicht. Und Bereicherung - naja, sie erzählt mir nichts Neues, bietet mir keine neuen Aspekte oder Denkweisen.

Vielleicht, wenn mein Arbeitsvertrag mal endet und ich viel, viel Zeit habe. Oder wenn ich sechs Wochen Urlaub am Stück habe. Oder wenn ich wieder Teilzeit arbeite. Wenn ich irgendwann mal den Nerv habe, mich ausgiebig mit einem Werk zu befassen und mir ein Buch zu erarbeiten statt es gemütlich zu lesen. Aber Milieustudien gehören nicht zu meinen favorisierten Genres, ich würde es nicht aufgrund des Inhalts lesen, sondern aufgrund der wirklich guten Sprache (die, wie ich an einigen deutschen Übersetzungen im Web sehen konnte, bei uns ja ziemlich verunstaltet wurde. Bitte, wer kann, möge es auf Englisch lesen! Das Deutsche wurde verweichlicht und verhunzt).

Falls jemand Interesse hat - fünf Tickets bei Tauschticket, ich stelle es erst nächste Woche ein (bin noch ein paar Tage unterwegs) und kann es gerne schonmal für jemanden reservieren. Und irgendwann, wenn es dann mal für 10 Euro als Taschenbuch erhältlich ist, dann werde ich es mir vielleicht holen, falls mir danach ist. Aber momentan - reizt mich nichts daran, es weiterzulesen ...

SaschaSalamander 06.10.2012, 21.12 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Ein ewiger Kampf

Gnarf, ich hasse dieses Thema ... jetzt habe ich eine knappe Viertelstunde Zeit vertrödelt. Habe das Buch gelesen und rezensiert und wollte es bei Tauschticket einstellen. Aber im Hinterkopf ständig dieses "neeeee, das musst Du behalten, das war gut, da kannst Du immer mal wieder was nachschlagen". Aber ich will Tickets für neue Bü-hüüücher! Und außerdem nimmt es doch eh nur Platz weg im Regal. Sollte ich es irgendwann mal wieder lesen wollen, dann kaufe ich es halt noch einmal, besser als wenn es ungenutzt im Regal verstaubt, weil ich lieber Neuzugänge lese als alte Schinken! Behalten? Tauschen? Habe es eingestellt und wieder gelöscht, bin rüber zum Regal und dann zurück an den Rechner, das Buch in der Hand zum erneuten Einstellen bei Tauschticket, hin und her, ich konnte mich nicht entscheiden.

Herrjeh, manchmal ist das echt kompliziert. Ich habe vier Regale (wenn man CDs und DVDs dazunimmt fünf, aber die Scheiben machen mir weniger Probleme). Zwei mit ungelesenen Titeln und zwei mit gelesenen Titeln. Ich habe mir eines zum Ziel gesetzt: niemals mehr als je zwei Regale. Ich werde weder anbauen noch in Kartons umschlichten noch irgendwas in den Keller stellen. Bücher werden zum Lesen gedruckt, nicht zum Rumstehen.

Aber beide Regale sind gerade kurz vor dem Überquellen. Auf der "to do" Liste finden sich rund 330 Titel, ich hatte bei Tauschticket einfach zuviel Glück, und "dank" der vielen Neuerscheinungen werden ältere Titel sträflich vernachlässigt. Aber jetzt wird es eng, vielleicht noch 10, maximal 20 passen ins Regal, danach ist Sense, dann passt nix mehr rein, nicht mal doppelt gestapelt oder horizontal draufgelegt. Ich sollte also wieder etwas mehr lesen und weniger horten.

Die gelesenen Titel sind inzwischen auch am Limit. Da passen noch 50 bis 100 Titel rein (was bei meinem momentanen Tempo recht schnell gehen dürfte. Seit einigen Wochen habe ich fast nur Titel gelesen, die ins Regal gewandert sind statt zu Tauschticket, diese Tendenz ist zwar schön in Hinblick auf die vielen guten Titel aber schlecht für mein Tauschkonto). Wenn ich die Bücher auf die aufgestellten Titel lege, wenn ich die Romane staple statt sie nebeneinander zu stellen, dann ist noch gut Platz. Aber es soll schließlich auch hübsch aussehen. Und mal ehrlich, wann lese ich denn die ganzen Bücher erneut? Ich glaube, es wird Zeit, in den nächsten Tagen mal wieder ordentlich auszumisten. Aber das könnte verdammt hart werden. Mal sehen, ob ich es schaffe ...

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Edit am 07.10.2012

Habe ich vorgestern gejammert? Ach, was solls. Ich habe einen riesigen Stapel Sachen aus dem Regal geholt und bei Tauschticket eingestellt. Seitdem habe ich 20 Tickets bekommen. Einziges Problem: die Bücher werden nicht weniger, weil ich ja wieder tausche.

Aber ich habe schonmal was gegen die Buchregalfüllung getan: habe Briefpapier angefordert und Stanzer (für die Noriblätter beim Bento), die stelle ich nicht ins Bücherregal ;-)

SaschaSalamander 06.10.2012, 08.05 | (0/0) Kommentare | PL

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