SaschaSalamander

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Tag: Krimi

Treffpunkt Tatort 04 - Die Schlange

wolf_schlange_1.jpgVORAB

Die ersten drei Bände von >TREFFPUNKT TATORT< habe ich 2007 bereits gehört. Viereinhalb Jahre etwa ist das her. Ich muss doch sehr schmunzeln, wiesehr sich mein Schreibstil in dieser Zeit geändert hat, heute hätte ich meine Gedanken wohl ganz anders geschrieben. Trotzdem spiegelt der alte Beitrag sehr intensiv das wieder, was mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Und dass es auch nach fast fünf Jahren noch immer präsent ist, stellt ein riesiges Lob an den Autor dar! Ich habe einen enormen Durchlauf an Büchern, manche finde ich grandios aber habe sie nach wenigen Wochen wieder komplett vergessen. Nicht so bei Klaus-Peter Wolf, der mit mit FELIX UND DIE KUNST DES LÜGENS und TREFFPUNKT TATORT zwei Serien beschert hat, die für mich persönlich in der Rangliste meiner liebsten Kinderbücher recht weit oben stehen und die mir so präsent erscheinen, als hätte ich sie erst vor wenigen Wochen gehört.


INHALT BAND VIER

Helden der Reihe sind die vier Schüler Tim, Jan, Doro und Lina, die immer wieder in Kriminalfälle verwickelt werden. Im vierten Band DIE SCHLANGE wird Tims Oma von einem Giftpfeil getroffen ins Krankenhaus eingeliefert. Es ist ein Mordversuch in einer Reihe von Angriffen: ein Serientäter schießt auf ältere Frauen und tötet sie mit Schlangengift. Die Polizei tappt lange im Dunkeln, die Kids ermitteln auf eigene Faust. Sie klappern die Zooläden ab, besuchen Sportvereine für Bogenschützen. Was steckt hinter den Morden? Werden die Kids den Fall rechtzeitig lösen, bevor ein nächstes Opfer sterben muss?


WAS IST ANDERS AN DIESER KRIMIREIHE

Obwohl es fast fünf Jahre her ist, dass ich die dritte Folge hörte, war ich sofort wieder mitten im Geschehen, erinnerte mich glasklar an alle Protagonisten. Doch auch ohne die anderen Teile zu kennen, kann man jede Episode für sich hören, die Bände sind in sich geschlossen. Trotzdem genoss ich natürlich das Widersehen mit den vier Freunden und dem Inspektor.

Im Grunde ist es ein Jugendkrimi, wie es viele dieser Art gibt, ob sie sich nun Detektive nennen, Satzzeichen, Bande, Trio, Team, Gang, Freunde oder sich mit den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen begnügen. Klassischer Ablauf: Ein Verbrechen geschieht, die Kids sind auf irgendeine Weise involviert, ermitteln von sich aus, drehen der Polizei eine lange Nase und lösen den Fall mit Bravour. Trotzdem hebt sich TREFFPUNKT TATORT für mich deutlich von der Masse ab:

Es spielt hier in Deutschland, ist modern und vor allem alltäglich. Die Jugendlichen sind keine überzeichneten Charaktere (man denke z.B. an den Pummel, Computerfreak, durchtrainierten Helden und die pfiffige Tierfreundin), die immer ihrem Rollenklischee gerecht werden müssen. Sondern sie sind eben ganz normale Jugendliche, nicht überzeichnet aber dennoch ausgestattet mit Persönlichkeit und Charakter. Ihre Ermittlungsmethoden sind legal, realistisch und nachvollziehbar. Auch wirkt es nicht, als würden Erwachsene im Körper eines Kindes agieren, sondern ihre Verhaltensweisen, Schlussfolgerungen und Ermittlungsmethoden sind altersgerecht.

Klaus-Peter Wolf ist ein Autor, der junge Menschen ernst nimmt. Er beugt sich nicht gönnerhaft zu ihnen herab, sondern er spricht zu ihnen auf Augenhöhe, ohne sich dabei anzubiedern oder sich cool geben zu wollen. Ich denke, mit TREFFPUNKT TATORT kann man auch Lesemuffel an Bücher heranführen. Denn die Titel sind aus der Erlebniswelt der Zielgruppe geschrieben und bieten auch ohne erhobenen Zeigefinger sehr viel Stoff für Diskussionen.

Normalerweise schreibe ich immer darüber, wie ein Buch ist. Hier schreibe ich fast nur, was das Buch nicht ist. Das liegt einfach daran, dass ich Bücher dieses Genres normalerweise nicht rezensiere, weil sie alle gleich sind und ich den 150ten Band der Reihe nicht mehr vorstellen muss. Hier möchte ich jedoch darstellen, was anders ist, das geht eben ausschließlich durch Vergleiche. Aber gut, es wäre ja auch langweilig, wenn alle meine Rezensionen immer gleich gestrickt wären, oder? ;-)


HÖRBUCH

Ein paar Informationen noch zum Hörbuch: Klaus-Peter Wolf ist der Hauptsprecher, seine Stimme ist sehr angenehm, ich höre ihn gerne. Er liest sehr natürlich, als spräche er gerade statt einen Text abzulesen. Autorenlesungen sehe ich meistens skeptisch, in seinem Fall ist das jedoch ein deutlicher Gewinn für das Buch. Auch Maxi Wolf spricht im vierten Teil der Reihe. Ihre Stimme ist ebenfalls sehr gut für das Hörbuch geeignet. Eine szenische Lesung, bei der sich beide abwechseln, hätte mir allerdings gefallen. Ebenso sie als Sprecherin alleine. Hier jedoch wechselten sich die beiden ab, stellenweise mitten im Track, mitten im Absatz. So spricht also einmal der Mann, ein andermal die Frau die Rolle der Jugendlichen, was anfangs eher verwirrend ist: man neigt als Hörer dazu, bei wechselnden Stimmen diese mit bestimmten Charakteren zu assoziieren. Wenn nun also plötzlich ein Junge mit einer Frauenstimme spricht, ist das gewöhnungsbedürftig. Leider ein kleines Manko, an das man sich aber nach einigen Tracks gewöhnt und das man dann gut übergehen kann ...


FAZIT

Alles in allem kann ich TREFFPUNKT TATORT nur empfehlen, ob nun am Stück oder einen beliebigen Band. Ob nun als Jugendlicher oder als Erwachsener. Wer gerne Serien um jugendliche Detektive liest, der kommt an Klaus-Peter Wolf einfach nicht vorbei!

SaschaSalamander 21.02.2012, 09.38 | (0/0) Kommentare | PL

Wie ein Flügelschlag

wilke_fluegel_1.jpgAUTORIN

Nachdem mich >HOLUNDERMOND< bereits begeistert hatte, war ich sehr gespannt auf ihren Jugendkrimi WIE EIN FLÜGELSCHLAG. Jutta Wilke ist eine sehr aktive Autorin, die sich bei >Facebook< wie auch mit einem eigenen >Blog< präsentiert und gerne auf ihre Leser eingeht. Sie schreibt sehr viel über ihren Schreibprozess, verteilt kleine Appettithäppchen vor der Veröffentlichung, macht neugierig und zeigt sich vor allem sehr menschlich mit ihren Stärken und Schwächen. Normalerweise könnte ich ja jetzt ein wenig über ihre Person schreiben, aber - ach, das steht im Klappentext, bei Amazon, im Internet, im Blog, bei Facebook, wer neugierig ist, dem empfehle ich einfach, sie dort selbst kennenzulernen ;-)


INHALT

Jana hat aufgrund ihrer Leistungen als Schwimmerin ein Stipendium erhalten. Doch in der Klasse ist sie wenig anerkannt. Nur die von allen umschwärmte, beliebte Melanie freundet sich mit ihr an. Und dann wird Melanie eines Tages ermordet. Jana beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, sie will nicht glauben, dass ihre Freundin an Herzversagen starb, für sie deutet alles auf einen Mord hin. Doch sie stößt auf eine Mauer des Schweigens, kämpft scheinbar alleine, bis in dem Bruder Melanies endlich ein Verbündeter erscheint. Was die beiden herausfinden, würde einen Skandal verursachen. Und Skandale sind an dieser Schule unerwünscht, das bekommt Jana sehr hart zu spüren.


CHARAKTERE

Jutta Wilke ist ein wundervolles Charakterdesign gelungen. Das Buch ist in der Ich-Form aus Janas Sicht geschrieben. Dadurch erfährt der Leser sehr viel über die Beweggründe des verschlossenen Mädchens. Figuren, zu denen Jana einen starken positiven oder negativen Bezug hat, etwa ihr Trainer, ihre Mutter oder Mika, sind sehr deutlich beschrieben, wirken plastisch und dreidimensional. Randerscheinungen wie die Klassenkameraden oder der Schuldirekter verblassen dagegen, doch sie sind auch nicht wichtig. Was hervorragend gelungen ist, das ist die Darstellung des Täters. Ich muss zugeben, dass ich nicht aufgrund der Hinweise (die es nicht gab, zu geschickt ist die Intrige gewoben), sondern aufgrund der Erzählweise ihn / sie von Beginn an in Verdacht hatte.

Jana schildert ihre Welt so plastisch, dass man am liebsten in das Buch hineinkriechen möchte. Man möchte sich gegen den schrecklichen Trainer auflehnen, will ihm trotzen, hat aber doch Angst vor ihm, erkennt die Ausweglosigkeit gegenüber dieser Autoritätsperson. Janas Mutter ist ebenfalls eine sehr emotionsgeladene Figur, und immer wieder habe ich innerlich geschrien ob der Ungerechtigkeit, welche die Heldin erlebt. Ihre Mutter sorgt sich so wenig um ihre Tochter, ist sosehr gefangen in ihrer egozentrischen Welt, dass sie sogar die schreckliche Niederlage Janas als Festtag feiert, da diese Niederlage für sie nur Vorteile birgt, blind gegenüber dem Leid ihres eigenen Kindes.

Selten habe ich mich so intensiv in Figuren einfühlen können, mich so gut mit der Protagonistin identifiziert, sosehr die anderen Charaktere "real" erlebt, es hat mich aufgewühlt und bewegt.


AUFBAU

Das Buch beginnt mit einem klaren Satz: "Wenn ich hier fertig bin, bringe ich sie um". Da MUSS man ja weiterlesen. Man will ja schließlich wissen, wer sie sosehr verärgert hat. Auf neun Seiten erlebt der Leser, wie Jana über den Sportplatz joggt, frustriert, verärgert, gedemütigt, trotzig und willensstark. Schon auf diesen wenigen Seiten fühlt man sich ihr verbunden. Dann sieht sie die Tote. Und das erste Kapitel endet mit dem Satz "Und ich - habe sie umgebracht". Wie sollte man dieses Buch da bitte weglegen können?!?

Im nächsten Kapitel springt die Geschichte drei Wochen in die Vergangenheit. Jana erzählt, wie sie an die Schule kam, erzählt von den Trainings, dem Schulunterricht, der Theatergruppe, dem Mobbing durch die Mitschüler, und insbesondere von ihrer Freundschaft zu Melanie. Den Leser treibt die Frage, wie all dies zum Mord an Melanie geführt haben könnte und warum Jana Schuld daran trägt oder zu tragen glaubt. Und dann im letzten Teil ist Jana in der Gegenwart angekommen, der Leser versucht mit ihr die Hintergründe der Tat offenzulegen.

Und zwischen einzelnen Abschnitten finden sich gelegentlich Einschübe, geschrieben aus der Ich-Perspektive des Täters. Er platziert die Figuren wie Billardkugeln auf dem Spieltisch, stößt an, die Kugeln kommen ins Rollen, er beobachtet den Verlauf, man erahnt, dass er auf ein schreckliches Ende steuert, fragt sich während des Lesens immer wieder, wer diese Person sein könnte. Es gibt mehrere Verdächtige, aber wer von ihnen hätte wirklich einen Grund?

Das Motiv - das fand ich sehr schön: es gab - außer Hinweisen in der Erzählstruktur - keinen Hinweis auf den Täter, er spielte sein Spiel sehr geschickt. Bis zum Ende blieb das Motiv unklar. Trotzdem wirkt es am Ende weder "aus dem Hut gezaubert" noch "schnell irgendwie zu Ende gebracht", sondern man erkennt klar, dass es von Beginn an sehr gut durchdacht war.

Was mir ebenfalls sehr gut gefällt: das Buch hat nur 280 Seiten. Und mehr brauche ich nicht. Das genügt. Es scheint in Mode gekommen, Bücher unnötig aufzublähen. Fortsetzungen zu schreiben, sinnlose Füllsel einzufügen, einfach nur um ein größeres Werk zu veröffentlichen. Das hat Jutta Wilke nicht nötig. Sie packt in 280 Seiten sehr viel mehr als mancher Autor in die doppelte Seitenzahl. Kein Wort ist zuviel, keine Szene unnütz. Und doch ist das Buch komplett, ich habe nichts vermisst. Hier und da bleiben einzelne Fragen offen. Aber da es aus Janas Sicht geschrieben ist - ist das genau richtig. Denn Jana ist keine allwissende Erzählerin, sie kann nicht alles wissen, für sie ist der Fall abgeschlossen. Natürlich hätte ich gerne mehr gelesen - aber das hätte dem schlichten, präzisen Stil des Buches eher geschadet, und so bin ich froh, dass sich die Autorin auf das Wesentliche beschränkt hat.


SPRACHE

Trotz der wenigen Seiten ist das Buch in einer sehr malerischen Sprache gehalten. Die Metaphern sind wunderschön, sie scheinen zu glänzen, zeigen dem Leser das zerbrechliche Innere des nach außen so toughen Mädchens. Ich empfinde das Buch trotz des Genres Jugendkrimi und trotz des Mordes, trotz der Spannung als sehr still und sanft. Jana ist eine stille Person, sie kann sich nur schwer verteidigen, sie frisst vieles in sich hinein, ist kein Mensch großer Worte.

In kleinen Momentaufnahmen bekommen einzelne Figuren Leben eingehaucht, werden Orte wie der alte Friedhof, Janas Zuhause, die Schwimmhalle, das öffentliche Schwimmbad lebendig. Kleine Erwähnungen nur, die jedoch sofort vollständige Bilder vor dem inneren Auge entstehen lassen, alles wirkt greifbar und plastisch.


VERFILMUNG

Nein, eine Verfilmung ist natürlich noch nicht angedacht. Aber ich möchte es erwähnen: ich bin kein visueller Mensch. Meine Welt sind Worte, nicht die Bilder. Doch WIE EIN FLÜGELSCHLAG löste in mir sehr viele Bilder aus, so als hätte ich einen Film gesehen. Ich sehe jede einzelne Figur vor mir, kann einzelne Personen so exakt beschreiben, als würde ich sie persönlich kennen. Und ich sehe auch die Kulisse vor mir, der "Film" ist in hellen, fast blendenden Farben gehalten, sehr viel Weiß, Silber und Hellblau, gelegentlich durchzogen von schwarzen oder dunkelvioletten Elemnten / Accessoires. Der Film hat nur sehr wenige Dialoge, er basiert vor allem aus der Beobachtung durch Janas Augen, es gibt sehr viele Nahaufnahmen einzelner Gesichter. Verschlossene, kalte Gesichter der Mitschüler, Melanies leuchtende Maske, Janas Melancholie, der beinahe gebrochene Kampfgeist, ihr aufkeimender Überlebenswille. Die Musik ist ruhig, fließend, perlend, passend zum klaren Wasser, weitgehend instrumental. Und sehr viele Aufnahmen im Wasser, von Jana, die im Wasser "fliegt". Ich bin sicher, andere Leser werden andere Bilder gesehen haben, werden sich den Film anders vorstellen. Das ist gut so, denn die Autorin spricht mit ihren Worten sehr eindringlich archaische Gefühle an, die jeder auf seine Weise mit eigenen Erfahrungen verknüpft, sich auf seine ganz eigene Weise verbunden fühlt. Zu gerne würde ich einen Film sehen, erleben, wie andere Leser dieses Buch wahrgenommen haben.


FAZIT

Ein wunderbarer Jugendkrimi. Präzise, lyrisch und überaus bewegend. Die Autorin hat ihre Worte knapp und präzise gewählt, und jedes dieser Worte berührt den Leser im Inneren. WIE EIN FLÜGELSCHLAG bietet ein sehr emotionales Leseerlebnis, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!

SaschaSalamander 07.02.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL

Detektei Sonderberg und Co

Aus dem Hause Zaubermond erschien im März eine neue Hörspielreihe, auf die ich vor ein paar Tagen aufmerksam wurde: DETEKTEI SONDERBERG UND CO. Wie die Reihe sich entwickelt und wie es weitergeht, darüber kann ich noch nichts erzählen, aber die erste Folge machte einen hervorragenden Eindruck, daher möchte ich sie Euch nicht vorenthalten. Auch der Hörspielverlag Zaubermond ist nicht unbekannt, wenn es um Hörspielveröffentlichungen geht, stammen aus diesem Hause doch auch Dorian Hunter, Professor Zamorra, Macabros und andere bekannte Serien.

Offen gesagt war ich im ersten Moment irritiert, als ich die CD in den Händen hielt, denn sie unterscheidet sich doch sehr stark von dem, was ich sonst höre. Das Cover sind jeweils hübsche Zeichnungen, weniger spektakulär als vielmehr beschaulich, hübsch anzusehen, unterschiedliche Landschaften mit zwei Menschen davor, passend zur Zeit, in welcher die Handlung angesiedelt ist: Düsseldorf im Jahre 1885. Und hier wurde ich skeptisch. Ich bin offen für alles, ob nun Zombies, Thriller, Sci-Fi, Dämonen, Landhauskrimi, viktorianisch, gegenwärtig, dystopisch, britisch, amerikanisch, deutsch, schwedisch oder was auch immer. Aber Düsseldorf im Jahre 1885, Zeit der Industrialisierung? Ob das genügend Hintergrund für ein packendes Hörspiel liefern kann?

Kann es! Ein sehr ungewöhnlicher Krimi, der sich überraschend positiv aus der Masse abhebt. Aber zuerst einmal zur Handlung:

Dr. Friedrich Sonderberg hat ein ungewöhnliches Hobby, er sammelt Schmetterlinge. Und er ermittelt gerne. Im Schlosshof des Jägerhofes findet er eine Mädchenleiche, und seine Neugier ist geweckt, teils weil er nicht an einen Unfall glaubt, teils wegen der bei der Leiche befindlichen Seidenraupen, die an diesem Ort eigentlich nicht vorkommen dürften. Bald soll auf dem Schloss Jägerhof eine große Feier stattfinden, eine Verlobung steht an, doch die Ermittlungen sind Dr. Sonderberg wichtiger. Gemeinsam mit seiner Dienstbotin Minnie Cogner macht er sich daran, den Fall zu lösen.

Durchaus sehr ungewöhnlich, aber äußerst angenehm, und ich freue mich auf die Fortsetzungen, vier Folgen gibt es bereits. Keine Action, keine Verfolgungsjagd, keine lauten Effekte, keine Schreie, kein "in letzter Sekunde", keine Todesgefahr. Dafür saubere Recherche der beiden Protagonisten, intelligente und wohldurchdachte Dialoge, eine clevere Geschichte und ein interessanter Hintergrund. Gemütlich wird die Handlung von den Charakteren getragen, die Geräusche sind fast schon idyllisch stellenweise (Vogelgezwitscher etc), auch die Nebengeräusche wie Teller, Schritte, raschelnde Kleidung, Kutschen, schwirrende Bienen etc sehr passend, sodass man sie kaum mitbekommt.Die Musik ist still und vermittelt ein sehr gutes Gefühl für die Szenerie, stellenweise meinte ich nahezu einen Film vor mir zu sehen in all seinen Details.

Gespannt bin ich in den späteren Folgen auf weitere Methoden des Dr. Denn damals gab es natürlich noch keine Handies, DNA-Analysen und andere modernen Möglichkeiten, sodass er sich auf sein Allgemeinwissen, seine Kombinationsngabe verlassen muss und damals so moderne Ideen wie etwa Pulver zur Feststellung eines Fingerabdruckes anwendet und zu verbessern versucht.

Die Nebencharaktere wurden sehr gut ausgearbeitet, die Protagonisten sind beide durchweg sympathisch. Dr. Sonderberg ist mal kein schrulliger Kauz sondern einfach ein normaler Mann, der gerne ermittelt, ich bin gespannt, wie weit man seinen Charakter in den weiteren Folgen ausbauen wird. Und Minnie ist wirklich klasse, eine gewitzte Dienstbotin, die für ihre Zeit bereits sehr emanzipiert ist und sich doch schicklich der Gesellschaft einfügt, da sie auf diese Weise am meisten erreichen kann, auch wenn sie dafür manchmal in die Trickkiste greifen muss. Sie ist selbstbewusst und markant, die Stimme dazu wurde perfekt gewählt: Regina Lemnitz, die man neben vielen anderen bekannten Rollen vor allem als Whoopie Goldberg im Ohr hat, womit man gleich die pfiffige, gezwungen angepasste und dahinter doch rebellische, kreative Person assoziiert, die sie auch hier darstellen soll.

Weitere Stimmen, die meinen Googlerecherchen zufolge als SChauspieler und Sprecherrecht bekannt sein dürften, über die ich persönlich jedoch nichts sagen kann, da ich sie selbst noch nicht allzu oft gehört habe, sind unter anderem Andreas Mannkopff, Douglas Welbat, Eckart Dux, Dagmar Dreke, Jan-Gregor Kremp und andere, die ihre Sache alle sehr gut gemacht haben. Man hört, dass sie vom Fach sind und schon oft vor dem Mikrofon gestanden haben, alles klingt sehr natürlich.

Eine Reihe, die ich auch Leuten empfehlen kann, die bisher wenig Hörspielerfahrung haben und dieses Medium eher für seichte Unterhaltung oder gar Kinderkram halten. DETEKTEI SONDERBERG UND CO hat die Qualität eines Krimis, den man sich am Sonntagabend gemütlich zum Ausklang des Wochenendes ansieht. Unterhaltsam, spannend und niveauvoll. Hoffentlich wird Zaubermond noch viele weitere Folgen dieser Serie produzieren.


SaschaSalamander 13.09.2011, 08.11 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Nach dem Frost

Hoerplanet_nachdemfrost_1.jpgVorab ein herzliches Danke an den >Hörplanet<, wo ich bei einem kleinen Gewinnspiel das Hörspiel NACH DEM FROST gewonnen habe und bei >Soforthören< herunterladen durfte. Ich habe mich riesig gefreut, denn ich bin schon lange Fan des damals noch recht kleinen, inzwischen aber doch recht gut etablierten Labels. Das neueste Werk ist wieder klasse geworden, und gerne möchte ich meine Begeisterung mit Euch teilen:

In der Hase findet man eine Leiche, die sich bald als Mitbewohner einer WG entpuppt. Kommissar Habermas ermittelt anfangs recht erfolglos, doch bald finden sich erste Spuren. Diese führen in einen kleinen Ort in Russland, und die Verbindungen scheinen nicht so wirklich klar. Die WG - Bewohner helfen fleißig mit ihren allzu wilden Verschwörungstheorien, und auch die Presse macht sich recht schnell ihr eigenes Bild. Doch die wahren Hintergründe und das riesige Ausmaß der eigentlichen Tat konnte wohl niemand erahnen. Und so wird nicht nur eine grausame Mordserie aufgedeckt, sondern eine jahrzehntealte Verschwörung endlich gelüftet ...

Eigentlich hat der Verlag es so treffend beschrieben, dass ich dem nichts mehr hinzufügen muss: „NACH DEM FROST ist der lustigste Krimi, den Henning Mankell nie geschrieben hat." Ja, der kauzige Wallander wird hier ganz schön aufs Korn genommen: seine persönlichen Wehwehchen, der melancholische Grundton, die körperlichen Befindlichkeiten, die eigenwilige Art, das ist schon sehr markant und hervorragend karikiert. Allerdings bleibt der Grundton respektvoll, und Fans des schwedischen Autoren dürften sich gut amüsieren ohne verletzt zu werden. Der Titel des Hörspiels ist angelehnt an VOR DEM FROST von Mankell, allerdings muss man diesen Roman nicht gelesen haben, NACH DEM FROST steht für sich alleine und erfordert keinerlei Vorkenntnisse über nordische Krimis allgemein oder Mankell im Besonderen.

Es gibt recht viele Running Gags (Eisblumen, Verschwörungen, Haarmann-Lied, Pinkelpausen). Hier wahren die Autoren ein gutes Mittelmaß, es ist eher hier und da eingestreut, ohne sich dem Hörer lästig aufzudrängen oder ins Alberne abzudriften. Der Humor kommt still daher, passend zum ruhigen Grundton des Hörspiels, das ähnlich nüchtern und sprachlich kühl anmutet wie die Originale. Ich finde es grandios, wie der Erzähler in ruhigem, fast schon beschaulichen Tonfall wie nebenbei die skurrilsten Dinge erzählt. Der Humor besteht weniger in Wortwitz oder Situationskomik als vielmehr in der absurden Darstellung einzelner Momente. In der Pressekonferenz etwa kommt der Kommissar komplett vom Thema ab und summt am Ende ein Lied für den Journalisten, das hat schon fast etwas von Loriot und Kerkeling, die mit ihren scharfsinnigen Beobachtungen die Menschen in ihren Eigenarten entblößen.

Es gibt, wie eben gesagt, einen Erzähler. Dieser beschreibt, wie häufig in besagten Krimis üblich, die Sichtweise des Täters, ohne natürlich den Täter oder seine Motive zu entlarven. Der Hörer erfährt also über die nächsten geplanten Schritte, er erlebt den Mord aus erster Hand und bleibt doch gespannt, was nun dahinterstecken mag. Die Ermittlungen dagegen werden getragen von verschiedenen Sprechern, die hervorragend harmonisieren. Hörplanet hat inzwischen ein hervorragendes Team von professionellen Sprechern, von denen auch für diesen Titel wieder einige von ihnen vor dem Mikro standen: Santiago Ziesmer (Sponge Bob, Ted aus "Queer as Folk"), Sascha Rotermund (Christian Bale), Helmut Krauss (Marlon Brando), Bodo Wolf (Monk), Ernst Meincke (Patrick Stewart) und andere.

Für ein Hörspiel braucht man aber nicht nur gute Sprecher, auch Dialoge, Drehbuch, Musik und Soundeffekte sind wichtig. Und da hat sich im Laufe der Jahre beim Hörplanet ordentlich etwas getan. Was mir anfangs gefiel, weil es einfach Leute waren, die Spaß an der Sache hatten, auch wenn es noch nicht ganz so ausgereift war, das ist jetzt ein Label, das sich für meinen Geschmack mit den Großen messen kann. Prima Schnitte, sehr gute Dialoge, die Musik schön unauffällig im Hintergrund und ideal zum Unterstreichen de jewiligen Atmosphäre. Die Geräusche sind sehr gelungen und fügen sich in die Texte ein, ich kann mir die jeweiligen Orte und Situationen sehr gut vorstellen. Einziger Schnitzer gegen Ende beim Showdown, als die Nebengeräusche dann doch etwas zuviel des Guten wurden. Der Situation angemessen, für den Hörer allerdings anstrengend über die gesamte Länge des Dialoges hinweg. Allerdings in dieser Hinsicht das einzige, was mir negativ auffiel.

Was mir besonders gefiel war die "Auflösung". Absolut schräg, herrlich komisch und ziemlich abgefahren. Eben passend zum Stil des Hörbuches: vermeintlich seriös und knochentrocken vorgetragen, aber dahinter absolut kurios. Ein hintersinniger Humor, bei dem man manchmal schon genau hinhören muss, dafür aber umso breiter schmunzelt. Ich bin im Grunde jemand, der Hörspiele nur einmal hört, bisher gibt es nur zwei Ausnahmen, die ich mehrfach höre, aber das muss ich nun wohl aufstocken, NACH DEM FROST hat absoluten Wiederholungswert, was bei Hörspielen aus meiner Sicht wirklich etwas ganz Besonderes ist! Es ist eben keine Serie, bei der man auf den nächsten Teil wartet, sondern ein einzelnes Werk, das auf den ersten Blick recht locker auftritt, dahinter aber doch pointiert und sehr gut durchdacht ist.

Man kann ein Hörbuch kaufen, dann hat man es mit Cover und Hülle im Regal stehen. Platzsparend kann man es natürlich auch downloaden, das Cover ist im Download enthalten. Zusätzlich bietet der Verlag eine Menge Goodies: Neugierige können sich >hier< die erste Hälfte des Hörspieles zur Probe anhören. Unter gleichem Link finden sich auch jede Menge entfallener Szenen und Teile des Soundtracks sowie die Entstehungsgeschichte des Hörspiels. Was ich schade finde ist, dass diesmal keine Outtakes dabei sind, die höre ich immer sehr gern. Besonders möchte ich auf den entfallenen Titelsong hinweisen, ich mag solche schrägen Texte: "erst fällt ein Körper, dann fallen Schreie, dann verschlingt sie der See" ...

Einen zusätzlichen Link möchte ich hier aufzeigen: Das >Haarman - Lied<. Auf dass es Euch ebenso wie mir einen tagelangen Ohrwurm bescheren möge ;-)

Insgesamt hoffe ich, dass es nicht bei diesem einen Fall bleiben wird. Kommissar Habermas ist klasse, und es wäre schön, wenn es weitere Titel gäbe, in sich geschlossen, nicht als fortlaufende Serie wie Bedfort, aber vielleicht vier oder fünf einzelne Titel. Eigentlich kopiere ich ja nichts und finde immer meine eigenen Worte, aber wie gesagt, besser als der Hörplanet selbst kann man es nicht ausdrücken, deswegen nochmal, weil´s so schön ist: "NACH DEM FROST ist der lustigste Krimi, den Henning Mankell nie geschrieben hat."

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Edit: ich hab den Link gefunden, den ich gesucht habe: >Hallervorden, Dr Shivago<

SaschaSalamander 10.09.2011, 09.43 | (0/0) Kommentare | PL

CLARA

somoza_clara_150_1.jpgMir ist zu heiß zum Lesen. Damit der Blog nicht komplett leer ist, hier eine meiner älteren Rezensionen, die ich noch nicht eingestellt hatte. Eines der wenigen Bücher, das den dauerhaften Weg in mein Regal gefunden hat :-)

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Es ist nun also schon ein paar Wochen her, dass ich Clara gelesen habe, mir fehlte die Zeit für eine Rezension, und doch möchte ich gerade dieses Buch auf jeden Fall hier vorstellen. Ich hoffe, die Faszination, welche ich beim Lesen empfand, noch genauso gut an Euch weitergeben zu können wie direkt nach dem Lesen normalerweise ...

Das Buch spielt in einer sehr nahen Zukunft, einziger Unterschied zur Gegenwart ist eine neuentstandene Kunstrichtung, die Hyperdramatik. Menschen werden als Leinwand genutzt, sie werden vorbereitet (imprägniert, mit Chemikalien innerlich und äußerlich zurechtgemacht für bessere Eignung, z.B. verminderter Harndrang, keine Flüssigkeitsbildung, bessere Gelenkigkeit) und dann von einem Künstler bearbeitet. Das heißt, sie werden in Pose gebracht, werden seelisch und körperlich nach dem Wunsch des Meisters geformt. Und so müssen sie dann viele Stunden am Tag bewegungslos stehen.

Clara ist eine Leinwand, und ihr Glück ist perfekt, als sie endlich in den Auftrag eines weltberühmten Künstlers genommen wird. Und während Clara ihrer Bearbeitung harrt, laufen parallel Ermittlungen in einer grausamen Mordserie, welche berühmte Originale genau dieses Künstlers zerstört. Der Kommissar versucht den Täter zu fassen, der vermutlich aus dem Kunstmilieu stammt. Die neue Ausstellung des großen Malers steht an. Wer ist schneller - der Kommisar oder der Täter?

Der Inhalt des Buches ist sehr schwer zu beschreiben, denn im Grunde ist hiermit, was ich schrieb, alles bereits gesagt. Und doch füllt das Buch 600 Seiten. Diese beschäftigen sich zwar ab und zu mit dem Privatleben von Clara oder der Jagd der Polizei nach dem Täter, aber die meiste Zeit wird genutzt, um Hyperdramatik zu inszenieren und dem Leser einen Einblick in diese faszinierende Welt der Kunst zu bieten. Denn auch, wenn jetzt viele beim Lesen meiner Zeilen an die lebenden Statuen in der Altstadt dachten oder an hübsches Bodypainting, hat dieses mit der im Buch präsentierten Kunst sogut wie gar nichts gemeinsam. So, als würde man das Gekritzel eines Zweijährigen mit der großen Kunst von Rembrandt oder Dali vergleichen.

Und genau DAS macht dieses Buch aus: man KANN nicht in einer kurzen Rezension oder im Gespräch miteinander einfach mal so nebenbei beschreiben, was der Autor entworfen hat. Es ist ein Gesamtbild, welches sich auf 600 Seiten nach und nach entwickelt, es ist eine Kunstform, die einzigartig ist. Erschreckend, menschenverachtend, und doch wunderschön, ästhetisch, faszinierend. Die Entmenschlichung der Leinwände, die Formung durch den Künstler, das Zusammenspiel von Mensch und Objekt, es ist nicht in Worte zu fassen. Auch die subtile Erotik lässt sich nicht beschreiben, nirgends wird es offensichtlich sexuell, und doch prickelt dieses Buch vor Lust und Hingabe, Sich-Fallenlassen, Unterwerfung, Macht, man könnte es schon beinahe als einen Fetischroman beschreiben, und doch ist es einer der ganz wenigen modernen Romane, die ohne Sex auskommen.

Dies erfordert jedoch, dass der Leser bereit ist, sich auf das Buch einzulassen. Wer einen spannenden Krimi oder gar Thriller erwartet, der von einer Seite zur anderen kaum atmen lässt, sollte definitiv die Finger von Clara lassen. Denn dieses Buch ist Poesie und Kunst. Es ist filigran, gnadenlos und erschütternd. So kann der Autor etwa viele unzählige Seiten darauf verwenden nur zu beschreiben, wie Clara regungslos am Fenster steht. Er beschreibt von außen und innen das "Nichts" und doch die Fülle, welche die Leinwand beherrscht.

Ein Problem im Buch fand ich die vielen Charaktere, und zwischendurch wäre ein Dramatis Personae nicht schlecht gewesen. Hier also der Tip, sich eines anzulegen beim Lesen, sonst verliert man schnell den Überblick ;-)

Ansonsten gäbe es noch so viel zu sagen, und doch könnte ich mit all meinen Worten nicht beschreiben, wie wunderbar dieses Buch ist und was seinen Zauber ausmacht. Ich kann es nur jedem, der sich als Ästhet und Leseratte sieht, ans Herz legen. Und er wird sich am Ende wünschen, er könnte es noch einmal lesen, oder dieses Buch möge nie enden.

SaschaSalamander 22.08.2011, 20.52 | (0/0) Kommentare | PL

Handbuch für Detektive

berry_detektive_1.jpgNun habe ich das HANDBUCH FÜR DETEKTIVE also beendet. Puh, was für ein Brocken! Und ich muss auch ganz direkt sagen, dass es mir nicht leicht fällt, eine Rezension zu schreiben. Wenn ein Buch mir sehr gut gefällt, mich innerlich bewegt und ich es in seiner Machart so gut finde, dass es etwas in mir auslöst, dann ist es fast nicht möglich, dies auch auf Papier zu bringen. Denn das, was ich empfinde, das passt einfach nicht in ein paar Worte, und eine Rezension, egal wie kurz oder lang, könnte nicht das widergeben, was gerade alles in mir vorgeht.

Ich gebe mir nun also Mühe, diesen persönlichen Aspekt außen vor zu lassen und einfach zu schreiben, was an diesem Buch so besonders ist und warum ich es so gut finde. Auf die Gefahr hin, dass ich am Ende unzufrieden sein werde, weil mir etwas fehlt, das ich jedoch nicht benennen kann ;-)

Es beginnt schon bei der Handlung. Wie sollte man diese beschreiben? Charles Unwin ist Schreiber einer Agentur. Seine Aufgabe ist es, die Texte des Detektives Travis T Sivart zu sichten, sortieren, das Relevante herauszufiltern und dann all dies in einer Akte zusammenzufassen. Unwin ist ein sehr pflichtbewusster, gewissenhafter Mensch mit festen Regeln und Strukturen. Eines Morgens jedoch gerät er aus dem Rhythmus, es geschehen unerwartete Dinge, und eines führt zum anderen. Der Detektiv Sivart ist verschwunden, und Unwin sei nun angeblich in dessen Position befördert worden, doch in der Agentur weiß man nichts davon, denn eine solche Beförderung ist schlichtweg unmöglich. Zudem ist Unwin nicht gerade glücklich mit dieser Entscheidung, er wäre viel lieber weiterhin Schreiber, weiß er ja nicht einmal, was ein Detektiv tun muss! Auch das Handbuch für Detektive, welches der Überbringer der Nachricht ihm in die Hand drückt, wirft mehr Fragen auf als Antworten zu geben. Und so macht Unwin es zu seiner ersten Amtshandlung, Sivart zu finden, die Beförderung rückgängig zu machen und seine kleine Welt wieder zu kitten. Wenn es nur so einfach wäre, ...

Aufmerksam wurde ich auf dieses Buch ausnahmsweise tatsächlich einmal wegen des Covers, was für mich sonst nie ein Kriterium ist. Hier jedoch sprang es mich regelrecht an, es berührte mich. Die warmen Farben, die auf den ersten Blick so schlichte Zeichnung mit ihren bei genauerem Hinsehen verwobenen und tiefgehenden Wurzeln, das angelehnte Fahrrad, der in ein Buch vertiefte Leser, im Hintergrund eine windschiefe Stadt, er zerfranste und nicht genau definierbare Rand / Übergang vom Buch ins Schwarz, ich hätte Stunden stehen können und nur dieses Bild ansehen. Sollte ich einmal ein Poster davon finden, wird es den Eingang meines Bücherzimmers zieren!
Ausnahmsweise die deutsche Variante mal besser, das Auge des Originales hätte mich dagegen eher abgeschreckt, muss ich sagen ;-)

Puh, soviel zum Cover, aber wo fange ich nun an?

Also, das Buch ist nicht gerade leicht zu lesen, es ist nichts für die Handtasche unterwegs, sondern man muss sich die Zeit nehmen, sich dafür hinzusetzen, sich darauf einzulassen, gegebenenfalls zurückzublättern und an manchen Stellen bewusst langsam zu lesen, um nicht den Faden zu verlieren und auch die Details zu erspüren. Das Buch selbst scheint ein kleines Stück Detektivarbeit: worauf kommt es an, was ist wichtig, was darf man überfliegen, welche Worte sind versteckte Andeutungen und Symbole, und was ist einfach nur, was es ist, nämlich ein Wort in einem Satz?

Von Beginn an wird der Leser ein eine surreale Welt geworfen, die unserer zwar gleich scheint, doch die Agentur an sich, in welcher Unwin arbeitet, ist sehr ungewöhnlich. Nicht ganz klar ist zu beginn, wer nun was macht, warum es so und nicht anders ist, und wo man anfangs noch sehr verwirrt ist und sich fragt, ob man richtig gelesen hat, nimmt man nach einiger Zeit die Dinge einfach hin, wie sie sind. Wenn man mit einem solchen Hut nicht in den 39ten Stock fährt, dann wird das nie erklärt, dann ist das einfach so. Solche Beispiele gibt es unzählige, die Seiten sind voll damit, und doch fällt es mir schwer, eine davon zu benennen, da sie wie selbstverständlich eingeworfen werden. Ach ja, beispielsweise die ungewöhnliche Art der Einsätze im Pokerspiel oder die Tatsache des Schlafwandelns und viele andere Dinge. Dies ist es, was das Lesen zu Beginn recht erschwert: surreale Dinge ohne Erklärung, dargeboten als wäre es eine Selbstverständlichkeit.

Was das Lesen später verlangsamt, ist die Verwobenheit der Figuren und Handlungen. Es wird bald recht verworren, die einzelnen Charaktere auseinanderzuhalten. Denn viele spielen doppeltes und mehrfaches Spiel oder sind tot und tauchen dann jedoch in Träumen als lebendig wieder auf. Oder sie gelten als tot, stellen sich aber als lebend heraus. Vermeintlich gelöste Kriminalfälle entpuppen sich als ungelöste Rätsel, scheinbar unwichtige Personen werden auf einmal zu Schlüsselfiguren. Was ist schräge Realität des Buches, was ist Traum, und vor allem: WESSEN Traum ist es gerade, und wann fand er statt? Wer befindet sich in wessen Traum und ist erträumt oder wandelt dort bewusst?

Eine äußerst reizvolle Geschichte, die dem Leser nicht gerade wenig abverlangt. Ich frage mich, wie der Autor beim Schreiben wohl vorgegangen ist? Ob er einen Plan, eine Struktur hatte, oder ob er sich selbst überraschen ließ, was nun als nächstes geschehen würde? Ich halte beides für durchaus möglich. Einerseits so durchdacht, alles hat seinen perfekten Platz in diesem Werk. Und andererseits so chaotisch, dass es durchaus möglich ist, dass er einfach drauflosschrieb und am Ende ein paar Dinge des Anfangs überarbeitete, damit sie dann ins Bild passen würden.

Ich möchte keine Vergleiche zu anderen Autoren oder bekannten Titeln ziehen. Denn in anderen unzähligen Rezensionen wurde dies schon getan, und während manche Namen wie Kafka immer wieder fallen, werden andere nur hier und dort genannt. Es ist ein Werk, das wohl jeder für sich interpretieren muss. Es entzieht sich der Realität, und vermutlich werden viele pseudointellektuelle Literaturkritiker Dinge in das Buch legen, die der Autor so gar nicht gedacht hatte, denn die Versuchung ist einfach zu verlockend, alles zu zerlegen. Jedes Symbol, jede Szene, ja sogar die einzelnen Namen, jeder Satz schreit geradezu nach einer psychologischen, literarischen, inhaltlichen Analyse! Ich nehme es so, wie es ist. Wie ich es empfand, wie es auf mich wirkte. Und ich will das gar nicht zerlegen diesmal. Auf diese Weise hat man in der Schule Bücher zerstört, und das will ich bei diesem nicht tun, dazu ist es mir zu kostbar.

Einzig was ich als Vergleich benennen möchte: ich muss immer wieder an die Hardboiled Detektive denken. Unwin ist definitiv kein solcher Held, im Gegenteil. Ja, er ist sogar ein sehr gewissenhafter Träumer, und der Belag des Sandwiches ist abhängig vom Wochentag. Korrekt, langweilig, keinerlei Risikobereitschaft, ganz akkurat, regelrecht spießig. Und ziemlich "uncool". Es kostet ihn viel Mühe, sich weiterzuentwickeln und den ungewollten Aufgaben nachzugehen. Zigarre, Weiberheld, Alkoholexzesse, das alles passt nicht zu ihm. Aber die Umgebung des Buches entspricht diesem Flair. Geheimnisvolle Ladies, Schriften an der Glastür des Büros, ständiger Regen über der Stadt, verruchte Kneipen und seltsame Figuren, Film Noir vom Feinsten. Würde man das Buch verfilmen (was ich für äußerst kompliziert halte), so wäre er wohl schwarz-weiß, mit jeder Menge Schattenspiel und haufenweise halbdurchscheinenden Jalousien vor den Fenstern. Hüte, Zigarren, Trenchcoats, die Ladies mit Wasserwelle, Hut und Schleier vor dem Gesicht, knallroter Lippenstift und ein Zigarettenhalter im Mund. Mmmh, ich liebe dieses Genre!

Bei all den vielen Rezensionen, die ich nun nach dem Beenden über dieses Buch gelesen habe (denn ich lese Rezensionen immer erst NACH dem Genuss eines Buches), fiel mir eine auf, die ich als absolut zutreffend fand. Sie spiegelt das Gefühl wieder, das auch mich beim Lesen packte, und sie vermag es sogar, den Zauber ein wenig zu beschreiben. Da ich nicht weiß, ob mein eigener Text das kann, möchte ich diese Rezension hier verlinken:


Eine Empfehlung ist das Buch auf jeden Fall! Es ist eines meiner liebsten Werke im Schrank, es bedeutet mir schon jetzt sehr viel. Aber ich drücke es nicht jedem beliebigen Leser in die Hand. Sondern dem, der sich die Zeit nimmt, sich auf eine ungewöhnliche Reise zu begeben, hinab in die verworrensten Träume, fernab der Realität. Es muss ein Leser sein, der bereit ist, das eigene Denken aufzugeben und dem Autor ganz zu folgen, weil er sonst an jeder Seite aneckt und nicht vorankommt. Doch wenn er dem Fluß folgt, dann wird er hinabgesogen und erwacht am Ende nach vielen Stunden aus einem spannenden Traum, der ihn noch lange begleiten wird, als wäre es ein Teil seiner selbst ...

SaschaSalamander 09.03.2011, 09.12 | (0/0) Kommentare | PL

Seelenschacher

mucha_seelenschacher_1.jpgSEELENSCHACHER ist ein Krimi, über den ich selbst wohl nie gestoßen wäre. Zu viele Regionalliteratur in letzter Zeit, alle sehen sie gleich aus. Zugegeben, die aus Nürnberg und Umgebung lese ich sehr gerne, aber die anderen, das sind mir einfach zu viele auf Dauer. Umso besser, dass eine Freundin mir diesen hier empfohlen hat :-)

Die Handlung klingt schon mal klasse: Arno Lindner ist Lektor an einer Uni in Wien. Stets blank, ab und zu zugedröhnt, ganz der klassische Antiheld. Erich, ein langjähriger Bekannter, arbeitet bei der Kirche und bittet ihn um einen Gefallen. Es soll ein Kreditinstitut geben, welches als einzige Sicherheit die menschliche Seele einfordert. Sollte man also sein Geld nicht zurückzahlen, so überschreibt man dem Kreditgeber seine Seele.

Klingt ziemlich seltsam, und die Kirche hat Angst, dass mehr dahinter stecken könnte. Wenn also nun ein Atheist beweisen könnte, dass da mehr als nur Betrug dahinter ist, wäre das eine große Sache, und so soll also Arno der Sache auf den Grund gehen. Was er gerne tut, denn seine Seele ist ihm egal, und ein paar Euro kann er gut brauchen. Aber er wäre nicht der klassische Antiheld, wenn das, was nun folgt, nicht jede Menge Ärger wäre ...

jaa, der Roman hat mir sehr gefallen. Ein recht frecher Schreibstil, durchdacht und unterhaltsam. Es macht Spaß, dem Autor in alle möglichen Bereiche zu folgen, über die er entweder verdammt viel weiß oder aber zumindest so darüber schreiben kann als ob. Es ist schon sehr schräg, auf welche Themen er alles kommt. Ob nun abstruse physikalische bzw weltanschauliche Theorien, eine Naziverschwörung, serbische Goldminen *g*, altindische Grammatik, klassische Musik, Rockmusik, Teekunde, Religion, Jura, Literaturwissenschaften, und und und, es gibt kaum ein Gebiet, das er nicht anschneidet, ich kann sie gar nicht mehr alle aufzählen.

Die Dialoge sind intelligent, und der Leser selbst sollte einiges auf dem Kasten haben. Entweder, man liest über eine Menge Dinge hinweg, die man nicht versteht. Oder man ist hochintelligent und versteht die lateinischen, juristischen, altgriechischen, philosophischen, grammatikalischen, juristischen, religiösen, wienerischen, polnischen, armenischen usw Anspielungen. Oder, wie es wohl den meisten geht: man versteht einige Anspielungen und schlägt die anderen nach oder ist ein wenig frustriert, wenn man das Gefühl hat, dass einem vermutlich gerade eine Pointe durch die Lappen gegangen ist. Dafür freut man sich umso mehr über das, was man verstanden hat. Es ist ein Humor mit Aha-Effekt, und ich mag diesen Humor sehr. Er kommt durch die Hintertür und hinterlässt ein wissendes Schmunzln im Gesicht. Schenkelklopfer findet man keine, und das braucht es hier auch nicht. Außerdem liebe ich Sprachspiele, und davon hat der Autor jede Menge zu bieten. Und Fachbegriffe / lateinische Zitate in ironischem Kontext fallen bei ihm so häufig wie das Wort F*ck in amerikanischen Actionfilmen. Und Arnos Wortgefechte mit Good-Cop und Bad-Cop sind wirklich grandios!

Auch das Ende ist herrlich verstrickt. Dass es nicht um den Beelzebub mit seinem Pferdefuß geht, ist klar, es ist kein Fantasy-Roman, sondern ein Krimi. Also was mag dahinter stecken? Ich finde die Art und Weise, wie er viele einzelne Fährten legt, den Leser zusammen mit Arno auf alle möglichen Irrwege führt und doch lange Zeit nicht ans Ziel bringt sehr spannend. Zugegeben, es wurde mir fast etwas zu kompliziert am Ende, aber es wirkte dennoch nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern einfach nur extrem komplex und verworren.

Da ich mich in Wien nicht auskenne, kann ich natürlich nicht beurteilen, ob und wie das Flair der Stadt eingefangen wurde. Aber es entspricht zumindest dem, was ich aus Filmen kenne und wie ich mir als Außenstehender es vorstelle. Nicht nur das glänzende Film-Wien, sondern auch die ärmeren Viertel mit denen, die durch das soziale Netz gerutscht sind. Auch der Dialekt ist recht angenehm dargestellt. Verständlich, nicht zu viel, aber doch genug, um ideal in die Atmosphäre zu passen. Sehr viele Ortsangaben, die Ortsansässigen vermutlich etwas sagen und ihm alles noch bildlicher machen, die den Nicht-Wiener aber auch nicht im Lesefluss stören.

Im Text kommen einige Wörter vor, die ich nicht kannte (aus dem Kontext jedoch denken konnte), nachschlug und dann fand als österreichisch regionalen Begriff, z.B. "Kiberer", "Stiegenhaus", "Stipfel" und andere. Fand ich sehr interessant zu lesen, wieder was gelernt :-)

Einziges Manko: irgendwann ab Seite 300 empfand ich das Buch als recht anstrengend. Ich habe es noch immer im Fluss gelesen, war noch immer begeistert, ich habe es in zwei Tagen an einem Rutsch gelesen. So toll der Schreibstil ist, so packend die Story, so verzwickt die Zusammenhänge, so hintersinnig der Humor - irgendwann wird es fast zuviel. Zu viele Fremdwörter. Zu viele lateinischen Phrasen. Zu viel von allem. Überladen. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte das Buch langsamer gelesen und auf mehrere Tage verteilt, um es besser zu genießen. Auch, wenn es ob der Spannung wirklich schwer gefallen wäre ...

aber dies war auch der einzige Nachteil, und beim zweiten Lesen werde ich mir definitiv mehr Zeit lassen und den skurillen Humor auskosten (ich werde mir wohl den ersten Band PAPIERKRIEG besorgen, SEELENSCHACHER war bereits der zweite Band des Autors).

Insgesamt kann ich SEELENSCHACHER nur allen Freunden der gehobenen Krimi-Literatur empfehlen. Nehmt Euch Zeit, eine gute Tasse Tee, macht es Euch im Sessel gemütlich und genießt die Wortspiele, den schrägen Humor und die fiesen kleinen Gemeinheiten, die dieser Roman in Fülle zu bieten hat :-)

SaschaSalamander 02.03.2011, 19.37 | (0/0) Kommentare | PL

Im Kühlfach nebenan

profijt_nebenan_1.jpgKÜHLFACH 4 hatte ich ja als Hörbuch zu mir genommen. War sehr schön, aber es dauerte, bis ich mich an die Stimme des Sprechers gewöhnt hatte. Den zweiten Band, IM KÜHLFACH NEBENAN, habe ich mir dann als Buch besorgt. Ich bin froh darüber, und es waren sehr kurzweilige Momente, in denen ich mich mit Pascha, Martin und Marlene vergnügte.

Marlene? Genau! Pascha hat nämlich Gesellschaft bekommen. Bei einem Brand im benachbarten Kloster wurde eine Nonne sehr schwer verletzt, eine andere kam zu Tode. Marlene. Und die kann mit Pascha Kontakt aufnehmen. Leider jedoch nicht mit Martin oder anderen Menschen. Außerdem ist so ein Pinguin nun das Allerletzte, was Pascha sich als Gesellschaft gewünscht hatte! Wenigstens bringt Marlene einen neuen Fall mit, denn der Brand scheint kein Unfall gewesen zu sein, es hat jemand nachgeholfen.

Wie schon der erste Band ist auch der zweite einfach genial. Die Idee ist noch frisch, die Sprüche sind zwar inzwischen bekannt (voll peino, total depriletto, etwas riffeln, usw), aber noch immer witzig. Und Marlene bietet ein hervorragendes Gegenstück sowohl zu dem sprüden Martin als auch zu dem rotzigen Pascha. Gut, sie betet und scheint anfangs recht heilig, aber recht bald erkennt man, dass Marlene schon damals mehr unter ihrer Kutte zu verbergen hatte, als man ihr ansah. Sie hat es faustdick hinter den Ohren und wird eine hervorragende Verbündete im Kampf gegen das Böse.

Die Szene gegen Ende, in der beide gemeinsam den Übeltäter mürbe machen und ihn mit Telefonterror und anderen techschnischen Spielereien quälen, ist einfach köstlich! Denn Pascha hat inzwischen gelernt, manche technischen Geräte zu beherrschen, und Martin hat unterschiedliche Abwehrmechanismen gegen Geister gebastelt, und zusammen treiben sie sich immer weiter voran in ihrem elektromagnetischen Know-How. Und Marlene zeigt, dass Nonne zu sein nicht zwangsläufig bedeutet, fernab von Technik und Realität zu leben.

Wohin es sich entwickelt, kann man sich zwar anfangs denken, aber es gibt dann auf einmsal sehr viele "roten Heringe", falsche Hinweise, und es ist der Autorin super gelungen, verschiedene Themen anzuschneiden und zu vermischen.  In dieser Hinsicht hat sie sich eindeutig gesteigert zum ersten Band, der Krimi ist hier nicht mehr nur Nebensache, sondern absoluter Pageturner. Wirtschaftsverbrechen und Baugrundstücke. Ein ordentlicher Versicherungsbetrug. Rassismus und rechte Politik. Prostitution, Obdachlosigkeit und Randgruppen. Viele Motive, die angeschnitten werden, sehr viele mögliche Täter. Ein herrliches Verwirrspiel, das den Leser von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt.

Wer Pascha nicht kennt, der hat etwas verpasst!

SaschaSalamander 21.02.2011, 09.57 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Im Kühlfach nebenan

Und schon habe ich den zweiten Band begonnen: IM KÜHLFACH NEBENAN. Das Buch liest sich ja extremst flott, vermutlich habe ich es dieses Wochenende bereits beendet, falls ich nicht in den Musestunden das HANDBUCH DER DETEKTIVE dazwischenschiebe oder es mir mit einem erotischen Titel gemütlich mache.

Die Sprache kommt mir im Buch heftiger vor als im Hörbuch. Entweder, der Sprecher hat sie durch seinen sowieso schon schnoddrig-liebenswerten Klang in der Stimme entschärft, oder das zweite Buch ist deutlicher. Aber ich wusste ja, worauf ich mich einlasse, und ich finde es diesmal sogar recht witzig. Die Idee ist nicht neu, aber sie ist großartig umgesetzt, und es macht mir einfach Spaß, mal wieder etwas richtig Erfrischendes zu lesen ...

SaschaSalamander 12.02.2011, 08.59 | (0/0) Kommentare | PL

Kühlfach 4

profijt_kuehlfach_1.jpgNun habe ich "Kühlfach 4" also abgeschlossen. Geniales Buch, wenn auch mit einigen Startschwierigkeiten in der Audioversion ...

Sascha, genannt Pascha, ein kleiner Autodieb. Ein großer Coup, doch in dem gestohlenen Mercedes SL befindet sich leider eine Leiche im Kofferraum. Und ehe Pascha es sich versieht, wird er von der Brücke gestoßen und sieht auf einmal alles aus einer ganz neuen Perspektive. Beobachtet sich selbst, wie er in das Rechtsmedizinische Institut gebracht wird. Just, als Martin Gänsewein das Skalpell an seine edelsten Teile anlegen will, begehrt Pascha auf, und Martin kann ihn hören! Als einziger.

Was nun zu einigen vertrackten Situationen führt. Denn Martin scheint Selbstgespräche zu führen, er benimmt sich seltsam, weiß auf einmal Dinge, die er nicht wissen könnte, von dem misslungenen Schäferstündchen ganz zu schweigen. Seine Kollegen beginnen sich zu sorgen. Und auch Pascha sorgt sich, denn er würde gerne wissen, wer ihn umgebracht hat und warum. Den Nervenkrieg gegen Pascha kann er nicht gewinnen, also hat Martin gar keine andere Chance als in diesem Fall zu ermitteln.

Ein Buch, das mindestens so ungewöhnlich ist, wie es auch klingt. Hauptspielort das Rechtsmedizinische Institut mit seinen Stahlliegen und Kühlfächern, der Protagonist ein Kleinkrimineller mit frecher Klappe und ohne Manieren, die zweite Hauptfigur ein schüchternes, unsicheres Männchen. Doch beide entwickeln sich weiter, gehen aufeinander zu, und eigentlich sind sie ein tolles Team, das nur voneinander profitieren kann.

Ich liebe die Wortgefechte zwischen den beiden, der eine verklemmt spießig, der andere überzogen lässig. Zimperlich darf man nicht sein, denn da fallen auch mal Sätze wie "Er war so wenig zu fassen wie ein Phantom. Ja, Phantom. Das sage ich Martin zuliebe. Denn früher hätte ich gesagt, er ist so wenig zu fassen wie Wi*hse am Duschvorhang". Ja, Pascha hat eine verdammt große Klappe, daran muss man sich erstmal gewöhnen, und man schwankt doch sehr zwischen "hör endlich auf zu nerven" und "eigentlich ist er ja doch ganz nett". Grade das macht für mich einen großen Reiz des Buches aus, diese beiden gegensätzlichen Charaktere und ihre Kleinkriege untereinander. Erstaunlich, wie zickig Männer sein können *ggg*.

Die Handlung ist klar ein Krimi, wobei das aber eigentlich eher die Nebensache ist. Dem Leser ist recht bald klar, worauf es hinausläuft, eine große Überraschung bietet die Autorin nicht. Braucht es auch nicht, denn die Kriminalgeschichte ist eher Mittel zum Zweck, irgendein Ziel muss der Roman ja haben ;-)

Mir lag die Hörbuchvariante aus der Bibliothek vor. Dachte anfangs, das Gekürzte würde mich nicht stören (als Hörbuch lausche ich meist Büchern, die ich eher konsumieren denn genießen will), aber bald ärgerte ich mich, denn es wäre schade, auch nur einen Dialog zu verpassen. Und die Stimme des Sprechers, nun ja, die ist mindestens so gewöhnungsbedürftig wie Paschas Sprachstil. Die ersten eineinhalb CDs habe ich oft mit mir gerungen, ob ich weiterhöre, komplett abbreche oder zum Buch wechsle. Ich bin dann beim Hörbuch geblieben, inzwischen komme ich mit der Stimme klar und werde beim Lesen der folgenden Bände auch immer Ingo Naujoks im Ohr haben.

Den zweiten Band habe ich bei Tauschticket bereits angefordert, und den dritten werde ich auf jeden Fall kaufen, denn nun zähle auch ich zu den Pascha-Fans.

Ich kann die Bücher all denen empfehlen, die einen sehr schrägen, schwarzen Humor haben und auch ein paar sprachlich deftigere Momente vertragen. Profijt hat mit Pascha einen außergewöhnlichen Romanhelden geschaffen, wie man ihm nicht allzu oft begegnet :-)

SaschaSalamander 11.02.2011, 10.33 | (0/0) Kommentare | PL

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