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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Deutsch
Lady Bedfort 65 - Die Mördergrube
Wertung: 9 von 10 verräterische Fotos
SaschaSalamander 07.06.2013, 08.49 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Im Schatten der Götter
Christian von Aster, das musst ich sofort lesen! Von ihm sind die >MITTERNACHTSRABEN<, >DER WASSERSPEIER FLEDERMEIER<, >TIMMY KENNT DEN WEIHNACHTSMANN<, er ist Mitautor des >STIRNHIRNHINTERZIMMER<, einige weitere Titel liegen noch in meinem Regal und warten darauf, gelesen zu werden. Er gehört zu den wandlungsfähigen Autoren, die sich in verschiedenen Genres bewegen. Daher ist es immer wieder eine Überraschung, was mich dieses Mal erwarten wird. Garantiert aber immer: intelligenter Humor, Wortgewandheit und eine ziemlich abgefahrene Story. Einen Krimi hatte ich von ihm noch nie gelesen, umso gespannter war ich also auf diesen Titel.
INHALT
Ein Einbrecher öffnet den Tresor, holt ein Kästchen hervor. Der Sicherheitsdienst stellt ihn. Zack, Szenenwechsel, die Polizei vor Ort, der Sicherheitsdienst und der Einbrecher alle tot, ohne erkennbare Ursache erstickt. Der neureiche Archäologe, in dessen Haus eingebrochen wurde, bittet seinen Freund und Kollegen um Hilfe. Kommissar Mathesdorf hat alle Hände voll zu tun, dann wird auch noch der Seuchenschutz involviert. Die Ereignisse überschlagen sich. Ein uralter und ein junger Stammesangehöriger, eine afrikanische Schönheit und ihr Ehemann, eine geheimnisvolle Schachtel, uralte Gottheiten. Und immer mehr Tote, die nach und nach qualvoll ersticken.
CHARAKTERE
Es gibt keinen einzelnen Protagonisten. Dafür gibt es allerdings immer vereinzelte Charaktere, die vorübergehend im Mittelpunkt stehen, so etwa der Archäologe, sein Kollege, der Kommissar, die Afrikaner. Gelegentlich auch Charaktere, die kurz vorgestellt werden, bevor sie eines grausamen Todes versterben.
Man fiebert also mit keiner bestimmten Person mit, kann sich aber in alle sehr gut hineinversetzen, ihre Beweggründe nachvollziehen. Sie sind wunderbar beschrieben: mir gefällt, dass von Aster nicht die billigen Klischees bedient (und falls doch, dann in diesen wenigen Fällen sehr selbstironisch) und eigenständige Figuren erschafft, die so unterschiedlich und am Ende doch alle gleichermaßen menschlich sind.
PERSPEKTIVE
Von Aster schreibt hier nicht wie meist üblich aus der dritten Person heraus, sondern eindeutig als olympischer Erzähler. Er gibt Hinweise auf Kommendes ("er ahnte nicht, dass später", "doch es sollte ganz anders kommen" usw), und er gewährt dem Leser Einblick in die unterschiedlichsten Charaktere und Situationen, mal von innen heraus, mal als Beobachter. Dieser ständige Wechsel passt hervorragend zum Buch, da es die Hilflosigkeit des Kommissars und der anderen Beteiligten sehr gut widerspiegelt. Der Leser wird von einer Szene in die nächste geworfen, und wieder ändert sich der Blickwinkel, man weiß gar nicht so wirklich, wohin man seine Aufmerksamkeit richten soll, wer nun eigentlich die Schlüsselfigur ist, worum es überhaupt geht und worauf alles abzielt. Während diese Technik bei anderen Büchern eher wie ein gütiger Erzähler wirkt, der einfach nur den Überblick hat, fühlt man sich hier regelrecht ausgeliefert. Der Leser als Marionette des Allwissenden.
STIL, SPRACHE
Von Aster lese ich unter anderem deswegen so gerne, weil er hervorragend mit Worten umgehen kann. Alliterationen, perfekt gespitzte Pfeile, das richtige Wort an der richtigen Stelle. IM SCHATTEN DER GÖTTER weist weniger dieser wortreichen Pointen auf. Zugegeben, ich hätte es wohl auch nicht sofort als Werk des Autors erkannt. Dafür beweist er hier, dass er nicht nur mit Worten und Sätzen spielen kann, sondern auch mit ABsätzen, Inhalten und Zusammenhängen.
Das Buch ist recht ernst und düster geschrieben, und doch ist es voll mit trockenem Humor und zynischen Betrachtungen. Kann man in den anderen Büchern oder Gedichten einzelne Sätze herauspicken, die für sich betrachtet witzig sind, so sind es hier oft die Zusammenhänge, die etwas erst witzig erscheinen lassen. Die Sätze für sich betrachtet sind meist recht nüchtern.
Trotzdem, ein paar wenige Sätze, die auch für sich stehen können, gibt es natürlich. Sie erzählen Geschichten zwischen den Zeilen, ein hintersinniger Humor hinter den offensichtlichen Aussagen. Zum Beispiel: "Eine Frau, mit der er irrtümlich einmal geschlafen hatte" oder "Er hatte den Sex zweier Jahre nachzuholen. Zumindest den zweisamen Teil". Sätze, die manchmal erst kurz sacken müssen, bevor sie sich in ihrer Aussage komplett erschließen, die dafür umso nachhaltiger wirken und die Geschichte intensivieren. Nein, laut gelacht habe ich an keiner einzigen Stelle. Dafür innerlich so oft geschmunzelt oder böse gegrinst wie schon lange nicht mehr.
AUFBAU
Da das Buch zwischen verschiedenen Beteiligten springt und die Erzählweise oft variiert, muss man konzentriert folgen. Jeder Charakter hat einen unterschiedlichen Wissensstand, gelangt auf andere Weise an seine Informationen oder hat diese bereits, seien es die falschen oder richtigen. Dadurch verläuft es zwar chronologisch, dennoch ergeben sich sehr viele Sprünge, nicht im zeitlichen Ablauf aber hinsichtlich der Voranschreitens der Handlung.
Fällt es mir normalerweise leicht, ein Buch in verschiedene Passagen zu gliedern und den Spannungsaufbau zu schildern, so ist es hier kaum möglich. Obwohl es so geradlinig geschildert ist, wirkt es doch vom ersten Moment an episodenhaft. Und all diese gemeinsamen Episoden ergeben ein gemeinsames Bild.
Eine Erzähltechnik, die zu analysieren diese Rezension sprengt aber sehr interessant wäre. Dazu fällt mir wieder ein: um die Regeln zu brechen, muss man sie beherrschen. Von Aster beweist in diesem Werk ganz klar, dass er die Regeln der Erzähltechnik meisterlich beherrscht und es genießt, sie vor unseren Augen komplett auseinanderzunehmen. Sehr zur Freude des Lesers, der dadurch kaum etwas vorhersehen kann und in jedem Kapitel aufs Neue überrascht wird.
ATMOSPHÄRE
Das Buch ist insgesamt sehr atmosphärisch. Trotz des Humors, trotz der vielen wechselnden Perspektiven und "Kameraführungen" (wäre es ein Film, ich wüsste sofort, wo und wie ich die Kamera platzieren und bewegen müsste. Das geht mir nur in einigen besonders bildreichen Büchern so) erschafft der Autor eine Atmosphäre, der man sich nicht mehr entziehen kann. Besonders ab dem Moment, als die afrikanische Frau das Spielfeld betritt, verdichtet sich alles um einen herum, meint man sich selbst inmitten der Szene, spürt die Atemnot der Opfer, wird zu einem Tänzer in Trance inmitten von Trommeln und Räucherwerk.
FAZIT
Christian von Aster mal anders, aber genial wie immer. Ein in seiner Machart unkonventioneller Krimi, der in Sprache, Erzählweise, Aufbau und Charakterdesign von den bekannten Mustern abweicht und den Leser zu überraschen weiß. Wer ein Werk dieses Autors liest, sollte sich sowieso gewahr sein: wirf alles über Bord und vergiss, was Du bisher wusstest. Folge einfach, egal wohin ...
Wertung: 9,5 von 10 Dackel im Treppenhaus
SaschaSalamander 06.06.2013, 08.34 | (0/0) Kommentare | PL
Porterville 07 - Götterdämmerung
Diese Folge setzt nahtlos an, wo Folge 18 DSP abgeschlossen hat. Der Leser erfährt nun, was geschehen war und wie es weiterging. Und endlich, endlich wurden sehr viele Fragen beantwortet. Zum Teil Fragen, die uns Leser von Beginn an drückten (etwa die Frage nach dem "Draußen" oder warum in Porterville so vieles anders ist als im DSP). Und zu einem noch größeren Teil Fragen, die man sich hätte stellen müssen, wenn man nicht das angenommen hätte, was einem als scheinbar einfache Lösung so einfach präsentiert wurde bisher (leider müsste ich spoilern. Es zerreißt mich, das nicht schreiben zu dürfen, aber es wäre einfach zuviel). Und keine Sorge, es bleiben noch genügend Fragen offen für viele weitere Folgen ;-)
Die anderen Episoden stehen weitgehend für sich. Natürlich gehören sie zusammen, versteht man sie nur im kompletten Zusammenhang, doch sie sind weitgehend Einzelwerke. GÖTTERDÄMMERUNG dagegen hängt als Bindeglied so eng sowohl mit dem DARKSIDE PARK als auch PORTERVILLE zusammen, dass die Lektüre sich wirklich erst lohnt, wenn man alle anderen bisherigen Teile kennt. Sehr viele Puzzlestücke werden nun an ihren rechten Platz gerückt, und ohne Kenntnis der bisherigen Puzzlestücke versteht man aufgrund der vielen Namen, Zusammenhänge und Ereignisse absolut nicht, was da eigentlich erzählt wird.
Ich habe nach der Lektüre erst einmal einige alten Folgen auf dem Reader geöffnet, um mich einiger Namen und Zusammenhänge zu vergewissern, habe hier und da den Prolog anderer Folgen nochmal Revue passieren lassen, ein paar Dinge recherchiert, denn an alles kann man sich nach 18 Folgen DSP und bisher 6 Folgen PV gar nicht mehr erinnern. Die aktuelle Folge ist eine gute Gelegenheit, alles Bisherige Revue passieren zu lassen :-)
Stellenweise las ich mit offenem Mund, was Hendrik Buchna nach und nach enthüllte. DSP war genial, und Porterville ein würdiger Nachfolger. Doch mit diesem Bindeglied ergeben sich völlig neue Zusammenhänge und zeigt sich das nahezu epische Ausmaß, das hier nun erschaffen wurde, WOW! GÖTTERDÄMMERUNG - ein Titel, den sich diese Folge mehr als verdient hat!
SaschaSalamander 31.05.2013, 08.53 | (0/0) Kommentare | PL
Porterville 06 - Vor den Toren
Langerwartet, es scheint eine Ewigkeit her, dass der letzte Band der Reihe PORTERVILLE erschien. Diesmal durften wir uns wieder auf einen Titel von Simon X Rost freuen, und zwar die Fortsetzung des dritten Bandes >NACH DEM STURM<.
Zu Simon X Rost und zum Konzept der Reihe Porterville selbst muss ich nichts mehr erzählen, das habe ich ja bereits ausführlich gemacht. Daher hier nur zum Inhalt und dazu, wie ich diesen Teil wahrgenommen habe:
Wie man aus NACH DEM STURM bereits weiß, ist Jefferson Prey nicht zufrieden mit Satos Führung. Er hat das Angebot, welches dieser ihm gemacht hatte, angenommen und versucht nun, das System von innen heraus zu zerstören. Doch wie es endet, haben wir bereits im ersten Teil >VON DRAUßEN< erfahren.
Und das ist es, was diese Folge so tragisch macht: sie ist spannend geschrieben, man hängt dem Erzähler an den Lippen (bzw mit den Augen auf dem Bildschirm), kann sich nicht lösen, und immer mehr verkrampft man, begleitet den Protagonisten ins Verderben und hegt die irrationale Hoffnung, es könne sich ja doch zum Guten wenden. Wenn man dazu neigt, sich sehr in das Gelesene hineinzuversetzen, dann kann einem hier regelrecht übel werden, denn die Anspannung und auch das Geschehen (niemals geschildert, sondern stets angedeutet und somit reines Kopfkino, darin sind alle Autoren der Reihe Meister) sind nichts für Zartbesaitete. Die Verzweiflung und Ohnmacht Jeffersons überträgt sich auf den Leser, dass es kaum auszuhalten ist. Und obwohl wir sosehr mit ihm mitfiebern - wissen wir, wie es enden wird und können es nicht verhindern. Eine regelrechte nervliche Zerreißprobe für den Leser!
Von Simon X Rost stammt auch die Folge >DIE AUGEN DER NACHT< der Reihe DarkSide Park. Die Szene mit dem Wagenheber blieb mir bis heute im Gedächtnis, und noch immer schüttelt es mich, wenn ich daran denke. Uargh, allein der Gedanke an diese Szene ließ mich stets zusammenzucken, während ich VOR DEN TOREN las, weil ich befürchtete, erneut eine solch grausig-gute Szene lesen zu müssen ...
Schade, dass die einzelnen Bücher so kurz und die Abstände dazwischen so gefühlt lang sind. Aber Qualität schreibt sich eben nicht von selbst, und so kann man auch die Leser länger am Ball halten und neue weitere Fans gewinnen. Trotzdem - ich willwillwill sofort die nächste Folge! ;-)
SaschaSalamander 28.05.2013, 08.44 | (0/0) Kommentare | PL
Tiere in der Stadt
Wie üblich kurz bei Sachbüchern der Hintergrund, mit dem ich das Buch rezensiere: ich liebe Natur und Tiere, und ich gehe dabei gerne in die Tiefe. Ich habe mich als Jugendliche viel engagiert und eingesetzt, etwa beim Bau verschiedener Biotope, beim Erforschen der heimischen Pflanzen- und Tierwelt, habe viel über Pflanzenbestimmung und verschiedene Tierarten gelernt. Auch heute noch bin ich gerne und viel in der Natur. Und ich möchte nicht nur beobachten, sondern auch verstehen.
Aufgewachsen bin ich "auf dem Land", wo ich mit Tieren einen ganz anderen Umgang hatte als derzeit in der Stadt. Hier in der Großstadt erlebe ich nun andere Tiere, die ich ebenso begeistert beobachte. Und ich bin fasziniert, dass selbst inmitten der Häuser, zwischen all den Straßen und mitten unter den Menschen so viele Tiere zu finden sind. Das Buch TIERE IN DER STADT von Bernhard Kegel berührt also ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und dem ich täglich sehr viel Aufmerksamkeit widme.
AUFBAU
Das Buch ist inhaltlich sehr übersichtlich gegliedert. Es zeigt von Beginn an, dass das Buch sich nicht nur auf Deutschland konzentriert, sondern die Städte auf dem gesamten Globus beleuchtet. Anschließend wird in verschiedenen Etappen beschrieben, wie die Natur in den Städten sich entwickelte, welchen Tieren man begegnet, wie der Mensch sich darin auswirkt. Auch auf historische Aspekte geht der Autor ein sowie das Thema Naturkatastrophen und Natur / Stadt im Wandel der Zeit. Denn um die Natur in den Städten zu verstehen, muss man zuvor auch die Stadt selbst als Habitat verstehen, sodass er hierauf viel Gewicht legt. Bei all den Tierarten widmet er besonders den Vögeln und dem winzigen Insekten und anderen Kleintieren sehr viel Raum.
Es gibt nur sehr wenige Bilder, zum Teil alte Zeichnungen, ansonsten vor allem Statistiken oder um mikroskopisch kleine Tiere im Großen zu zeigen. Sehr oft findet man graue Kästen, die zusätzlich zu dem Fließtext Episoden erzählen. Anekdoten, Info, Trivia, Exkurse.
19 Seiten Literaturangabe der Fußnoten, 17 Seiten Aufzählung der Quellen, 10 Seiten alphabetisches Register und eine Seite mit Bildnachweisen. Mag manchen Lesern recht viel vorkommen, so jedoch funktioniert wissenschaftliches Arbeiten. Man erkennt, dass der Autor sehr intensiv recherchiert hat und vor allem neben älteren Schriften auch auf aktuelle Titel Bezug nimmt und nicht nur Bücher sondern auch wissenschaftliche Artikel, Fachzeitschriften und Zeitungsberichte heranzieht.
UMSETZUNG
Obwohl er das Thema sehr fachlich angeht, schreibt er leicht verständlich und in einem flüssigen Duktus. Es ist eine Freude, sich in das Buch zu vertiefen und Kegels Ausführungen zu lauschen. Gelegentlich bindet er Anekdoten ein, bringt den Leser zum Schmunzeln, lockert den gelegentlich recht sachlichen Text ein wenig auf. Trotz der vielen Fußnoten, Quellen und wissenschaftlichen Untermauerung lässt er das Buch in keinem Moment trocken oder langweilig erscheinen.
Auch die Gliederung in gut erkennbare Absätze und Kapitel sowie die zwischendurch eingeschobenen grauen Infokästen sind sehr hilfreich. Oft vermisse ich in anderen Fachbüchern die Lesbarkeit, etwa wenn Text an Text an Text gereiht ist und das Hirn mit Input zugeschüttet wird ohne das Auge zu entlasten. Hier aber klappt alles bestens. Ob dies Kegel zuzuschreiben ist oder dem Verlag, vermag ich nicht zu beurteilen, in der Aufmachung jedenfalls ist es gelungen, es trotz der Wissenschaftlichkeit leserfreundlich zu präsentieren.
PERSÖNLICHE MEINUNG
Das Buch liest sich wunderbar, und man geht danach tatsächlich mit anderen Augen durch die Stadt. Dennoch war ich ein wenig enttäuscht: gut, im Inhaltsverzeichnis wird schnell klar, dass das Augenmerk auf Vögeln und Insekten sowie der Stadt als solcher liegt. Doch die Vermarktung und auch das Cover lassen eigentlich auf etwas anderes schließen. Ich finde es sehr interessant, wie Städte entstanden sind und sich entwickelten, veränderten. Und Milben, Flöhe, Käfer, Spinnen, Asseln, Wanzen, Zecken, Flöhe, Fliegen, Mücken etc gehören selbstverständlich dazu, wenn man über Tiere in der Stadt schreibt, ebenso die unzähligen Vogelarten.
Die deutliche Konzentration vor allem auf diese Bereiche allerdings fand ich sehr schade. Es ist nicht so, dass ich Säugetiere mag und Insekten nicht (ich gehöre sogar zu denen, die lange fasziniert zusehen wie eine Spinne ihre Beute einwickelt oder sich auf den Waldboden setzen, um eine Ameisenstraße zu beobachten), aber ich hätte mir einfach mehr Gewicht auf den Säugetieren gewünscht. Nicht, weil sie niedlich sind, sondern weil sie für mich das Stadtbild prägen und ich ihnen täglich vielfach begegne. Es ist ja nett, wenn ich mir bewusst werde "ah, in meinem Bett sind soundsoviele Milben", aber es wäre auch schön, wenn ich mehr über die Hasen, Eichhörnchen, Füchse, Fledermäuse, Schmetterlinge, Mäuse, Ratten, Dachse, Marder, Maulwürfe erfahren könnte, die sich zwischen den Häusern tummeln. Darüber liest man jedoch kaum etwas.
Der Klappentext verspricht "nimmt uns mit auf Forschungsreise in die Wildnis vor unserer Haustür", das Cover zeigt einen Fuchs. Das impliziert dann doch etwas komplett anderes als das, was man tatsächlich im Buch las (okay, ein Katzenfloh macht sich nicht gut auf dem Buchcover). Auch ist klar, dass ich global denken muss und mir bewusst sein muss, dass es nicht nur um meine eigene kleine Haustür in meiner Stadt in meinem Bundesland geht. Aber ein wenig mehr Konzentration auf Deutschland und weniger Bezüge auf Paris, London, Warschau, Sidney, New York und Co hätte ich deutlich begrüßt. London 1666 ist einfach nicht "vor meiner Haustür", ebensowenig wie Afrika vor 72.000 Jahren oder Manhatten 1650.
FAZIT
Ein wunerschönes Buch, das dem Leser Natur und Stadt näherbringt. Dank des lockeren Stils kann man dem Autor gut folgen, die Texte sind angenehm aufbereitet und präsentiert. Kegel gelingt die Kunst, komplexes Fachwissen unterhaltsam zu verpacken. Allerdings liegt das Gewicht doch sehr auf Insekten und Vögeln. Wer also mehr über die heimischen Vierbeiner lesen möchte, wird etwas enttäuscht werden. Wer diese Erwartung nicht hegt und eine Vorliebe für mikroskopisches Kelingetier und Vögel hat, wird dagegen begeistert sein.
SaschaSalamander 24.05.2013, 08.59 | (0/0) Kommentare | PL
Elbenthal 02 - Der schwarze Prinz
DER SCHWARZE PRINZ ist der zweite Teil der Trilogie ELBENTHAL-SAGA. Also genau das Mittelteil im Sandwich, das oft die Achillesferse der Autoren ist, häufig ein Lückenbüßer, der nicht die Versprechungen des ersten Teils und die Erwartungen des zweiten Teiles erfüllen kann. Ein kritischer Moment, der häufig beweist, ob ein Autor sein Handwerk versteht. Und was hier bewiesen wird: Ivo Pala versteht es meisterlich, den Leser gleichbleibend auf dem Niveau des ersten Bandes zu unterhalten!
Manche Punkte, auf die ich bereits im ersten Band eingegangen bin, möchte ich gar nicht mehr näher ausführen, dies kann man in der Rezension zu >DIE HÜTERIN MIDGARDS< nachlesen. Hier soll es vor allem darum gehen, was mir speziell im zweiten Teil aufgefallen ist.
INHALT
Svenya hat nun also ihr Schicksal als Hüterin von Midgard angenommen und ist bemüht, den Anforderungen ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden. Eine davon ist es, eines der fünf Schwerter des Schicksals ausfindig zu machen. Denn jemand hat es darauf abgesehen, sie alle an sich zu bringen und deren Magie zu wirken. Natürlich gerät Svenya dabei in höchste Gefahr, und sie ahnt nicht, mit welch mächtigem Gegner sie es nun zu tun bekommt ...
CHARAKTERE
Die Charaktere müssen nun nicht mehr vorgestellt werden, man kennt sie aus dem ersten Band. Svenya, Hagen, Alberich, Laurin, Yrr, Liff, Reyja, Raik, Oegis, Lau´Ley, Wargo, Brodhir und all die anderen bekommen hier erneut ihren Auftritt. Der zweite Teil hat oft die Aufgabe, die Charaktere zu vertiefen, die Bindungen untereinander deutlicher zu machen und den Leser noch tiefer in das Geschehen einzuführen. Ivo Pala schafft es, all dies umzusetzen, ohne dass dabei jedoch die Handlung leiden würde. Handlung und Charakterdarstellung sind eins bei ihm, der Leser erhält Einblick in die unterschiedlichsten Aktionen. Doch natürlich sind weiterhin die Motive einzelner Protagonisten unklar, um die Spannung auf die endültige Auflösung aufrecht zu erhalten. Genial, wie der Leser einerseits immer mehr über die Geschichte der Elben und anderen Völker erfährt, ohne dass jedoch die Kernfragen geklärt werden. Immer meint man, die Antwort endlich zu kennen, als sich bereits die nächste Frage eröffnet und man voller Erwartung auf die nächste Seite blättert.
AUFBAU
Die Kapitel sind alle shr kurz und enden wie schon im ersten Band mit einem Cliffhanger. Dadurch entsteht ein Lesefluss, den man kaum unterbrechen möchte. "Nur dieses nächste Kapitel noch, geht ganz schnell", naja, das nächste ist auch nur kurz, und man möchte das Buch gar nicht mehr weglegen, wird stets unter Spannung gehalten.
Der Ablauf des Buches selbst ist ebenfalls flüssig, es gibt keine zu langen Ruhephasen, keine Hänger. Obwohl ich normalerweise ruhigere Bücher bevorzuge, empfinde ich die Action hier jedoch nicht als überzogen und "too much". Die Kampfsequenzen sind so geschrieben, dass man ihnen sehr gut folgen kann. Ich verliere bei anderen Büchern und Filmen häufig den Überblick, wenn zuviel gekämpft wird. Schnell wird es unübersichtlich, und ich überfliege nur noch, bis ich dann das Ergebnis habe (also quasi "wer hat überlebt, wer ist tot, wer ist verletzt"). Ist hier nicht erforderlich, da die Kämpfe sich nicht endlos in die Länge ziehen, stets einen verständlichen Sinn ergeben und vor allem zur Handlung beitragen (was ich bei vielen Verfolgungsjagden und Kämpfen anderer Autoren oft bezweifle, wenn die zigste Explosion zelebriert wird).
Es gelingt Ivo Pala zudem, die Dichte ideal zu halten. Kein Wort zuviel, kein Handlungsfaden unnötig. Dennoch ist es nicht so straff gezogen, dass man sich als Leser überfordert fühlt. Man merkt, er hat eine Geschichte zu erzählen, geht dabei konsequent vor und steuert auf ein Ziel zu. Er hetzt nicht, er bummelt nicht, sein Tempo ist perfekt getimed.
MYTHOLOGIE
Wie schon im ersten Band ist die Mythologie wieder sehr gut recherchiert. Die Darstellung der einzelnen Völker, Legenden, Mythen, die Zusammenhänge untereinander, das wird komplex verwoben und in eine neue Geschichte gepackt. Zwar greift der Autor auf bekannte Inhalte zurück, erschafft daraus jedoch etwas ganz Eigenes, das ich in dieser Form noch nicht gelesen habe.
All die Namen der Schwerter, Elben, Orte, das kann man bei Interesse gerne selbst nachlesen, um die Tragweite der ELBENTHAL-SAGA zu erfassen. Dafür muss man jedoch teilweise recht tief graben, und es dürfte recht lange dauern, sich mit all den Themen auseinanderzusetzen. Als Leser kann man nur erahnen, wieviel Aufwand der Autor in die Geschichte gesteckt hat. Und, einziges Manko des Buches: ich finde, es überfordert den Leser an manchen Stellen: die unzähligen Namen, Epochen, Titel, Zusammenhänge, das würde für ein 10bändiges Epos genügen und ist eigentlich etwas zuviel für eine dreibändige Reihe (ich denke spontan an das Silmarillion von Tolkien, bei dem es ebenso ist. Und wie beim Silmarillion fände ich es hier fast praktisch, wenn der Dreiteiler einen Zusatzband bekäme, der sich mit der Geschichte der Elben befasst, statt es in die reguläre Handlung einzubringen).
Es ist Jugendfantasy, und es lässt sich flüssig lesen. Aber für dieses Genre ist es doch schon sehr anspruchsvoll und verlangt dem Leser einiges ab. Das Buch lässt sich aufgrund des einfachen Stils auch gerne überfliegen und nebenbei lesen. Doch wer die Handlung begreifen möchte, der muss schon sehr genau lesen und bekommt eine Menge nicht immer leicht zu verdauender Happen dargereicht. Dadurch wird die Reihe zu einem All-Ager, der Leseanfänger ebenso wie langjährige Leseratten anspricht. Und ich denke, dass gerade die Neueinsteiger und Lesemuffel durch dieses Buch geweckt werden und Lust auf Mehr bekommen. Und wen ein paar allzu ausführliche Erklärungen stören, der kann die Kapitel ja überblättern ;-)
REIHE
Man sollte, bevor man DER SCHWARZE PRINZ liest, auf jeden Fall DIE HÜTERIN MIDGARDS gelesen haben. Ohne Kenntnis des ersten Bandes ist das Lesen des zweiten nicht möglich, zusehr ist die Handlung aufeinander aufbauend. Allerdings ist die Veröffentlichung des ersten Bandes nun schon einige Zeit her. Im Grunde zu lang, um sich an alles zu erinnern, jedoch zu frisch, um das Buch direkt noch einmal zu lesen. Kein Problem, denn es ist sehr leicht, wieder einzusteigen, selbst wenn man einzelne Elemente schon wieder vergessen hat. Der Autor schafft es, Dinge nebenbei zu eräwhnen, sodass es keine umständlichen Erklärungen gibt, man aber trotzdem ohne Schwierigkeiten den Anschluss findet.
FAZIT
Ein action- und inhaltsreiches Buch, das die Erwartungen nicht nur erfüllt sondern übertrifft. Atemlos folgt der Leser Svenyas Abenteuern, stets auf der Suche nach Antworten, die es aber natürlich erst im dritten Band geben wird ...
Wertung: 9 von 10 unsichtbare Gegner
SaschaSalamander 21.05.2013, 08.36 | (0/0) Kommentare | PL
Mindnapping 13 - Beyond the Chinese Theatre
Die 13te Folge MINDNAPPING ist nach >DER TRAUMTÄNZER< das zweite Crossover der Reihe. Dieses Mal gibt es eine Begegnung mit Georg Brand, dem Protagonisten aus Jan Gaspards OFFENBARUNG 23. Darauf war ich sehr gespannt, denn ich habe die ersten Folgen von O23 geliebt. Dann kam der Bruch in der Serie, nach dem ich abbrach. In die neuen Folgen von Ian G finde ich mich allerdings nicht mehr ein, zuviel Verschwörung, die mir inzwischen sehr konstruiert erscheint. Von daher gefiel mir die Idee des Crossovers sehr: ich hoffte auf eine Folge mit netten Twists und einer packenden Handlung aus MINDNAPPING und den genialen Dialogen und Charakteren aus O23, aber der Reihe MINDNAPPING entsprechend nicht ZU verschwurbelt.
INHALT
BEYOND THE CHINESE THEATRE ist ein Prequel zur eigentlichen Geschichte O23. Hier besucht Georg Brand nun die Universität und soll als Trimester-Arbeit dem Professor einen ultimativen Hack in ein geschlossenes System präsentieren. Was für ein Zufall, dass Georg gerade bei Chris Nelson untergekommen ist, der für eine große Fluggesellschaft arbeitet. Da kommt ihm sofort eine Idee ... doch es wäre nicht MINDNAPPING und O23, wenn es nicht einige Verwicklungen gäbe. Georg wird verfolgt, und bald weiß er nicht mehr, wem er noch trauen kann ...
SPRECHER
Als erstes fallen natürlich die Sprecher auf, hier trifft sich die Crème de la Crème der Hörbuchriesen. Helmut Krauss als Sprecher, Martin Kessler (Nicholas Cage) als Vermieter, Nana Spier (Buffy) als Komilitonin, Engelbert von Nordhausen (Samuel L Jackson) als Professor, Till Hagen als Ian G selbst, weiterhin Gordon Piedesack, Oliver Böttcher, Luise Lunow und selbstverständlich Alexander Turrek als Georg Brand. Was der Hörer diesmal geboten bekommt, ist kein Hörspiel, sondern in seiner Machart regelrecht ein Kinofilm mit genialen Synchronsprechern. Einziges kleines Manko war Luise Lunow, die ich an sich zwar sehr gerne höre, die hier als alte Chinesin mit ihrem künstlichen Dialekt und der verstellten Stimme allerdings etwas zuviel des Guten bot. Nun ja, irgendwie musste man es darstellen, und es ist wohl sehr schwer zu imitieren. Zudem hatte sie nur eine kleine Rolle, von daher fiel es nicht sonderlich störend ins Gewicht.
DIALOGE
Die Dialoge waren, wie ich erwartete hatte, einfach grandios. Ian G weiß, wie man auf dem schmalen Grat zwischen Hochsprache und lässiger Unterhaltung balanciert, alles klingt realistisch und glaubwürdig. Er vermeidet künstliche Begriffe, die es zu gestelzt klingen lassen, und er lässt es nicht allzu umgangssprachlich anmuten, hat ein sehr gutes Gespür für die Wirkung seiner Worte. Das ist neben der Handlung eine große Stärke, die mir an seinen bisherigen Hörspielen schon immer außerordentlich gefiel.
EINORDNUNG IN DIE ZEITLINIE
Die Geschichte spielt vor O23, ist also nun doch schon etwas älter. Es ist spannend, wie verschiedene Hinweise darauf fallen, in welchem Zeitraum sich die Handlung bewegt. Die Einführung von USB-Sticks und andere Details, die nebenbei erwähnt werden, ohne das Hörspiel künstlich auf Retro trimmen zu wollen. Beinahe eine kleine Zeitreise, bei der ich gelegentlich lächeln musste und mich daran erinnerte, wie das damals so war, als das alles gerade aufkam ... sehr schön umgesetzt!
HANDLUNGSAUFBAU
Das typische O23-Feeling kommt auf. Aber dankenswerterweise geht der Autor dieses Mal nicht zu weit in seinen Theorien, die Verschwörung hält sich im Rahmen und lässt genügend Raum auch für die Charaktere und das Voranschreiten der Handlung. Wer MINDNAPPING und O23 kennt, und wer auch sonst Thriller und Mindfuck liebt, der wird von dem Ausgang wenig überrascht sein, manches ist in dieser Form auch vorhersehbar. Jedoch die Umsetzung der Twists ist sehr glaubwürdig, und selbst wenn man es schon ahnte oder wusste, freut man sich so richtig über die gelungene Darstellung. Zudem, da bleibt sich Ian G treu, bedeutet ein Twist noch lange nicht, dass die Sache vorbei ist, schon kommt der nächste, noch einer und noch einer. Und wenn man denkt, das Hörspiel ist nun vorbei, zack folgt noch einmal eine Überraschung. Er kann es einfach nicht lassen ;-)
ATMOSPHÄRE
Die Soundeffekte und Musik sind diesmal besonders gelungen. Vor allem die Sequenz im Untergrund von Seattle löst beim Hörer eine richtige Beklemmung aus, ich fühlte mich selbst unter der Stadt, erdrückt von der Last der Gebäude über mir. Auch die dieses Mal zahlreichen Ortswechsel (Café, Hochschule, Studentenbude, Underground, usw) wurden sehr schön in Szene gesetzt.
FAZIT
Eine wirklich congeniale Mischung aus dem Mindfuck von MINDNAPPING und den Verschwörungen aus OFFENBARUNG 23, professionell umgesetzt, höchst unterhaltsam und spannend. Eine Folge, die hält, was beide Reihen versprechen!
Wertung: 9,5 von 10 angesägte Stützpfeiler
SaschaSalamander 20.05.2013, 08.57 | (0/0) Kommentare | PL
Lust auf Literatur
Ziel des Buches ist es, sich von dem langweiligen Stoff der Schule abzuheben. Während der Schulstoff den Jugendlichen oft das Lesen vergällt und die Freude daran nimmt durch trockene Fakten und unnötige Informationen, durch viel zu analytische Gedanken statt einfach mal menschlich an das Werk heranzugehen, möchte der Autor hier die Personen und Werke so vorstellen, dass es Freude bereitet. Er will junge Menschen zum Lesen bewegen und sie dazu bringen, sich auch für anspruchsvolle Literatur zu begeistern, die keinesfalls öde und kompliziert ist.
Dies geht er an, indem er über die Hintergründe der einzelnen Personen erzählt. So berichtet er von den politischen Wirren, sozialen Hintergründen und gesellschaftlichen Gegebenheiten, unter denen einzelne Werke entstanden sind, erzählt private Anekdoten der Autoren. Oft kann man nur verstehen, was ein Schriftsteller aussagen möchte, wenn man weiß, unter welchen Umständen das Buch geschrieben wurde, und dies wird hier vermittelt.
Ich finde, es ist Peter Braun zum Teil durchaus gelungen, allerdings bezweifle ich, dass er damit wirklich alle jungen Leser begeistert. Mir hätte das Buch (bzw in diesem Fall das Hörbuch) sehr gut gefallen. Allerdings konnte ich mich damals bereits für Literatur begeistern und fand all diese Dinge sehr spannend.
Um Jugendliche allgemein zu begeistern, ist LUST AUF LITERATUR dann aber doch zu speziell. Der Autor begeht einige Fehler, die leider auch in der Schule gemacht wurden: zuviel Input, zu wenig Drumherum. Die Fakten selbst sind interessant, die Anekdoten witzig bzw spannend, und erfreulicherweise vieles, das man in der Schule so niemals hören würde. Aber alles ist so extrem dicht gepackt, dass der Hörer nicht eine Sekunde verschnaufen darf. Beinahe Infodumping. Gut, es IST ein Sachbuch, aber selbst hier erwarte ich gerade für Jugendliche eine gewisse Lesbarkeit statt nur Aneinanderreihung von Informationen.
Dazu kommen sehr viele Exkurse. Es geht Schlag auf Schlag, wobei es einfach nicht mehr möglich ist zu folgen. Zwar gibt es wechselnde Sprecher, doch da es eben kein emotionaler Roman sondern ein sachlicher Text ist, gibt es wenig Schwankung im Vortrag. Es "monoton" zu nennen, wäre böse, doch da eben wenig Hebungen und Senkungen notwendig sind, läuft es stellenweise von der Sprachmelodie darauf hinaus, was das Zuhören auf Dauer doch erschwert.
Das Kapitel um Hauff etwa beginnt mit dem Autoren Tieck (wieder ein Exkurs zum "gestiefelten Kater"), der beim Hören des Gedichtes "Die Glocke" von Schiller vor Lachen vom Stuhl fällt. Es geht weiter mit den Gebrüdern Grimm, dem Zeitalter der Romantik, mit Brentano und Arnim, bevor man dann irgendwann auf Hauff zu sprechen kommt. Zugegeben, da braucht es wirklich viel Sitzfleisch, um hier aufmerksam am Ball zu bleiben! Es mag im Buch anders sein, doch gerade im Hörbuch kam es vor, dass ich bei einem Kapitelwechsel sehr lange keine Ahnung hatte, um wen es nun eigentlich geht und wer der Autor ist, über den gerade gesprochen wird - einfach, weil zu viele Autoren, Werke, Epochen und Hintergründe binnen weniger Minuten benannt werden. Irgendwann erlahmt dann die Lust, schweift man gedanklich ab und findet sich erst einige Minuten später wieder, wenn man den Anschluss bereits verloren hat.
Obwohl ich die Autoren und zum Teil ihr Wirken bereits kannte, und obwohl ich mich für einen sehr aufmerksamen Hörer und interessierten Literaturfreund halte, bin ich einige Male während des Hörens abgeschweift. Es ist einfach unmöglich, jeden einzelnen Satz zu verfolgen. Doch ein Satz baut auf dem anderen auf, für das Verständnis ist absolute Konzentration erforderlich, heftiger als in manch einer Schulstunde (sagt jemand, der tatsächlich sogar gerne zur Schule gegangen ist).
Insgesamt fand ich LUST AUF LITERATUR sehr spannend. Unterhaltsam weniger, dazu muss man sich beim Hörbuch zusehr konzentrieren. Die Informationen sind interessant und machten tatsächlich Lust darauf, sich mit dem entsprechenden Autor und seinem Werk auseinanderzusetzen. Allerdings lockt man damit keine Lesemuffel hinter dem Ofen hervor. Vielleicht ist es als Buch einfacher zu verinnerlichen, als Hörbuch allerdings empfehle ich einen häppchenweisen Genuss, weil es schnell zuviel wird.
Ergänzung, unabhängig von der Rezension: ich habe einige Rezensionen im Web dazu gelesen. Und ich muss sagen, dass ich erstaunt bin. Getraut sich (des Kaisers neue Kleider) niemand zu sagen, dass die Infos zu schlagartig folgen und dass manches einfach unstrukturiert ist (siehe das Beispiel mit dem Kapitel Hauff), weil die Leute dann glauben zuzugeben, dass sie womöglich dumm seien, sodass lieber jeder die tollen Informationen lobt statt offen zu sagen "too much"? Oder ist es als Hörbuch tatsächlich soviel schwieriger denn als Buch? Oder hatte ich beim Hören einfach ein paar schlechte Tage und war nur nicht aufnahmebereit? All den Lobeshymnen kann ich mich nicht anschließen, auch wenn ich die Grundidee an sich nicht schlecht finde und mich bereits auch auf den zweiten Teil >MEHR LUST AUF LITERATUR< freue ...
SaschaSalamander 11.04.2013, 09.03 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Alice - Neues aus dem Wunderland
Ulrike Rylance schrieb die Story zu ALICE - NEUES AUS DEM WUNDERLAND. Ich lernte sie kennen durch das wunderbare Hörbuch >EMMA IM KNOPFLAND<, las kurz darauf begeistert >TODESBLÜTEN< und >FRIEDA AUS DER FLASCHE<. Als Ulrike Herwig schreibt sie Romane für ältere Leser, >MEIN GOTT, WANDA< ihr derzeit aktuellster Titel. Weitere Bücher von ihr stehen bereits in meinem Regal.
Außerdem schrieb sie drei spannende Folgen für LADY BEDFORT, die mir alle im Gedächtnis geblieben sind, obwohl ich sie hörte, als ich noch nichts mit dem Namen Rylance anfangen konnte. Dass eine Folge noch lange im Gedächtnis bleibt ist für mich bei solch einer langen Reihe ein Zeichen dafür, dass sich diese Episode und auffällt, in diesem Fall positiv.
Was den Hörplanet betrifft, muss ich wohl nichts mehr sagen, da schreibe ich ja immer wieder regelmässig darüber, ob nun AMADEUS, LADY BEDFORT, NACH DEM FROST oder andere Titel.
Also, zurück zu Alice: da haben also Ulrike Rylance und der Hörplanet gemeinsam etwas umgesetzt. Ich ging eher skeptisch an die Sache heran, einfach weil mir Alice inzwischen nicht mehr gefällt, beim 100sten Mal einfach langweilig wird. Daher habe ich den Titel >nach dem Kauf< damals ziemlich lange vor mir hergeschoben, bis ich es jetzt endlich gehört habe. Und ich war ziemlich begeistert, wow.
Was die Sprecher betrifft, mache ich statt einer Nennung diesmal ausnahmsweise eine Auflistung:
Erzähler: Ernst Meincke
Alice: Rike Götting
Baum : Dennis Rohling
Emma: Enie v. d. Meiklokjes
Herzkönig: Otto Mellies
Herzkönigin : Christel Merian
Kaninchen: Bodo Wolf
Kürbis: Tom Deininger
Schnecke: Joseline Gassen
Stein: Michael Eickhorst
Tanzhuhn: Marianne Groß
Twedeldei: Helmut Krauss
Alles durchweg bekannte Namen und altbekannte und -bewährte Sprecher, über deren Qualifikation man nichts mehr sagen muss und die das Hörspiel zu einem Genuss machen. Dazu sind Dennis Rohling und Michael Eickhorst (Betreiber der Hörplanet) als Sprecher in kleinen Nebenrollen ebenfalls zu finden. Über Rike Götting kann ich außer kleinen Rollen im Hörplanet nichts finden, mir ist der Name auch noch nie wirklich aufgefallen. Und ich muss zugeben, ich finde sie als Sprecherin für die Hauptrolle auch etwas ungünstig. Gerade Alice, die wichtigste Rolle, sollte professionell besetzt sein. Es ist klar, dass ein ungeübter Sprecher zwischen Größen wie Mellies, Groß, Krauss, Wolf und Co einfach untergehen muss, da kann man ihr auch keinen Vorwurf daraus machen. Es fällt eben doch mit jedem Satz auf, sosehr sie sich auch bemüht. Zwischen anderen Laiensprechern wäre sie vermutlich positiv aufgefallen mit ihrer sympathischen Stimme, so jedoch ...
Die Musik ist wieder gelungen, Dennis Rohling als Komponist beherrscht sein Handwerk. Ohne störende Momente untermalen die Melodien das Hörspiel und fügen sich gut ein, sorgen für eine packende Atmosphäre. Besonders das Titellied erinnert mich vom Stil her ein wenig an CORALINE und gefiel mir sehr: treibend, geheimnisvoll, geflüsterte Kinderstimmen zur Melodie, Unruhe und Spannung erzeugend.
Die Geschichte selbst finde ich überaus gelungen. Ich mag Carrolls Werk deshalb, weil er nicht nur eine witzige Nonsensgeschichte schreibt (das machen viele), sondern weil sein Humor intelligent ist und er sehr viele Wortspiele, Reime, Zahlenrätsel, Gedichte einbaut. In seinen Werken verbergen sich weit mehr Inhalt und Komplexität, als die meisten Leser es erahnen. Es ist nicht schwer, einen albernen Charakter zu erfinden und ihn in eine absurde Situation zu packen. Die Kunst dabei ist es, das so zu machen, dass es albern und absurd wirkt, hinter der Fassade jedoch clever und intelligent ist. Das ist Ulrike Rylance in jeder Hinsicht gelungen. Wortspiele, dazu ein paar Reime und Gedichte geschickt in die Handlung eingewoben. Die Charaktere scheinbar absurd. Nonsens, wie er sich gehört, jede Menge Sinn hinter dem Un. Das tanzende Huhn, die streitenden Bäume, die sprechenden Steine, das ist einfach köstlich. Dazu wieder die Herzkönigin, die allen den Kopf abschlagen will und von Alice meisterlich "besiegt" wird, ganz im Stil des Originals.
Mein erster Kontakt zu Rylance geschah ja über EMMA IM KNOPFLAND. Umso schöner fand ich es, Emma hier wieder zu begegnen. Interessant ist, dass ALICE vor EMMA entstand. Beim Schreiben der Story zu Alice kramte die Autorin ihre bereits lange gehegte Idee hervor, ein Buch über Knöpfe zu schreiben. Während sie in ALICE am Rande vorkommen und erst gegen Ende eine wichtige Rolle einnehmen, ist ihnen bei EMMA ein ganzes Buh gewidmet. Und wer denkt, dass man aus Knöpfen weder ein Hörspiel noch ein Buch machen kann, der hat eindeutig etwas verpasst! ;-)
Auch, wenn ihr von Alice inzwischen genugt habt - dieses Hörspiel müsst Ihr Euch unbedingt anhören! Witzige Charaktere, eine herrlich abgedrehte Story und intelligenter Humor, dazu perfekt passende Musik und sympathische Sprecher. Bis auf ein paar Ausnahmen ist ALICE - NEUES AUS DEM WUNDERLAND rundum gelungen.
SaschaSalamander 10.04.2013, 09.11 | (0/0) Kommentare | PL
Mein Freund aus Faro
Wie auch das bekannte Werk BOYS DON´T CRY oder der von mir kürzlich rezensierte >TOMBOY< greift MEIN FREUND AUS FARO das Thema Transgender auf. Wie leider üblich auf teilweise tragische Weise, die Protagonistin muss sich verstellen, wird von ihrer Umwelt nicht anerkannt und muss um das Aufdecken ihrer Identität fürchten. Ich finde es schade, dass Trans-Thematik immer schicksalsbeladen sein muss in den Medien und sich die meisten Filme im Bereich Drama ansiedeln.
Abgesehen davon hat mir der Film außerordentlich gut gefallen. Es gibt keine actionreichen Szenen, die Spannung entsteht vor allem aus der Frage "was geschieht, wenn jemand davon erfährt". Ruhige Musik, stimmungsvolle Bilder, eine sehr schöne Landschaft, intensives Charakterdesign. Die Handlung geht ruhig voran, und die Geschichte wird auch ohne große Worte erzählt. Es ist ein Film, auf den man sich einlassen muss, um ihn zu erfassen, man muss Zeit und Geduld mitbringen. Kein Mainstream, den man nebenbei verdaut und dann wieder vergisst, sondern bild- und inhaltsreiches Kino mit einer Aussage, die noch lange im Zuschauer arbeitet.
Wunderschön. Und traurig. Es lohnt sich ...
SaschaSalamander 03.04.2013, 08.42 | (0/0) Kommentare | PL
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