SaschaSalamander

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Lust auf Literatur

>LUST AUF LITERATUR< - Na, das ist ein Titel, an dem kann jemand wie ich nicht vorbei! Also habe ich die Kopfhörer aufgesetzt und sofort mit dem Buch von Peter Braun begonnen. Es erzählt in verschiedenen Abschnitten über das Leben und Wirken vereinzelter Autoren, so etwa Goethe, Schiller, Hesse, Lessing, Karl May, die Brüder Mann und einige weitere.

Ziel des Buches ist es, sich von dem langweiligen Stoff der Schule abzuheben. Während der Schulstoff den Jugendlichen oft das Lesen vergällt und die Freude daran nimmt durch trockene Fakten und unnötige Informationen, durch viel zu analytische Gedanken statt einfach mal menschlich an das Werk heranzugehen, möchte der Autor hier die Personen und Werke so vorstellen, dass es Freude bereitet. Er will junge Menschen zum Lesen bewegen und sie dazu bringen, sich auch für anspruchsvolle Literatur zu begeistern, die keinesfalls öde und kompliziert ist.

Dies geht er an, indem er über die Hintergründe der einzelnen Personen erzählt. So berichtet er von den politischen Wirren, sozialen Hintergründen und gesellschaftlichen Gegebenheiten, unter denen einzelne Werke entstanden sind, erzählt private Anekdoten der Autoren. Oft kann man nur verstehen, was ein Schriftsteller aussagen möchte, wenn man weiß, unter welchen Umständen das Buch geschrieben wurde, und dies wird hier vermittelt.

Ich finde, es ist Peter Braun zum Teil durchaus gelungen, allerdings bezweifle ich, dass er damit wirklich alle jungen Leser begeistert. Mir hätte das Buch (bzw in diesem Fall das Hörbuch) sehr gut gefallen. Allerdings konnte ich mich damals bereits für Literatur begeistern und fand all diese Dinge sehr spannend.

Um Jugendliche allgemein zu begeistern, ist LUST AUF LITERATUR dann aber doch zu speziell. Der Autor begeht einige Fehler, die leider auch in der Schule gemacht wurden: zuviel Input, zu wenig Drumherum. Die Fakten selbst sind interessant, die Anekdoten witzig bzw spannend, und erfreulicherweise vieles, das man in der Schule so niemals hören würde. Aber alles ist so extrem dicht gepackt, dass der Hörer nicht eine Sekunde verschnaufen darf. Beinahe Infodumping. Gut, es IST ein Sachbuch, aber selbst hier erwarte ich gerade für Jugendliche eine gewisse Lesbarkeit statt nur Aneinanderreihung von Informationen.

Dazu kommen sehr viele Exkurse. Es geht Schlag auf Schlag, wobei es einfach nicht mehr möglich ist zu folgen. Zwar gibt es wechselnde Sprecher, doch da es eben kein emotionaler Roman sondern ein sachlicher Text ist, gibt es wenig Schwankung im Vortrag. Es "monoton" zu nennen, wäre böse, doch da eben wenig Hebungen und Senkungen notwendig sind, läuft es stellenweise von der Sprachmelodie darauf hinaus, was das Zuhören auf Dauer doch erschwert.

Das Kapitel um Hauff etwa beginnt mit dem Autoren Tieck (wieder ein Exkurs zum "gestiefelten Kater"), der beim Hören des Gedichtes "Die Glocke" von Schiller vor Lachen vom Stuhl fällt. Es geht weiter mit den Gebrüdern Grimm, dem Zeitalter der Romantik, mit Brentano und Arnim, bevor man dann irgendwann auf Hauff zu sprechen kommt. Zugegeben, da braucht es wirklich viel Sitzfleisch, um hier aufmerksam am Ball zu bleiben! Es mag im Buch anders sein, doch gerade im Hörbuch kam es vor, dass ich bei einem Kapitelwechsel sehr lange keine Ahnung hatte, um wen es nun eigentlich geht und wer der Autor ist, über den gerade gesprochen wird - einfach, weil zu viele Autoren, Werke, Epochen und Hintergründe binnen weniger Minuten benannt werden. Irgendwann erlahmt dann die Lust, schweift man gedanklich ab und findet sich erst einige Minuten später wieder, wenn man den Anschluss bereits verloren hat.

Obwohl ich die Autoren und zum Teil ihr Wirken bereits kannte, und obwohl ich mich für einen sehr aufmerksamen Hörer und interessierten Literaturfreund halte, bin ich einige Male während des Hörens abgeschweift. Es ist einfach unmöglich, jeden einzelnen Satz zu verfolgen. Doch ein Satz baut auf dem anderen auf, für das Verständnis ist absolute Konzentration erforderlich, heftiger als in manch einer Schulstunde (sagt jemand, der tatsächlich sogar gerne zur Schule gegangen ist).

Insgesamt fand ich LUST AUF LITERATUR sehr spannend. Unterhaltsam weniger, dazu muss man sich beim Hörbuch zusehr konzentrieren. Die Informationen sind interessant und machten tatsächlich Lust darauf, sich mit dem entsprechenden Autor und seinem Werk auseinanderzusetzen. Allerdings lockt man damit keine Lesemuffel hinter dem Ofen hervor. Vielleicht ist es als Buch einfacher zu verinnerlichen, als Hörbuch allerdings empfehle ich einen häppchenweisen Genuss, weil es schnell zuviel wird.

**************

Ergänzung, unabhängig von der Rezension: ich habe einige Rezensionen im Web dazu gelesen. Und ich muss sagen, dass ich erstaunt bin. Getraut sich (des Kaisers neue Kleider) niemand zu sagen, dass die Infos zu schlagartig folgen und dass manches einfach unstrukturiert ist (siehe das Beispiel mit dem Kapitel Hauff), weil die Leute dann glauben zuzugeben, dass sie womöglich dumm seien, sodass lieber jeder die tollen Informationen lobt statt offen zu sagen "too much"? Oder ist es als Hörbuch tatsächlich soviel schwieriger denn als Buch? Oder hatte ich beim Hören einfach ein paar schlechte Tage und war nur nicht aufnahmebereit? All den Lobeshymnen kann ich mich nicht anschließen, auch wenn ich die Grundidee an sich nicht schlecht finde und mich bereits auch auf den zweiten Teil >MEHR LUST AUF LITERATUR< freue ...


SaschaSalamander 11.04.2013, 09.03

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von The Duchess

Das stört mich auch an vielen akademischen Texten. Ich habe kein Problem mit komplexen Sätzen oder schwierigen Wörtern, wirklich nicht - aber das, was da immer verzapft wird, meine Güte. Ich glaube den Leuten ihren akademischen Hintergrund doch auch, wenn sie's in Sätzen schreiben, die man beim ersten Lesen erfassen kann! ...wenn ich's recht bedenke, dann eigentlich sogar noch mehr, als wenn sie sich hinter so umständlichen Mammutsätzen verstecken. Da habe ich immer den Verdacht, sie müßten vom Inhalt ablenken...

vom 23.04.2013, 08.04
Antwort von SaschaSalamander:

Jup, das kann ich so unterstreichen (also, nicht für dieses Hörbuch speziell, so schlimm ist das nicht, ist nur geballt aber nicht akademisch hochgestochen. Ich meine für andere Texte).

Ich bewundere Virginia Satir und Paul Watzlawick und Birkenbihl dafür, dass sie es schaffen, komplexe Inhalte so simpel zu vermitteln, dass wirklich jeder sie versteht. Diese Fachbücher kann man jedem in die Hand drücken, es ist verständlich, man muss es gar nicht mal studieren um es zu begreifen. Das finde ich großartig und zeugt davon, dass diese Mesnchen WIRKLICH Ahnung haben ...

wenn jemand sich so verquast ausdrückt und keiner es versteht - dann hab ich da wenig Bewunderung, denn wer weiß, ob der nicht irgendeinen Schwurbs labert, der nur wichtig und kompliziert klingt, eigentlich aber heiße Luft ist?

Aber das gibts nicht nur bei akademischen Texten. Das findest Du auch oft in den Feuillettons (ich wette, ich hab es wieder falsch geschrieben, ich finde dieses Wort schrecklich, hat jemand ´ne Eselsbrücke? *lol*), bei Konzertberichten und Rezensionen und Kinobeiträgen. Wenn Du Dich am Ende fragst "hab ich wirklich den gleichen Film gesehen? Wovon spricht der überhaupt?" ...

1. von The Duchess

Naja, das ist ja oft so, daß niemand zugeben kann, daß er "zu dumm" oder "zu wenig intellektuell" ist... Ich glaube, wenn jeder ehrliche Meinungen schreiben würde, sähen Rezensionen generell oft ganz anders aus.^^

vom 17.04.2013, 10.18
Antwort von SaschaSalamander:

oh ja, das denke ich mir auch oft. Gerade, wenn ich so kompliziertes Geschwurbel lese, bei dem ich mich frage, ob der Rezensent selbst kapiert hat, was er da eigentlich mit seinen völlig abgedrehten Sätzen überhaupt gesagt hat?!? ... ne, da halte ich es lieber einfach und verständlich, auch auf die Gefahr hin, dass ich als unintellektuell gelte. Kann ich damit leben :-)

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