SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Jadetrunk und Rabenfuß

JADETRUNK UND RABENFUSS ist ein Buch aus der Feder Christian von Asters, das ich im ersten Moment nicht als dem Autor zugehörig erkannt hätte beim Lesen, das aber ebenso meisterlich wie seine anderen Titel die Atmosphäre der Umgebung einfängt und den Leser verzaubert.


Ein Ich-Erzähler erklimmt das Haus zum Goldenen Wolkenzepter, um die Geschichten des alten Klosters zu erfahren. Ein Mönch erzählt ihm die Geschichten, welche Meister Guan sich auf dem Sterbebett erzählen ließ.

Was ungewöhnlich ist: zumindest die Titel, die ich bisher von ihm las, waren auf gewisse Weise surreal, ironisch und auf die ein oder andere Weise "anders". Dieser Titel dagegen ist zwar märchenhaft und dadurch fantastisch, nicht immer real, spielt aber nicht mit den sonst ironischen Untertönen und der für ihn typischen Wortgewalt.

Die Tiefe, die sich sonst zwischen Anspielungen auf Politik, Geschichte, Literatur, Mythologie verbirgt, findet sich diesmal im Inhalt der Geschichten selbst. Auch die Erzählweise selbst ist sehr kunstvoll gewebt: der Ich-Erzähler (1) trifft auf einen Mönch (2), welcher von den Geschichten erzählt, die einem sterbenden Abt von dessen Schülern (3) erzählt wurden. Eine mehrschichtige Rahmenerzählung, welcher der Leser jedoch problemlos folgen kann, zumal zusätzlich die einzelnen Ebenen in ihrer Schriftart sowie durch Absätze und Seitenwechsel getrennt sind. 

Wo sonst bei von Aster oft Wortspiele, grammatikalische Klimmzüge und allerlei Akrobatik zu finden sind, ist dieses Buch dagegen sehr schlicht. Hier spielt er ausnahmsweise mit Bildern und einer dichten Atmosphäre. Die Worte der Geschichten sind unverschnörkelt. Klärend, reinigend, ohne Ballast, reduziert nur auf das Nötigste. Was zählt sind die Erfahrungen der jeweiligen Protagonisten. 

Meister Guan lässt sich von den Schülern Erzählungen zu den unterschiedlichsten Themen darbieten, so etwa über Schuld, Liebe, Leidenschaft, Tod, ja sogar über Geschichten. Die Moral wird nicht auf dem Silbertablett präsentiert, sondern der Leser wird herausgefordert, selbst den Sinn hinter den Ereignissen zu erfahren. Die Antworten sind vieldeutig, die Geschichten lassen sich sehr gut mit etwas Abstand erneut lesen und diesmal mit etwas anderem Blick betrachten. 

Ich finde, dieser Titel zeigt sehr schön die Wandelbarkeit von Asters, der gerne die breitgetretenen Pfade verlässt und sich stets am Rand einzelner Genres bewegt, ohne sich jemals komplett zuordnen zu lassen. Dieses Buch liest sich sehr ruhig, fließend, und es war mir nicht möglich, es am Stück zu lesen. Statt dessen habe ich über mehrere Wochen verteilt immer mal wieder eine Geschichte gelesen, um diese dann in mir wirken zu lassen, sie ganz aufzunehmen, manchmal auch mit etwas Abstand ein zweites Mal zu lesen. 

JADETRUNK UND RABENFUSS verzaubert den Leser, lässt ihn tief eintauchen in das Geschehen, und wird ihn noch lange nach der Lektüre beschäftigen ...

SaschaSalamander 30.03.2015, 08.45

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