SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Gespenster-Krimi 01 - Mörderbäume

Klappentext: Wieder verschwindet jemand in den dunklen Wäldern. Verena, eine junge Reporterin und Schwester des letzten Opfers, ermittelt auf eigene Faust. Doch die Bewohner des Dorfes reagieren ablehnend und teils sogar bösartig. Irgend etwas im Wald scheint ihnen Angst zu machen. Verena gibt nicht auf und macht sich auf die Suche. Sie ahnt nicht, mit welch finsterer Macht sie sich anlegt!


Grusel und Horror gibt es auf dem aktuellen Hörspielmarkt ja so einige Titel. Und wenn eine Serie abgebrochen wird, wächst auch schon die nächste nach. Verständlich, denn so ein gepflegter Grusel hat was, ich zumindest kann nicht genug davon bekommen. Trotzdem bin ich immer sehr skeptisch, und nur wenige Serien können für meinen Geschmack bestehen. Zu groß ist die Gefahr, bei diesem Genre abzurutschen in albernen Trash oder billige Splattereffekte voller Sex, Ekel und Gewalt. 

Contendo Media (Team Undercover, Mord in Serie) und AudioNarchie (Mord in Serie) haben sich nun zusammengeschlossen und gemeinsam die alten Gespenster-Krimis aufgegriffen. Damals gab es bereits ein paar Hörspiele dazu. Da ich die alte Serie nicht kenne und auch die Gespenster-Krimis damals nicht gelesen habe (ich war dann eher Fan von Sinclair und Zamorra), kann ich auch nicht wirklich einen Vergleich ziehen. Ist aber auch nicht nötig, schließlich soll die neue Reihe für sich selbst stehen. 

Die erste Geschichte basiert auf dem Heftroman MÖRDERBÄUME von Earl Warren, ein kurzes Interview mit dem Autor ist im Booklet zu finden. Die Hörspielüberarbeitung wurde von Markus Topf übernommen, der auch bei Mord in Serie als Autor anzutreffen ist.

Die Story klingt interessant, und offen gesagt ist sie für den Einstieg auch etwas ungewöhnlich. Statt Grusel wird eher düstere Fantasy geboten. Trotzdem hat mir das Hörspiel außerordentlich gefallen:

Das Cover zeigt eine Fratze aus Ästen und Zweigen, sehr stimmungsvoll und genau richtig für die lebenden Bäume, welche titelgebend für das Hörspiel waren. Ein Motiv, das man sich gerne genauer und intensiver ansieht, ein richtiger Blickfang, der schon vor dem Hören neugierig macht. 

Die Handlung mag recht simpel und durchschaubar sein, zwar mit einem Twist, der aber nicht wirklich überrascht. Aber was will man bei einem Gruselhörspiel da auch erwarten? Viel wichtiger ist hier die Umsetzung und das, was aus einem Plot gemacht wird. Und das ist meiner Meinung nach absolut gelungen. 

Am Ende sah ich, dass das Hörspiel 87 Minuten dauert, quasi ein abendfüllender Film. Hatte mich sehr überrascht, denn so lang war es mir gar nicht vorgekommen, die Zeit verging so schnell, dass ich fast enttäuscht war, als es bereits zu Ende war. 

Das liegt vor allem am stimmungsvollen Soundtrack und den gelungenen Effekten sowie den durchweg überzeugenden Sprechern. Ich hatte während des Hörens klare Bilder vor Augen, sah die Charaktere vor mir und konnte mich sehr gut in die entsprechenden Szenen hineinversetzen. Hier haben die Macher wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Ganz großer Pluspunkt: Grusel wird gerne mit Ekel / Splatter verwechselt, sodass sich im Gänsehautbereich viele Titel mit jeder Menge Splotsch Platsch Spritz Matsch Kwirk finden, was ich persönlich weniger eklig als vielmehr lächerlich finde (besonders, wenn damit über fehlenden Plot und schlechte Umsetzung hinweggetäuscht werden soll). In MÖRDERBÄUME gibt es zwar auch Kämpfe und gelegentlich eklige Momente, aber es wird niemals überstrapaziert sondern wohldosiert an den passenden Stellen eingesetzt, um zu Beginn einzuleiten oder später nach aufgebauter Spannung ein wenig Dampf abzulassen. Das ist ein Merkmal, das diesen Titel für mich deutlich von vielen anderen abhebt!

Kleine Kanten lassen sich verzeihen. So zieht sich der Anfang im Dorf ein wenig (unterhaltsam gemacht, hätte aber deutlich gestrafft werden können), und wenn ein Charakter kurzfristig die Rolle des Erzählers übernimmt, ist das eher verwirrend als spannend. Im Verhältnis zu den positiven Punkten fiel mir dies allerdings nicht wirklich ins Gewicht, sorgte lediglich kurz für ein wenig Stirnrunzeln, bevor ich mich wieder in die Geschichte vertiefte. 

Das Hörspiel hat 22 Sprecher aufzubieten, alles Profis vom Fach. Mein persönliches Sahnehäubchen ist Jürgen Thormann in der Rolle des Bösewichts. Aber auch die anderen können sich hören lassen, so etwa Helmut Krauss, Christine Pappert, Tobias Kluckert, Uve Teschner, Jürgen Holdorf und viele weitere. Hörspielfans werden sich vor allem über die Kids aus dem Team Undercover freuen, denen man auch hier in einer kurzen aber wichtigen Rolle begegnet ;-)

Ist es bei Hörspielen üblich, auf eher eine geringere Zahl von Sprechern zurückzugreifen, einfach weil die knappe Stunde nicht den Raum für so viel Charakterentwicklung hat, ist 22 wirklich eine beachtliche Zahl an Mitwirkenden. Ich hatte beim Lesen der Beteiligten etwas Sorge, dass die Geschichte zu unübersichtlich würde oder die Charaktere flach bleiben würden. Das war glücklicherweise nicht der Fall. Viele Sprecher übernehmen kurze Nebenrollen, deren Name und Figur man sich nicht einprägen muss, die aber einfach zur Atmosphäre beiträgen. Die Hauptsprecher sind klar erkennbar in ihren Rollen, und die Tiefe, nun ja, es ist halt ein Gruselhörspiel, eine tiefenpsychologisch ausgefeilte Figur wird natürlich nicht vorgesetzt, aber die Protagonisten wirken in ihrem Handeln glaubhaft und überzeugend, und das genügt mir. 

Zusammenfassung: Tolle Sprecher, super Atmosphäre, gelungene Effekte. Die Story zwar etwas flach mit etwas Länge am Anfang, insgesamt aber okay. Das Genre allerdings eher Fantasy als Grusel, was wohl an der Vorlage lag, sodass ich gespannt bin auf die folgenden Titel und mir etwas mehr Gänsehaut wünsche. 

Für den Einstieg also meiner Ansicht nach rundum gelungen, wenn auch mit ein klein wenig Luft nach oben. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Reihe endlich wieder einmal eine sein könnte, die längere Zeit überlebt und sich bald neben anderen laufenden Titeln festigt. Jedenfalls würde ich mir das wünschen, denn wirklich guten Grusel kann man mit der Lupe suchen ... 


09.02.2015, 08.43

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