SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Der Letzte seiner Art

Von den Frauenkrimis verkrafte ich immer nur ein paar am Stück, zwischendurch sind sie aber wirklich top, muss meine Meinung wohl überdenken *g*. Aber ab und zu brauch ich mal wieder etwas "Handfestes", und da lese ich gerne so etwas wie Eschbach, Grisham, Follett oder dergleichen. Und so habe ich mich gefreut, als mir "der Letzte seiner Art" von Eschbach in die Hände fiel.

Duane Fitzgerald lebt ein recht einsames Leben als Amerikaner in Irland. Ein kleines Häuschen, keine hohen Ansprüche ans Leben, ab und zu ein kleiner Besuch im Hotel oder ein Einkauf im Supermarkt. Die hübsche Bridget wagt er nicht einmal anzusehen, denn er weiß, dass die Beziehung zu ihr niemals eine Zukunft hätte. Denn Duane ist ein Cyborg: ein "CYBernetischer ORGanismus", ein Mischwesen aus Mensch und Maschine. Gedacht als ultimative Kampfeinheit des amerikanischen Militärs. Doch nachdem das Projekt sang- und klanglos gestrichen wurde, versetzte man ihn und seine "Kollegen" in den Ruhestand. Und so lebt Duane nun sein tristes Leben, als eines Tages ein seltsamer asiatisch aussehender Mann auftaucht und den Bewohnern Fragen über ihn stellt. Als dann auch noch Männer vom Geheimdienst im beschaulichen Dörfchen auftauchen und einer nach dem anderen von Duanes ehemaligen Kollegen ermordet wird, erkennt er, in welcher Gefahr er schwebt ...

Inzwischen ein häufiges Thema, erst recht wenn man die ähnlichen Bereiche der Roboter, Androiden, Mechas etc mit einbezieht. Alien, Terminator, Robocop, von unzähligen Animes und Mangas (Ghost in the Shell, Key the Metal Idol, Argento Soma, Battle Angel Alita, Robotic Angel, Akira, tausende mehr) ganz zu schweigen. Da muss man schon etwas Besonderes bringen, wenn man die Leser vom Hocker reißen will. Was mir an Eschbach gefällt: er geht die Themen recht auf unkonventionelle Weise an und macht aus Altem etwas Neues. So auch hier:

Es ist vielmehr eine Charakterbeschreibung als ein Science-Fiction oder Actionroman. Eigentlich wird Duane gar nicht als Kampfmaschine geschildert. Eher als Kriegsveteran in ärmlichen Verhältnissen. Wer und was er ist, kann man sich sofort denken, denn das Buch / Hörbuch startet sofort beim morgendlichen Erwachen, als die linke Körperhälfte Duanes gekappt ist und er mal wieder versucht, sich selbst zu reparieren, was recht blutig abläuft. Er besucht entgegen der Vorschriften einen normalen Hausarzt, dem er vertraut. Den Kontakt zu seinen Vorgesetzten in Amerika hält er nur ungern aufrecht.

Ihm ist klar, dass sein Leben eigentlich sogut wie gelaufen ist: er ist auf einen ekligen Nahrungsbrei statt kühlen Bieres und duftender Steaks angewiesen, er kann trotz einer perfekten Kontrolle seines Glieds keinen Verkehr haben (weil er im entsprechenden Moment des Kontrollverlustes die Frau durch seine unbändige Kraft wohl töten würde), er darf niemandem von sich erzählen, er wird ständig vom Militär überwacht, und wirkliche Hobbies oder Interessen hat er auch nicht. Er lebt eben so vor sich hin. Nicht wirklich das, was man sich unter einer perfekten Kriegsmaschine, einem Cyborg, einem 6 Millionen Dollar Mann (was noch recht billig wäre, wie die Forscher über ihn witzelten) erwarten würde. Von Heldentaten, Kraftakten, Weltretten oder Ähnlichem ist hier im Buch niemals die Rede.

ich finde auch dieses Werk von Eschbach wieder klasse. Allerdings hat es leider eine kleine Schwäche: den Spannungsaufbau. Des Themas wegen hatte ich eigentlich auf ein wenig Action gehofft, aber da habe ich wohl danebengegriffen. Nach dem recht radikalen Einstieg ins Geschehen zieht sich das Buch anfangs recht lange, bevor es zur Sache kommt (wieder einmal das Problem mit der Inhaltsangabe: ichreiße ungern mehr als die ersten Kapitel eines Buches an, aber manche Bücher fordern fast den gesamten Inhalt, um ein wenig Spannung als Vorfreude zu erwecken). Dann, als man die Identität des Asiaten erfährt, ein Kampf entbrennt, die Männer auftauchen und auch noch Duanes Kontakte abbrechen, kommt so richtig Spannung auf. Die aber auch sehr schnell wieder abflaut. Und so zieht sich das Buch dann bis hin zum abrupten Ende. Dieses wirkt auf mich ein wenig, als hätte Eschbach nicht so wirklich weiter gewusst. Aber andererseits - wie hätte die Geschichte für die nutzlose, alltagsuntaugliche Kampfmaschine Duane auch enden sollen?

"Der Letzte seiner Art" ist ein sehr gut gemachter Roman. Auch, wer sonst eher kein Science-Fiction liest, kann ihn bedenkenlos lesen und wird nicht mit geballter Action oder technischen Details überfüttert. Allerdings sollte man nicht auf Spannung wie im Hollywood-Blockbuster setzen, sondern sich eher auf eine ruhige, traurige Lebensgeschichte eines eher ungewöhnlichen Menschen einstellen. Ein Cyborg mal völlig anders - eben ein typischer Eschbach! ;-)

SaschaSalamander 17.05.2006, 09.27

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