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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Deutsch
Nur eine Woche
Ein Roman, den ich in die Hand nahm, weil ich einfach zwischendurch gerne mal Sachen lese, mit denen ich auf den ersten Blick nicht viel anfangen kann, schließlich lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen und befasse mich mit Dingen, die mir nicht unbedingt zusagen. Latex, Bürojob, 24/7 mit Kleiderordnung ... "wem´s gefällt", wie man so schön sagt. Ein gutes Buch schafft es aber, den Leser mitzureißen, ob er sich für ein Thema interessiert oder nicht. Und das war hier absolut der Fall! Und ich muss sagen, der Autor hat das Thema Latex und Fetisch so gut erklärt, dass man auch als Außenstehender wirklich einen schönen Einblick bekommt. Was findet jemand an Latex toll? Wie fühlt es sich an, dieses Material auf der Haut zu tragen? Wie pflegt man Latex, und was gibt es für Möglichkeiten mit diesem Material?
Als ich die Beschreibung las, dachte ich "na toll, und wieder ein Top, der irgendwelche dummen Sachen verlangt, und irgendein Weibchen rennt ihm hinterher und erfüllt ihm seine Phantasien". Pustekuchen! Statt dessen konfrontiert Mike Orca, der sich selbst in der Fetischszene bewegt und sehr gut weiß, wovon er hier in seinem Buch erzählt, den Leser mit einer selbstbewussten jungen Frau, die zwar ihrem Herrn ergeben ist aber dennoch ihren eigenen Kopf hat. Sie weiß, dass sie ihrem Freund vertrauen kann, und sie weiß, dass er sie auffangen wird, falls es auf Arbeit schiefgeht. Zugegeben, hier kommt der Faktor Geld dazu, der so in der Realität wohl nicht gegeben ist in diesem Ausmaß, aber dafür ist es ein Roman, fast schon ein Märchen. Ein Märchen von einer selbstbewussten Prinzessin und ihrem strahlenden Ritter auf dem weißen Pferd, jedoch alltagsnah und fast realistisch.
NUR EINE WOCHE ist stellenweise weniger ein Roman als vielmehr fast schon eine Beschreibung. Sehr detailliert wird auf die Kleidung, die Latexpflege, die Aufgaben eingegangen. Die Charaktere sowie die Handlung selbst bleiben dabei etwas im Hintergrund, sind jedoch trotzdem sehr gut durchdacht und greifbar. Das Verhalten der Protagonistin ist erstaunlich gut nachvollziehbar, und auch wenn der Leser selbst nicht so gehandelt hätte, ist doch alles gut erklärt und einfühlsam geschildert. Besonders gefielen mir die Reaktionen der Kollegen. Wie gesagt, es mutet stellenweise fast ein wenig wie ein Märchen an, es geht alles gut, und recht schnell erkennt der Leser, dass man sich hier weniger auf Konflikte einstellen muss denn auf bewegende Momente. In der Realität mag es nicht so glimpflich ablaufen, und nur wenige würden ihren Job auf diese Weise riskieren wollen. Aber NUR EINE WOCHE ist Fiktion, und dementsprechend geht alles glatt, die Kollegen halten zu ihr, der Chef geht auf ihre neue Rolle ein, und wenn Not am Mann ist hat ihr Herr ganz sicher noch einen Trumpf in der Hand.
In der Realität kann man den Job verlieren, und deswegen (oder vielleicht auch aus einem anderen Grund, das weiß ich nicht) schreibt der Autor unter einem Pseudonym. Aber hey, Lesen soll dazu dienen, dem Alltag zu entfliehen, sich seinen Phantasien hinzugeben. Und deswegen gibt es in diesem Buch ein Outing vor Kollegen, Freunden und Familie, wie jeder es sich nur erträumen kann. Ach, wenn das wahre Leben nur genauso einfach wäre :-)
Was ungewöhnlich ist in diesem Genre, aber was mir außerordentlich gut gefiel: ich habe sehr oft gelächelt, es tat einfach gut: die Reaktionen der Kollegen, die Begeisterung Janinas, ihr stetig wachsendes Selbstbewusstsein von der schüchterenen Frau hin zur stolzen Sub, es berührt den Leser und zaubert mehrfach ein Strahlen ins Gesicht. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Es ist witzig, wenn durch Janinas Verhalten nach und nach die Kollegen anfangen sich zu outen. Denn mal ehrlich, ein klein wenig Abenteuerlust steckt doch in uns allen, und wer weiß schon, was die Chefsekretärin unter ihrer Bluse trägt und welche Schuhe die Kollegin abends für ihren Freund anzieht und ob der schüchterne Kollege die Lederhose wirklich nur fürs Motorrad gekauft hat? Auch wenn Janina ihrer Aufgabe nachkommt und offen allen Fragen Rede und Antwort stehen muss, ergibt sich so manch witzige Situation, sei es im Fitness-Studio, beim Autowaschen, auf der Post oder oder oder.
Erotik im sexuellen Sinne gibt es keine, denn Janina trägt einen Keuschheitsgürtel, außerdem ist ihr Herr in dieser Woche für sie nicht greifbar, sie soll die Situation alleine meistern. Aber Erotik ist nicht nur Sex, Erotik ist Sinnlichkeit, und auch Fetisch hat seinen eigenen Platz in der Welt des BDSM und Bizarr, und für die Sinne wird hier viel geboten, denn das Gefühl von Latex, der Geruch, die Haptik, das vermag der Autor so deutlich zu beschreiben, dass man direkt meint es beim Lesen zu riechen.
Auch, wenn die Geschichte sehr vorhersehbar ist und man nach wenigen Seiten ahnt, worin es gipfeln wird und dass Janina keine wirkliche Gefahr auf Arbeit droht - trotzdem konnte ich das Buch nur schweren Herzens beiseite legen. Ich konnte das nächste Gespräch mit der Kollegin nicht abwarten, danach wollte ich sofort wissen, welche Aufgabe ihr Herr als nächstes stellt, und danach musste ich doch unbedingt erfahren, was sie im Laden für neue Kleidung kaufen wird, und so weiter und so fort, ich war wirklich erstaunt über die Faszination, die dieses Buch auf mich ausgeübt hat.
So begeistert ich bin - eine Kleinigkeit muss ich dennoch anmerken: es ist wie gesagt recht nüchtern geschrieben, die Dialoge klingen stellenweise ein wenig hölzern. Es liest sich eben wie gesagt weniger wie ein glatter Roman als vielmehr wie eine Beschreibung. Doch nach wenigen Seiten hat man sich an diesen ungewöhnlichen Stil gewohnt und empfindet ihn nicht mehr als störend, sondern im Gegenteil einmal angenehm anders. Der >ReDiRoma Verlag< war mir bis dato unbekannt, aber bei einem Blick auf die Homepage wird schnell klar, um was es sich handelt. Von daher sind ein paar Rechtschreibfehler oder grammatikalische Ausrutscher zu verzeihen, ich habe einfach darüber hinweggesehen ;-)
Wer Latex mag und sich für das Thema interessiert, kann bei diesem Buch gar nichts falsch machen, für den ist es sicher ein Festmahl. Und für alle, die aufgeschlossen sind, bietet NUR EINE WOCHE einen sehr schönen Einblick in den Fetischbereich.
SaschaSalamander 08.06.2012, 09.11 | (0/0) Kommentare | PL
Sommer in Orange
1980, Berlin Kreuzberg: Amrita und Siddharta leben in einer Baghwan Kommune, und als Siddharta einen Hof im bayrischen (und fiktiven) Talbichl erbt, beschließen sie dort ein Therapiezentrum aufzubauen. Die gesamte Kommune, darunter auch die Kinder Lilly (12) und Fabian (9) kommt mit. Für die Erwachsenen eine aufregende Zeit, für die Kinder ein Kulturschock. Von Berlin ins erzkatholische Bayern, sind sie als Außenseiter sofort am Rand. Besonders Lilly fällt das schwer, sie möchte gerne angenommen sein und Freunde finden. Statt dessen scheint es, als legen ihre Eltern ihr immer wieder Steine in den Weg, blamieren sie vor den Klassenkameraden, missbilligen die Kontakte zu anderen Dorfbewohnern. Als die Mutter auf einem Kongress Prem kennenlernt und beschließt mit ihm nach Oregon zu ziehen, beschließt Lilly sich gegen ihre Kommune zu stellen.
Es ist schwer, die Handlung zu beschreiben, da der Film eher mit Bildern und Emotionen spielt. Die Handlung wird nicht direkt erzählt, ähnlich wie >WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT< ergibt sich Handlung, Humor und Inhalt eher aus dem Zusammenhang als aus einzelnen Szenen an sich. Daher finde ich auch recht schwer Worte für diesen Film.
Für mich kann ich sagen, dass mir der Film sehr gefallen hat. Nicht ganz so gut wie der oben genannte WER FRÜHER STIRBT, aber trotzdem sehenswert und witzig. Allerdings stellenweise sehr aufwühlend, da der Zwiespalt Lillys sehr gut dargestellt ist. Sie versucht das Spagat zwischen der Kommune und dem Dorfleben sogut als möglich zu meistern, aber so aufgeschlossen wie sie sind sowohl ihre Familie als auch die Dorfbewohner leider nicht. Das Thema Baghwan-Sekte wird angeschnitten, jedoch nicht thematisiert oder aufgearbeitet, es wird nicht erklärt, es ist eben so, zeigt die schönen aber auch die kritischen Seiten, die Probleme der Mitglieder untereinander, die Freiheit des Einzelnen aber auch das In-Sich-Gefangensein.
Spannend auch die Darstellung Bayerns um 1980. Während mein Mann, der eher das Berlin dieser Zeit kannte, sich häufig wunderte, musste ich dagegen oft nicken. Ja, wer in Bayern auf dem Land großgeworden ist, der findet so einiges wieder, und ich musste oft schmunzeln (und ihm einige Passagen übersetzen, da der Film im Dialekt gehalten ist).
Der Humor des Films basiert vor allem auf der Darstellung der krassen Gegensätze. Ein eher stiller Humor, kein lautes Lachen aber sehr oft ein Lächeln, ein Wohlfühlfilm mit Schmunzelgarantie. Und zwischendurch ein paar Schenkelklopfer bzw absolut absurde WTF-Situationen, etwa Lillys Vision vom Baghwan oder der indische Hausmeister, Szenen die man stundenlang analysieren könnte, über die man aber auch einfach so herzhaft lachen kann.
Amber Bongard ist die Darstellerin der kleinen Lilly, und sie war wirklich genial, ihr Schauspiel hat mir sehr gefallen, sie hat ihre Rolle sehr überzeugend gespielt, ich litt mit ihr, sie war vom ersten Moment an sympathisch.
Und weil ich das Cover hübsch finde, weil ich die Farbe Orange mag und ich denke, dass das Cover gut zum Blog passt, gibt es hier die große Version :-)
SaschaSalamander 07.06.2012, 08.49 | (0/0) Kommentare | PL
Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
"Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers", dieser Titel klang mal absolut interessant. Schnitzeljagd ist nämlich klasse. Mal sehen, worum es in diesem Buch geht ... und jau, es ging tatsächlich um die moderne Form der Schnitzeljagd, nämlich das Geocaching (sprich: Geokäsching). Und noch dazu von einem der Comedians, die ich recht gerne sehe, nämlich Bernhard Hoecker.
Mit viel Witz und Ironie beschreibt Hoecker die Freuden und Leiden des Cachens. Es ist kein Roman, es ist kein Fachbuch, es ist einfach eine Art Auflistung einzelner Punkte dieses Themas in eine recht grobe Form, um dann zwanglos und frei von der Leber weg darüber zu philosophieren, was es für die Cacher so interessant macht, mit einem kleinen Gerät durch die Pampa zu tigern, ein winziges Döslein zu finden und dann sich zu freuen wie Bolle, dass man im Internet wieder einen weiteren Log verzeichnen kann. Es werden viele Begriffe erklärt, etwa Log, Multicache, Travelbug, Coins, Nightcache, Muggel und mehr. Und immer wieder folgt eine Anekdote auf die nächste.
Das Hörbuch ist vorgetragen vom Autor himself, was mich sehr freut. Er hat eine recht klasse Art zu erzählen. Schnell, hektisch, aber mit ruhiger, leiser Stimme. Ich finde ihn trotz oder gerade wegen seines vielen Wuselns, Abschweifens und Übertreibens einfach klasse. Er nimmt sich selbst sehr gerne dabei auf die Schippe und zeigt dem Leser überdeutlich, wie das Kind im Manne aussieht, wenn es mal geweckt wurde und nun nach Action verlangt. Ich sehe richtig das spitzbübische Lächeln in seinem Gesicht, wenn er beschreibt, wie er den Schatz gefunden hat und dann natürlich seine Frau oder Tobi (seinen Kumpel und Techniker, den er mal irgendwo unter einer Brücke aufgegabelt hat, verlaust, ausgesetzt und völlig verwahrlost) erst einmal suchen lässt, bis diese ihn finden und er ihnen großzügig eröffnen kann, wie schwer das Versteck war und dass ER das NIE gefunden hätte. Und natürlich zwischendrin einmal Tobis Zwischenwort (statt Vorwort), der es natürlich genau umgekehrt erzählt und beschreibt, wie er es seinen Freund zuerst finden lässt und dann dessen überschwängliche Freude und so weiter. Eben wie die Kinder im Sandkasten, verspielt, witzig, rotzfrech und ständig abgelenkt vom nächsten Abenteuer.
Ich kann mir vorstellen, dass manchen die dauerhaften Übertreibungen und die hastige Stimme zuviel werden. Und auch, wer wirklich eine fachliche Anleitung fürs Cachen sucht, sollte lieber im Internet ein paar FAQs lesen statt dieses recht ausführliche Werk mit all seinen spannenden aber nicht hilfreichen Ausschmückungen zu lesen. Hoecker macht eben schon zu Beginn klar: wenn er beginnt, von seinem Hobby zu erzählen, dann ergreifen alle, die ihn kennen, die Flucht. Und wer es nicht rechtzeitig schafft, dem zu entfliehen, dem drohen Gehirnwäsche, blutige Ohren und ein schauriger Wahnsinn, sobald er in Zukunft nur das Wort "Geocaching" hört.
Das heißt, dieses Buch oder Hörbuch sollte wirklich nur hören, wer einerseits begeistert vom Geocachen ist oder andererseits Hoeckers eher ungewöhnlichen hintergründigen Humor (sehr gut versteckt hinter all den platten Sprüchen und tumben Albereien ist er tatsächlich zu finden! Zumindest, wenn man sich nicht von den vordergründigen Übertreibungen ablenken lässt) mag. Und wer wie ich beides liebt, für den ist es ein absolutes MUSS, und der wird von "Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers" in jeder Hinsicht begeistert sein!
SaschaSalamander 01.06.2012, 11.51 | (0/0) Kommentare | PL
Beim ersten Sonnenstrahl
Davids Eltern werden 1862 nach dem Besuch der Weltausstellung in London getötet, die Unterlagen für eine neue Erfindung des Vaters werden gestohlen. David ist dabei, als seine Eltern getötet werden, doch er selbst wird im letzten Moment von einem seltsamen Unbekannten gerettet. Er lebt fortan bei seiner Großmutter, die Jahre vergehen, er arbeitet als Schriftsteller, findet jedoch keinen rechten Anreiz im Leben. Auch fühlt er sich immer wieder beobachtet, bis er diesem Wesen eines Nachts folgt und auf seinen Retter trifft: den Gargoyle Zahar, seinen Beschützer, seinen nächtlicher Schatten. Vom ersten Moment an spüren beide die innige Verbindung, doch hat ihre Liebe überhaupt eine Zukunft?
DREI TEILE
Und wieder ist es Inka Loreen Minden gelungen, mich zu verzaubern, zu begeistern und - nach einem gemeinen Cliffhanger frustriert zurückzulassen. Selbst schuld, ich könnte ja auch warten, bis nach drei Teilen auf dem Kindle die gesamte Geschichte als Buch erscheinen wird. Aber ungeduldig wie ich bin, konnte ich wieder einmal nicht warten ;-)
CHARAKTERE
Die Charaktere sind angenehm ausgearbeitet. Die Autorin hat das ungewöhnliche Talent, in kleinen Nebensätzen sehr viele Inhalte zu packen. Dadurch gelingt es ihr, den Text an sich kurz zu halten, gleichzeitig jedoch viele Informationen unterzubringen ohne den Leser zu erschlagen. Dadurch gewinnen die Charaktere sowie die Handlung eine für das Genre ungewöhnliche Tiefe, die mich jedes Mal aufs Neue erstaunt.
Schön finde ich an BEIM ERSTEN SONNENSTRAHL die Verteilung der Rollen der beiden Protagonisten, keiner von ihnen ist unterlegen oder steht über dem anderen. Sie haben beide ihre Stärken und Schwächen, in denen sie sich hervorragend ausgleichen. David als Mensch kennt unsere Gesellschaft, beherrscht die moderne Technik, er darf frei leben, er kann Zahar mit Speisen versorgen, ihm ein sauberes Bad anbieten, ihn bei sich willkommen heißen. Doch er hat den Tod seiner Eltern nicht verwunden, er lebt als Außenseiter und spürt, dass ihm etwas Wichtiges im Leben fehlt. Zahar ist mächtig, er hat Klauen und Schwingen, kann fliegen und ist weise. Doch er ist unter den Gargoyles ein Ausgestoßener um Davids willen, und ein Fluch, der über all den Gargoyles lastet, macht ihn verwundbar. So also begegnet der Leser zwei starken Männern, die dennoch scheu und vorsichtig aufeinander zugehen, die Möglichkeiten ihrer neuen Bindung langsam austesten.
HANDLUNG
Die Handlung, wie bereits erwähnt, ist erstaunlich komplex und gut in die Romance eingearbeitet. Zu Beginn dachte ich, es ginge lediglich um den Mord an den Eltern und die gestohlene Erfindung. Doch als Zahar die Bühne betritt, gewinnt der Roman an Tempo. Die Großmutter scheint mehr zu wissen, als sie vorgibt, der Mord an den Eltern erscheint vor einem neuen Hintergrund, die Welt der Gargoyles und Dämonen entfaltet sich vor den Augen Davids und birgt ihre ganz eigenen Regeln und Gesetze. David erfährt mehr über das Leben und Wirken seines Vaters, und gerade, als es richtig spannend wurde und der Kindle gar nicht so schnell umblättern konnte, wie ich lesen wollte - hört die Geschichte auf. Fortsetzung folgt ... und jetzt heißt es warten ;-)
FANTASY, HISTORISCHER ROMAN
Der Fantasyanteil der Geschichte ist angenehm und ungewöhnlich. Das Thema ist noch nicht allzu verbraucht, deswegen liest es sich recht erfrischend, ich konnte das Kommende nicht vorhersagen, freute mich über neue kreative Ansätze und bin schon sehr gespannt, in den kommenden Bänden die Welt der Gargoyles näher kennenzulernen. Denn in einer Welt, in der es Gargoyles gibt - gibt es auch Magie, Davids Familie besteht aus Magiern, sodass auch hier interessante Elemente in die Geschichte eingewoben werden können.
Auch der historische Hintergrund ist sauber recherchiert, das Bild des viktorianischen London wird vor den Augen des Lesers lebendig. Ob nun die detailgenaue Beschreibung der Weltausstellungshalle, die dort präsentierten Erfindungen, das Alltagsleben in London, der Aufbau der Stadt, fast als würde Minden uns eine kleine Zeitreise schenken.
EROTIK
Ach ja, und das Wichtigste natürlich noch: Erotik. Hier eher noch ein Nebenplot, der wohl bald deutlich intensiver wird. Aber bereits im ersten Teil der Geschichte spürt man die innige Verbindung, wird mitgerissen von den Emotionen und darf bereits einige heiße Momente erleben. Die Sprache passend zum Inhalt etwas ruhiger, sanfter in den entsprechenden Szenen, noch müssen die beiden Männer sich erst annähern, und ich bin schon gespannt, wenn es dann bald selbstbewusster wird ;-)
FAZIT
Teil Eins konnte mich also in jeder Hinsicht überzeugen. Und ich frage mich, ob ich mir den zweiten Teil und somit den nächsten Cliffhanger antun soll, oder ob ich nicht doch einfach auf das gesamte Buch warte. Aber wie ich mich kenne ...
SaschaSalamander 29.05.2012, 09.19 | (2/1) Kommentare (RSS) | PL
110 - ein Bulle hört zu
Vielleicht ist die norddeutsche Sprache rauer, und ich verweichlichter Franke finde das unhöflich. Vielleicht würde sich der gleiche Text im Hörbuch von einem Sprecher vorgetragen gar nicht so herablassend anhören. Oder vielleicht ist er einfach tatsächlich unhöflich, und andere finden ihn ebenso lustig, wie sie sich auch im TV über unflätige Sprüche in Talkshows amüsieren.
Ein paar Beispiele:
"Ich weiß, wo das Bernsteinzimmer ist"
"Na, dann sind wir schon zwei" hau ich raus und hab damit den erwarteten Erfolg: RUHE.
Als der Anrufer sich etwas gesammelt hat, stammelt er: "Wie ... was?"
"Is ´ne Disco in Tempelhof" stelle ich nüchtern fest. "Ü 30 und so. Ich fürchte, wir zwei haben sogar noch ein paar Mitwisser."
"Ich bin die Coco"
"Und wie weiter? Chanel?" stichele ich ein wenig.
"Notruf der Berliner Polizei, Gutenrath, guten Tag".
"Bulthaupt mein Name, Doktor Bulthaupt!"
"Herr Doktor ..."
"Warum betonen Sie das so merkwürdig?"
"Hab ich gar nicht."
"Haben Sie sehr wohl."
"Nein. Ich dachte nur, wenn Sie es so hervorheben, freuen Sie sich vielleicht, wenn Sie es noch einmal hören."
"Seien Sie nicht so spitzfindig. Ich warne Sie!"
"Gut, ich bin ab jetzt besonders vorsichtig."
Diese Dialoge finden jeweils statt, bevor der Ich-Erzähler überhaupt weiß, was das Anliegen der Person ist. Gut, zugegeben, das Bernsteinzimmer wird der betreffende Herr kaum gefunden haben, und "Coco" mag ja nach einer Transfrau klingen, und Herr Doktor Bulthaupt mag ja tatsächlich Wert auf seinen Titel legen, aber gibt dem Polizisten das irgendein Recht auf Herablassung?
Wie gesagt, sehr oft lese ich, wie begeistert die Leute von seinem lockeren Tonfall sind und wie lustig sie das Buch finden. Und viele können nachvollziehen, dass man bei so vielen Querulanten, Vollpfosten und Hirnis an der Strippe irgendwann nicht mehr nur freundlich ist, sondern auch mal eine blöde Antwort auf eine blöde Frage gibt. Trotzdem - wenn jemand beim Notruf anruft und ein echtes Problem hat, wünsche ich ihm, dass er einen Beamten erwischt, der gerade gute Laune hat und nicht sofort stichelt, bagatellisiert und beleidigt, falls der Anrufer sein Anliegen ungünstig formuliert ...
SaschaSalamander 25.05.2012, 08.50 | (0/0) Kommentare | PL
Serial Sausage Slaughter
Zum Inhalt möchte ich gar nicht viel sagen. Nur soviel: Ein brutaler Würstchenkettenwürger geht um und hinterlässt ein Blutbad des Grauens an seinen Tatorten. Schirmann ermittelt, er ist ein genialer Kopf, doch er kann den Anblick blutiger Leichen nicht ertragen. Also stellt man ihm den abgebrühten Entoman zur Seite. Schirmann erkennt nach und nach die Verbindungen des Falles, und er muss über sich hinauswachsen und tief in seiner verdrängten Vergangenheit schürfen, um das Rätsel des Würtchenkettenwürgers zu lösen.
Das Besondere an SERIAL SAUSAGE SLAUGHTER IST, dass es sich um ein interaktives Projekt im Internet handelte. Der Autor nahm Vorschläge seiner Fans entgegen und brachte diese in den Manga ein. Erinnert an Improvisationstheater, bei dem das Publikum einfach Worte auf die Bühne ruft. Und ich finde es faszinierend, wie Def (David Füleki) es geschafft hat, trotz teilweise sehr schräger Vorgaben eine in sich stimmige Handlung zu gestalten und spontan zu reagieren, die Handlung entsprechend anzupassen und stellenweise auch eine völlig neue Richtung dabei einzuschlagen. Klar, man darf keinesfalls mit der Logikbrille kommen oder gar mit "uuuunrealistisch" daherkommen, aber das ist ja auch nicht sein Ziel, denn seine Werke stechen hervor durch absurde Komik, Geschmacklosigkeit, Selbstironie und geniale Gedanken hinter den nach außen zusammenhanglosen Szenen.
Wie schon in Blutrotkäppchen ist das Editorial, das Nachwort, die zusätzliche Info eigentlich wieder das Beste am ganzen Manga und sorgt dafür, dass man direkt nach Beenden der Lektüre noch einmal von vorne lesen muss. Hier schildert Def, welche Vorschläge eingereicht wurden, die er in seinen Manga einbaute. Die meisten konnte ich finden, bei ein paar wenigen wusste ich dies nicht mehr, also gleich nochmal auf die Suche gehen. Ein paar Stichworte gefällig?
Et voila: CSI-Käsebällchen, This Cake is a lie, ein Gummihuhn mit Nagel, ein Geisterschwein, ein Vuvuzela-Bläser, Tisch-Man, Handlungsort Chemnitz mit Showdown am Schlossteich, eine Gehhilfe, Titten, eine Anspielung auf Werner-Comics, ein Opa im Tutu, der Companion Cube, Angela Merkel, eine Therapiegruppe zur Resozialisierung von psychopathischen Clowns, ein Sklave in Ketten ... na, reicht das, um zu zeigen, was Euch in SERIAL SAUSAGE SLAUGHTER erwartet? Mal ehrlich, eine Reizwortgeschichte aus diesen Begriffen dürfte jeden Deutschlehrer vor die Herausforderung seines Lebens stellen, aber Def hat es geschafft und daraus sogar tatsächlich eine zusammenhängende, sinnvolle und in sich stimmige Story gestrickt, Hut ab!
Und wie man es von ihm kennt, zeichnet er skandalös, geschmack- und hemmungslos und fernab jeglicher Political Correctness. Eben sein ganz eigener Stil, den man nicht wirklich beschreiben kann. Man sollte auf jeden Fall im Internet über seine Homepage surfen, wenn man ihn nicht kennt, und sich vor dem Kauf erst einmal informieren, was einen da erwartet. Und dann scheiden sich schnell die Lager, denn nicht jeder kann etwas mit seiner ungewöhnlichen Art anfangen. Aber wer die versteckte Kunst hinter Leichen, Titten und Opas im Tutu zu erkennen vermag und dabei gerne ein wahnsinniges Lachen von sich gibt, der wird auch SERIAL SAUSAGE SLAUGHTER wieder lieben.
Und für mich heißt es nun sehnsüchtig warten, bis im September seine nächstes Veröffentlichung 78 TAGE AUF DER STRAßE DES HASSES erscheint. In der Zwischenzeit amüsiere ich mich im Internet und bin von Tag zu Tag immer wieder ein Stückchen mehr begeistert über seinen Ideenreichtum. Und hoffe natürlich, viele andere Leser mit meiner Begeisterung anzustecken ;-)
SaschaSalamander 23.05.2012, 08.56 | (3/3) Kommentare (RSS) | PL
Unland
Franka ist neu im Haus Eulenruh. Ein Erziehungsprojekt, das die Sozialpädagogen Vera und Andreas Kämpf führen. Es fällt ihr nicht leicht, sich in die Gruppe einzufügen, doch in den Zwillingen Lizzie und Ann findet sie bald Freunde, und auch Ricardo ist gar nicht so übel. In der Schule ist sie aufgrund ihres burschikosen Auftretens und ihrer eigenwilligen Art von Beginn an ein Außenseiter. Als Bewohnerin von Eulenruh hat sie sowieso keine Chance, denn das Dorf beäugt das Projekt mit kritischem, unwilligem Blick. Bald geschehen seltsame Dinge, Franka fühlt sich beobachtet, und die Stromausfälle im Dorf häufen sich. Dann ist da noch das Ruinengelände namens Unland, das von einem gefährlichen Zaun geschützt wird und zu dem Franka auf ihre Fragen nur düsteres Schweigen erntet. Die Ereignisse spitzen sich zu, und bald wird aus dem seltsamen Gefühl eine reale Bedrohung ...
CHARAKTERE
Die Charaktere finde ich neben der Sprache das Besondere, was dieses Buch ausmacht. Geschildert aus der Perspektive von Franka, hat der Leser in sie natürlich den größten Einblick. Doch auch die anderen Figuren werden sehr gut vorgestellt und schrittweise immer klarer. Alle, die in Eulenruh leben, haben eine bewegte Vergangenheit. Sie sind Außenseiter und tragen ihre eigene Last, ihr eigenes Geheimnis. Zu Beginn erscheint vieles, was sie tun, ungewöhnlich, doch Toleranz wird in der Gruppe großgeschrieben, und je besser Franka die anderen kennenlernt, desto mehr fühlt sie sich ebenso wie der Leser zu ihnen hingezogen. Selbst die anfänglichen Unsympathen werden mit der Zeit zu Sympathieträgern. Anders sieht es in der Schule aus, wo Franka von Beginn an gemobbt wird. Die Mitschüler bleiben bis auf eine Freundin dort eher blass, sie dienen als Statisten mehr ihrer jeweiligen Rolle als einer ausführlichen Charakterstudie.
Was mir gefällt ist, wie nebenbei Themen eingewoben werden, ohne sie zum Hauptthema das Buches zu machen. Jeder Charakter hat seine eigene Persönlichkeit, die Themen reichen von Kleinkriminalität (z.B. Graffity) über Homosexualität, Schulproblemen, virtueller Realität, Mobbing hin zu Mord und Missbrauch durch die Eltern. Die Autorin urteilt nicht, sie erzählt. Auf diese Weise vermittelt sie ein sehr glaubwürdiges Bild von ihren Figuren, die täglich darum kämpfen, nicht mehr als Außenseiter zu gelten, etwa Matthias mit Wut und Aggression, Lizzie mit ihren Verführungskünsten, die Fünfjährigen mit Schweigen, Franka mit Kämpfernatur und Tatendrang.
SPRACHE
Wie bereits erwähnt, ist auch die Sprache des Buches etwas ganz Eigenes. Das Buch ist in der Ich-Form aus Frankas Sicht geschrieben, und Franka ist eine Berliner Göre. Der Schreibstil ist also zwar einem hochdeutschen Buch entsprechend, dennoch fließt hier und da unauffällig eine falsche Berliner Grammatik ein, und natürlich hat Franka keine Hemmungen, auch Wörter wie Vollhorst, Scheiße und ähnliche in den Mund zu nehmen. Es ist als Jugendbuch absolut geeignet, keinem Leser werden vor Scham die Ohren abfallen, das Maß ist sehr gut gehalten, niemals werden die Ausdrücke zuviel oder zu unangenehm.
Auch verwendet die Autorin sehr viele Metaphern und Personifizierungen, die dem Buch Leben und Atmosphäre verleihen. Obwohl das Buch sehr dicht gefüllt ist mit diesen Stilmitteln, wirkt es nicht überladen. Die Bilder fügen sich in das Bild, der Text ist ein großes Ganzes, in dem nichts Unpassendes hervorsticht. Die Autorin gehört für mich zu den wenigen, denen es tatsächlich gelingt, >mit Worten zu malen<. Sie braucht keine Adjektive, um ein Gefühl zu beschreiben, sie versetzt den Leser selbst in die Lage des Protagonisten.
Durch das Malen entsteht eine tiefe Symbolik, die in dem Buch auf Kommendes verweist. Schon der Traum Frankas in der ersten Nacht ist sehr bildgewaltig. Sie ist umgeben von hohem Gras, es wächst, immer höher wächst es, droht sie zu verschlingen. Die Natur erobert ihr Reich, der Mensch nur ein unbedeutender Teil der Erde, Bedrohung für Franka lauert in harmlosen, sie alltäglich umgebenden Dingen, nicht einmal das beständige, verlässliche Wachsen und Wandeln der Natur bietet noch Sicherheit. Der düstere See, der gleich einer zähen Ölmasse die darin Schwimmenden umschließt, und die Sonne verreckt oben in den Baumkronen, kein Licht dringt hinab auf die Lichtung. Es ist so still wie im Inneren einer toten Uhr. Eine tote Uhr, das impliziert das Ende der Zeit, das Ende dessen, was unantastbar scheint, das Ende aller Dinge. Ein Kleid wird dreckig, das Kleid einer bis dahin unangetasteten, strahlenden Figur, doch auch sie bekommt Flecken, ihr Glanz erlischt. Oh, ich könnte in dieser Sprache versinken!
GENRE
Schön finde ich, wie Antje Wagner sich geschickt den Schubladen der gängigen Genres entzieht. Statt dessen bringt sie Elemente verschiedener Bereiche in ihr Buch ein, ohne jedoch alle Ansprüche zu erfüllen. Es gibt Fantasyelemente (wobei diese stark von der Interpretation abhängen, reines Fantasy ist dieses Buch keinesfalls), es gibt Thrillerelemente (die Spannung, das drohende Unheil, die Verbrechen, aber dennoch kein Thriller), es beinhaltet Teile eines Entwicklungsromanes und einer Charakterstudie (was jedoch sich stark in die Mystery-Elemente und den Thrill einfügt und eher ein Teil des Ganzen als ein eigenes Genre darstellt). Nein, das Buch braucht kein Genre. Es steht für sich, es schildert die Schicksale mehrerer Jugendlicher und lässt den Leser einen intimen Blick auf das Innere der Protagonisten werfen.
SOUNDTRACK
Im Buch wird sehr viel Bezug zur Musik genommen, die Franka hört, die Texte fließen in den Roman ein, tragen ihre eigene Bedeutung in sich. Die jeweiligen Titel werden von der Autorin am Ende nochmals aufgezählt, sodass der Leser sich, wenn er möchte, seine eigene CD zum Buch erstellen kann oder auch auf neue Titel aufmerksam wird. Eine nette Idee und ein schönes Goodie am Schluss.
NACHGESCHMACK
Ein einziges Problem hatte ich mit dem Buch: das Ende. Ich habe es einige Tage auf mich wirken lassen. Mit dem Ergebnis, dass das Buch mir noch immer sehr gefällt und ich es absolut empfehlen kann, weil es einfach etwas Besonderes ist. Trotzdem wurde der bis kurz vor Ende uneingeschränkte Lesegenuss etwas getrübt, und mir hing das ziemlich nach. Im Internet hat die Autorin bei >Literella< dazu Stellung genommen.
Ich finde die Erklärung sehr einleuchtend. Und im Hinblick auf die Starke Symbolkraft des Buches ist das durchaus nachvollziehbar, sodass ich jetzt mit diesem Wissen auch für mich abschließen kann und sagen "eine tolle Idee, dieser Twist am Ende". Von alleine, gebe ich allerdings zu, wäre ich nicht darauf gekommen, mir war dieser Bruch zwischen "Real" und "Fantasy" (so nenne ich es, um nicht zu spoilern) zu heftig und ließ mir zu viele Fragen offen. Aber, wie gesagt - ein Ende, bei dem man zwischen den Zeilen lesen muss und die Dinge keinesfalls so sehen darf, wie sie scheinen. Etwas, das während des kompletten Buches gefordert wird und den Leser am Ende dann doch unter Umständen überfordert. Trotzdem - ich würde es auf jeden Fall empfehlen, Ende hin oder her!
FAZIT
Der Autorin gelingt es, mit ihren Worten leuchtende Bilder zu malen. Handlung und Äußerlichkeiten treten in den Hintergrund, um Raum zu schaffen für Symbolkraft und Innensicht. UNLAND ist ein Buch, das nach der Lektüre noch lange nachwirkt.
SaschaSalamander 22.05.2012, 08.43 | (0/0) Kommentare | PL
Lady Bedfort 53 - Die Burgess-Tragödie
Während ich die letzte Folge DAS TAL DES UNHEILS eher enttäuschend fand, hat DIE BURGESS-TRAGÖDIE mich wieder völlig zufriedengestellt. Gut, es gab dieses Mal kein so schöne Kulisse, und auch die Atmosphäre war nicht so dicht. Dafür konnte diese Folge wieder einmal mit spitzen Wortgefechten und einem pfiffigen Katz-und-Maus-Spiel überzeugt, vom ersten Moment an wurde das Tempo straff angezogen und hielt sich bis zum Ende. Auch auf die Charakterentwicklung der Hauptfiguren sowie deren Beziehung untereinander wurde dieses Mal wieder Wert gelegt. So schön eine dichte Atmosphäre und ein Plot zum Nägelknabbern auch sein mögen, manchmal darf es auch einfach nur schlichte Unterhaltung sein, die gefällt :-)
Die aktuelle Folge gliedert sich in mehrere Teile: die Vorgeschichte, die Entführung, eine erste Auflösung, zwischendurch die Ermittlungen von Polizei und Lady Bedfort, und bald darauf eine weitere Auflösung und neue Wende im Fall. Das Ende ist zu erahnen, aber es wurde geschickt umgesetzt, der Hörer wird lange Zeit an der Nase herumgeführt. Dieses Mal heißt es "jeder gegen jeden", und die Rollen zwischen Täter und Opfer wechseln mehrfach. Ich habe einige Male herzlich gelacht, sogar Schadenfreude über die unerwarteten Entwicklungen sowie Mitleid mit dem Täter (?) kommt beim Hörer auf.
Was DIE BURGESS-TRAGÖDIE ausmacht ist vor allem die Tatsache, dass der Hörer der Lady, der Polizei und dem Täter ein Stück voraus ist. Dabei allerdings hat der Autor Marc Freund (der nun inzwischen die zwölfte Folge für diese Reihe geschrieben hat) tief in die Trickkiste gegriffen, um mit seiner Erzähltechnik und dem Auslassen wichtiger Informationen auch den Hörer aufs Glatteis zu führen. Ob es ihm gelingt - entscheidet selbst ;-)
Als neue Sprecher tritt dieses Mal das Ehepaar Schmidt-Foss auf, das auch hier in seinem ersten Auftritt die Rolle von Tom und Sara Burgess übernehmen darf. Man merkt, wieviel Spaß sie dabei hatten, und ich hoffe auf weitere Aufnahmen mit ihnen. Arianne Borbach, die als Tochter der Familie Drake in Folge 52 sowie einigen früheren Folgen auftrat und die vor allem durch ihre Synchonrollen in Filmen bekannt ist, passte stimmlich wieder sehr gut auf die Rolle der anfangs sehr undurchsichtigen Dinah Dempsey.
Die Musik ist angenehm im Hintergrund, untermalt die Szenen mit kleinen Variationen der bekannten Melodien und verleitete mich dieses Mal mehrfach dazu, einfach mitzusummen. Leicht, pfiffig und unterhaltsam, wenn auch ohne allzu große Tiefe - dazu passte sie ideal zur aktuellen Folge. Besonderen Mehrfachhörwert hat die Folge nicht, aber das kann man auch nicht immer erwarten, dafür habe ich mich dieses Mal herrlich amüsiert und mich einige Male diebisch gefreut.
DIE BURGESS-TRAGÖDIE ist eine eher leichte Folge, die dafür mit cleveren Twists und witzigen Dialogen punkten kann. Zum Einstieg nett, um die Hauptcharaktere mit ihren liebenswerten Macken kennenzulernen und nebenbei eine spannende Story zu verfolgen. Und für Fans eine unterhaltsame Folge zum Zurücklehnen und Spaß haben.
SaschaSalamander 19.05.2012, 08.42 | (0/0) Kommentare | PL
Moths
Jonathan ist Direktor im Naturkundemuseum, privates Hobby sind seine gesammelten Exemplare besonderer Falter. Als ihm ein ungewöhnliches Exemplar eines Totenkopffalters begegnet, ist er begeistert. Doch kurz darauf ist der getötete und präparierte Falter verschwunden, fast als hätte er den Glaskasten gesprengt und wäre davongeflogen. Auf Arbeit begegnet er kurz darauf dem geheimnisvollen Maurice, der sich sehr für einen alten Falter in den Archiven des Museums interessiert und diesen entwendet. Die Ereignisse überstürzen sich: wohin ist der Totenkopffalter verschwunden? Warum interessiert sich erst Maurice und später eine Studentin für den alten, fast zerfallenen Falter im Archiv? Außerdem beginnt auf einmal Eliot, sein bester Freund, der mit einer Frau verheiratet ist, die Zuneigung Jonathans zu erwidern. Und auch Maurice beginnt ihm Avancen zu machen. Was ist das Geheimnis der Schmetterlinge? Und was ist es, das ihn auf einmal an Maurice anzieht?
THEMEN
Auch, wenn Jonathan erst im Laufe des Buches auf die Antwort kommt, so dürfte es kein Spoiler sein, wenn ich sage, dass es in diesem Buch auch um Vampire geht. Recht schnell ist dem Leser klar, warum Maurice auf der Kamera nicht zu sehen ist, woher der unangenehm süßliche Geruch kommt und was es mit dem seltsamen Falter auf sich hat.
Die beiden Themen "Vampire" und "Schmetterlinge" wurde hier wunderschön verwoben. Assoziiert man die Nachtwesen doch eher mit Fledermäusen und anderen dunklen Tieren, so hat Justin sich hier einmal auf ungewohntes Gebiet gewagt. Eine Idee, die durch die Figur Renfields in Bram Stokers DRACULA zwar sehr schön als Vorlage dargeboten aber bisher wenn überhaupt dann nur sehr selten umgesetzt wurde (mir ist keine entsprechende Literatur bekannt).
Für das Thema Vampire selbst hat der Autor einen eigenen Kosmos erschaffen, sich teils auf den klassischen Mythos bezogen, etwa das fehlende Spiegelbild, das Schlafen am Tage, die Ermattung Claudias (die Parallelen zur Figur der Lucy Westenraa bei Bram Stoker aufweist), andererseits aber die bekannten Pfade verlassen. So sind die Vampire hier auf keine Einladung angewiesen und sind auch nicht zwingend auf menschliches Blut angewiesen. Auch ein ungewöhnlicher Trank, der Maurice für kurze Zeit besondere Fähigkeiten verleiht, wurde in die Geschichte eingewoben. Kurz, das Thema wurde geschickt aufgegriffen und dabei doch innovativ umgesetzt, sodass es etwas ganz Eigenes darstellt. Kein Schmachtschinken a la Meyer, keine künstliche Reihe wie Lara Adrian oder J R Ward, sondern einfach ein spannender Einzelband, der sich geschickt den Vergleichen zu anderer Vampirromantik entzieht.
Auch die nebenbei eingestreuten Informationen über Falter bzw Schmetterlinge wurden gekonnt in die Geschichte eingebaut. Man erkennt die Recherche des Autors, zugegeben animiert sie sogar stellenweise dazu, selbst nachzuschlagen, sich die entsprechenden Bilder der zugehörigen Arten anzusehen und mehr über den Mythos dieser als Unheilsboten gefürchteten Wesen zu erfahren.
CHARAKTERE
Die Charaktere des Buches haben es mir besonders angetan, denn der Autor hat nicht wie in diesem Genre (sowohl Vampire als auch Erotik) übertrieben. Er hat realistische Charaktere erschaffen, ganz ohne Superlative. Maurice ist nicht Jahrhunderte alt, "nur" etwa 100 Jahre. Er ist in dieser Zeit reifer geworden, ihn umgibt ein Hauch von Mysterium, seine Ausstrahlung zieht Jonathan in den Bann, jedoch alles in einem angenehm dezenten Rahmen.
Jonathan ist ein rationaler Mensch, und auch ihn finde ich sehr realistisch dargestellt. Er ist verliebt in einen Mann, der mit einer Frau verheiratet ist. Ich bin dem Autor dankbar, dass er mit diesem Hintergrund keinen Schmachtfetzen aus unglücklicher verbotener Liebe gemacht hat, sondern dieses Element nüchtern in das Buch einfließen lässt. Eliot ist verheiratet, Jonathen ist Realist und weiß sich zurückzuhalten, bis tatsächlich ein Zufall zu mehr führt.
Auch die Bindung zwischen Maurice und Jonathan ist sehr gut dargestellt. Zu Beginn fühlt sich Jonathan abgestoßen, der Vampir ist ihm unangenehm in seinem Auftreten, seinem Verhalten, seinem Geruch. Doch die Art, wie die beiden sich näherkommen, ist nachvollziehbar. Ohne Bauchkribbeln, ohne aufgesetzten Zuckerguss, dafür aber glaubhaft und realistisch (soweit ein Buch über Vampire realistisch sein kann, versteht sich).
SPRACHE
Die Sprache passt zu Jonathan: nüchtern, sachlich, beschreibend. Der Protagonist ist Wissenschaftler, er ist äußerlich kühl und weiß seine inneren Bedürfnisse zurückzuhalten. So ist auch das Buch: die Geschichte ist schnörkellos erzählt, zielstrebig und ohne Umschweife schildert der Autor das Aufeinandertreffen der drei unterschiedlichen Figuren. Dabei wirken Wortwahl und Satzbau oft ein wenig altmodisch und distanziert, was sich sehr angenehm liest und dem Buch sogar einen zusätzlichen Hauch von Mystik verleiht. Man meint die verstaubten Archive des Museums zu riechen, den süßlichen Geruch von Maurice, fühlt sich inmitten das Wüten des Spanischen Bürgerkrieges versetzt.
HANDLUNG / EROTIK
MOTHS ist ein homoerotischer Roman, den ich in diesem Fall aber nicht neben die typischen Gay und Paranormal Romances stellen möchte. Er hat, wie oben bereits erwähnt, etwas Eigenes geschrieben, das zu vergleichen mir schwer fällt. Ungewöhnlich die altertümlich anmutende Sprache, die der Geschichte allein schon aufgrund des Schreibstiles einen ganz eigenen Reiz verleiht, sehr gut zu der zwar innigen aber doch unglücklichen Affaire Jonathans passt.
Zudem gibt es zwar erotische Momente, doch diese halten sich sehr im Hintergrund, die Geschichte selbst hat absoluten Vorrang und ist sehr gut durchdacht und aufgebaut. Es ist erkennbar, dass der Autor Wert auf eine spannende Geschichte legte, die zwar angenehm einfach zu lesen aber doch geschickt aufgebaut ist. Kleine zwischendurch gestreute Hinweise verdichten sich, der Leser erfährt nach und nach immer mehr, bis hin zum Showdown, der ebenfalls Überraschungen bereithält, die sich zu Beginn bereits zwischen den Zeilen ankündigten. Ich liebe es, wenn Bücher so geschickt aufgebaut werden.
Die Handlung, wie gesagt im Vordergrund. Die Erotik dennoch ein wichtiger Aspekt. Justin beschreibt keine Details des Aktes, er geht sogar noch weiter: wie soll ein Vampir ohne Stoffwechsel überhaupt zum Akt fähig sein? Und der Mann aus Fleisch und Blut, den Jonathan begehrt, ist bereits vergeben. Hier und da gibt der Autor seinen Figuren die Möglichkeit, sich näherzukommen, doch diese Szenen werden bis auf eine Ausnahme unterbrochen. Aber: Guter Sex beginnt im Kopf. Und so darf Jonathan Lust auf eine Weise erleben, die nur sehr wenigen Protagonisten vergönnt ist, nämlich so intim und innig, wie körperliche Vereinigung der Geschlechter es kaum zu bieten vermag.
Ich fand diesen Ansatz wunderbar. Und ich glaube noch keinen erotischen Roman gelesen zu haben, der so sexy war und dabei nicht einmal wirklich Sexszenen enthielt. Als es einmal wirklich "zur Sache geht", wahrt Justin respektvoll den Abstand, regt das Kopfkino des Lesers umso mehr an.
Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass das Buch kein Happy End bietet. Trotzdem war ich völlig zufriedengestellt, denn alle Beteiligten haben an der Situation gewonnen. Das Leben ist nicht immer romantisch und gut, aber auch ein trauriges Ende kan ein gutes Ende sein. Das Buch ist abgeschlossen, bietet dennoch Stoff für eine Fortsetzung, lässt auch dem Leser Raum für eigene Ideen. Selten war ich nach einem erotischen / romantischen Buch innerlich so zufrieden wie nach diesem.
FAZIT
Was das Buch nicht bietet: heiße Liebesschwüre, wilden Sex, animalische Vampirerotik, Erotik der Superlative. Was der Leser statt dessen geboten bekommt: eine intelligente und gut recherchierte Geschichte mit glaubwürdigen Charakteren, gewürzt mit ungewöhnlicher Erotik. MOTHS ist ein Titel, der für mich zu meinen Favoriten des Genres zählt und dessen Figuren mich noch einige Zeit durch den Alltag begleiten werden.
SaschaSalamander 18.05.2012, 18.30 | (0/0) Kommentare | PL
Timmy kennt den Weihnachtsmann
TIMMY KENNT DEN WEIHNACHTSMANN ist eine Sammlung von vier Kurzgeschichten. Die titelgebende Geschichte ist die erste und längste. Sie erzählt von einem Jungen, der an Weihnachten leider nicht das gewünschte Geschenk unter dem Baum hatte. Doch er erkennt den Mann hinter der Verkleidung und zieht seine eigenen Schlüsse, wie er dafür sorgen kann, dass es nächstes Jahr ganz gewiss das heißt ersehnte Holzpferdchen für ihn gibt.
POST AUS DEN WEIHNACHTSMANNS TINTENFASS ist der Brief eines jungen Mannes, der bislang in einer Fabrik arbeitete, die im Auftrag ihrer Kunden die Weihnachtspost erledigte. Doch nun zieht er Bilanz und ist betrübt über die Entwicklung der Gesellschaft.
KNECHT RUPRECHT PACKT AUS und erzählt, warum Trolle heute als bösartige Wesen gelten und was der Weihnachtsmann damit zu tun hat.
DUNKLE GESCHÄFTE führen einen seltsamen Mann auf das Schiff des gefürchteten Piraten De La Torture. Was will er von diesem Halunken, das ihm kein anderer bieten könnte?
Was mich besonders beeindruckt ist die Wandlungsfähigkeit, mit der der Autor seine Geschichten verfasst. Er ist ein Chamäleon, das sich sprachlich und stilistisch ganz auf den Inhalt einlässt. Besonders auf dieser CD wird dies deutlich. Ein Trollmärchen, eine viktorianisch angehauchte Weihnachtsgeschichte, düstere Piraten, eine fiktive Dienstleistungsfirma. Vier komplett unterschiedliche Settings, vier komplett unterschiedliche Herangehensweisen. Mal schreibt er trocken und sachlich, mal bildgewaltig und derb, ein andermal lyrisch und wortreich.
TIMMY als titelgebende Geschichte nimmt den größten Raum ein und ist auch diejenige, welche wohl allen Hörern am besten gefallen dürfte. Vor den Augen des Lesers baut sich die Kulisse des alten England auf, wie es Dickens in seinen Büchern so anschaulich darstellte. Der kleine TIMMY heißt nicht umsonst Timmy, sondern dürfte wohl eine Hommage an eine der Figuren aus A CHRISTMAS CAROL sein. Der Widerspruch der fast schon märchenhaften Sprache und Kulisse gegenüber der makaberen Aussage der Geschichte ist Christian von Aster hervorragend gelungen. Ein Kunstgriff, durch den die Grausamkeit des kindlichen Vorgehens umso drastischer zur Geltung kommt. TIMMY und seine Freunde wollen nichts Böses, sie möchten nur dem Weihnachtsmann helfen. Dafür müssen sie allerdings knallharte Berechnungen anstellen, Menschenleben wird ein Mittel zum Zweck. Eine wunderschöne Parabel dafür, wie das Gewinnstreben und die Gier nach Mehr die Menschen dazu bringt, über Leichen zu gehen. Verpackt in rabenschwarze Satire, bei der das Lachen manche Male im Hals steckenbleibt.
Auch die anderen Geschichten triefen vor bitterbösem Humor. Die Aussage hinter Von Asters Geschichten ist subtil zwischen den Zeilen verborgen. Man kann die CD hören, ohne sich groß Gedanken zu machen, sich einfach an den Scherzen erfreuen und laut dabei lachen. Man kann sich aber auch die Zeit nehmen, hinter die Worte zu lauschen. Dann machen sie besonders viel Spaß.
Christian von Aster liest die Geschichen mit angenehmer Stimme selbst ein. Und seine Wandlungsfähigkeit zeigt sich auch hier: ich lernte ihn kennen durch die CD >MITTERNACHTSRABEN<, wo seine Stimme, seine Intonation gänzlich anders wirkt als hier bei TIMMY. Angepasst an die jeweilige Situation und Geschichte, nimmt er sich selbst zurück und lässt die Worte für sich wirken.
Diese Kurzgeschichtensammlung ist besonders geeignet für Gegner des kunterbunten Weihnachtsfestes. Denn hier wird das Fest entmystifiziert: der Weihnachtsmann stiftet aus Eigennutz andere zu Bösem an, kleine Kinder setzen die kapitalistischen Gedanken der Erwachsenen auf ihre eigenen Weise um. Und am Ende erfährt man gar, was ruchlose Piraten mit dem Weihnachtsmann gemeinsam haben. Eine Geheimtip für alle, die das Weihnachtsfest nicht ganz so ernst nehmen :-)
SaschaSalamander 15.05.2012, 09.09 | (0/0) Kommentare | PL
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