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Ausgewählter Beitrag
Teddy Tilly
Klappentext: Teddy Thomas und Finn sind beste Freunde. Eines Tages ist Teddy Thomas traurig. Finn möchte wissen warum, doch Thomas traut sich nicht, mit seinem Freund darüber zu reden. Er möchte nämlich nicht mehr Thomas sein. Er möchte lieber Tilly heißen, denn schon länge fühlt er, dass er eigentlich eine Teddybärin ist. Und dann fasst er sich ein Herz. Und siehe da: Finn findet das überhaupt nicht schlimm, sondern ganz und gar prima. Er wird ihn immer lieb haben, ob er nun Thomas oder Tilly heißt, ob er ein Bär oder eine Bärin ist. - Eine liebevolle Bilderbuchgeschichte über Akzeptanz und bedingungslose Liebe.
Bücher, die Kindern das Thema Transidentität näherbringen, gibt es nur sehr wenige bis gar keine. Oder, besser gesagt, mir sind zumindest keine bekannt. Daher war ich sofort begeistert, als ich vor einigen Monaten von dem Projekt hörte und es dann endlich im August im Handel entdeckte.
Jessica Walton ist die australische Autorin dieses Büchleins, und Dougal MacPherson ist für die Zeichnungen verantwortlich. Über die Seite "Kickstarter" sammelten sie im Internet Geld, um dieses Projekt zu realisieren. Jessica war es aufgrund ihrer familiären Situation eine Herzensangelegenheit, dass es endlich auch kindgerechte Bücher gibt, welche sich mit mit Transidentität befassen. Und hier ist es also: TEDDY TILLY.
Im Original heißt der Junge Errol, so wie der Sohn der Autorin. Im Deutschen wurde der Name geändert zu Finn. Was ich schade finde und nicht verstehe, aber gut, man wird sich etwas dabei gedacht haben, auch weil Errol ein in Deutschland weniger bekannter Name ist und mehr junge Leser sich mit "Finn" identifizieren können.
Die Bilder passen sehr schön zu der herzlichen Geschichte. Sie sind in warmen Farben gehalten. Es gibt keine wie sonst oft üblichen schwarzen dicken Konturen, nur die von Bleistift skizzierten Ränder, mal mehr mal weniger deutlich. Dadurch wirkt alles sehr weich und fließend, die Farben gehen angenehm ineinander über. Das passt auch sehr gut zum Inhalt, der Grenzen aufweicht und über bestehende gesellschaftliche Konturen hinaus Freiheit findet. Auch fällt auf, wie in winzigen Details sehr viele Dinge gezeigt werden, für die keine Worte mehr nötig sind: nur zwei Knopfaugen, ein dünner Mund, die hängenden Öhrchen, Teddy Thomas wirkt so unglaublich traurig. Gerade durch diesen reduzierten Stil lenkt der Leser den Blick auf das Wesentliche, nämlich die Körpersprache und damit die Gefühle der Charaktere.
Der Text selbst ist extrem wenig. Auf manchen der 28 bebilderten Seiten ist nur ein einziger Satz zu lesen, vier Seiten sind komplett ohne Text. Inhaltlich richtet das Buch sich nicht an die Allerkleinsten. Zielgruppe soll wie der Sohn der Autorin sein, also um die sechs Jahre, dafür ist es doch etwas wenig, sind die Kinder in diesem Alter doch bereits etwas anspruchsvoller und können mit Texten umgehen, die etwas länger sind.
Trotzdem finde ich es absolut in Ordnung. Denn wie gesagt reduziert sich TEDDY TILLY auf das Wesentliche. Und ich finde, der Text ist absolut ausreichend. Alles andere, das über Teddys Anliegen (ich bin Tilly), Finns Reaktion (ich habe Dich lieb, egal was Du bist), die Freundin Eva (Mädchen, liebt Roboter, mag Teddy) und die Kernaussage (sie haben vor Teddys Outing genau das gleiche gespielt wie danach, und sie sind heute genauso gute Freunde wie davor), ist absolut unnötig.
Durch den minimalistischen Text bleibt sehr viel offen. Die jungen Leser können mit Eltern und Freunden selbst sehr viel hinterfragen und hineinlesen, ohne durch unnötige Erklärungen beeinflusst und abgelenkt zu werden. Jeder Betroffene hat andere Gründe für sein Outing, für sein Empfinden, und jeder Angehörige hat andere Gefühle danach. Daher finde ich es schön, dass dieser Part offengelassen wird, damit nur die positive Aussage bleibt und ansonsten sich jeder darin wiederfinden kann, unabhängig von seiner Motivation und seinen Gefühlen.
Es wird nicht nur gezeigt, dass Tilly ein Mädchen ist, sondern dass Mädchen völlig verschieden sind: Tilly trägt gerne eine Schleife im Haar, Eva lässt sie lieber offen im Wind flattern. Auch wird mit Klischees gebrochen. Eva saust wild auf ihrem Roller durch die Gegend, und sie baut gerade an einem Roboter. Dadurch bietet das Buch in vielerlei Hinsicht sehr viel Gesprächsstoff, eignet sich gut gerade auch für größere Gruppen oder einen gemütlichen Abend auf der Kuscheldecke gemeinsam mit den Kids.
Ich freue mich, dass die Autorin ihr Projekt verwirklichen konnte. Und ich hoffe, dass noch viele weiteren Schreiberlinge und Zeichner nachziehen werden. Es ist schon lange überfällig, dass Trans*- und andere Regenbogencharaktere ihre eigenen Bücher bekommen und sich nicht mehr verstecken müssen. Bücher sind eine schöne Möglichkeit, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen, und TEDDY TILLY ist dafür ideal.
SaschaSalamander 05.10.2016, 09.45
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