SaschaSalamander

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Lady Bedfort 63 - Die letzte Email

bedfort63_email_1.jpgKlappentext:
Peter St. Yves hat alles genau geplant. Den Ort, die Zeit... auch die passenden Worte hat er sich längst zurechtgelegt. Doch Marilyn Minnings denkt gar nicht daran, ihn zu heiraten, und weist seinen Antrag schroff ab. Am nächsten Morgen ist die junge Frau tot und Peter der Hauptverdächtige in einem Mordfall. Nur Lady Bedfort hält den Mann für unschuldig. Gemeinsam mit Marilyns Mutter und ihrer Schwester Laura nimmt sie die sonstigen Kontakte der Toten unter die Lupe und lernt dabei die Welt der Onlinechats und Internet-Kontaktbörsen kennen. Ein weiterer Verdächtiger ist schnell gefunden. Mit Lauras Hilfe lockt sie ihn in eine raffinierte Falle...

Nun ja, "raffiniert" liegt im Auge des Betrachters. Aber der Reihe nach: diese Folge hat mich leider herzlich wenig überzeugt, was an vielen verschiedenen Punkten lag.

Die Geschichte an sich mag realistisch sein, Onlinebekanntschaft, Blind Date, zwei Verdächtige. Stoff für eine solide Story. Aber die Umsetzung war für meinen Geschmack leider ziemlich halbgar, ließ einige Finesse vermissen, die man inzwischen bei der Lady gewohnt ist.

Es gab viele Momente, die ich als unrealistisch oder zumindest ziemlich an den Haaren herbeigezogen fand. Um nicht zu spoilern, greife ich hier ausnahmsweise einmal auf meine Kommentarfunktion zurück. Wer möchte, darf dort hineinschnuppern, alle anderen bitte nur die Rezension lesen ;-)

Dazu kommt, dass ich mich sehr über die Lady wunderte. Gut, sie ist am PC nicht die Fitteste, aber inzwischen hat sie einiges gelernt, und ihre Unbeholfenheit in dieser Folge empfand ich als Rückschritt zu früheren Folgen. Ebenso erstaunte es mich, wiesehr sie das Ruder in die Hand nahm, ohne dass die Polizei oder die Angehörigen des Opfers ihr in die Parade fuhren. Bringt andere Menschen in Lebensgefahr, bestimmt über den Ablauf der Falle, das ist etwas anderes als einfach mal auf eigene Faust die Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken wie sonst. In keiner Folge sonst wünschte ich mir sosehr, dass Gomery kommen und sie in die Schranken weisen möge.

Ermittlungsarbeit gab es sogut wie keine, das Gewicht wurde zusehr auf andere Punkte gelegt, die nur bedingt zur Handlung beitrugen. Zwar war der Täter nicht sofort klar, doch der Hörer weiß aufgrund des zu einfachen Ablaufs sofort, dass mehr dahinter steckt und in falsche Richtungen gesucht wird, sodass auch diese Szenen eher wie Füllmaterial wirken, während der Hörer darauf hofft, dass die Handlung nun langsam zum Kern der Sache kommen möge.

Der Spannungsaufbau war ungewöhnlich, er wirkte mir sehr unausgegoren, Höhepunkte an den falschen Stellen, dann dazwischen zu viele Längen, nur um am Ende mit einem neuen Peak zu überraschen, der aber dennoch nicht überraschte, da aufgrund der noch offenen Tracks einfach noch etwas kommen musste und der Fall so also noch nicht abgeschlossen sein konnte. Verschenkte Möglichkeiten.

Die Charaktere der Folge empfand ich als sehr klischeebeladen. Der naive Verliebte, der psychisch und physisch Kranke, die eifersüchtige Schwester, die ahnungslose Mutter. Besonders "Handspeck" und die Schwester des Opfers wirkten sehr künstlich.

Auch die Dialoge wirkten auf mich sehr hölzern und gestelzt. Das lag vor allem an den teils sehr unrealistisch anmutenden Sätzen. Es klang für mich einfach nicht so, wie man sich normalerweise unterhalten würde, es fehlte die Spontaneität, die Natürlichkeit, Stil und Satzbau für ein Hörspiel einfach ungeeignet. Besonders der Satz "da sprang der Stein von selbst in meine Hand" ließ mich einfach nur mit dem Kopf schütteln und ist stellvertretend für einige weiteren Aussagen. Auch die Erklärung der Mutter über die knarzende Tür und viele weiteren Szenen wirkten keinesfalls wie emotionsgeladene Gespräche sondern wie abgelesene Texte (wenn man sich aufregt, dann spricht man keine langen, komplizierten Sätze, sondern man wirft Halbsätze hin, keine umständlich ausformulierten Erklärungen).

Die Sprecher kann ich nicht beurteilen, da einige holprigen Momente wohl auch an den Dialogen lagen. Eigentlich hat man mit Eichel, Pappert, Fritzsche, Riehemann bekannte Sprecher geholt, und auch Grothum und Wietzorek sind vom Fach und verstehen sich auf ihre Aufgabe. Hier jedoch empfand ich sie stellenweise als sehr künstlich und überzogen. Es gab in dieser Folge einfach nicht die Möglichkeit, das Potential auszuschöpfen, dazu waren die Charaktere zu flach, die Emotion zu unwirklich, auch die Sprecher konnten das nicht retten.

Nein, bei dieser Folge ist der Funke absolut nicht übergesprungen. Ich fragte mich gelegentlich, ob ich tatsächlich LADY BEDFORT hörte oder mich in der Serie geirrt hatte. Nein, hatte ich nicht. Schade. Aber es kann nicht nur Highlights geben ...  

Wäre es ein neues Label, wäre es eine neue Serie - dann würde ich sagen 3 Sterne, hat Potential nach oben. Aber dafür, dass es LB war, erwarte ich inzwischen etwas anderes.

Wertung: 2,2 von 5 Bucklige

SaschaSalamander 27.03.2013, 08.51

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von El Tofu

Ja in der Folge stimmt einiges nicht. Am schlimmsten fand ich, dass die Familie zu keiner Zeit trauert. Bei der Schwester macht es dann auch letztlich Sinn. Man sollte aber denken, dass sie zur Tarnung wenigstens so tun würde, als wäre sie traurig über den Tod ihrer Schwester. Die Mutter hat den Mord aber auch extrem schnell verkraftet.

vom 29.03.2013, 22.13
Antwort von SaschaSalamander:

*nick* das hatte mich auch gewundert, vor allem das Verhalten der Mutter ist an vielen Punkten (faszinierend dafür, dass sie eher eine kleinere Rolle innehat *g*) ziemlich seltsam ... denke, wenn man die Folge ein zweites Mal hören würde, fiele wirklich noch einiges mehr auf, aber in dem Fall werde ich das nicht tun (normalerweise gehört Bedfort zu den wenigen Titeln, die ich gelegentlich doppelt höre, aber diese Folge nicht) ...

naja, was solls, bei über 60 Folgen kann ich damit leben, jede Serie hat Highlights und Flops, das ist völlig normal ... da wissen wir die besseren Folgen umso mehr zu schätzen ;-)

1. von SaraSalamander

Et voilá, wer es nicht lassen kann und schon vor dem Hören hier reinschnuppert: SPOILER!

Aber ich möchte gerne ein paar Dinge loswerden, um auch zu begründen, was mich dieses Mal störte:

Wie kann die Lady einfach der Schwester des Opfers auftragen, sich eine Perücke aufzusetzen, die Stimme zu verstellen und den mutmaßlichen Mörder zu treffen?

1) wäre ich die Mutter des Opfers, würde ich die alte Dame des Hauses verweisen, dass sie meine verbliebene Tochter solch einer Gefahr aussetzt!

2) Perücke und Stimme verstellen, sowas funktioniert im Kinderfilm oder Zeichentrick, aber Lady Bedfort ist mehr als Scooby Doo und Co, da erwarte ich etwas mehr Realismus.

3) Miller hat ja schon oft bei verrückten Aktionen der Lady mitgemacht. Dass der Polizist aber nicht nur gestattet sondern sogar mit Polizeischutz unterstützt, dass eine junge Frau sich auf diese Weise als Köder anbietet, lässt mir die Haare zu Berge stehen!

4) Für wie dumm hält sie den Mörder? Wenn er die Frau wirklich umgebracht hat, wird er wohl kaum glauben, dass sie sich mit ihm am Computer verabredet und treffen will. Würde ich einen Menschen umbringen - ich würde sofort eine Falle wittern, wenn ich eine Email meines Opfers erhalte ;-)

*******************

okay, abgesehen davon, gab es viele weiteren Elemente, mit denen ich nicht klarkam:

der Nick des vermuteten Täters klingt nach Handspeck. Mir war klar, dass die Serie in England spielt und es wohl ein Englisches Wort sein muss. Ich kenne dieses Wort, habe es aber trotzdem lange nicht erkannt und mich gewundert, es ist nichts, was man im Alltag hört und sofort parat hat. Da nicht von allen Hörern ein englisches Fachvokabular erwartet werden kann, ergeben sich auch seltsame Situationen. So snimmt der Hörer etwa eine völlig normale Stimme wahr von einem Mann, der ständig erzählt, dass er wegen seiner Behinderung nicht akzeptiert wird. Dies wird jedoch nicht näher erläutert, und man fragt sich lange Zeit, was nun eigentlich los ist und wovon er überhaupt spricht, welche Behinderung er hat, obwohl das doch so wichtig für die Handlung zu sein scheint?!?

Am Ende wird die Schwester als Täter überführt, weil die Lady es verdächtig fand, dass sie das Passwort der Schwester kannte und sich auf ihrem PC gut zurechtfand, also ganz sicher hinter ihrer Schwester herspioniert haben muss. OK, Inspektor, verhaften sie mich! Ich kenne die Passwörter meines Mannes, meiner Mutter ua. Und wenn ich an deren PC gehe, dann weiß ich, welche Seiten sie besucht haben, kann mich problemlos in deren Chats und sozialen Netzwerke einloggen und weiß, wie ich die PNs öffnen kann. Sollte ich mich damit verdächtig machen, dann hoffe ich inständig, dass meiner Familie niemals etwas passiert und wir auf ihren PC zugreifen müssen, sonst bin ich dran und mache mich verdächtig. Wer kennt denn heutzutage schon die Passwörter seiner Angehörigen und findet sich auf einem fremden PC zurecht, das ist ja unerhört!

Und noch etwas: der Prolog dient normalerweise als Einleitung in den Fall. In den meisten Fällen ist es so, dass er bereits ein Element der Handlung vorwegnimmt, oder aber sich nach Kenntnis des gesamten Falles als überraschend anders präsentiert und in neuem Licht erscheint. Hier jedoch empfand ich den Prolog als unnötig. Schon nach sehr kurzer Zeit ist klar, dass diese Person nicht der Täter ist (denn die Lady verfolgt eine andere Spur, und nach über 60 Folgen wissen wir, dass sie im Gegensatz zur Polizei den besseren Riecher hat). Wozu also das unnötige Vorspiel, das nicht zur Handlung beiträgt?

Wie gesagt: mehr Handlung, weniger Nebensächlichkeiten hätten dem Fall gutgetan. Und eine gute Portion Realismus.

Es ist klar, dass Lady Bedfort nur begrenzt realistisch ist. Schließlich passiert ständig ein Mord in dem beschaulichen Örtchen, und zufällig ist die Lady immer irgendwie beteiligt. Doch ansonsten ist die Serie relativ realistisch, die Kriminalfälle sind clever gestrickt und die Aktionen der Lady sind zwar nicht in Ordnung aber dennoch irgendwie menschlich nachvollziehbar.

Ein solcher Ausrutscher kommt in den besten Serien mal vor. Aber ich hoffe, dass es bei dieser Ausnahme bleibt ...

vom 25.03.2013, 18.33

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