SaschaSalamander

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Das Wesen

strobel_wesen.jpgZuerst schrieb Arno Strobel den >TRAKT<, später DAS WESEN. Aufmerksam wurde ich jedoch erst bei dem Wesen, da das Thema mich sehr interessierte. Kaufen muss bei diesem Genre nicht sein, und bis ich es endlich geliehen bekam, dauerte es ein Stück. Also las ich zuerst den Trakt. Und ich bin froh, denn sonst hätte ich es vielleicht bei diesem einen Titel belassen. Aber erst mal der Reihe nach ...

Vergangenheit und Gegenwart. Vergangenheit: Lichner wandert in den Knast, weil er angeblich ein Kind getötet haben soll. Die Beweise sprachen gegen ihn. Aber waren die Beweise echt? Oder hat der ermittelnde Polizist über die Stränge geschlagen?

Gegenwart: der Täter wird entlassen, in der Zwischenzeit ist viel geschehen. Wieder verschwindet ein Mädchen, diesmal Lichners Tochter. Er behauptet, keine Tochter zu haben. Aber wieder sprechen Beweise gegen ihn. Was ist wirklich geschehen? Gab es bei der damaligen Ermittlung Fehler? Spielt irgend jemand ein grausames Spiel?

Klingt faszinierend. Gab es schon mehrfach, aber ich mag diese Thematik. Justiz, Kriminalität, das ist einfach mein Gebiet, und ich finde es spannend, die unterschiedlichsten Ansätze und Gedanken zu verfolgen, selbst wenn sie nur fiktiv sind. Wenn dann der Täter noch ein angesehener Psychologe ist, wird es umso interessanter.

Vorab zum Hörbuch: es wird zu Beginn des Kapitels jeweils gesagt, in welchem Jahr das folgende Kapitel spielt. Heißt, vor dem Lesen nennt Sascha Rotermund eine Jahreszahl. Mal ehrlich - achtet Ihr auf sowas? Ich habe das glatt überhört. Und ich hatte einige Zeit ziemlich Probleme, der Handlung zu folgen. Bis ich dann nach ein paar Kapiteln einige Rezensionen las, weil ich das Buch fast weggelegt hätte. Ich hatte einfach nicht aufgepasst, aber danach verstand ich dann.

Wirklich besser gefiel mir das Buch danach nicht. Irgendwie wurde ich mit nichts warm. Kein einziger der Charaktere war mir sympathisch. Der Psychologe zu schmierig. Die Exfreundin undurchsichtig und komisch. Der leitende Ermittler ein von sich eingenommener Kerl ohne Gewissen. Sein Schatten daneben ein cleveres Bürschlein ohne Rückgrat, das zwar ahnt, dass etwas nicht stimmt, das aber trotzdem brav alles tut, was der Chef sagt, selbst falls dafür ein Unschuldiger für 15 Jahre hinter Gitter müsste. Nein, ich konnte und wollte mich mit keinem identifzieren. Ist kein Muss für ein Buch, aber es erleichtert das Lesen ungemein. Denn sobald man mitfiebert, will man wissen, wie es weitergeht. Wenn das fehlt, zieht sich ein Buch in die Länge wie Kaugummi. Zumindest mir geht es so.

Ab etwa zwei Dritteln spielt das Buch nur noch in der Gegenwart, danach wurde es spannender. Dies haben mir auch einige anderen Rezensenten bestätigt, sodass ich bis dahin fleißig durchhielt. Es hat sich gelohnt, das Ende war interessant und auch für mich überraschend. Sehr clever: hervorragend vorbereitet, intelligent gestaltet. Kurios aber realistisch (mehr oder weniger. Aber ein paar Freiheiten lasse ich dem Autor, schließlich bin ich kein Fachmann auf dem Gebiet dessen, worauf es am Ende ankommt. Vielleicht geht es. Vielleicht ist es überzogen. Egal, es war stimmig und passte zu den Figuren).

Trotzdem, auch wenn das Ende gefiel. Ein Buch sollte im Ganzen überzeugen. Ich war einige Male kurz davor, das Hören abzubrechen. Und ich frage mich auch jetzt noch, ob ich etwas verpasst hätte, wenn ich aufgehört hätte. Es war nett, okay. Aber es hat mich jetzt nicht vom Hocker gerissen.

Davon abraten kann ich nicht, dazu war es zu gut. Aber empfehlen würde ich es nicht, da rate ich dann doch eher zu anderen Titeln, wenn man gerne twisted plots, entlassene Straftäter, Kindsentführung, deutsche Krimis oder ähnliche Genres mag. Da DER TRAKT mir jedoch recht gut gefiel (dort war es umgekehrt: grandioses Buch, das Ende dafür nicht sosehr mein Ding), werde ich das nächste Buch - ich hoffe doch, dass er noch eines schreiben wird! - wieder lesen. Ich bin schon sehr gespannt darauf! :-)

SaschaSalamander 08.04.2011, 09.43

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Nina

Die Personen hast du wirklich sehr treffend beschrieben. Ich muss mich zwar nicht mit Romanfiguren identifizieren können. Ich muss sie auch nicht zwingend sympathisch finden, aber wenigstens interessant müssen sie sein. Und rund. Das war hier leider nicht der Fall.

Trotzdem werde ich Arno Strobel noch eine Chance geben. Vielleicht war es ja nur ein Ausrutscher. Das Ende von »Der Trakt« hatte mir zwar auch nicht so gut gefallen, aber der Rest war doch ziemlich gut.

vom 22.06.2011, 13.45
Antwort von SaschaSalamander:

Ja, ich hoffe auch, dass es ein "Ausrutscher" war. Es war vielleicht auch mal ein Experiment, auf zwei Ebenen zu spielen, und die Idee an sich war ja gut, nur eben zu kompliziert. Es war für mich sehr verwirrend, wenn sie eben mit einer Frau sprechen, bei der sie schonmal waren, und im nächsten Kapitel wird erwähnt, dass sie diese Frau (genau die gleiche) noch nie gesehen haben. Ich hatte schon Probleme, durchzusteigen. Und die Charaktere, naja, man kann nicht jeden Menschen mögen, solange es nur interessant dargestellt ist :-)

Warten wir ab, wann ein drittes Buch von ihm erscheint, ich bin dabei :-)

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